Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht Grundlagen
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
<strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> <strong>Schenkungssteuerrecht</strong><br />
Gr<strong>und</strong>lagen<br />
I. Allgemeines<br />
Die Weggabe einer Immobilie durch Veräußerung ist gr<strong>und</strong>erwerbsteuerpflichtig. Hinsichtlich<br />
der Einkommensteuer ist die Veräußerung einer Immobilie mit Gewinn gr<strong>und</strong>sätzlich steuerfrei<br />
(Ausnahmen: innerhalb der 10-Jahres-Frist oder gewerblicher Gr<strong>und</strong>stückshandel).<br />
Bei Weggabe einer Immobilie durch Schenkung fällt keine Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer an <strong>und</strong> auch<br />
keine Einkommensteuer (es fehlt die Gegenleistung), dafür wird Schenkungssteuer fällig. Bei<br />
der Weggabe der Immobilie durch Vererbung gilt wie zur Schenkung, dass der Vorgang gr<strong>und</strong>erwerbsteuerfrei<br />
ist. Es wird hier aber <strong>Erbschafts</strong>steuer fällig.<br />
<strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> Schenkungssteuer sind in einem einheitlichen Gesetz geregelt <strong>und</strong> die beiden<br />
Steuertatbestände entsprechen sich im wesentlichen vollständig, vor allen Dingen hinsichtlich<br />
der steuerfreien Tatbestände, der Wertermittlung, der Steuerklassen, der Freibeträge <strong>und</strong> der<br />
Steuertarife. Dies bedeutet, dass die Schenkung eines Gegenstandes im Regelfall die gleiche<br />
Steuer auslöst wie die Vererbung dieses Gegenstandes. Bei der Vererbung größerer Immobilienvermögen<br />
können trotz der derzeit noch privilegierten Berechnung des Wertes erhebliche<br />
Probleme auf den Erben zukommen, was sich aus folgender Situation ergibt:<br />
- Der Vermögenswert des Erbganges (Immobilien) ist festgelegt <strong>und</strong> bei schlechten<br />
Marktverhältnissen nur weit unter Wert schnell zu Geld zu machen<br />
- Andererseits müssen Pflichtteilsberechtigte in bar bedient werden ebenso wie mögliche<br />
Vermächtnisnehmer<br />
- Es muss ggf. <strong>Erbschafts</strong>steuer in erheblichem Umfang gezahlt werden. Das Finanzamt<br />
nimmt nur bedingt durch St<strong>und</strong>ung der <strong>Erbschafts</strong>steuer Rücksicht auf die Liquiditätssituation<br />
des Erben.<br />
- Bei Gr<strong>und</strong>stücken, die mit Gewinn veräußert werden könnten, ist der Erbe möglicherweise<br />
an eine 10-Jahres-Haltefrist geb<strong>und</strong>en, wobei seine Haltezeit <strong>und</strong> die Haltezeit des<br />
Erblassers zusammengerechnet werden. Veräußert er die Immobilie unmittelbar nach<br />
dem Erbfall <strong>und</strong> innerhalb der 10-Jahres-Frist, hat er auf den Erlös zunächst noch Einkommensteuer<br />
zu zahlen.<br />
Im folgenden soll kurz die Steuersystematik des <strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> <strong>Schenkungssteuerrecht</strong>s dargestellt<br />
werden (II), bevor auf Gestaltungstipps für die Praxis hingewiesen wird (III).<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
II. Steuersystematik<br />
1. Steuerfreie Tatbestände<br />
Steuerfreie Tatbestände sind selten. Die meisten Steuerbefreiungen sind bei so geringen Werten<br />
angesetzt, dass eine Erwähnung nicht lohnt (vgl. aber III, Schenkung des Familienwohnheims<br />
an Ehegatten <strong>und</strong> zur Vererbung von Hausrat).<br />
2. Wert von Schenkung / Nachlass<br />
Das Finanzamt ermittelt nach Angaben des Steuerpflichtigen den Wert eines geschenkten Gegenstand<br />
bzw. den Wert eines Nachlasses. Bei einer Schenkung sind die Beteiligten verpflichtet,<br />
diesen Vertrag dem Finanzamt mitzuteilen. Bei der Schenkung eines Gr<strong>und</strong>stücks trifft diese<br />
Pflicht den beurk<strong>und</strong>enden Notar. Bei einer Übertragung von Vermögenswerten im Erbgang<br />
ist der Erbe verpflichtet, dem Finanzamt gegenüber unaufgefordert eine <strong>Erbschafts</strong>teuererklärung<br />
abzugeben, in der er den Wert des Nachlasses darstellt.<br />
3. Steuerklassen<br />
Der Gesetzgeber hat sich sowohl für das <strong>Schenkungssteuerrecht</strong> als auch für das <strong>Erbschafts</strong>steuerrecht<br />
für drei unterschiedliche Steuerklassen entschieden. Die günstigste Steuerklasse ist<br />
die Steuerklasse I <strong>und</strong> betrifft diejenigen Personen, die mit dem Schenker bzw. dem Erblasser<br />
eng verwandt sind. Bei weitläufigerem Verwandtschaftsgrad gilt die Steuerklasse II <strong>und</strong> für alle<br />
übrigen Erwerber die schlechteste Steuerklasse III. Die Einteilung kann der Anlage entnommen<br />
werden.<br />
Bei der Bewertung der Steuerklassen fällt auf, dass nicht verheiratete Lebensgefährten, die beispielsweise<br />
30 Jahre lang zusammen in „wilder Ehe“ leben <strong>und</strong> de facto eine Ehe führen, in die<br />
Steuerklasse III fallen, während das erst sechs Monate verheiratete Ehepaar im Falle der<br />
