Leseprobe - Hinstorff Verlag
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WOLF KARGE<br />
Schlösser<br />
und<br />
Herrenhäuser in Mecklenburg<br />
Ω<br />
HINSTORFF
INHALT<br />
EINLEITUNG 9<br />
KATALOG<br />
Alt Gaarz 19<br />
Alt Necheln 20<br />
Alt Sammit 21<br />
Alt Schwerin 22<br />
Alt Vorwerk 23<br />
Appelhagen 24<br />
Bandelstorf 25<br />
Bansow 26<br />
Basedow 27<br />
Basthors 31<br />
Belitz 32<br />
Beseritz 33<br />
Blücherhof 35<br />
Borkow 37<br />
Bredenfelde 38<br />
Brook 40<br />
Bülow 41<br />
Burg Schlitz 43<br />
Bütow 46<br />
Büttelkow 47<br />
Cosa 48<br />
Dalwitz 49<br />
Daschow 51<br />
Dolgen 52<br />
Dönkendorf 53<br />
Dreilützow 54<br />
Drosedow 56<br />
Ehmkendorf 58<br />
Friedrichsmoor 59<br />
Gadebusch 61<br />
Galenbeck 63<br />
Gamehl 64<br />
Ganzow 66<br />
Garvensdorf 67<br />
Gelbensande 68<br />
Gerdshagen 71<br />
Gneven 72<br />
Göhren-Lebbin 73<br />
Golchen 74<br />
Greven 75<br />
Groß Brütz 76<br />
Groß Gievitz 77<br />
Groß Lüsewitz 78<br />
Groß Plasten 81<br />
Groß Potrems 82<br />
Groß Schwansee 84<br />
Groß Siemen 86<br />
Groß Wüstenfelde 87<br />
Großenhof 88<br />
Güstrow 89<br />
Gützkow 93<br />
Harkensee 94<br />
Hasenwinkel 95
EINLEITUNG<br />
Egal ob Schloss, Gutshaus oder Herrenhaus – sie wollen vom Betrachter nur eines: Bewunderung.<br />
Repräsentation ist ihre Aufgabe, im Auftrag ihrer Bauherren. Das unterscheidet die vom 16.<br />
bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts errichteten Gebäude von den Rittersitzen des Mittelalters.<br />
Jene sollten in erster Linie Feinde abschrecken und fernhalten.<br />
Für eine beeindruckende Repräsentation gingen Fürsten, Landadel und später auch bürgerliche<br />
Gutsbesitzer gelegentlich über die eigenen finanziellen Möglichkeiten hinaus. In ihrem Inneren waren<br />
die neuzeitlichen Schlösser und Herrenhäuser wohnlicher und komfortabler. Ein wenig Sozialneid<br />
unter den Standesgenossen durfte schon aufkommen. Die »niederen Stände« waren hier<br />
lediglich als Personal zu finden.<br />
Angaben zur Zahl der heute noch sichtbaren Bauten schwanken in der Literatur erheblich. Für<br />
ganz Mecklenburg-Vorpommern ist einmal von 3 000 Schlössern, Guts- oder Herrenhäusern die<br />
Rede, an anderer Stelle wird von 600 gesprochen. Dazwischen gibt es eine ganze Reihe verschiedener<br />
Zählungen. Vermutlich ist im ersten Fall jeder Mauerrest erfasst und im zweiten Fall nur das bereits<br />
sanierte Potenzial ausgewählt. Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege in Schwerin als die<br />
fachkompetente Behörde nennt 2200 ehemals vorhandene Burgen, Schlösser, Guts- und Herrenhäuser,<br />
von denen etwa 1500 noch erhalten sind und etwa 1000 unter Denkmalschutz stehen; etwa<br />
75 Prozent der Letztgenannten sollen saniert sein. Die in diesen Zahlen ausgedrückte regionale<br />
Dichte gilt als deutschlandweit einmalig.<br />
Zu den Tücken der Statistik gesellt sich durch unterschiedliche Meinungen und auch wissenschaftliche<br />
Erklärungen Begriffsverwirrung: Die Zuordnungen als Herrenhaus, Gutshaus oder Schloss<br />
