Evaluation der leistungsbezogenen Mittelvergabe an die Berliner ...

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12.01.2014 Aufrufe

Bewertung des Verfahrens 3 Bewertung des Verfahrens 3.1 Die Einbindung des LbMV-Modells in den Kontext staatlicher Steuerung Hintergrund Für die Wirksamkeit von Verfahren leistungsorientierter Mittelvergabe ist deren Passung in den Gesamtkontext staatlicher Steuerung von entscheidender Bedeutung. Wie in Abschnitt 2.1 skizziert wird dieser Rahmen in Berlin vor allem durch die vertraglichen Vereinbarungen von Zielen und Budgets im Rahmen der Hochschulverträge aufgespannt. Darüber hinaus stellen das Berliner Hochschulgesetz, der Masterplan Ausbildungsoffensive, der geplante Masterplan Forschungsoffensive und die Exzellenzinitiative des Bundes relevante Eckpfeiler dar. Hochschulsicht Das Gesamtsystem staatlicher Hochschulsteuerung mit den Hochschulverträgen als Kernelement wird von der deutlichen Mehrheit der Berliner Hochschulen positiv bewertet. Hervorgehoben wird insbesondere, dass der Staat auf eine detaillierte Feinsteuerung verzichtet, den Hochschulen eine weit reichende Autonomie zugesteht und ihnen durch die Hochschulverträge über mehrere Jahre eine klare Perspektive hinsichtlich der Höhe der zu erwartenden konsumtiven und investiven Zuschüsse bietet. Die Hochschulen äußern in den Gesprächen ein starkes Bewusstsein dafür, dass ihre landesseitige Finanzierung aus Steuermitteln erfolgt und darum mit der Erwartung verbunden wird, dass sie gesellschaftlich für wichtig erachtete Ziele erreichen. Das System wird aus der Gesamtsicht als transparent und verlässlich charakterisiert. Die Einbettung der LbMV in dieses Gesamtsystem wird allerdings je nach Hochschulart deutlich unterschiedlich bewertet: • Bei den Universitäten und Fachhochschulen stößt die Einbindung der LbMV in das Steuerungssystem grundsätzlich auf Akzeptanz. Die LbMV fügt sich weitestgehend konfliktfrei in den Steuerungskontext ein. Die hinter den einzelnen Kennzahlen stehenden Ziele sind für die Hochschulen deutlich zu erkennen. Allerdings vermissen einige Hochschulen eine stärkere inhaltliche Kopplung der Finanzierungsformel an die Hochschulverträge. So seien viele der in den Verträgen formulierten Ziele – etwa die Umstellung der Studienstrukturen im Rahmen der Bolognareform und die Schaffung von Weiterbildungsangeboten – nicht mit monetären Anreizen unterlegt. Insgesamt sprechen sich die Universitäten und Fachhochschulen mit Nachdruck für eine Kontinuität im Modus der staatlichen Steuerung aus: Die LbMV habe hochschulintern zu einer Verstärkung des Leistungsbewusstseins geführt und sich damit als wertvolle Unterstützung für das interne Leitungshandeln erwiesen. Zudem richten sich die internen Mittelverteilungssysteme der Hochschulen zumeist stark an den Kriterien der landesseitigen LbMV aus (vgl. Kapitel 4). • Die künstlerischen Hochschulen weisen hingegen mehrheitlich auf eine mangelnde Passung des Modells der leistungsbezogenen Mittelvergabe mit den spezifischen Zielen und Leistungen ihrer Hochschulart hin. Das LbMV-Modell fördert aus ihrer Sicht ein Konkurrenzdenken, das zu bisherigen Kooperationen zwischen den Hochschulen und auch zu den in den Verträgen formulierten Kooperationszielen im Widerspruch steht. Ebenso seien die hinter einigen 18 | Evaluation der leistungsbezogenen Mittelvergabe an die Berliner Hochschulen

