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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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160 <strong>Die</strong> Welt a l s Phantom und Matrize<br />

vor die Eigenschaft der Tatsachen, scheint die Gegenstände selbst<br />

infiziert zu haben. Hat sie diese dadurch nicht in Tatsachen verwandelt?<br />

<strong>Die</strong> Frage klingt befremdlich. Denn Tatsachen, min<strong>des</strong>tens die<br />

die Tatsachen transportierenden Nachrichten, zerfallen ja doch als<br />

Urteile in ihre zwei Teile S und p. <strong>Die</strong> gesendeten Gebilde tun<br />

das doch aber offenbar nicht. Der Redner, den ich höre, ist doch<br />

„er selbst" und nicht „etwas über ihn". Oder doch?<br />

Doch. -<br />

Nehmen wir einmal an, auf dem Fernsehschirm trete ein Kandidat<br />

Smith auf, um sich den Wählern vorzustellen. Es versteht sich<br />

von selbst, daß dieser Smith zeigen wird, was für eine pleasing<br />

personality er ist; daß er verpflichtet ist, uns so charmant wie<br />

möglich zuzulächeln. Aber mit dieser einfachen Feststellung ist sein<br />

Auftreten nicht zulänglich beschrieben. Seinen Charme wird er<br />

namlich als ausschließliche Ei genschaft in den Vordergrund schieben,<br />

um uns vergessen zu machen, daß er in noch anderem als diesem<br />

seinem Lächeln bestehe. Was auf dem Bildschirm erscheinen wird,<br />

wird also, obwohl sich scheinbar der ganze Senatskandidat Smith<br />

präsentiert (nennen wir ihn S.), ausschließlich die Tatsache oder<br />

die Prätention sein, daß er eine „pleasing personality" ist (nennen<br />

wir sie p); also ausschließlich: „S ist p"; bzw. das p statt <strong>des</strong> S —<br />

Was wir zu sehen bekommen werden, wird also — hier können wir<br />

die Formel einsetzen, die wir eben bei der Analyse <strong>des</strong> Urteilscharakters<br />

der Nachricht verwendeten — „das in seinem Prädikat<br />

sich erschöpfende Subjekt" sein. — Ja, wir mögen sogar recht<br />

haben, nur noch dieses p zu sehen: denn nicht selten geschieht es,<br />

daß dieses qui pro quo von Subjekt und Prädikat Wirklichkeit<br />

wird; daß also S. am Ende in sein eigenes Prädikat verwandelt,<br />

nichts mehr als dieses ist, nichts mehr als dieses sein kann; also<br />

zum p-Sein verurteilt, effektiv als professioneller Lachler herumlauft.<br />

Oft endet die Lügengeschichte in der wahr-gelogenen Luge.<br />

<strong>Die</strong> Vorstellung <strong>des</strong> Kandidaten vollbringt also genau dasselbe<br />

wie die Nachricht. Nein, sogar mehr. Sie ist nämlich eine Nachricht,<br />

die die Tatsache, daß sie ein bereits gefälltes Urteil darstellt,<br />

zu verbrämen versteht. Und das ist leistungsmäßig ein gewaltiges<br />

Plus, denn damit sind jene Effekte, die, wie sich eben gezeigt hatte,

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