Schenkung oder im Falle des Todes eines Ehegatten die viel günstigere Steuerklasse I in Anspruch<br />
nehmen kann.<br />
4. Freibeträge<br />
Die Vergünstigung eines Freibetrages bedeutet, dass bis zu diesem Betrag des Wertes des<br />
Nachlasses bzw. der Schenkung keine Steuer zu zahlen ist. Erst der erste Euro, der diesen Betrag<br />
übersteigt, ist potenziell steuerpflichtig. Hinsichtlich der Freibeträge ordnet der Gesetzgeber<br />
nach Steuerklassen: Die größten Freibeträge haben die Ehegatten der Steuerklasse I, die<br />
kleinsten Freibeträge die Steuerpflichtigen der Steuerklasse III. Innerhalb der Steuerklasse I<br />
wird hinsichtlich der Freibeträge noch unterschieden in Ehegatten, Kinder oder Kinder eines<br />
verstorbenen Kindes <strong>und</strong> alle übrigen Erwerber. Näheres ist der Anlage zu entnehmen.<br />
5. Steuertarife<br />
Die <strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> Schenkungssteuer steigt progressiv mit dem Wert des Erwerb <strong>und</strong> zwar in<br />
jeder der drei Steuerklassen stufenweise in so genannten Wertstufen. Der maßgebliche Steuersatz<br />
wird dann auf den gesamten Erwerb angewendet.<br />
Eine Übersicht über die Steuertarife kann der Anlage entnommen werden.<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
6. Berechnungsbeispiel<br />
Herr Schulz ist verstorben. Er hinterlässt Ehefrau <strong>und</strong> Sohn. Sein Vermögen (Immobilien, Wertpapiere,<br />
Bargeld) macht nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten insgesamt einen Betrag von<br />
1,5 Mio. € aus. Er hat testamentarisch seine Ehefrau <strong>und</strong> seinen Sohn zu gleichen Teilen, also<br />
zu jeweils ½, als Erben eingesetzt.<br />
Bei der Ehefrau errechnet sich die <strong>Erbschafts</strong>steuer wie folgt:<br />
Als Ehegatte unterliegt sie der Steuerklasse I <strong>und</strong> hat hier einen persönlichen Freibetrag von<br />
307.000,00 € <strong>und</strong> einen Versorgungsfreibetrag von 256.000,00 €, insgesamt also 563.000,00 €.<br />
(Hinweis: der Versorgungsfreibetrag ist zu kürzen, wenn dem Ehegatten durch den Tod des<br />
Erblassers Versorgungsansprüche zuwachsen.) Der auf sie entfallende Nachlasswert beträgt<br />
750.000,00 €, sodass ein Betrag von 187.000,00 € zu versteuern ist. Dieser Betrag ist mit 11%<br />
zu versteuern, also fallen hierauf 20.570 € <strong>Erbschafts</strong>steuern an.<br />
Der Sohn des Verstorbenen bekommt ebenfalls einen Nachlasswert von 750.000,00 €. Unterstellt,<br />
er erhält keinen Versorgungsfreibetrag, erschöpft sich sein Freibetrag in 205.000,00 €. Er<br />
hat dementsprechend 545.000,00 € zu versteuern. Dieser Betrag ist nach der Tabelle mit 19 %<br />
zu versteuern, so dass sich hieraus eine Steuerschuld in Höhe von 103.550 € ergäbe. Da jedoch<br />
der <strong>Erbschafts</strong>erwerb mit 545.000 € nur knapp, nämlich um 33.000 € überschritten hat, ist<br />
gem. § 19 Abs. 3 ErbStG eine Steuermilderung vorzunehmen, indem der Mehrbetrag, der sich<br />
durch die Übersteigung der Wertgrenze (512.000 €) ergibt nur insoweit erhoben wird, als er aus<br />
der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrages gedeckt werden kann. Bei Einem <strong>Erbschafts</strong>erwerb<br />
von 512.000 € (Wertgrenze) wäre dieser mit 15 % zu versteuern, so dass sich<br />
eine <strong>Erbschafts</strong>steuer von 76.800 € ergäbe. Die Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrages<br />
beträgt 16.500 €. 76.800 € + 16.500 € ergeben 93.300 €, welche an <strong>Erbschafts</strong>steuer<br />
von dem Sohn zu zahlen sind.<br />
III. Gestaltungstipps<br />
1. Schenkung des Familienwohnheims an Ehegatten ist steuerfrei<br />
Steuerfrei ist die Schenkung (nicht die Vererbung!) eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten<br />
Hauses oder einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung an den Ehgatten.<br />
Erfasst sind sowohl die Fälle, in denen Alleineigentum verschafft wird als auch die Fälle, in denen<br />
ein hälftiger Anteil übertragen wird.<br />
Folgendes ist hierbei zu beachten:<br />
Es gibt keine Wertgrenze für die Befreiung von der Schenkungssteuer<br />
Es gibt keinen Objektverbrauch <strong>und</strong> daher auch keine Objektgrenze<br />
Den Erwerber trifft keine Behaltensfrist<br />
Die Zuwendung von Ferien- <strong>und</strong> Wochenendwohnungen ist nicht begünstigt.<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Eine Fremdvermietung führt zum Entfallen der Privilegierung auch dann, wenn sie einen<br />
untergeordneten Teil des Familienheims betrifft.<br />
Steuerunschädlich ist es, wenn die Ehegatten selbst das Familienwohnheim teilgewerblich<br />
nutzen.<br />
In der Praxis empfiehlt sich die Schenkung des Familienwohnheims bzw. eines Teils des Familienwohnheims<br />
aus erbschaftssteuerlichen Gründen vor allen in folgenden Fällen:<br />