Bewertung des Verfahrens Indikatoren stehenden Steuerungsziele wie etwa die Maximierung der Absolventenzahlen für den Bereich künstlerischer Hochschulen nicht zielführend (vgl. Abschnitt 3.5). Zwei Kritikpunkte an der LbMV werden von Vertretern aller Hochschularten vorgebracht: • Zum einen wird mehrfach kritisiert, dass das System der LbMV nicht zwangsläufig Qualität belohnt. So werde z. B. die Forschung gefördert, ohne zu berücksichtigen, wie die einzelnen Projekte beispielsweise unter ethischen Gesichtspunkten zu bewerten sind. • Zum anderen ist es dem Wettbewerbssystem aufgrund des gedeckelten Ausgangsbudgets systemimmanent, dass eine Hochschule trotz erreichter Leistungszuwächse zu den Verlierern gehören kann, wenn die Vergleichshochschulen noch größere Leistungssteigerungen erreicht haben. Umgekehrt kann eine Hochschule trotz Verschlechterung der Leistungsparameter zu den Gewinnern zählen, wenn die anderen Hochschulen noch stärker nachgelassen haben. Letztlich werde durch die LbMV also nur Geld umverteilt, obwohl die Hochschulen eigentlich zusätzliche Finanzmittel benötigten. Beurteilung Die in Berlin umgesetzte Form staatlicher Steuerung in Form einer Kopplung von Hochschulverträgen mit mehrjähriger Finanzierungszusage eines Grundbudgets und ergänzender leistungsbezogener Mittelverteilung erscheint grundsätzlich geeignet, die verfolgten hochschulpolitischen Steuerungsziele zu erreichen. Auch die bisher in anderen Bundesländern vorliegenden Erfahrungen weisen darauf hin, dass sich die interne Autonomie und Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulsystems mit diesem Ansatz besser steigern lassen als etwa mit dem Ansatz einer Komplettverformelung der Haushaltsmittel, wie dies z. B. in Hessen umgesetzt und in Niedersachsen für die Fachhochschulen geplant war (vgl. Jaeger/Leszczensky/Handel 2006). Zu den Konsequenzen einer eventuellen Veränderung der Grundfinanzierung z. B. in Richtung einer stärkeren Nachfrageorientierung für die LbMV wird vor diesem Hintergrund in Abschnitt 3.9.3 Stellung bezogen. Mit Blick auf die Wirksamkeit der mit dem Formelmodell gesetzten Leistungsanreize ist es zwar sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich, dass die Formelfinanzierung inhaltliche Bezüge zu den vertraglich vereinbarten Zielstellungen aufweist. Allerdings ist es unabdingbar, dass zwischen den vertraglich vereinbarten Zielen und den Leistungsgrößen der Finanzierungsformel keine Zielkonflikte bestehen. Die künstlerischen Hochschulen weisen auf einen solchen Zielkonflikt hin und führen als Beispiel an, dass die Hochschulverträge von ihnen ein größeres Ausmaß an Kooperation verlangen als von den Universitäten und Fachhochschulen. Ein Blick auf die entsprechenden Ausführungen in den Hochschulverträgen zeigt, dass diese Kritik nicht unbegründet ist: • Die Fachhochschulen werden in der Präambel und in § 6 ihrer Verträge zur Kooperation aufgefordert: Sie sollen ein System entwickeln, nach dem sie einander über ihre Berufungsplanungen informieren und eine externe Beteiligung an den Berufungsverfahren sicherstellen. Bei den Universitäten finden sich parallele Regelungen; zusätzlich werden sie in § 6a auf eine Zusammenarbeit im Bereich Public Health verpflichtet. • Bei den künstlerischen Hochschulen finden sich hingegen deutlich umfassendere Vereinbarungen zur hochschulübergreifenden Kooperation: Entsprechend dem Gutachten der Expertenkommission Kunsthochschulen (2003) werden in § 6a mehrere hochschulübergreifende Zentren vorgesehen (Zentrum für Jazz/Popularmusik, Zentrum für Musiktheater, Zentrum für Evaluation der leistungsbezogenen Mittelvergabe an die Berliner Hochschulen | 19

Bewertung des Verfahrens<br />

Indikatoren stehenden Steuerungsziele wie etwa <strong>die</strong> Maximierung <strong>der</strong> Absolventenzahlen für<br />

den Bereich künstlerischer Hochschulen nicht zielführend (vgl. Abschnitt 3.5).<br />

Zwei Kritikpunkte <strong>an</strong> <strong>der</strong> LbMV werden von Vertretern aller Hochschularten vorgebracht:<br />

• Zum einen wird mehrfach kritisiert, dass das System <strong>der</strong> LbMV nicht zw<strong>an</strong>gsläufig Qualität<br />

belohnt. So werde z. B. <strong>die</strong> Forschung geför<strong>der</strong>t, ohne zu berücksichtigen, wie <strong>die</strong> einzelnen<br />