wechseln je nach Sicht auf die aufwändigen Gebäude. Darüber hinaus haben manche Marketingstrategen<br />
die Bezeichnung »Schlossgut« gewählt, und die Unterscheidung zwischen »Landschlössern«<br />
und »Residenzschlössern« sorgt für weitere Fragezeichen. Unschärfe bringt nicht zuletzt die<br />
Einbeziehung bzw. Abgrenzung von Nebengebäuden bei der Klassifikation. Die moderne kunstgeschichtliche<br />
Begrifflichkeit, die »Schlösser« ausschließlich als Residenzen von Landesherren und<br />
Ranghöheren definiert, hat auch ihre Tücken, weil zeitgenössisch z.B. die Sommerresidenz der<br />
mecklenburgischen Herzöge und Großherzöge in Doberan ausschließlich als »Palais« angesprochen<br />
wurde. Die Herrenhäuser dem Landadel und die Gutshäuser den Gutsbesitzern zuzuordnen,<br />
ist ebenfalls problematisch, da es hier natürlich zu Überschneidungen kommt.<br />
Eine Kurzformel für einen Kompromiss könnte lauten: Das »Gutshaus« ist der Mittelpunkt eines<br />
landwirtschaftlichen Betriebes. Das »Herrenhaus« ist eine soziale Definition seiner Bewohner. Die<br />
Bezeichnung »Schloss« hebt auf den repräsentativen Charakter eines Gebäudes ab. Ob nun das eine
ABC<br />
KATALOG ? 35<br />
Blücherhof<br />
Lage: 19 km südlich von Teterow<br />
Errichtet: 1908<br />
Stil: neobarocker Putzbau<br />
Nutzung: privat, Park nach wechselnden<br />
Öffnungszeiten zugänglich<br />
Der Anblick trifft den Besucher etwas unerwartet. Irgendwie erinnert der Mittelbau des Schlosses an<br />
russische Barockarchitektur, irgendwie will er so gar nicht nach Mecklenburg passen. Auch das verspielte<br />
Vordach in schönstem Jugendstil scheint eine deplatzierte Laune des Bauherrn gewesen zu<br />
sein. Die Erklärung dazu liegt nicht allzu weit von der Wahrnehmung entfernt.<br />
1904 kaufte der Bonner Vogelkundler, Hobbydendrologe und Zoologieprofessor Alexander Koenig<br />
das Gut Blücherhof, das zuvor den Familien von Arnim, von Plessen und auch von Maltzan gehört<br />
hatte. Koenig kannte die Gegend, hatte er doch in Demmin sein Abitur gemacht und in Greifswald<br />
studiert. Er wollte Blücherhof zu einem Mustergut entwickeln, besonders im Bereich des<br />
Pflanzenbaus. An Stelle eines älteren Gebäudes wurde das zweigeschossige Herrenhaus im neobarocken<br />
Stil mit Einflüssen russischer Folklorearchitektur nach Plänen des Berliner Hofbaurates Gustav<br />
Holland erbaut. Holland war ein Schulkamerad aus der Demminer Zeit Koenigs. Die Wetterfahne<br />
verrät mit der Jahreszahl 1908 die Fertigstellungszeit des Herrenhauses.<br />
Die russischen Einflüsse erklären sich aus der Kindheit Koenigs bei seinem Vater in Petersburg.<br />
Dieser hatte dort erfolgreich eine Zuckerfabrik betrieben und seinem Sohn Alexander ein beträchtliches<br />
Vermögen hinterlassen. Daher ist der an russische Zwiebeltürme erinnernde üppige barocke
36 ? KATALOG ABC<br />
Helm auch ein wenig als »Heimweharchitektur« des Bauherrn zu verstehen. Anders als der prägnante<br />
Mittelrisalit, der fast als Rundturm ausgebildet ist, blieben die Seitenflügel über jeweils fünf Achsen<br />
eher zurückhaltend.<br />
