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Quellensanierung von Nitroaromaten - ahu AG Wasser Boden ...

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.<strong>Quellensanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong> – In-situ Testsanierung mit Alkohol<br />

<strong>Quellensanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong> –<br />

In-situ Testsanierung mit Alkohol<br />

Ulrich Lieser, Axel Meßling, Christian Weingran, Michael Weis, Uli Uhlig, Simone Tränckner<br />

1 Hintergrund<br />

Am Beispiel eines Schadenfalls mit vorwiegend Mononitrotoluolen<br />

in der Kleinniederung des ehemaligen<br />

Rüstungsstandorts Stadtallendorf [1, 2] wurden systematische<br />

Untersuchungen der natürlichen Prozesse<br />

im Untergrund und zu deren Beeinflussung sowie<br />

zum gezielten Schadstoffaustrag mit einem Alkohol-<br />

<strong>Wasser</strong>-Gemisch durchgeführt. Die Anwendung einer<br />

kostengünstigen aber effektiven Sanierungs strategie<br />

zur Verkürzung hydraulischer Sicherungsmaßnahmen<br />

wurde angestrebt. Es wurde eine gestufte Vorgehensweise<br />

bei der Sanierungsplanung unter Einbeziehung<br />

der natürlichen Prozesse [3] entwickelt und<br />

getestet.<br />

In-situ-Waschverfahren werden bisher für BTEX, PAK<br />

[4, 5] und CKW [6] angewendet. Als Phase aufschwimmende<br />

(LNAPL = light non-aqueous phase liquids)<br />

bzw. residual verteilte BTEX werden dabei auf dem<br />

Grundwasser durch Einsatz eines schwellenden Alkohols<br />

[7] gefördert. Die Problematik bei CKW besteht<br />

im Gegensatz zu den LNAPL vor allem darin,<br />

dass CKW als DNAPL (= dense non-aqueous phase<br />

liquids) im Grundwasserleiter immer tiefer sinken<br />

und ein Waschmittel zum Einsatz kommen muss,<br />

welches die Dichte des sich bildenden Waschmittel-<br />

Schadstoff-Gemischs so weit erniedrigt, dass ein<br />

aufsteigender Gradient entsteht. Nach [6] reicht zur<br />

Erzeugung eines aufsteigenden Gradienten bereits<br />

eine Verringerung der Dichte einer Tensidlösung<br />

<strong>von</strong> 1,002 g/cm 3 auf 0,986 g/cm 3 beispielsweise durch<br />

die Zugabe <strong>von</strong> Ethanol. Da der Hauptschadstoff am<br />

Standort 2-MNT (2-Mononitrotoluol) in reiner Form<br />

eine Dichte <strong>von</strong> 1,163 g/cm 3 (25 °C) aufweist, muss<br />

mit dem anzuwendenden Waschverfahren ebenfalls<br />

einem abwärts gerichteten Gradienten vorgebeugt<br />

werden.<br />

Die Oberflächenspannung zwischen Luft und <strong>Wasser</strong><br />

nimmt nach [8] mit steigendem Ethanolgehalt in der<br />

wässrigen Phase ab. Damit werden auch Porenräume<br />

durch das Ethanol erreichbar, die bisher für <strong>Wasser</strong><br />

nicht zugänglich sind. Weiterhin zeichnen sich die<br />

<strong>Nitroaromaten</strong> durch eine den bisher getesteten Stoffen<br />

vergleichbare <strong>Wasser</strong>löslichkeit aus. Demzufolge<br />

können ähnliche Verfahren zur Sanierung <strong>von</strong> hoch<br />

