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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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158 <strong>Die</strong> Welt a l s Phantom und Matrize<br />

pariertes, prädiziertes Stück, als Fertigware <strong>des</strong> empfängt,<br />

ohne sich mit jenem Gewicht von Irrelevantem, das jeder Wahrnehmungsgegenstand<br />

mit sich herumschleppt, beladen zu müssen,<br />

der ist entlastet und von eigener Arbeit befreit.<br />

Andererseits aber — und erst dieser zweite Gesichtspunkt ist der<br />

für uns entscheidende — stellt die Nachricht auch eine Freiheitsberaubung<br />

dar. Und zwar überraschenderweise aus dem gleichen<br />

Grunde, aus dem sie ein Freiheitsgerät ist: also wiederum<br />

<strong>des</strong>halb, weil sie nicht das Abwesende selbst bietet, sondern etwas<br />

„über dieses", etwas „an diesem". Aber nun erhält diese Tatsache<br />

eine andere Akzentuierung. Nun betonen wir: die Nachricht bietet<br />

nur einen Teil <strong>des</strong> abwesenden Gegenstan<strong>des</strong>; ausschließlich jenen<br />

Teil, nach dem das Urteil „Ur-Teil" heißt; nur das Präparat, das<br />

„Prädikat" heißt. Anderes stellt die Nachricht dem Adressaten<br />

nicht zur Verfügung. Also richtet sie diesen, noch ehe er sich selbst<br />

ein Urteil bilden kann, bereits auf eine Auswahl aus; also legt sie<br />

ihn a limine auf diese fest; also präpariert sie ihn. Für den Hörer<br />

der Nachricht geht also nicht das Prädikat im Subjekt unter, vielmehr<br />

erschöpft sich das Subjekt im Teil, im Prädikat. Jede Nachricht<br />

ist also als Teil-Lieferung schon ein Vor-Urteil, das wahr,<br />

aber auch falsch sein kann; je<strong>des</strong> Prädikat schon ein Präjudiz; und<br />

durch jeden Inhalt der Nachricht wird der Gegenstand selbst, da<br />

er hinter dem allein gelieferten Prädikat im Dunkel zurückbleibt,<br />

dem Adressaten vorenthalten. <strong>Die</strong>ser wird also, da er in eine bestimmte<br />

Perspektive (in die <strong>des</strong> Prädikats) hineingezwungen ist,<br />

und da ihm der Gegenstand, den das Urteil angeblich enthält, vorenthalten<br />

wird, unselbständig gemacht.<br />

„Take it or leave it" scheint die Nachricht zum Adressaten zu<br />

sprechen. „Entweder akzeptierst du den Teil <strong>des</strong> Abwesenden, das<br />

Abwesende in seiner bereits geteilten, geurteilten Fertigwaren-<br />

Version; oder du bekommst gar nichts." Der Bote ist der Herr <strong>des</strong><br />

Herrn.

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