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Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1

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Selbstbegegnung durch Versagen 93<br />

wenn er sich im Moment <strong>des</strong> Versagens statt als Gerätteil plötzlich<br />

wieder als sich selbst, als den alten Adam, entdeckt, dann beurteilt<br />

er sich ja mit ihrem Maßstabe, dann sieht er sich ja aus<br />

ihrer Perspektive — etwa so, wie sich der linientreue Parteimann<br />

sub specie seiner Partei sieht und sich in deren Interesse a tout prix<br />

als schuldig bekennt, ja als schuldig sogar empfindet. Auch für ihn<br />

verliert die Differenz zwischen Ich und Leib, zwischen den beiden<br />

Antagonisten, die einst (da das Ich sich <strong>des</strong> Leibes geschämt hatte)<br />

eine so fundamentale Rolle gespielt hatte, je<strong>des</strong> Interesse; ja, sie<br />

wird so gleichgültig, daß die beiden nun einen einzigen Komplex<br />

darzustellen scheinen: Statt der Kluft zwischen dem Ich hier und<br />

dem Leib dort gibt es nun nur noch die Kluft zwischen der Maschine<br />

(bzw. dem sie repräsentierenden Konformisten) hier und<br />

dem alten Rückstand dort; und in diesem Rückstand gehören nun<br />

Ich und Leib ungeschieden zusammen.<br />

<strong>Die</strong>se also sind die Partner der Begegnung; diese die Antagonisten.<br />

Und wie stehen diese nun zueinander?<br />

, Mit dieser Frage haben wir den kritischen Punkt unserer Untersuchung<br />

erreicht. Denn dieses Verhältnis, diese Begegnung mit<br />

einem anderen Worte als mit dem wörtlich zu verstehenden Ausdruck<br />

,Scham zu belegen, sehen wir eben keine Möglichkeit mehr.<br />

Wenn das Beispiel, mit dem wir unsere Untersuchung eröffnet<br />

hatten: T.s Besuch der Industrie-Ausstellung, noch den Verdacht<br />

hatte nahelegen können, wir verwendeten den Ausdruck einfach<br />

metaphorisch, so war das begreiflich gewesen. Denn die Situation<br />

der bloßen Gerätbeschauung, die Situation, in der die Vollkommenheit<br />

<strong>des</strong> Produktes mit der Unvollkommenheit <strong>des</strong> Leibes nur akademisch<br />

verglichen wird, ist eben nicht diejenige Situation, in der<br />

Scham effektiv ausbricht.<br />

Aber diese Situation haben wir nun ja verlassen. Und durch diejenige<br />

ersetzt, die von den Geräten verlangt wird: durch die der<br />

Gerätbedienung. Wenn die bloße Besichtigung von Geräten gewisse<br />

.seelische Schwierigkeiten' nach sich zieht, wie es bei T.<br />

eben der Fall war, so könnte man über sie zur Tagesordnung<br />

übergehen und sie als emotioneilen Luxus abtun. Aber die<br />

Schwierigkeiten der Bedienung: die der Einarbeitung, die <strong>des</strong>

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