- Aufgr<strong>und</strong> des zwischen den Ehegatten bestehenden Altersunteschiedes oder aufgr<strong>und</strong><br />
einer Erkrankung des Einen ist es wahrscheinlich, dass ein bestimmter Ehegatte zunächst<br />
verstirbt.<br />
2. Vererbung von Hausrat ist i.d.R. steuerfrei<br />
Die Übertragung des Hausrats im Erbgang (nicht durch Schenkung) ist steuerbefreit:<br />
Für Personen der Steuerklasse I bis zu einem Wert von 41.000,00 €,<br />
für Personen der Steuerklasse II <strong>und</strong> III bis zu einem Wert von 10.300,00 €.<br />
3. Immobilien sind noch privilegiert<br />
Immobilien (bebaute <strong>und</strong> unbebaute Gr<strong>und</strong>stücke, Eigentumswohnungen) sind schenkungs<strong>und</strong><br />
erbschaftssteuerrechtlich privilegiert, weil ihr Wertansatz im Regelfall deutlich unter dem<br />
Verkehrswert bleibt. Auch nach der derzeit geplanten Anpassung der Immobilienwerte an den<br />
Verkehrswert wird es dabei bleiben, dass die Übertragung von Immobilien im Erbgang oder im<br />
Schenkungswege durch den etwas niedrigeren Wertansatz einen Vorteil bietet (zur Bewertung<br />
von Immobilien im <strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> <strong>Schenkungssteuerrecht</strong> vergleiche Teil 2).<br />
4. Bargeld ist „flüchtig“<br />
Die Schenkung oder Vererbung von Bargeld ist zunächst steuerlich uninteressant, weil dessen<br />
Wert feststeht (anders die Privilegierung von Immobilien vgl. oben). Man muss aber beachten,<br />
dass Bargeldbeträge nicht – oder nur unzureichend – registriert sind <strong>und</strong> dementsprechend oft<br />
die an sich bestehende Meldepflicht gegenüber dem Finanzamt unterlaufen werden kann.<br />
5. Lebensversicherungen bleiben außerhalb des Nachlasses<br />
Die Absicherung durch Lebensversicherungen wird insbesondere durch den überlebenden E-<br />
hegatten regelmäßig Bedeutung erlangen. Wichtig ist hier, dass man die richtige Regelung tirfft,<br />
um die Lebensversicherung außerhalb des Nachlasses <strong>und</strong> damit außerhalb der <strong>Erbschafts</strong>teuerpflicht<br />
zu halten. Zu unterscheiden sind folgende Begriffe:<br />
Versicherungsnehmer (Vertragspartner des Versicherers)<br />
Versicherter (Risikoperson, bei deren Tod die Versicherung ausbezahlt wird)<br />
Bezugsberechtigter (Person, an die die Versicherung ausgezahlt wird)<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Beispiel 1:<br />
B E I S P I E L 1<br />
Der Ehemann schließt eine Lebensversicherung auf sein Leben ab, er ist also Versicherungsnehmer<br />
<strong>und</strong> versicherte Person. Seine Ehefrau benennt er als Bezugsberechtigte.<br />
Stirbt der Ehemann, wird die Versicherungssumme von der Versicherung direkt an die<br />
Ehefrau ausgezahlt. Die Auszahlung ist jedoch in vollem Umfang erbschaftsteuerpflichtig.<br />
Beispiel 2:<br />
B E I S P I E L 2<br />
Die Ehefrau schließt die Lebensversicherung auf das Leben ihres Ehemannes ab <strong>und</strong><br />
benennt sich selbst als Bezugsberechtigte. Versicherungnehmerin <strong>und</strong> Bezugsberechtigte<br />
ist also die Ehefrau, Risikoperson ist der Ehemann. Wenn der Ehemann verstirbt, erhält<br />
die Ehefrau die Versicherungssumme, ohne dass <strong>Erbschafts</strong>teuer anfällt, da sie Vertragspartner<br />
der Lebensversicherung ist, also keine unentgeltliche Zuwendung vorliegt.<br />
Stirbt die Ehefrau vor dem Ehemann, so kommt die Versicherungssumme nicht zur Auszahlung,<br />
da die Risikoperson ja noch lebt. Die Stellung des Versicherungsnehmers wird<br />
dann durch den Erben, regelmäßig also durch den Ehemann, fortgesetzt.<br />
Beispiel 3:<br />
B E I S P I E L 3<br />
Die Ehegatten schließen eine „verb<strong>und</strong>ene Lebensversicherung“ nach dem Beispiel 2 ab.<br />
Hier wird das Leben des zuerst versterbenden Ehegatten versichert, die Leistung erfolgt<br />
an den überlebenden Ehegatten. Zur Hälfte ist die Versicherungsleistung steuerfrei, da<br />
unterstellt wird, dass jedem Ehegatten die Versicherung auch zur Hälfte „gehört“.<br />
6. Steuerklasse verbessern<br />
Von entscheidender Bedeutung für die <strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> Schenkungssteuer ist es, ob der Steuerpflichtige<br />
unter die Steuerklasse I, II oder III fällt. Dementsprechend sollte man bemüht sein,<br />
in eine „bessere“ Steuerklasse aufzurücken. Da man Verwandtschaftsverhältnisse nur schlecht<br />
ändern kann, beschränkt sich diese Möglichkeit auf zwei Fälle:<br />
Lebensgefährten (Steuerklasse III) sollten sich überlegen, ob neben der gegenseitigen<br />
Zuneigung nicht auch erbschaftssteuerliche Gründe für eine Heirat sprechen (dann<br />
Steuerklasse I mit hohem persönlichen Freibetrag <strong>und</strong> Versorgungsfreibetrag)<br />
Die Erwachsenenadoption (rechtlich schwierig!) führt von der Steuerklasse III in die<br />
Steuerklasse I.<br />
7. Freibeträge mehrfach ausnutzen<br />
Die in der Übersicht für die verschiedenen Steuerklassen genannten Freibeträge gelten sowohl<br />