Auch die Parkseite ist lediglich im Mittelteil durch einen überdachten Balkon über einem Erker<br />
im Erdgeschoss aufgewertet. Dagegen ist dem hofseitigen Eingangsbereich eine gestalterisch überbordende<br />
Aufmerksamkeit zuteil geworden. Eine Granittreppe führt auf eine barock gestaltete<br />
Doppeltür, die von einem Säulenportal mit gesprengtem Giebel gerahmt wird. Darüber erhebt sich<br />
sehr floral anmutend ein Baldachin mit filigranen Eisenrahmen, die an Insektenflügel erinnern<br />
und ein Glasdach halten. Flankiert wird der Eingang von zwei gusseisernen Löwen.<br />
Am Eingang zum Gelände des Herrenhauses stehen schmiedeeiserne Tore im Geschmack des<br />
Rokoko, die den Wirtschaftsbereich von dem herrschaftlichen Bereich trennten.<br />
Offensichtlich war Alexander Koenig von den Leistungen seines Architekten überzeugt, denn<br />
1912 erfolgte die Grundsteinlegung des heute international bekannten »Zoologischen Forschungsmuseum<br />
Alexander Koenig« in Bonn nach dessen Plänen.<br />
Der Park, sonst oftmals eine hübsche »Begleiterscheinung« der Herrenhäuser, erhielt durch den<br />
»Pflanzherren« eine besondere Bedeutung. Er ist vielleicht der jüngste Gutspark in Mecklenburg-<br />
Vorpommern, aber er ist auch der ungewöhnlichste. Der international renommierte Ornithologe<br />
Koenig brachte von seinen Reisen stets neue und interessante Pflanzen oder Samen mit. Neben seinem<br />
Mustergut ließ er auf fast acht Hektar nach englischem Vorbild den Park mit zwei großen Teichen,<br />
Wiesen, Gehölzgruppen und Einzelbäumen anlegen. Den Auftrag hierzu erhielt der berühmteste<br />
Gartenarchitekt des Russischen Reiches, Georg Kuphaldt aus Riga. Überliefert sind etwa 160<br />
verschiedene Strauch- und Gehölzarten. Neben den damals in die Gestaltung integrierten, heute<br />
etwa 600 Jahre alten Eichen zählen zu den etwa 120 Baumarten einheimische Kiefern, Fichten, Tannen<br />
– fast alle europäischen Koniferen – und Buchen, aber auch etwa 100 exotische Gehölze. Dazu<br />
gehören Lebensbaum, Sumpf- oder Scheinzypresse, Mammutbäume, die japanische Sichel- und<br />
Schirmtanne, der Götterbaum oder die Tulpenmagnolie.<br />
Auf verschlungenen Wegen entlang der Teiche mit dem Schwanenhäuschen, über kleine Wiesen<br />
und vorbei an Pavillons werden Besucher mit diesen botanischen Raritäten bekannt gemacht.<br />
1967 wurde der Park unter Schutz gestellt. 1971 gründete sich im Dorf ein Parkaktiv, das sich um<br />
den Erhalt der wertvollen Pflanzenvielfalt kümmerte. 1998 erfolgte eine dendrologische Bestandsaufnahme<br />
der über 700 Gehölze.<br />
1940 starb Alexander Koenig auf Blücherhof. Dann mietete die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft das<br />
Gut und nutzte die Räumlichkeiten zur Unterbringung von ausgelagerten Ausstellungsobjekten des<br />
Deutschen Entomologischen Instituts Berlin-Dahlem. 1945 enteignet, diente das Gutshaus ab 1951<br />
als Jugendwerkhof und ab 1961 als Kinderheim. Das Schloss mit seinem eindrucksvollen Portalbaldachin<br />
und den einmaligen Schlosstoren wurde 2004 Eigentum einer Künstlerin.