kontaminierten Schadherden zur Anwendung kommen.<br />

Bei der Anwendung <strong>von</strong> tensidhaltigen Waschmitteln<br />

ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Dipol-<br />

und Ionenladungseigenschaften der als STV zusammengefassten<br />

Stoffgruppe mit einer Bildung <strong>von</strong><br />

Emulsionen, wie sie bei [9] bereits beschrieben wurden,<br />

zu rechnen. So weisen beispielsweise die natürlicherweise<br />

aus STV im Grundwasserleiter gebildeten<br />

Aminoverbindungen [10, 11] eine um Zehnerpotenzen<br />

höhere <strong>Wasser</strong>löslichkeit als beispielsweise 2-MNT auf<br />

und können somit die Bildung <strong>von</strong> Emulsionen begünstigen.<br />

Die Schadstoffgehalte für den hoch kontaminierten<br />

Schadensbereich sind für natürliche Abbauprozesse<br />

so hoch, dass die alleinige Unterstützung des natürlichen<br />

Schadstoffabbaus als nicht aussichtsreich bewertet<br />

werden muss. Chemische Oxidationsverfahren<br />

sind aufgrund der hohen TOC-Gehalte nicht effektiv<br />

anwendbar, vor allem wenn das nur sehr schwer oxidierbare<br />

TNT (2,4,6-Trinitrotoluol) vorhanden ist. Da<br />

aufgrund der vielen kleinen Schadstoffnester eine<br />

Alternative zum aufwändigen <strong>Boden</strong>aushub gesucht<br />

werden musste, wurde ein in-situ Waschverfahren angewendet.<br />

Im Vorfeld der Testsanierung wurde das für die Kontamination<br />

optimale Waschmittel unter Maßgabe<br />

einer minimalen Ökotoxizität gesucht. Ethanol ist<br />

in der Lage, sowohl im ungesättigten als auch im gesättigten<br />

Bereich sehr gute Reinigungsergebnisse für<br />

die gesamte Palette der polaren und unpolaren STV<br />

zu erbringen. Für eine effiziente und schnelle Reinigung<br />

des gesättigten Bereichs wurde ein Ethanolgehalt<br />

<strong>von</strong> 30 % im Schadensherd als optimal ermittelt.<br />

Um diesen Ethanolgehalt im gesättigten Bereich zu<br />

erreichen, wurde eine einmalige Eingabe unverdünnten,<br />

unvergällten Ethanols geplant. Ein Einsatz <strong>von</strong><br />

vergälltem Ethanol ist aus Gründen des ökologischen<br />

Einflusses der zur Verfügung stehenden Vergällungsmittel<br />

nicht zielführend.<br />

2 Standortsituation<br />

Die Eingrenzung des Schadens hat zwei Schadenszentren<br />

(Nord und Süd) ergeben.<br />

Im Schadenszentrum Süd ist der gesamte Lockergesteinsabschnitt<br />

über die gesamte Tiefe bis ca. 7–11 m<br />

deutlich mit STV, vorwiegend MNT belastet. Schwerpunkt<br />

der Belastung ist der oberflächennahe Bereich<br />

zwischen 2 und ca. 5 m. Höchste Belastungen mit<br />

mehr als 15.000 mg/kg für die Summe STV werden in<br />

einer Teufe <strong>von</strong> 2 – 3 m nachgewiesen. Eine eindeutige<br />

Tiefendifferenzierung in einem bestimmten <strong>Boden</strong>-Horizont<br />

oder einer einheitlichen Tiefe ist nicht<br />

altlasten spektrum 2/2012 5


<strong>Quellensanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong> – In-situ Testsanierung mit Alkohol.<br />