für die Schenkung als auch für die Vererbung. (Ausnahme: Versorgungsfreibeträge gelten nur<br />
bei der Vererbung). Diese Freibeträge können alle 10 Jahre ein Mal ausgenutzt werden. Eine<br />
weit verbreitete Strategie stellt es daher dar, die Freibeträge mehrfach auszunutzen <strong>und</strong> bereits<br />
zu Lebzeiten Vermögensgegenstände zu übertragen unter Ausnutzung der Freibeträge. Es ist<br />
durchaus denkbar, dass man zu Lebzeiten die Freibeträge drei Mal ausnutzen ausnutzen kann<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
(insgesamt 30 Jahre) <strong>und</strong> bei Tod dieser Freibetrag noch einmal gewährt wird (wenn seit der<br />
letzten Übertragung wiederum 10 Jahre vergangen sind). Schenkungen <strong>und</strong> Zuwendungen<br />
durch Todesfall innerhalb von 10 Jahren werden allerdings zusammengerechnet, sodass der<br />
Freibetrag dann nur ein Mal geltend gemacht werden kann.<br />
Auch soweit der Freibetrag im Einzelfall einmal überschritten ist, kommt es häufig zu einer Minderung<br />
der Steuerprogression (vgl. die Übersicht zu den Steuersätzen).<br />
B E I S P I E L 4<br />
Der verwitwete Müller hat einen erwachsenen Sohn. Das von ihm selbst bewohnte<br />
Einfamilienhaus stellt seinen einzigen größeren Vermögenswert dar. Der<br />
Steuerwert der Immobilie beträgt 400.000,00 €. Müller kann zu Lebzeiten die<br />
Hälfte des Gr<strong>und</strong>stücks – ggf. gegen Nießbrauchsicherung – auf seinen Sohn<br />
steuerfrei übertragen, da die Hälfte des Vermögenswerts nicht den Freibetrag<br />
von 205.000,00 € überschreitet. Lebt Müller noch mehr als 10 Jahre nach der<br />
Schenkung, fällt im Falle seines Todes für den anderen hälftigen Anteil keine<br />
<strong>Erbschafts</strong>teuer an, weil wiederum der Freibetrag eingehalten ist.<br />
Beispiel:<br />
B E I S P I E L 6 B E I S P I E L 5<br />
Die Eheleute Müller sind zu je ½ Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einem Steuerwert<br />
von 800.000,00 €. Zu Lebzeiten kann jeder der Eheleute von seinem hälftigen Anteil<br />
die Hälfte, also ein Viertel, auf den gemeinsamen Sohn steuerfrei übertragen, da der<br />
Freibetrag nicht erreicht ist. Sterben dann beide Eheleute nach Ablauf von mehr als 10<br />
Jahren, geht das jeweils zurück behaltene ¼ ebenfalls steuerfrei auf den Sohn über, da<br />
für die <strong>Erbschafts</strong>steuer ebenfalls die Freibeträge nicht überschritten werden. Der Sohn<br />
kommt hier also in den Genuss, dass er von jedem Elternteil den Freibetrag – ggf. mehrfach<br />
– geltend machen kann.<br />
8. Freibeträge konstruieren<br />
Als Dreiecks- bzw. Kettenschenkung bezeichnet man die Einschaltung eines Zwischenerwerbers,<br />
um höhere Freibeträge auszunutzen, als sie dem Beschenkten an sich zustünden.<br />
Beispiel<br />
Der Vater möchte seinem Sohn zur Existenzgründung 400.000,00 € schenken. Schenkt<br />
er diesen Betrag seinem Sohn direkt, ist der Freibetrag von 205.000,00 € überschritten<br />
<strong>und</strong> es fällt Schenkungssteuer an. Als Alternative kommt in Betracht, dass er 200.000,00<br />
€ selbst an seinen Sohn schenkt (dieser Betrag fällt unter den Freibetrag des Vaters)<br />
<strong>und</strong> zunächst 200.000,00 € an seine Ehefrau (seine Ehefrau hat ebenfalls einen Freibetrag,<br />
der nicht überschritten ist). Seine Ehefrau schenkt dann diesen Betrag wiederum an<br />
den Sohn unter Ausnutzung des im Verhältnis zum Sohn ebenfalls bestehenden Freibetrages<br />
von 205.000,00 €. Im Ergebnis wäre die Schenkung dann steuerfrei.<br />
Bei dieser Kettenschenkung besteht allerdings die Gefahr, dass die Finanzverwaltung von Gestaltungsmissbrauch<br />
ausgeht <strong>und</strong> den Vorgang dann wie eine direkte Schenkung behandelt.<br />
9. Generationensprung<br />
Die <strong>Erbschafts</strong>steuer entsteht bei jedem Erbfall neu. Hier zeigt insbesondere das weit verbreitete<br />
„Berliner Testament“ deutliche Schwächen: Gewünscht ist im Berliner Testament, dass der<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
erstversterbende Ehegatte von dem längstlebenden Ehegatten in vollem Umfang beerbt wird<br />
<strong>und</strong> erst nach dem Tod des längstlebenden Ehegatten gemeinsame Kinder erben. Es liegen also<br />
zwei Erbfälle mit zweimaligem Ansatz der <strong>Erbschafts</strong>steuer vor.<br />
Will man diese doppelte Besteuerung vermeiden, empfiehlt sich ein „Generationensprung“ dergestalt,<br />
dass bereits die nächste Generation als Erbe eingesetzt wird. Hier ist allerdings zu beachten,<br />
dass die nächste Generation meist niedrigere Freibeträge hat, was zunächst einen<br />
Nachteil darstellen kann. Im Beratungsfall ist genau auszurechnen, wie die <strong>Erbschafts</strong>steuerbelastung<br />
in beiden Alternativfällen ausfällt.<br />
Die Vorteile des Generationensprungs liegen in Folgendem:<br />
Ein Steuerfall wird vermieden<br />