GHI<br />
KATALOG ? 91<br />
Wappen des mecklenburgischen Fürstenhauses über der Toreinfahrt<br />
de Gebäudevor- und -rücksprünge und größere polygonale Türme aufgelockert. Der Mittelrisalit<br />
über der Durchfahrt zum Ehrenhof ist als Torturm dominant vor die anschließende Fassade gesetzt<br />
und bildet mit seiner Haube den höchsten Punkt des Schlosses. Franz Parrs Handschrift trägt besonders<br />
auch der kunstvolle typische Renaissancegiebel über dem südwestlichen Trakt. Das Wappen<br />
des mecklenburgischen Fürstenhauses über der Tordurchfahrt bzw. das darunter befindliche Schriftfeld<br />
zeigt, dass die erste Renovierung des Residenzbaus 1604 im Auftrag von Herzog Carl erfolgte.<br />
Im Innenhof stehend, meint der Besucher, ein ganz anderes Bauwerk mit einer dreigeschossigen<br />
Arkadenhalle um sich zu haben, das eher mediterranes Flair atmet. Die zahlreichen Details –<br />
Schornsteine, Säulen, Türme und anderer Zierrat – bieten dem Auge immer wieder neue Reize.<br />
Erst durch Philipp Brandin konnte der Nordflügel 1598 beendet werden – der Unterschied ist<br />
spürbar. Der Ostflügel, mit dem der Hof geschlossen war, verfiel in späteren Zeiten. In der deutschen<br />
Architektur ist das Güstrower Renaissanceschloss einmalig. Es ist nach Herkunft und Schule der<br />
Baumeister eine Mischung aus italienischem, französischem (man denke an die Loireschlösser) und<br />
deutschem Einfluss und damit eine Meisterleistung des Manierismus.<br />
Zeitgleich mit dem Bau wurde ein Lustgarten als Parterre in einer gleichmäßigen eben planierten<br />
Fläche mit quadratischem Grundriss und umgebendem Wassergraben angelegt. Es war die Epoche<br />
erster repräsentativer Schlossgärten. Statt Wehrhaftigkeit sollten nun Reichtum und Macht bereits<br />
von außen her wahrnehmbar sein. Laubengänge, Lusthäuser, Wasserspiele und exotische Pflanzen<br />
in regelmäßig angelegten Rondells und Beeten sowie gerade Wege prägten das Erscheinungsbild.<br />
Die Natur wurde völlig dem Kunstobjekt untergeordnet.
130 ? KATALOG JKL<br />
Kuchelmiß<br />
Lage: 9 km nordöstlich von Krakow am See<br />
Errichtet: um 1650<br />
Stil: barocker Fachwerkbau<br />
Nutzung: Kindergarten, Gemeindebüro, außen zugänglich<br />
Fritz Reuter, Meister der plattdeutschen Sprache und Kenner seines Heimatlandes, meinte, dass hier<br />
wohl das Paradies gewesen sei: Ganz in der Nähe von Kuchelmiß hat sich das Flüsschen Nebel durch<br />
das hügelige Gelände einen Durchfluss nach Norden gesucht und ein malerisches Durchbruchstal<br />
geschaffen.<br />
Das alte Gutshaus gehört zu den wenigen ländlichen Architekturüberlieferungen des 17. Jahrhunderts<br />
in Mecklenburg. Das Fachwerk stammt von 1650, wie dendrochronologische Proben ergeben<br />
haben. Damit ist es unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg entstanden – etwa zeitgleich<br />
mit Ganzow oder Zühr. Der zweigeschossige schlichte Bau über zehn Achsen mit Walmdach hat<br />
eine nutzbare Fläche von ca. 350 Quadratmetern. Er war Teil eines Baukomplexes, zu dem noch zwei<br />
Flügelbauten (vielleicht ähnlich wie in Ganzow) mit anschließenden Stallungen gehörten. Im Inneren<br />
ist die Treppe noch original erhalten.<br />
Als 1863 bis 1866 im benachbarten Serrahn ein neues repräsentatives Herrenhaus erbaut wurde,<br />
blieb das ältere in Kuchelmiß zum Glück stehen. 1896 erwarb der preußische General Prinz Albert
MNO<br />
KATALOG ? 155<br />
Melkof<br />
Lage: 21 km südwestlich von Hagenow<br />
Errichtet: 1888<br />
Stil: Neorenaissance, Backsteinbau<br />
Nutzung: bei Veranstaltungen zugänglich<br />
Als Adelheit von Decken heiratete, geriet das Gut Melkof 1875 an den preußischen Kammerherren<br />
