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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Seite 150 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />

Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz und der<br />

anderen Sicherheits- und Justizbehörden, insbesondere Polizei<br />

und Staatsanwaltschaften, auf alle Ebenen Verständnis<br />

für die wechselseitigen Belange geweckt werden, um die<br />

nach den gesetzlichen Vorgaben und der Rechtsprechung des<br />

Bundesverfassungsgerichts vorhandenen Informationsspielräume<br />

offensiver zu nutzen.<br />

4.2.2 Zentralstellenfunktion des Bundesamts für Verfassungsschutz<br />

Eine effektive Wahrnehmung der Zentralstellenfunktion des<br />

Bundesamts für Verfassungsschutz setzt zwar nicht zwingend<br />

eine gesetzliche Regelung voraus. Das Bundesamt für<br />

Verfassungsschutz konnte und kann bereits aufgrund der<br />

Regelungen der Koordinierungsrichtlinie (nunmehr Zusammenarbeitsrichtlinie)<br />

die ihm durch die §§ 2 und 5 Bundesverfassungsschutzgesetz<br />

(BVerfSchG) im Grundsatz zugewiesene<br />

Zentralstellenfunktion im Verfassungsschutzverbund<br />

wahrnehmen. Eine gesetzliche Normierung der Zentralstellenfunktion<br />

des BfV erscheint aber erwägenswert. Die<br />

Planung, zunächst in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu<br />

prüfen, ob eine gesetzliche Ausgestaltung der wesentlichen<br />

Aspekte der Zentralstellenfunktion des Bundesamts für Verfassungsschutz<br />

im BVerfSchG gegenüber der untergesetzlichen<br />

Regelung Vorteile bietet, wird deshalb unterstützt.<br />

4.2.3 Harmonisierung bestehender gesetzlicher Übermittlungsvorschriften<br />

auf Landes- und Bundesebene/<br />

Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Verfassungsschutz<br />

in der Praxis<br />

Entscheidende Bedeutung kommt bei den anstehenden<br />

Reformen der Verbesserung des Informationsaustausches<br />

zwischen den Verfassungsschutzbehörden und den Strafverfolgungs-<br />

und Polizeibehörden zu. Die Empfehlungen der<br />

BLKR zur Harmonisierung der entsprechenden Rechtsvorschriften<br />

und zur Übermittlungspraxis gehen in die richtige<br />

Richtung.<br />

Der Rechtsauffassung der BLKR, wonach das Grundrecht<br />

der informationellen Selbstbestimmung in diesem Zusammenhang<br />

allerdings eine voraussetzungslose und verpflichtende<br />

Übermittlung aller in den jeweiligen Bereichen anfallenden<br />

und für den jeweiligen Empfänger nützlichen oder<br />

in irgendeiner Weise hilfreichen Informationen von den<br />

Verfassungsschutzbehörden an die Strafverfolgungs- und<br />

Polizeibehörden ausschließe, steht auch im Einklang mit der<br />

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht. 865<br />

Die Regelungen zur Informationsübermittlung durch den<br />

Verfassungsschutz an die Polizei sollten im Lichte des Urteils<br />

des Bundesverfassungsgerichts geprüft und umgestaltet<br />

werden. Hierzu müsste zum Beispiel die bisher alleine im<br />

Ermessen des Landesamts für Verfassungsschutz stehende<br />

Informationsübermittlung um eine Übermittlungspflicht<br />

bei besonders schweren Straftaten erweitert werden. Diese<br />

Übermittlungspflicht sollte nur dann entfallen, wenn ge-<br />

865 BVerfG, a.a.O.<br />

wichtige Gründe entgegenstehen. Hier könnte deshalb der<br />

Gesetzgeber im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses<br />

klarstellen, dass bei sehr schweren Delikten das Landesamt<br />

für Verfassungsschutz als Herausgeber der Daten nicht die<br />

Notwendigkeit der Übermittlung für die Aufgabenerfüllung<br />

des Empfängers zu prüfen hat, sondern grundsätzlich immer<br />

die Notwendigkeit einer möglichst umfassenden Informationsübermittlung<br />

besteht. Die Übermittlungsverbote in Art.<br />

17 BayVSG sollten grundsätzlich bestehen bleiben, aber<br />

gemäß den Empfehlungen der BLKR überarbeitet werden. 866<br />

Hierzu wird jedoch auf die Ausführungen zum ATD-Urteil<br />

des Bundesverfassungsgerichtes in Nr. 4.2.2 verwiesen.<br />

4.2.4 Geheimschutz und Verwertbarkeit von eingestuften<br />

Informationen.<br />

Die BLKR spricht in den Feststellungen von einer „oftmals<br />

überzogenen Einstufungspraxis“. Auch aus den dem Untersuchungsausschuss<br />

vorliegenden Unterlagen wurde deutlich,<br />

dass Akten immer so hoch in der Geheimhaltung eingestuft<br />

werden, wie das höchste darin vorkommende Schriftstück,<br />

auch wenn sämtliche andere Schriftstücke keiner oder<br />

einer geringeren Geheimhaltungsstufe unterliegen. Diese<br />

Geheimhaltungspraxis muss aus Sicht des Untersuchungsausschusses<br />

im Interesse einer höheren Transparenz geändert<br />

werden. In diesem Zusammenhang sollte auch geprüft<br />

werden, ob die Regelungen der Verschlusssachenanweisung<br />

einer Überarbeitung bedürfen.<br />

4.2.5. Quellenschutz<br />

Die ausführlichen Empfehlungen der BLKR zum Quellenschutz,<br />

wonach der Quellenschutz nicht absolut gesetzt<br />

werden kann und der Schutz von Leib und Leben der Quellen<br />

und die Arbeitsfähigkeit der Verfassungsschutzbehörden mit<br />

den berechtigten Belangen der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr<br />

in ein angemessenes Verhältnis zueinander zu<br />

bringen sind, werden begrüßt.<br />

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt, die diesbezüglichen<br />

Regelungsvorschläge der BLKR – gegebenenfalls nach redaktioneller<br />

Anpassung – in das Bayerische Verfassungsschutzgesetz<br />

zu übernehmen.<br />

4.2.6. Informationsauswertung<br />

Die Empfehlungen der BLKR für einheitliche Standards bei<br />

der Informationsauswertung im Verfassungsschutz sind zwar<br />

grundsätzlich zu begrüßen, gehen aber aus bayerischer Sicht<br />

nicht weit genug. Neben der von der BLKR geforderten stetigen<br />

effektiven und effizienten Kontrolle der Auswertung<br />

und einer vertieften „interdisziplinären“ Aus- und Fortbildung<br />

auf dem Gebiet der Informationsauswertung bedarf es<br />

aus bayerischer Sicht auch einer verstärkten wissenschaftlichen<br />

Durchdringung der Phänomene des Rechtsextremismus.<br />

867 Hierzu sollte die wissenschaftliche Aufbereitung des<br />

Rechtsextremismus verstärkt und die Analysefähigkeiten<br />

866 Abschlussbericht BLKR, Rn. 721.<br />

867 vgl. Bewertungsteil, 2.1.2.1.1

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