Soweit Schenkungen zu Lebzeiten erfolgen, fallen diese Schenkungen unter die derzeit<br />
noch relativ günstigen <strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> Schenkungssteuerregelungen<br />
Die Steuerprogression mindert sich eventuell<br />
Erträge, die die Zwischengeneration ansonsten bei sich anhäufen würde, können bei der<br />
Endgeneration erbschaftssteuerfrei angesammelt werden.<br />
Ein „Generationensprung“ lohnt sich im Regelfall immer dann, wenn die Zwischengeneration<br />
bereits erhebliches eigenes Vermögen angesammelt hat.<br />
Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass bei sehr großen Vermögen sämtliche vorgenannten<br />
Gestaltungsmöglichkeiten kaum zu einer nennenswerten Entlastung führen: Wer beispielsweise<br />
25 Mio € zu vererben hat, profitiert weder von den Freibeträgen, noch von der<br />
mehrfachen Ausschöpfung von Freibeträgen, vom Generationensprung oder von sonstigen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten. Bei sehr großen Vermögen werden daher im Regelfall andere Wege<br />
gegangen (Stiftung, Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland)<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
<strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> <strong>Schenkungssteuerrecht</strong><br />
Steuerpflichtiger<br />
Persönliche<br />
Freibeträge €<br />
Versorgungsfreibeträge<br />
€<br />
Steuersätze %<br />
Ehegatte 307.000 256.000 7-30<br />
Kinder 205.000 Bis zu 52.000 7-30<br />
(je nach Alter)<br />
Kinder verstorbener 205.000 0 7-30<br />
Kinder<br />
Restliche Personen aus<br />
der Steuerklasse I (z.B.<br />
Enkel, Eltern), Stiefkinder<br />
Steuerklasse II (z.B.<br />
Geschwister, Neffe)<br />
Steuerklasse III (z.B.<br />
Lebensgefährte, Haushälterin)<br />
51.200 0 7-30<br />
10.300 0 12-40<br />
5.200 0 17-50<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Steuertarife:<br />
Wert des steuerpflichtigen<br />
Erwerbs bis einschließlich<br />
Prozentsätze in den Steuerklassen<br />
€ I II III<br />
52.000 7 12 17<br />
256.000 11 17 23<br />
512.000 15 22 29<br />
5.113.000 19 27 35<br />
12.783.000 23 32 41<br />
25.565.000 27 37 47<br />
über 25.565.000 30 40 50<br />
Steuerklasse I:<br />
1. Ehegatte, soweit die Ehe zum Zeitpunkt der Übertragung rechtswirksam besteht<br />
2. eheliche, nichteheliche <strong>und</strong> adoptierte Kinder sowie Stiefkinder<br />
3. Abkömmlinge der Kinder <strong>und</strong> Stiefkinder<br />
4. Eltern <strong>und</strong> Voreltern bei Erwerben von Todes wegen<br />
Steuerklasse II:<br />
1. Eltern <strong>und</strong> Voreltern bei Erwerben aufgr<strong>und</strong> Schenkungen unter Lebenden<br />
2. Eheliche <strong>und</strong> nichteheliche Geschwister sowie Stief- <strong>und</strong> Adoptivgeschwister<br />
3. Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern (Nichten <strong>und</strong> Neffen)<br />
4. Stiefeltern<br />
5. Schwiegerkinder<br />
6. Schwiegereltern<br />
7. geschiedene Ehegatten<br />
Steuerklasse III:<br />
Alle übrigen Erwerber (z.B. Verlobte, Pflegekinder, Pflegeeltern)<br />
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<strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> <strong>Schenkungssteuerrecht</strong><br />
Gr<strong>und</strong>lagen<br />
I. Steuersystematik<br />
II. Gestaltungstipps<br />
1. Steuerfreie Tatbestände<br />
2. Wert von Schenkung /<br />
Nachlass<br />
3. Steuerklassen<br />
4. Freibeträge<br />
- Schenkung Familienwohnheim an Ehegatten<br />
- Vererbung von Hausrat<br />
- Immobilien sind privilegiert<br />
- Bargeld ist „flüchtig“<br />
- Lebensversicherungen bleiben außerhalb des<br />
Nachlasses<br />
- Steuerklasse verbessern: Herat, Adoption<br />
- Mehrfach Freibeträge ausnutzen<br />
- Freibeträge konstruieren (Dreiecks-<br />
Kettenschenkung)<br />
5. Steuertarife<br />
- Generationensprung<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
BEWERTUNG VON IMMOBILIEN<br />
Die Bewertung von Immobilien im Schenkungsfall <strong>und</strong> im <strong>Erbschafts</strong>fall ist deshalb von<br />
Bedeutung, weil hierdurch der Schenkungssteuerwert <strong>und</strong> der Steuerwert der <strong>Erbschafts</strong>steuer<br />
bestimmt werden. Nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers sollen Immobilien<br />
durchweg günstiger als nach dem Verkehrswert bewertet werden, um folgenden Schwierigkeiten<br />
Rechung zu tragen: Immobilien sind nicht so leicht veräußerlich wie sonstige<br />
Vermögensgegenstände. Andererseits ist die Veräußerung ggf. erforderlich, um <strong>Erbschafts</strong>steuer,<br />
Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisansprüche etc. bedienen zu können. Im<br />
Hinblick hierauf wird eine für den Steuerpflichtigen günstige Bewertung des Immobilienvermögens<br />
im Schenkungs- <strong>und</strong> <strong>Erbschafts</strong>fall beabsichtigt.<br />
Diese gesetzlichen Regelungen hat das BVerfG allerdings mit seiner Entscheidung vom<br />