und Grafen Konrad von Kanitz. Der Rang des frisch mit der Tochter der früheren Besitzerfamilie<br />
vermählten Hausherrn erforderte eine neue, repräsentative Architektur. Als Architekt<br />
diese Aufgabe wurde der in Diensten des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin stehende<br />
Gotthilf Ludwig Möckel gewonnen, der gerade mit den Arbeiten am Jagdschloss Gelbensande<br />
beschäftigt war. Möckels Auffassungen vom Historismus waren das, was Graf Kanitz für seinen<br />
neuen Wohnsitz suchte.<br />
Es entstand ein gewaltiger Baukörper über 18 Achsen auf einem Granitsockel und einem darüberliegenden<br />
Souterrain, mit etwa 4 800 Quadratmetern Nutzfläche eines der größten mecklenburgischen<br />
Herrenhäuser. Möckel wählte einen H-förmigen Grundriss, der von steilen Satteldächern<br />
abgeschlossen ist. Die engobierten Ziegel sollten ein Schieferdach vortäuschen und wurden hier<br />
erstmals als industrielle gefertigte Produkte in Norddeutschland eingesetzt. Im Baukörper wechseln
PQR<br />
KATALOG ? 171<br />
Peckatel<br />
Lage: 11 km nördlich von Neustrelitz<br />
Errichtet: 1855/1895<br />
Stil: spätklassizistischer Putzbau/neogotischer Backsteinbau<br />
Nutzung: privat, außen zugänglich<br />
Größere Unterschiede als dieses Gutshaus kann ein architektonisches Gebilde kaum in sich vereinen.<br />
Die beiden heute dort sichtbaren Gebäude korrespondieren lediglich in einer Fachwerkausführung,<br />
die sich jeweils im Drempel des neuen Eingangsturms und dazu ähnlich unter dem Pyramidendach<br />
des turmähnlichen Mittelrisalits des älteren Baues finden. Alle anderen Gebäudeteile stellen einen einzigen<br />
Kontrast dar. Der ältere Bau ist von heller Putzsichtigkeit und eher horizontal ausgerichtet, während<br />
das jüngere Gebäude stark vertikal mit Turm und Giebeln in dunkler Klinkerfarbigkeit erscheint.<br />
Hat der ältere Bau eine zentrale Eingangssituation in der Mitte mit Freitreppe und einem altanartigen<br />
Vorbau, erinnert der ebenerdige seitliche Eingang für den jüngeren Bauteil eher an ein Kirchenportal.<br />
Wie entstand diese bunte Mischung? – 1852 heiratete Friedrich von Maltzan auf Peckatel aus der<br />
Linie Rothenmoor Auguste von Oertzen auf Lübberstorf. Die Eheleute ließen das ältere, vermutlich<br />
noch spätbarocke Gutshaus nach ihren Vorstellungen umbauen. Der eingeschossige Bau auf einem<br />
hohen Feldsteinsockel erhielt ein etwas archaisch geprägtes Bild mit klassizistischen Anklängen, mit
198 ? KATALOG STU<br />
Samow<br />
Lage: 8 km nordwestlich von Gnoien<br />
Errichtet: 1658/um 1810<br />
Stil: klassizistischer Putzbau<br />
Nutzung: Hotel, Restaurant<br />
Der ursprüngliche Bau entstand 1658 für die mecklenburgisch-uradlige Besitzerfamilie von Moltke.<br />
Ab 1786 wurde der Besitz mehrfach verkauft, bis 1815 die Rostocker Senatorenfamilie Boldt das Anwesen<br />
erwarb. Wilhelm Boldt ließ das Gut als Sommersitz einrichten, und vermutlich geht auf ihn<br />
die Überbauung in der rein klassizistischen Form zurück.<br />
Der ursprüngliche blockartige Baukörper mit zwei Geschossen auf einem rechteckigen Grundriss<br />
wurde nun mit glatten Wandflächen und einer klaren Linienführung durch einfachen Blendschmuck<br />
versehen. Kolossallisenen rahmen die zwei äußeren Achsen. An der Rückfront bilden sie schwache<br />
Risalite. Der Bau hat elf Achsen, einen flachen Sockel und ein hohes Walmdach. Ein kräftiges Gurtband<br />
ist umlaufend ausgeführt. Schwache Risalite bilden auch die Eingangsbereiche über je drei<br />
Achsen. Die handwerkliche Ausführung der Steinmetz-, Stuck- und Holzarbeiten erfolgte in hoher<br />
Qualität.