Projekte beispielsweise unter ethischen Gesichtspunkten zu bewerten sind.<br />

• Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en ist es dem Wettbewerbssystem aufgrund des gedeckelten Ausg<strong>an</strong>gsbudgets<br />

systemimm<strong>an</strong>ent, dass eine Hochschule trotz erreichter Leistungszuwächse zu den Verlierern<br />

gehören k<strong>an</strong>n, wenn <strong>die</strong> Vergleichshochschulen noch größere Leistungssteigerungen<br />

erreicht haben. Umgekehrt k<strong>an</strong>n eine Hochschule trotz Verschlechterung <strong>der</strong> Leistungsparameter<br />

zu den Gewinnern zählen, wenn <strong>die</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Hochschulen noch stärker nachgelassen<br />

haben. Letztlich werde durch <strong>die</strong> LbMV also nur Geld umverteilt, obwohl <strong>die</strong> Hochschulen eigentlich<br />

zusätzliche Fin<strong>an</strong>zmittel benötigten.<br />

Beurteilung<br />

Die in Berlin umgesetzte Form staatlicher Steuerung in Form einer Kopplung von Hochschulverträgen<br />

mit mehrjähriger Fin<strong>an</strong>zierungszusage eines Grundbudgets und ergänzen<strong>der</strong> leistungsbezogener<br />

Mittelverteilung erscheint grundsätzlich geeignet, <strong>die</strong> verfolgten hochschulpolitischen<br />

Steuerungsziele zu erreichen. Auch <strong>die</strong> bisher in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n vorliegenden Erfahrungen<br />

weisen darauf hin, dass sich <strong>die</strong> interne Autonomie und Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulsystems<br />

mit <strong>die</strong>sem Ansatz besser steigern lassen als etwa mit dem Ansatz einer Komplettverformelung<br />

<strong>der</strong> Haushaltsmittel, wie <strong>die</strong>s z. B. in Hessen umgesetzt und in Nie<strong>der</strong>sachsen für <strong>die</strong><br />

Fachhochschulen gepl<strong>an</strong>t war (vgl. Jaeger/Leszczensky/H<strong>an</strong>del 2006). Zu den Konsequenzen einer<br />

eventuellen Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Grundfin<strong>an</strong>zierung z. B. in Richtung einer stärkeren Nachfrageorientierung<br />

für <strong>die</strong> LbMV wird vor <strong>die</strong>sem Hintergrund in Abschnitt 3.9.3 Stellung bezogen.<br />

Mit Blick auf <strong>die</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong> mit dem Formelmodell gesetzten Leistungs<strong>an</strong>reize ist es zwar<br />

sinnvoll, aber nicht zwingend erfor<strong>der</strong>lich, dass <strong>die</strong> Formelfin<strong>an</strong>zierung inhaltliche Bezüge zu den<br />

vertraglich vereinbarten Zielstellungen aufweist. Allerdings ist es unabdingbar, dass zwischen den<br />

vertraglich vereinbarten Zielen und den Leistungsgrößen <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zierungsformel keine Zielkonflikte<br />

bestehen. Die künstlerischen Hochschulen weisen auf einen solchen Zielkonflikt hin und<br />

führen als Beispiel <strong>an</strong>, dass <strong>die</strong> Hochschulverträge von ihnen ein größeres Ausmaß <strong>an</strong> Kooperation<br />

verl<strong>an</strong>gen als von den Universitäten und Fachhochschulen. Ein Blick auf <strong>die</strong> entsprechenden<br />

Ausführungen in den Hochschulverträgen zeigt, dass <strong>die</strong>se Kritik nicht unbegründet ist:<br />

• Die Fachhochschulen werden in <strong>der</strong> Präambel und in § 6 ihrer Verträge zur Kooperation aufgefor<strong>der</strong>t:<br />

Sie sollen ein System entwickeln, nach dem sie ein<strong>an</strong><strong>der</strong> über ihre Berufungspl<strong>an</strong>ungen<br />

informieren und eine externe Beteiligung <strong>an</strong> den Berufungsverfahren sicherstellen.<br />

Bei den Universitäten finden sich parallele Regelungen; zusätzlich werden sie in § 6a auf eine<br />

Zusammenarbeit im Bereich Public Health verpflichtet.<br />

• Bei den künstlerischen Hochschulen finden sich hingegen deutlich umfassen<strong>der</strong>e Vereinbarungen<br />

zur hochschulübergreifenden Kooperation: Entsprechend dem Gutachten <strong>der</strong> Expertenkommission<br />

Kunsthochschulen (2003) werden in § 6a mehrere hochschulübergreifende<br />

Zentren vorgesehen (Zentrum für Jazz/Popularmusik, Zentrum für Musiktheater, Zentrum für<br />

<strong>Evaluation</strong> <strong>der</strong> <strong>leistungsbezogenen</strong> <strong>Mittelvergabe</strong> <strong>an</strong> <strong>die</strong> <strong>Berliner</strong> Hochschulen |<br />

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