31. Januar 2007 für verfassungswidrig erklärt <strong>und</strong> dem Gesetzgeber aufgegeben, neue<br />
Regelungen zu schaffen, wobei hierbei eine unterschiedliche Bewertung einzelner Vermögenswerte<br />
durch den Gesetzgeber nicht vorgenommen werden darf. Dem Gesetzgeber<br />
steht es aber nach der Entscheidung des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts frei, verschiedene<br />
Vermögenswerte in unterschiedlicher Höhe zu besteuern, sofern hierfür sachliche Gründe<br />
vorliegen.<br />
Es bleibt hier abzuwarten, welche Regelungen der Gesetzgeber treffen wird. Nach den<br />
bisherigen Äußerungen aus der Politik ist damit zu rechnen, dass das selbst genutzte Eigenheim<br />
nach wie vor im wesentlichen steuerfrei auf die nächste Generation übertragen<br />
werden kann. Hierzu werden voraussichtlich entsprechende Steuerfreibeträge geschaffen<br />
werden.<br />
Keine Privilegierung ist nach den gegenwärtigen Äußerungen aus der Politik für vermietete<br />
Immobilien zu erwarten, so dass diese künftig mit dem vollen Verkehrswert zu versteuern<br />
sein werden.<br />
Vollkommen offen ist noch die Frage, auf welche Weise der Verkehrswert künftig ermittelt<br />
wird. Es kommt hier zum einen in Betracht, den Verkehrswert an Hand der Mieteinnahmen<br />
zu ermitteln oder den Verkehrswert durch Schätzungen festzulegen.<br />
Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die <strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> Schenkungssteuer steigen wird,<br />
nachdem verschiedene Ministerpräsidenten bereits mitgeteilt haben, dass sie sich wünschen,<br />
die Steuerausfälle, die durch die Änderung der Besteuerung der Übertragung von<br />
Unternehmen entstehen werden, über die Änderung der übrigen erbschaftssteuerrechtlichen<br />
Regelungen wieder herein zu holen.<br />
Es stellt sich damit die Frage, ob nach den gegenwärtigen steuerlichen Regelungen bereits<br />
jetzt noch vor In-Kraft-Treten der neuen Regelungen durch Schenkungen Immobilienvermögen<br />
auf die nächste Generation übertragen werden soll. Hierzu ist jeweils im konkreten<br />
Einzelfall zu überprüfen, ob eine solche Übertragung aus steuerrechtlicher Sicht Sinn<br />
macht. Weiter sind aber auch die übrigen Lebensumstände des jetzigen Eigentümers <strong>und</strong><br />
der nächsten Generation in Betracht zu ziehen.<br />
Schließlich muss auch in Betracht gezogen werden, dass unter Umständen der Gesetzgeber<br />
bei einer Neuregelung auch eine Rückwirkung der neuen Regelungen auf den Zeitpunkt<br />
des Bekanntwerdens der B<strong>und</strong>esverfassungsgerichtsentscheidung anordnet. Hiermit<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
wird zwar allgemein nicht gerechnet; auszuschließen ist eine solche Regelung jedoch<br />
nicht.<br />
I. Bewertungsmaßstäbe nach geltender Rechtslage<br />
Die Bewertung von Immobilien ergibt sich aus dem Bewertungsgesetz als Ergänzung zum<br />
Schenkungs- <strong>und</strong> <strong>Erbschafts</strong>steuergesetz. Der Gesetzgeber unterscheidet in unbebaute<br />
Gr<strong>und</strong>stücke <strong>und</strong> bebaute Gr<strong>und</strong>stücke.<br />
1. Unbebaute Gr<strong>und</strong>stücke<br />
Der Fiskus errechnet den Wert unbebauter Gr<strong>und</strong>stücke nach folgender Formel:<br />
- Es wird der Bodenrichtwert für das Gr<strong>und</strong>stück zum Stichtag zum Erhebungszeitpunkt<br />
ermittelt.<br />
- Der Bodenwert wird mit der Fläche des Gr<strong>und</strong>stücks multipliziert<br />
- Es wird ein Abschlag von 20% auf den so errechneten Zwischenwert vorgenommen<br />
Der dann ermittelt Endwert ist der Steuerwert des unbebauten Gr<strong>und</strong>stücks.<br />
Hierzu ist folgende Anmerkung zu machen:<br />
- Der pauschale Abschlag von 20% soll ausgleichen die verschiedenen Werte von<br />
Gr<strong>und</strong>stücken, die sich nach Lage, Altlasten etc. bestimmen. Auch soll hiermit erreicht<br />
werden, dass die Immobilie günstiger besteuert wird als sonstige Vermögensgegenstände<br />
(vgl. oben).<br />
Gegen den so errechneten Wert kann der Steuerpflichtige einwenden, der Verkehrswert<br />
liege niedriger. Zu diesem Zweck muss er dann ein Sachverständigengutachten einholen.<br />
Liegt der Verkehrswert tatsächlich unter dem Wert der vorbezeichneten Berechnung durch<br />
das Finanzamt, ist der niedrigere Verkehrswert maßgebend.<br />
2. Bebaute Gr<strong>und</strong>stücke<br />
Auch bei bebauten Gr<strong>und</strong>stücken rechnet das Finanzamt nach dem Bodenrichtwert zum<br />
01.01.1996, multipliziert mit der Fläche <strong>und</strong> abzüglich eines pauschalen Abschlages von<br />
20%.<br />
Wahlweise kann das Finanzamt aber auch die Jahresnettokaltmiete für das Objekt berechnen.<br />
Diese Jahresnettokaltmiete wird mit einem Vervielfältiger von 12,5 multipliziert.<br />
Der Steuerpflichtige kann dann einen Abschlag für die Wertminderung der Immobilie durch<br />