festzustellen. In Bereichen mit tendenziell höherem<br />

Feinkornanteil sind nach Auswertung der Schichtenverzeichnisse<br />

höhere Schadstoffgehalte anzutreffen.<br />

Im Schadenszentrum Nord erreichen die kontaminierten<br />

Abschnitte lediglich Tiefen bis ca. 4–6 m. Die Belastungen<br />

sind insgesamt deutlich niedriger.<br />

Als Testfeld wurde das hoch kontaminierte Schadenszentrum<br />

Süd mit einem bei der geologischen Ansprache<br />

ausgewiesenen vorwiegend fein sandigen Bereich<br />

ausgewählt. Es wurden vereinzelt oberflächennah<br />

auch schluffigere Bereiche nachgewiesen, die für eine<br />

Waschung wahrscheinlich nur schwer zugänglich waren.<br />

3 Versuchsdurchführung<br />

Ein vereinfachtes Systemdiagramm ist in der folgenden<br />

Abbildung 1 dargestellt.<br />

Im Vorfeld des Versuchs wurde die notwendige Grundwasser-Entnahmemenge<br />

an einem bereits im Testfeld<br />

bestehenden Brunnen mittels eines kleinräumigen<br />

Grundwasserströmungsmodells berechnet, um ein<br />

Abströmen der im Waschwasser hoch konzentrierten<br />

Schadstoffe mit dem Grundwasser zu verhindern.<br />

Zur modellgestützten Versuchsplanung wurde ein<br />

Abbildung 2:<br />

Einrichtung des Testfelds, Testfeldanordnung mit Lage der Rigolen<br />

und Lanzen und Einspeisevolumina<br />

Abbildung 1:<br />

Schematische Darstellung des Testfeldbereichs<br />

3D-Modell der Grundwasserströmung aufgebaut. Die<br />

Randbedingungen wurden aus dem bereits bestehenden<br />

Großraummodell für den gesamten Standort entnommen.<br />

Das hydraulische Regime für den gesättigten<br />

Bereich wurde berechnet und in der Einfahrphase<br />

verifiziert.<br />

Die Einrichtung des Versuchsfelds mit den wesentlichen<br />

Elementen ist in Abbildung 2 dargestellt. Über<br />

flach ausgebaute Rigolen wurde die oberflächennahe<br />

Infiltration durchgeführt, über die in verschiedenen<br />

Tiefen (bis max. 8 m) ausgebauten Lanzen wurde Ethanol<br />

in den Untergrund eingebracht.<br />

In den sich langsam ausbildenden Trichter erfolgte<br />

die Infiltration des Waschmittels aus Sicherheitsgründen<br />

in zwei Stufen.<br />

In einer ersten Stufe wurden die Rigolen zur Spülung<br />

des ungesättigten Horizonts mit ca. 6 m 3 Ethanol beaufschlagt.<br />

Die Eingabe erfolgte innerhalb <strong>von</strong> drei<br />

Tagen mit sehr unterschiedlichen Infiltrationsraten<br />

(2–30 l/h). Die schlechte Infiltrationsrate in zwei <strong>von</strong><br />

sechs Rigolen zeigt, dass die aufgrund der Bohrungen<br />

getroffene Einschätzung eines nicht flächig verteil-<br />

6 altlasten spektrum 2/2012


.<strong>Quellensanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong> – In-situ Testsanierung mit Alkohol<br />

ten Schluffhorizonts zumindest für Teile des Testfelds<br />

nicht zutreffend war bzw. die Durch lässigkeit überschätzt<br />

wurde.<br />

In der Phase 2 wurden ca. 4,8 m 3 Ethanol in 12 der<br />

14 Lanzen eingegeben. Die Eingabe erfolgte innerhalb<br />

<strong>von</strong> 10 Tagen mit Infiltrationsraten <strong>von</strong> 4 bis<br />

33 l/h.<br />

Zur Aufbereitung des schadstoffhaltigen Grundwassers<br />

wurde eine kombinierte Aufbereitungsanlage<br />

(zwei vorgeschaltete Bioreaktoren, dreistufige Aktivkohle-Adsorptionsanlage)<br />

