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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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156 <strong>Die</strong> Welt als Phantom und Matrize<br />

Abwesenden, zum Hinhören und Mitmachen auf, mithin in die<br />

Anwesenheit. Aber während der Imperativ den Angeredeten aus<br />

der Abwesenheit heranzitiert, ruft die Mitteilung dasjenige aus<br />

der Abwesenheit, wovon die Rede ist. Es gibt in der Tat keine<br />

Rede, die, wäre das Beredete nicht abwesend, mehr als Geschwätz<br />

wäre; keine, die nicht hinter dem Rücken der besprochenen, der<br />

„dritten", grundsätzlich abwesenden, „Person" oder Sache stattfände;<br />

keine, die eine andere Absicht verfolgte als die, das Abwesende<br />

anwesend zu machen. — <strong>Die</strong>ses Verhältnis zum Abwesenden<br />

hat die Sprache natürlich vom Zeigen geerbt: dico —<br />

Denn der Zeigende weist ja grundsätzlich nur <strong>des</strong>halb auf Anwesen<strong>des</strong>,<br />

weil dieses abwesend ist (abwesend nämlich von der Sicht<br />

oder Aufmerksamkeit <strong>des</strong>sen, dem gezeigt wird); allein zu dem<br />

Zwecke, um diesen in die Anwesenheit <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong> zu bringen;<br />

um ihm die Chance zu geben, den Gegenstand direkt zu erfahren<br />

oder effektiv zu ergreifen.<br />

<strong>Die</strong>se Chance scheint nun freilich dem Benachrichtigten nicht<br />

gegönnt: Weder wird er durch die Nachricht zum Gegenstande<br />

noch der Gegenstand zu ihm gebracht. Oder doch?<br />

Doch. Denn auch durch die Nachricht wird nun etwas anwesend<br />

gemacht. Nicht zwar der Gegenstand selbst. Aber doch etwas vom<br />

Gegenstande; etwas über diesen; ein höchst sonderbarer neuer Gegenstand,<br />

der nicht zufällig, da er aus dem alten Gegenstand (gemacht'<br />

ist, „factura" heißt. „Sonderbar" aber ist der neue Gegenstand<br />

<strong>des</strong>halb, weil er, im Unterschied zum ersten, grundsätzlich<br />

mobil und übermittelbar ist. Trotz dieses Unterschie<strong>des</strong> aber<br />

hat derjenige, der den neuen Gegenstand: das „factum", empfängt,<br />

also der Adressat, auch den alten; oder richtiger: er hat<br />

durch diesen etwas vom alten. Und zwar außerordentlich viel:<br />

<strong>Die</strong> das „factum" vermittelnde Nachricht setzt den Adressaten<br />

nämlich instand, sich so zu benehmen, als wäre der Gegenstand<br />

anwesend: ihn nämlich in seine praktischen Dispositionen einzukalkulieren<br />

und einzubauen. Der Daseinsgrund der Nachricht besteht<br />

darin, dem Adressaten die Möglichkeit zu geben, sich nach<br />

ihr zu richten.<br />

Pragmatistisch gesehen, macht sie den Gegenstand daher wirklich<br />

bei ihm „anwesend", bzw. ihn bei ihm. Der Adressat weiß nun

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