deren Alter von 0,5% pro Jahr vornehmen, wobei dieser Abschlag begrenzt ist auf 25%<br />
(Immobilien, die älter als 50 Jahre sind, bekommen dementsprechend darüber hinaus keinen<br />
Altersabschlag). Schließlich wird in einer letzten Berechnungsstufe bei Einfamilienhäusern<br />
<strong>und</strong> bei Zweifamilienhäusern ein pauschaler Zuschlag von 20% auf den vorher errechneten<br />
Wert genommen, weil Einfamilienhäuser <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser nach der Vorstellung<br />
des Gesetzgebers in der Regel aufwendiger ausgestattet sind als Mehrparteienobjekte.<br />
12/19
Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Zu diesen Berechnungsmöglichkeiten des Finanzamts gelten folgende Anmerkungen:<br />
- Das Finanzamt kann wahlweise den für den Fiskus günstigeren – also höheren Wert<br />
– ermitteln.<br />
- Wenn keine Jahresnettokaltmiete ermittelt werden kann (beispielsweise bei Eigennutzung<br />
oder bei Vermietung an Angehörige) wird die „übliche Miete“ angesetzt.<br />
Hier ist Streit mit dem Finanzamt vorprogrammiert. Mietspiegelwerte müssen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
vom Finanzamt akzeptiert werden, was für den Steuerpflichtigen günstig ist.<br />
Auch bei der Wertermittlung bebauter Gr<strong>und</strong>stücke hat der Steuerpflichtige allerdings immer<br />
den Einwand, der Verkehrswert liege niedriger als der vom Finanzamt ermittelte Wert.<br />
Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn wegen des hohen Vervielfältigers das<br />
Ertragswertverfahren durch das Finanzamt zu Werten führt, die über dem Verkehrswert liegen.<br />
II. Beispielsrechnung<br />
In der Anlage sind zwei Beispielsrechnungen enthalten. Im Ergebnis kann man zu diesen<br />
Berechnungen Folgendes sagen:<br />
- Das Einfamilienhaus in guter Lage mit normal geschnittenem Gr<strong>und</strong>stück wird abweichend<br />
vom Verkehrswert vom Finanzamt deutlich unter diesem Wert bewertet,<br />
nämlich in der Regel zwischen 60% <strong>und</strong> 70% des Verkehrswertes. Betrachtet man<br />
dann die normalen Freibeträge, kann eine solche Immobilie – auch in guter Lage –<br />
im Regelfall jedenfalls bei mehreren Erben steuerfrei vererbt oder unter Lebenden<br />
schenkweise übertragen werden.<br />
B E I S P I E L 1<br />
Wenn die Immobilie Ehegatten gehört <strong>und</strong> diese die Immobilie auf ihre drei Kinder<br />
zu Lebzeiten unter Gewährung eines Nießbrauchs übertragen wollen, kann die Ü-<br />
bertragung bei einem Steuerwert von 560.000,00 € steuerfrei vorgenommen werden,<br />
da keines der Kinder die Freibeträge voll ausschöpft.<br />
Anders sieht die Beispielsrechnung im Miethausbereich aus, wo wegen des hohen Vervielfältigers<br />
das Finanzamt zu einem Steuerwert von 937.500,00 € kommt, während der Verkehrswert<br />
lediglich 800.000,00 € beträgt. Hier muss der Steuerpflichtige dementsprechend<br />
den geringeren Verkehrswert durch ein entsprechendes Gutachten nachweisen, um dann<br />
zu einem Steuerwert von 800.000,00 € zu kommen. Die Immobilie wird dann aber nicht<br />
günstiger als zum Verkehrswert übertragen, sondern exakt nach dem Verkehrswert, was<br />
für den Steuerpflichtigen ungünstig ist <strong>und</strong> der Intention des Gesetzgebers, Immobilien<br />
günstiger zu bewerten als übriges Vermögen, nicht entspricht.<br />
13/19
Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
III. Einzelne Gr<strong>und</strong>stücke<br />
Betrachtet man die Berechnungsmethoden, wird man zu einzelnen Gr<strong>und</strong>stückssituationen<br />
Folgendes sagen können:<br />
Die Eigentumswohnung wird in der Regel vom Finanzamt nach dem Ertragswertverfahren<br />
Jahresnettokaltmiete oder übliche Miete mit Vervielfältiger, Altersabschlag <strong>und</strong> –<br />
zuschlag) bewertet werden, weil der Gr<strong>und</strong>stücksanteil (Miteigentumsanteil) in der Regel<br />
gering ist.<br />
Ausländische Gr<strong>und</strong>stücke werden stets nach dem Verkehrswert berechnet, weil nicht sicher<br />
ist, dass es im Ausland entsprechende Bodenrichtwerte gibt, die zuverlässig sind.<br />
Bei der Kombination großes Gr<strong>und</strong>stück, kleines Haus wird wegen des hohen Gr<strong>und</strong>stücksanteils<br />
in der Regel der Bodenrichtwert entscheidend sein. Ist dieser höher als der<br />
Verkehrswert, wird der vom Steuerpflichtigen einzuwendende Verkehrswert maßgeblich<br />
sein.<br />
Bei der Kombination kleines Gr<strong>und</strong>stück, großes Haus wird i.d.R. das Ertragswertverfahren<br />
in Betracht kommen, weil die übliche Miete mit dem Vervielfältiger für das Finanzamt zu<br />
besseren Ergebnissen führen dürfte als die Berechnung nach dem Bodenrichtwert.<br />
Bei zusätzlichen Belastungen des Objekts (Altlasten, Lage ungünstig, Lärmbelästigung)<br />
wird i.d.R. ein Verkehrswertgutachten den maßgeblichen Wert ermitteln, weil solche zusätzlichen<br />