kontinuierlich betrieben.<br />

Das entnommene Schadstoff-/Ethanol-/<strong>Wasser</strong>gemisch<br />

wurde in einen der beiden Vorlagebehälter<br />

gefördert (Vorlagevolumen > 60 m 3 , Rückhaltekapazität<br />

25 Tage). In zwei Bioreaktoren (HDPE-Säulen behälter,<br />

Volumen 8 und 11 m 3 ) erfolgte die mikrobielle<br />

Umsetzung des Ethanols.<br />

Aufgrund <strong>von</strong> z. T. heftigen Niederschlägen während<br />

und nach der Ethanolinfiltration bestanden erhebliche<br />

Anforderungen an die technische Ausrüstung<br />

und die Sicherung der durchgängigen Exfiltration<br />

während des Pilotversuchs aus zum Teil überfluteter<br />

Talaue und Testfeld.<br />

3.1 Ergebnisse<br />

Förderbrunnen im Testfeld<br />

Die Ethanol- und 2-Mononitrotoluolkonzentrationen<br />

im Gesamtverlauf des Versuchs im Förderbrunnen<br />

P62 sind in der folgenden Abbildung 3 dargestellt.<br />

Die während der Einfahrphase beobachtete sinkende<br />

Schadstoffkonzentration im Förderbrunnen P62 wird<br />

mit beginnender Ethanolinfiltration in die Rigolen<br />

unterbrochen. Eine relativ geringe Erhöhung der<br />

2-MNT-Konzentration um 7 % wird 6 Tage nach der<br />

Infiltration und 3 Tage nach einem extremen Tagesniederschlag<br />

<strong>von</strong> 15 mm gemessen. Danach sinken die<br />

2-MNT-Werte wieder kontinuierlich. Mit der Ethanoleingabe<br />

in die Lanzen erfolgt zeitgleich mit Ethanol<br />

nach einem bzw. sieben Tagen ein deutlicher Anstieg<br />

des 2-MNT im P62. Danach sinkt die Konzentration<br />

wieder ab. Nach ca. 1 Monat (und auch längeren Intervallen)<br />

erfolgen noch einmal kurze Anstiege des<br />

2-MNT, ohne dass ein Anstieg des Ethanols beobachtet<br />

wird. Niederschlagsereignisse sind diesen Maxima<br />

nicht vorausgegangen. Insgesamt aber sinkt die Konzentration<br />

an 2-MNT in P62 mit sinkendem Ethanolgehalt<br />

langsam, aber kontinuierlich ab.<br />

Abbildung 3:<br />

Verlauf der Ethanol- und 2-MNT-Gehalte im Brunnen P62<br />

altlasten spektrum 2/2012 7


<strong>Quellensanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong> – In-situ Testsanierung mit Alkohol.<br />