VWZ<br />
KATALOG ? 227<br />
Weisdin<br />
Lage: 5 km nordöstlich von Neustrelitz<br />
Errichtet: 1749<br />
Stil: barocker Putzbau<br />
Nutzung: privat, von außen einsehbar<br />
Dieser zweigeschossige schlichte Putzbau mit einem hofseitigen Mittelrisalit entstand nach einem<br />
verheerenden Brand im Dorf um 1750 – in baulicher Einheit mit einer neuen Dorfanlage für die Familie<br />
von Peckatel. Das Gutshaus ist ein breit gestreckter blockhafter Baukörper von neun Achsen<br />
über einem flachen Kellergeschoss. Die mittleren drei Achsen mit dem Eingangsportal sind als Risalit<br />
ausgebildet. Typisch barocke Details sind das hohe Walmdach und der hoch gezogene Dreiecksgiebel.<br />
Das im Giebel angebrachte Wappen der mecklenburgischen Fürstenfamilie ist vom Hosenbandorden<br />
umgeben mit dem bekannten Spruch (in der Übersetzung): »Ein Schelm, der Arges dabei denkt«.<br />
Seit 1761 bis 1918 war Weisdin im Besitz der Herzöge und Großherzöge von Mecklenburg-Strelitz.<br />
Die parkseitige Terrasse mit seitlichen Freitreppen führt direkt zum See und ist vermutlich später<br />
um 1900 als Wintergarten oder Windfang überdacht worden. Darauf weist auch die stilistische Umsetzung<br />
des Unterbaus.<br />
1918 wurde das Gut im Rahmen der Fürstenenteignung nach dem Verzicht der mecklenburgischen<br />
Großherzöge auf den Thron zur Staatsdomäne.<br />
Nach 1945 war das Gutshaus Gaststätte, Schule und Wohnung. Bis 1996 fand die erste Renovierung<br />
und Restaurierung statt, seitdem wird es zu Wohnzwecken genutzt. 2010 wurde das Haus erneut<br />
renoviert. Dabei wurde auch wieder eine Kopie der barocken Eingangstür angefertigt. Ein westlich<br />
gelegener englischer Park geht direkt in die Landschaft über.
PRÄGENDE KÖPFE DER<br />
SCHLÖSSER- UND HERRENHAUSARCHITEKTUR<br />
IN MECKLENBURG<br />
Georg Daniel (1829–1913) war Sohn des Rehnaer Bürgermeisters und besuchte ab 1846 die<br />
Polytechnische Schule Hannover. Ab 1849 nahm er weiteren Unterricht im privaten Bauatelier von<br />
Friedrich Bürklein in München und seit 1851 an der Münchener Kunstakademie.<br />
Seine ersten Sporen verdiente sich der junge Architekt um 1855 am Schweriner Schloss, wobei<br />
er auch Großherzog Friedrich Franz II. als »sehr tüchtig und geschickt« auffiel. So gelang es ihm<br />
nach anschließendem mehrjährigem Aufenthalt in Wien bei dem Architekten Franz Jakob Kreutzer,<br />
1861 nach Mecklenburg zurückzukehren und die Stelle eines Baukondukteurs zu erhalten. In dieser<br />
Zeit hatte er seine erste Begegnung mit ländlicher Repräsentationsarchitektur, als er mit dem Umbau<br />
des Schlosses in Ivenack beauftragt wurde. Es folgten die Herrenhäuser im pommerschen Gültz und<br />
im mecklenburgischen Vanselow.<br />
1866 trat Daniel als Beamter im Baudistrikt Schwerin in den Staatsdienst und wurde ab 1870<br />
Distriktsbaumeister der Ämter Hagenow und Wittenburg. In dieser Funktion erhielt er auch den<br />
Auftrag für den Neubau der Stadtkirche in Malchow, die 1870 fertiggestellt war.<br />
