12.01.2014 Aufrufe

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

176 <strong>Die</strong> Welt a l s Phantom und Matrize<br />

verzichten, also es zu vergeuden. Und das kommt natürlich nicht in<br />

Frage. Wenn man die von den Apparaten angebotenen Lieferungen<br />

pausenlos über sich ergehen und sich pausenlos von ihnen prägen<br />

läßt, so also min<strong>des</strong>tens auch aus sittlichen Gründen.<br />

Aber damit nicht genug. Denn was man einmal hat, das verwendet<br />

man nicht nur; <strong>des</strong>sen bedarf man nun auch. Ist ein Verwendungs-Geleise<br />

erst einmal eingefahren, dann will es auch weiter<br />

befahren sein. Nicht was man benötigt, hat man schließlich; sondern<br />

was man hat, das benötigt man schließlich. Der jeweilige<br />

Eigentumsstand gerinnt und etabliert sich psychologisch zum Normalstand.<br />

Das heißt: Fehlt ein einmal besessener Markenartikel,<br />

so entsteht nicht einfach eine Lücke; vielmehr entsteht Hunger. —<br />

Nun fehlt aber immer etwas: Denn alle Waren sind ja zum Glück<br />

(und durch die Kalkulation) der Produktion Güter, die, wenn auch<br />

nicht Konsumgüter im engsten Brot- und Buttersinne, im Gebrauch<br />

verbraucht werden; für deren Fehlen der Gebraucher also selbst<br />

Sorge trägt. Hatte er also einen Gegenstand, und hat er ihn verbraucht,<br />

dann braucht er ihn wieder: das Bedürfnis folgt dem Konsum<br />

auf dem Fuße. Und in gewissem Sinne ist „Sucht" das Modell<br />

<strong>des</strong> heutigen Bedürfnisses; womit gesagt ist, daß die Bedürfnisse<br />

ihr Da- und So-sein der faktischen Existenz bestimmter Waren<br />

verdanken.<br />

Unter diesen Waren sind nun aber die raffiniertesten diejenigen,<br />

die durch ihre Qualität akkumulierende Bedürfnisse erzeugen. Daß<br />

Gott oder die Natur dem <strong>Menschen</strong> ein „basic need", ein „Grundbedürfnis",<br />

nach Coca Cola eingepflanzt habe, wird man ja selbst<br />

im Herstellungsland nicht behaupten. Aber auf Coca Cola hat<br />

sich drüben der Durst nun einmal eingespielt; und das — hier<br />

kommen wir zur Hauptsache — obwohl <strong>des</strong>sen heimliche letzte<br />

Funktion gar nicht im Durst-Löschen besteht, sondern in Durst-<br />

Erzeugen; und zwar im Erzeugen eines Durstes, der zum spezifischen<br />

Durst nach Coca Cola wird. — Hier ist also die Nachfrage<br />

das Produkt <strong>des</strong> Angebotes; das Bedürfnis das Produkt <strong>des</strong> Produktes;<br />

zugleich aber funktioniert das durch das Produkt erzeugte<br />

Bedürfnis als Sicherung der weiteren akkumulierenden Produktion<br />

<strong>des</strong> Produktes. —

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!