Die Mehrheit der weiteren Schadstoffe verhält sich<br />

analog dem beschriebenen 2-MNT. Lediglich die Metabolite<br />

wie 2-MA (= 2-Methyl anilin) und Aminonitrotoluole<br />

(ANT) zeigen ein leicht abweichendes Verhalten.<br />

Vor allem die Methylaniline als Abbauprodukte der<br />

beiden Hauptschadstoffe 2-MNT und 4-MNT werden<br />

im Laufe des Versuchs durch die Ethanolzugabe verstärkt<br />

gebildet. Damit zeigt sich der durch das Ethanol<br />

bedingte zweite Effekt, die In-situ-biologische<br />

Stufe. Die Metabolite sind mobiler als ihre Ausgangssubstanzen,<br />

lösen sich leichter im Grundwasser und<br />

können damit besser ausgewaschen werden.<br />

Neben den STV werden auch andere Schadstoffe wie<br />

BTEX und Naphthaline mit ausgetragen. Vor allem Toluol<br />

wird mit bis zu 20 mg/l während der Waschung<br />

im gehobenen Grundwasser nachgewiesen.<br />

Die aktuellen Analysen ergeben deutlich sinkende<br />

Schadstoffgehalte <strong>von</strong> beispielsweise 160 mg/l 2-MNT<br />

auf 17 mg/l. Somit zeigt sich seit April 2011, also ca.<br />

1 Jahr nach Infiltration des Alkohols eine konstante Abnahme<br />

der Schadstoffgehalte im Förderbrunnen P62.<br />

Die Ethanolgehalte im gehobenen Grundwasser liegen<br />

in der ersten Phase im Schnitt bei 2.000 bis 5.000 mg/l<br />

bis zu ihrem Absinken auf ca. 200 mg/l ab Mai 2010.<br />

In der zweiten Phase der Versuchsdurchführung<br />

bei der Einspeisung über die Lanzen in das Grundwasser<br />

wird zweimal (1 und 7 Tage nach Beginn der<br />

Infiltration) eine deutliche Erhöhung der Ethanolkonzentration<br />

festgestellt. Der beobachtete Maximal-Wert<br />

am P62 liegt mit 110.000 mg/l (= 14 %-ige<br />

Ethanollösung) deutlich unterhalb der zunächst<br />

mit dem Grundwasserströmungsmodell prognostizierten<br />

Werte <strong>von</strong> maximal 380.000 mg/l (= 48 %-ige<br />

Ethanollösung). Unter Berücksichtigung des beobachteten<br />

Infiltrationsverhaltens durch größere<br />

schluffige Bereiche wurde die Strömungsmodellierung<br />

fortgeschrieben. Durch diese veränderten Annahmen<br />

stimmt die modellierte Durchbruchskurve<br />

für Ethanol im Förderbrunnen P62 mit den beiden<br />

beobachteten Ethanolmaxima überein. Das Tailing<br />

der Ethanolkonzentration verläuft entsprechend<br />

Abbildung 4 sehr viel langsamer als ursprünglich<br />

Abbildung 4:<br />

Vergleich der prognostizierten<br />

und gemessenen Ethanolkonzentration<br />

im P62<br />

Abbildung 5:<br />

Tiefenverteilung der einzelnen<br />

Schadstoffe im Testfeld<br />

8 altlasten spektrum 2/2012


.<strong>Quellensanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong> – In-situ Testsanierung mit Alkohol<br />

angenommen. Die Ethanolgehalte im gehobenen<br />

Grundwasser sinken bereits 14 Tage nach der Alkoholinfiltration<br />

in die Lanzen kontinuierlich. Nach<br />

einem Jahr beträgt die im Grundwasser gemessene<br />

Ethanolkonzentration <strong>von</strong> 16 mg/l noch 0,02 %<br />

der maximal erreichten Ethanolkonzentration im<br />

Grundwasser Bereits 18 Monate nach dem Versuch<br />

wird kein Ethanol (< BG 5 mg/l) mehr im gehobenen<br />

Grundwasser an der P62 nachgewiesen.<br />

Bilanzierung<br />

Die Massenberechnungen zur Auswertung der <strong>Boden</strong>proben,<br />

die beim Bau der Infiltrationslanzen gewonnen<br />

wurden (vgl. Abbildung 5), ergeben eine Gesamtschadstoffmenge<br />

<strong>von</strong> ca. 310 kg für das Testfeld (da<strong>von</strong><br />

ca. 70 % im Horizont 0,1–3 m, und ca. 30 % ab 3 m bis<br />

zur Endteufe.<br />

Innerhalb eines Jahres werden <strong>von</strong> Beginn des Pilotversuchs<br />

bis zum Mai 2011 ca. 393 kg analytisch<br />

erfasster STV mit der Förderung am P62 aus dem<br />

Untergrund entfernt. Das sind mehr als 87 % der<br />

abgeschätzten Schadstoffmasse <strong>von</strong> 452 kg im Einzugsbereich<br />