1874 trat er aber, wie es hieß, »mit Allerhöchster Genehmigung in Großherzoglich Strelitzsche<br />
Dienste über, wiewohl mit der Erklärung, daß er sich vorbehalte, auf Wunsch« nach Schwerin zurückzukehren.<br />
In die Strelitzer Jahre fällt die Planung für das Herrenhaus in Beseritz.<br />
Arbeiten von Georg Daniel sorgten auf der Weltausstellung 1878 in Paris für große Anerkennung.<br />
Zwei Jahre später machte der Baurat von seinem Vorbehalt Gebrauch und kehrte nach Schwerin zurück.<br />
Der Lebenswunsch des nun 51-Jährigen hatte sich erfüllt: Er war Chef der Baubehörde in<br />
Mecklenburg-Schwerin. Sogar seine Strelitzer Zeit sollte ihm auf die Pension angerechnet werden.<br />
Zudem erhielt er den Auftrag für ein repräsentatives Herrenhaus der Familie von Bernstorff auf dem<br />
Stammsitz der Familie. Das Haus steht noch, befindet sich aber in einem sehr schlechten Zustand.<br />
Nach mehreren weiteren Projekten wurde der Neubau des Turms am Schweriner Dom 1889 bis<br />
1893 sein Hauptwerk. Erst 1896 übernahm er die Verantwortung für zwei weitere Gutshausneubauten.<br />
Im Gegensatz zu seinen früheren Backsteingebäuden, ganz im Sinne der Neogotik und Neorenaissance,<br />
führte er diese beiden Häuser als Putzbauten eher im Geschmack des Neobarocks aus.<br />
In Alt Rehse ist nicht mehr viel von dem ursprünglichen Bau zu erkennen. Dagegen ist Quadenschönfeld<br />
in jüngster Zeit saniert und restauriert worden.<br />
Bei der Wiedereinweihung des Ratzeburger Doms (der damals noch zu Mecklenburg gehörte)<br />
erhielt er das mecklenburgische Ritterkreuz des Ordens der Wendischen Krone, später auch das<br />
Komturkreuz. Weiterhin wurde Georg Daniel mit der Medaille für Wissenschaft und Kunst in Gold<br />
sowie mit einer Gedächtnismedaille ausgezeichnet. Bis zu seiner Pensionierung 1911 war er in<br />
Schwerin tätig.
ADRESSEN<br />
ALT GAARZ Kastanienallee 12 | 17194 Gaarz<br />
ALT NECHELN<br />
Dorfstr. 6 | 19412 Alt-Necheln<br />
ALT SAMMIT<br />
Am Schloss | 18292 Alt Sammit<br />
ALT SCHWERIN<br />
Lindenallee 36 | 17214 Alt Schwerin<br />
APPELHAGEN<br />
Dorfstraße 5 | 17166 Appelhagen<br />
BANDELSTORF<br />
Gutshaus Bandelstorf | 18196 Bandelstorf<br />
BASEDOW Hahnenhof 1 | 17153 Zettemin<br />
BASTHORST<br />
Basthorster Weg 18 | 19089 Basthorst<br />
BELITZ 17168 Belitz<br />
BLÜCHERHOF<br />
Parkstraße 6 | 17194 Blücherhof Klocksin |<br />
Blücherhof<br />
BORKOW Hof 8 | 19406 Borkow<br />
BREDENFELDE<br />
Dorfstraße 56–59 | 17153 Bredenfelde<br />
BROOK Dorfstraße 1 | 23948 Brook<br />
BÜLOW Zum Strande 4 | 18230 Kägsdorf<br />
BÜTTELKOW<br />
Hof 1–2 | 18230 Biendorf-Büttelkow<br />
BÜTOW Gut Bütow | 17209 Bütow<br />
BURG SCHLITZ<br />
Schlosshotel Burg Schlitz| 17166 Hohen Demzin<br />
DALWITZ Dalwitz 46 | 17179 Walkendorf<br />
DASCHOW Schlossstraße 5 | 19386 Daschow<br />
DÖNKENDORF<br />
Am Hof 3 | 23942 Dönkendorf<br />
DOLGEN Zum See 5 | 18299 Dolgen am See<br />
DREILÜTZOW<br />
Am Schlosspark 10 | 19243 Dreilützow<br />
DROSEDOW Dorfstraße 28 | 17255 Drosedow<br />
