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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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184 <strong>Die</strong> Welt als Phantom und Matrize<br />

vernichtet zu werden. Das zweite Axiom der Wirtschaftsontologie<br />

lautet daher: „Unverwertbares ist nicht; oder nicht wert zu sein."<br />

Daß alles und je<strong>des</strong>, je nach Wirtschafts Situation, zu solchem Unwert,<br />

also dazu verurteilt werden kann, eine Liquidationsschlacke<br />

zu werden: <strong>Menschen</strong> nicht anders als radiumverseuchter Atommüll,<br />

beweist ja unsere Epoche mit ausreichender Deutlichkeit.<br />

Verglichen mit der reellen Existenz der in Serien hergestellten<br />

Fertigprodukte, die für die Bedürfnisstillung vorgesehen sind (oder<br />

die selbst Bedürfnisse, die sie stillen, „vorsehen"), fällt also, in den<br />

Augen <strong>des</strong> Wirtschafts-Ontologen, die Natur als ganze, trotz ihrer<br />

Immensität, außerhalb <strong>des</strong> Bereiches <strong>des</strong> Vorgesehenen; außerhalb<br />

<strong>des</strong> Bereichs, der für ihn den der „Vorsehung" darstellt. An sich<br />

ist sie für ihn nur<br />

nur zufällig; wenn ihr auch,<br />

als Rohstoff für die Produkte, „Sein" und „Wert" zukommt. Aber<br />

bei<strong>des</strong> ist ihr doch nur verliehen, eben vor-verliehen von den Produkten,<br />

die sich aus ihnen gewinnen lassen. Was aber die Natur an<br />

wirklich Unrentablem birgt: jene Stücke also, die der Produzierende<br />

nicht nur nicht verwenden, sondern noch nicht einmal liquidieren<br />

kann, das Vielzuviel <strong>des</strong> Universums, also z. B. die Milchstraße,<br />

die stellen in seinen Augen, sofern er sie konzediert, einen<br />

metaphysischen Skandal dar, einen durch nichts entschuldbaren,<br />

ohne jede Motivation installierten, und gewissermaßen nur aus<br />

kosmischer Geschäftsinkompetenz erklärbaren Materialhaufen. Vermutlich<br />

bringt die heutige nihilistische Klage über die „Sinnlosigkeit<br />

der Welt", min<strong>des</strong>tens auch, den Weltschmerz <strong>des</strong> Industriezeitalters<br />

zum Ausdruck; einen Weltschmerz, der eben in dem Verdacht<br />

gründet, letztlich sei das Vielzuviel <strong>des</strong> Universums unverwendbar,<br />

unrentabel, überflüssig, vergeudet, für nichts da; und<br />

habe offenbar nichts besseres zu tun, als sich in jenem Raum, der<br />

ihm aus unerfindlichen Gründen zur Verfügung gestellt sei, metaphysisch<br />

herumzufläzen.*<br />

Aber ich hatte eingeschränkt: „Sofern er Unvervvertbares konzediert."<br />

Denn zumeist wird die Existenz <strong>des</strong> Unverwertbaren eben<br />

gar nicht eingeräumt, genau so wenig wie die Tatsache <strong>des</strong> in<br />

den klassischen Theodizee-Systemen, etwa in dem Plotins, wo dieses<br />

eben an einen bestimmten Systemplatz „eingeräumt", und dadurch<br />

seiner negativen Qualität entkleidet, wird.* Natürlich soll diese

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