des Förderbrunnens. Für einige Schadstoffe,<br />

wie z. B. MNT fällt die Bilanz entsprechend<br />

Abbildung 6 besser aus, für andere wie DNT (Dinitrotoluole)<br />

schlechter. Die in Abbildung 6 dargestellte<br />

Bilanzierung zeigt weiterhin, dass Amino-Derivate<br />

(neben MA auch Aminonitrotoluole: ANT, ADNT) in<br />

wesentlich größeren Mengen aus dem Testfeld ausgetragen<br />

wurden, als die Feststoffbilanzierung ergab.<br />

Hier zeigt sich die durch den Einsatz <strong>von</strong> Ethanol<br />

gesteigerte Metabolitenbildung während des Pilotversuchs.<br />

3.2 Diskussion<br />

Mit diesem Pilotversuch wurden die Einsatzmöglichkeiten<br />

eines Waschverfahrens in einem Gebiet flächenhaft<br />

ausgeprägter, relativ gering durchlässiger<br />

<strong>Boden</strong>schichten getestet. Folgende Aspekte sind für<br />

einen weiteren Einsatz des Verfahrens <strong>von</strong> besonderer<br />

Bedeutung.<br />

Der vor der Errichtung des Testfelds nicht bekannte<br />

Schluffhorizont führte zum einen zu stark verringerten<br />

Infiltrationsraten in die Rigolen, aber auch<br />

in die Lanzen, die eigentlich im Grundwasserbereich<br />

ausgebaut sind. Zum anderen ist die Erreichbarkeit<br />

der Schadstoffe in diesen Schluffhorizonten<br />

als gering anzunehmen. Es ist fraglich, ob die<br />

Schluffhorizonte natürlichen Ursprungs sind, da<br />

ansonsten die Schadstoffgehalte in diesen Schichten<br />

aufgrund der natürlichen <strong>Wasser</strong>sperre gering<br />

wären. Es handelt sich wegen der extrem hohen<br />

Schadstoffgehalte eher um anthropogen überprägte<br />

Bereiche (ehemalige Teichanlagen), in die eine Einleitung<br />

<strong>von</strong> Abwasser (und ggf. auch Schlämme) erfolgt<br />

sein könnte.<br />

Weiterhin hat sich gezeigt, dass das laterale Fließen<br />

in der ungesättigten Zone (Interflow im Hangbereich)<br />

bei starken Regenereignissen nicht zu vernachlässigen<br />

ist. In Verbindung mit einer zeitgleichen<br />

Infiltration in Rigolensysteme sind weitere<br />

Sicherungsmaßnahmen für solche Ereignisse und<br />

eine angepasste und flexible <strong>Wasser</strong>haltung im Umfeld<br />

umfassen, vorzuhalten.<br />

Die hydraulische Sicherung des Grundwasserleiters<br />

stellte mit der modellgestützten Vorplanung und Auswertung<br />

ein funktionsfähiges Instrument dar.<br />

Die Wirkung des eingesetzten Ethanols zeigte sich sehr<br />

schnell, d. h. einige Tage nach der Infiltration wurden<br />

bereits Konzentrationsmaxima der STV gemessen. Der<br />

langsame Austrag des Ethanols aus der ungesättigten<br />

Zone sollte entsprechend der Vorplanung mit einer<br />

nachfolgenden <strong>Wasser</strong>infiltration beschleunigt werden.<br />

Aufgrund der angetroffenen schlechten Durchlässigkeit<br />

der ungesättigten Bereiche wurde während<br />

der Testsanierung da<strong>von</strong> Abstand genommen, so dass<br />

Abbildung 6:<br />

Bilanzierung an P62, geförderte<br />

Stoffmengen im Vergleich<br />

zu berechneter Schadstoffmasse<br />

(Stand: 15.12.2011)<br />

altlasten spektrum 2/2012 9


<strong>Quellensanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong> – In-situ Testsanierung mit Alkohol.<br />

ein langsamerer Austrag des infiltrierten Ethanols<br />

und der Schadstoffe erfolgte. Innerhalb <strong>von</strong> 18 Monaten<br />

konnten 393 kg Schadstoffe ausgetragen werden.<br />

Weiterhin zeigte sich, dass das Ethanol neben der Lösung<br />

der Schadstoffe auch deren natürlichen Abbau<br />

stark beschleunigt. So wurden die bereits vor Versuchsbeginn<br />

im Testfeld nachgewiesenen Metabolite<br />

in deutlich erhöhter Menge im Grundwasser beobachtet.<br />

Die höhere Polarität der Abbauprodukte führt<br />

damit zu einer verstärkten Abreinigung.<br />

Die Fassung <strong>von</strong> mehr als 390 kg STV über den bisherigen<br />

Versuchszeitraum – das ist das 80-fache dessen,<br />

was pro Jahr in der vorhergehenden hydraulischen<br />

Sicherung entfernt wurde – zeigt einen deutlichen<br />

Sanierungseffekt durch die Testsanierung. Weitere<br />

Messungen werden zeigen, ob die innerhalb eines<br />

reichlichen Jahres erreichte Abreinigung bereits ausreichend<br />

ist, um sofort eine messbare Verbesserung<br />

der Grundwasserqualität zu bewirken.<br />

Literatur<br />

[1] Weingran, C. (2009): Abschlussbericht MONASTA. Prognose und<br />

Kontrolle des natürlichen Rückhalts und Abbaus <strong>von</strong> <strong>Nitroaromaten</strong><br />

im Festgestein am Rüstungsaltstandort Stadtallendorf;<br />

FKZ: 0330508.<br />

[2] HMULV – Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum<br />

und Verbraucherschutz unter Mitwirkung der HIM GmbH, Bereich<br />

Altlastensanierung – HIM-ASG (2005): <strong>Boden</strong> gut gemacht.<br />

[3] Tränckner S.; Schmalz, L. (2004): Laborgestützte Prognose <strong>von</strong><br />