EHMKENDORF<br />
Gutshaus | 18195 Ehmkendorf<br />
FRIEDRICHSMOOR<br />
Schloßallee 10 | 19306 Friedrichsmoor<br />
GADEBUSCH<br />
Amtsstraße 6 | 19205 Gadebusch<br />
GALENBECK Dorfstr. 15 | 17099 Galenbeck<br />
GAMEHL<br />
Hotel Schloss Gamehl | 23970 Gamehl<br />
GANZOW Ganzow 6a | 19205 Ganzow<br />
GARVENSDORF<br />
Hofstr. 10 | 18233 Garvensdorf<br />
GELBENSANDE<br />
Am Schloss 1 | 18182 Gelbensande<br />
GERDSHAGEN<br />
Zum Buschlingsberg 2 | 18239 Satow<br />
GNEVEN An der Warnow 1 | 19065 Gneven<br />
GÖHREN-LEBBIN<br />
Schlossstraße 1 | 17213 Göhren-Lebbin<br />
GOLCHEN Gutshaus | 19412 Golchen<br />
GREVEN Gutshaus Greven | 19386 Greven<br />
GROSS BRÜTZ<br />
Parkweg 14 | 19071 Groß Brütz<br />
GROSS GIEVITZ<br />
Schulstr. 3 | 17192 Groß Gievitz<br />
GROSS LÜSEWITZ Milchstr. 4 | 18190 Sanitz<br />
GROSS PLASTEN<br />
Parkallee 36 | 17192 Groß Plasten<br />
GROSS POTREMS<br />
Gutshaus | 18196 Groß Potrems<br />
GROSS SCHWANSEE<br />
Am Park 1 | 23942 Gross Schwansee<br />
GROSS SIEMEN<br />
An der Sieme 13 | 18236 Groß Siemen<br />
GROSS WÜSTENFELDE<br />
Am Wall 8 | 17168 Groß Wüstenfelde<br />
GROSSENHOF<br />
Straße zur Jugendherberge 3<br />
23948 Großenhof<br />
GÜSTROW<br />
Franz-Parr-Platz 1 | 18273 Güstrow<br />
GÜTZKOW<br />
Herrenhaus Gützkow | 17091 Gützkow
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische<br />
Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de<br />
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Alle Rechte vorbehalten. Reproduktionen, Speicherungen<br />
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© <strong>Hinstorff</strong> <strong>Verlag</strong> GmbH, Rostock 2011<br />
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www.hinstorff.de<br />
https://www.facebook.com/<strong>Hinstorff</strong><strong>Verlag</strong><br />
1. Auflage 2011<br />
Herstellung: <strong>Hinstorff</strong> <strong>Verlag</strong> GmbH<br />
Lektorat: Dr. Florian Ostrop<br />
Titelgestaltung und Layout: Beatrix Dedek<br />
Druck und Bindung: optimal media production GmbH<br />
Printed in Germany<br />
lSBN 978-3-356-01395-5<br />
Bildnachweis<br />
Alle Fotos stammen vom Autor, mit Ausnahme von<br />
S. 16, 27, 38, 43, 49, 59, 69, 73, 80, 85, 90, 95, 97, 107, 109, 113,<br />
119, 129, 142, 145, 147, 159 l., 177f., 203, 204, 221f., 226, 234:<br />
Thomas Grundner<br />
S. 25: Förderverein Rittergut Bandelstorf e.V.<br />
S. 46: Mirko Runge<br />
S. 56f.: Familie Heller, Schloß Drosedow<br />
S. 182: Olaf von Könemann<br />
S. 189: Hotel & Restaurant Gutshaus Redewisch<br />
S. 212f.: Wilhelm Göhrs, Gutsverwaltung Staven.<br />
Karte: Stephan Schröder<br />
Bilderläuterung Cover: Klütz/Bothmer (o.), Prebberede,<br />
Schorssow, Poppendorf (mittige Bildleiste v.l.n.r.),<br />
Hasenwinkel, Kalkhorst, Groß Schwansee (unten v.l.n.r.)<br />
Rücktitel: Basedow<br />
Inhalt: Appelhagen, Bansow, Bütow, Ehmkendorf, Kittendorf,<br />
Güstrow, Klütz, Wichmannsdorf, Hohen Luckow<br />
(S. 5ff., jeweils v.l.n.r.)