„natural attenuation“ Prozessen am Beispiel einer Rüstungsaltlast.<br />

Terra Tech/ wlb 3–4 2004, TT21-TT24.<br />

[4] Tränckner, S.; Uhlig, U.; Schinke, R.; Hofmann, W.; Thomas,<br />

A. (2003): In situ-Alkoholwäsche zur Mobilisierung residualer<br />

LNAPL. 9. Dresdner Grundwasserforschungstage Proceedings<br />

des DGFZ e.V., ISSN 1430-0176; Heft 24.<br />

[5] Uhlig, U.; Zschiederich, K.; Tränckner, S.;. Luckner, L. (2005):<br />

New technology of In-Situ-Alcohol-Flushing (ISAF) for mobilizing<br />

residual LNAPL in the subsurface by using swelling alcohol.<br />

Vortrag auf der ConSoil 2005; Bordeaux; 3.–7. Oktober<br />

2005.<br />

[6] Taylor, T.; Rathfelder, P. K. M.; Pennell, K. D.; Abriola, L. M.<br />

(2004): Effects of ethanol addition on micellar solubilization<br />

and plume migration during surfactant enhanced recovery of<br />

tetrachlorethene. J. of Contaminant Hydrology 69; 73–99.<br />

[7] Tränckner, S.; Luckner, L. (2004): In-situ Verfahren zur Mobilisierung<br />

einer leichten, nicht wässrigen Flüssigphase und zum<br />

Transfer des Mobilisats in die Floatings im Grundwasserspiegelbereich.<br />

Deutsches Patent (101 38 415) der LMBV mbH.<br />

[8] Yu, S.; Freitas, J.G.; Unger, A.; Barker, J. F.; Chatzis, J. (2009): Simulating<br />

the evolution of an ethanol and gasoline source zone<br />

within the capillary fringe. Journal of Contaminant Hydrology<br />

105; 1–17<br />

[9] Martel, R.; Lefebvre, R.; Gelinas, P. J. (1998): Aquifer washing by<br />

micellar solutions 2: DNAPL recovery mechanisms for an optimized<br />

alcohol-surfactant-solvent solution. J. of Contaminant<br />

Hydrology, Vol. 30, pp. 1–29.<br />

[10] Tränckner, S. (2004): Laborative Untersuchung natürlicher<br />

Selbstreinigungsprozesse sprengstoff typischer Verbindungen<br />

im Grundwasserleiter und deren Quantifizierung. Diss. TU<br />

Dresden 17.06.2003; DGFZ Proceedings Heft 23; ISSN: 1430-0176.<br />

[11] Weber, A. (2004): Randbedingungen für Sorption und Abbau<br />

sprengstofftypischer Verbindungen am Beispiel der Rüstungsaltlast<br />

Torgau/Elsnig. Diss. BTU Cottbus; DGFZ Proceedings Heft<br />

33; ISSN: 1430-0176.<br />

Anschrift der Autoren:<br />

Axel Meßling, Ulrich Lieser<br />

<strong>ahu</strong> <strong>AG</strong> <strong>Wasser</strong> • <strong>Boden</strong> • Geomatik<br />

Kirberichshofer Weg 6, 52066 Aachen<br />

Christian Weingran<br />

HIM GmbH<br />

Waldstraße 11, 64584 Biebesheim<br />

Michael Weis<br />

Regierungspräsidium Giessen<br />

Abteilung Umwelt<br />

Marburger Straße 91, 35396 Giessen<br />

Uli Uhlig, Simone Tränckner<br />

GFI Luckner GmbH Dresden<br />

Meraner Str. 10, 01217 Dresden<br />

10 altlasten spektrum 2/2012

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