Beeinträchtigungen über den pauschalen Abschlag von 20% (vgl. die obige Berechnung)<br />
nicht erfasst sind. Der Verkehrswert solcher Gr<strong>und</strong>stücke liegt dann oft deutlich<br />
unter dem so ermittelten Wert.<br />
Bei einem Miethaus mit erheblichem Instandhaltungsstau wird i.d.R. ein Verkehrswertgutachten<br />
den Steuerwert bestimmen, weil die Berechnung des Finanzamts für den Steuerpflichtigen<br />
zu ungünstig ist: Über den Altersabschlag – zumal noch gedeckelt auf 25% -<br />
wird ein solcher Substanzverlust einer Immobilie nicht aufgefangen werden.<br />
IV. Gestaltungstipps<br />
Zunächst ist hinzuweisen auf diejenigen Gestaltungstipps, die bereits oben gegeben wurden.<br />
Diese gelten für Immobilien natürlich ebenso uneingeschränkt, also beispielsweise die<br />
mehrfache Ausnutzung der Freibeträge im 10-Jahres-Zyklus.<br />
Darüber hinaus seien noch folgende Tipps erwähnt:<br />
Wird das 1-Familienhaus oder das 2-Familienhaus teilgewerblich genutzt, entfällt der<br />
20%ige Zuschlag, weil dieser sich auf bewohnte Immobilien bezieht. Der Steuervorteil bei<br />
der <strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> Schenkungssteuer wird aber leicht konterkariert durch erhebliche<br />
Steuernachteile, wie z.B. den Umstand, dass eine solche Immobilie ggf. zum notwendigen<br />
Betriebsvermögen wird mit der Folge, dass dann jedweder Veräußerungsgewinn zu versteuern<br />
ist.<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Der Bodenrichtwert kann niedriger dann berechnet werden, wenn eine besondere Situation<br />
gegeben ist. Dies gilt vor allen Dingen in den Fällen, in denen der Bodenrichtwert für eine<br />
bestimmte Geschossflächenzahl angesetzt wurde <strong>und</strong> das konkrete Gr<strong>und</strong>stück nur mit<br />
geringerer Geschoßflächenzahl bebaubar ist.<br />
Bei der Berechnung der Jahresnettokaltmiete ist auf die zutreffende Berechnung durch<br />
das Finanzamt zu achten. Auszuscheiden sind dementsprechend Heizkosten <strong>und</strong> Betriebskosten.<br />
Bei Inklusivmieten oder Bruttokaltmiete ist der fiktive Betriebskostenanteil<br />
herauszurechnen, damit ein niedrigerer Ansatz für den Vervielfältiger (12,5) gegeben ist.<br />
In allen Fällen, in denen das Finanzamt zu vermeintlich zu hohen Werten kommt, kann der<br />
Steuerpflichtige mit Einholung eines Verkehrswertgutachtens – allerdings auf eigene<br />
Kosten <strong>und</strong> auf eigenes Risiko – kontern.<br />
Belastungen der Immobilie mindert natürlich den Steuerwert im Erbgang, soweit sie noch<br />
valutieren. Bei der Schenkung der Immobilien mindern sie den Steuerwert nur dann, wenn<br />
der Beschenkte die Belastungen vollständige übernimmt <strong>und</strong> der Schenker von den Belastungen<br />
frei gestellt wird.<br />
Im Einzelfall kann sich auch noch eine Übernahme einer Immobilie in das Betriebsvermögen<br />
empfehlen. Dort gilt ein deutlich besseres Steuerklima hinsichtlich des Erbganges:<br />
- Der Freibetrag beträgt stets 225.000,00 €<br />
- Darüber liegende Werte werden nur mit 65% besteuert<br />
Hier ist aber im Einzelfall eine genaue Belastungsberechnung vorzunehmen, weil die Übernahme<br />
einer Immobilie in das Betriebsvermögen auch gravierende steuerliche Nachteile<br />
nach sich zieht, so z.B. die Verpflichtung, jedweden Veräußerungsgewinn zu versteuern<br />
(der Veräußerungsgewinn einer Immobilie im Privatvermögen ist nach Ablauf der 10-<br />
Jahres-Frist steuerfrei).<br />
Im Bereich des Betriebsvermögens ist jedoch ebenfalls eine Änderung geplant. Die vorgenannten<br />
Steuervergünstigungen werden vollständig gestrichen. Statt dessen wird eine<br />
St<strong>und</strong>ung der Steuer vorgenommen. Von dem gest<strong>und</strong>eten Steuerbetrag, der sich nach<br />
dem Verkehrswert des Betriebs berechnet, wird jährlich ein Abschlag von 10% vorgenommen,<br />
so dass nach einem Zeitraum von 10 Jahren die vollständige <strong>Erbschafts</strong>steuerpflicht<br />
entfällt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Betrieb in seinem wesentlichen Umfange<br />
fortgeführt wird <strong>und</strong> von dem Erben nicht eingestellt oder veräußert wird. Wird der<br />
Betrieb veräußert oder eingestellt oder in seinem Umfange wesentlich reduziert, wird die<br />
volle <strong>Erbschafts</strong>teuer, welche zu dem Zeitpunkt der Veränderung noch offen ist, fällig.<br />
15/19
Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
<strong>Erbschafts</strong>- <strong>und</strong> <strong>Schenkungssteuerrecht</strong><br />
Bewertung von Immobilien<br />
Unbebaute<br />
Gr<strong>und</strong>stücke<br />
Bebaute Gr<strong>und</strong>stücke<br />
1. Stufe<br />
Bodenrichtwert<br />
Gem. § 196 BauGB<br />
1. Stufe Bodenrichtwert<br />
Gem. § 196 BauGB<br />
oder<br />
JNK-Miete übliche Miete<br />
x<br />
x<br />
x<br />
Fläche<br />
Fläche<br />
12,5<br />
-<br />
-<br />
-<br />
20%<br />
20%<br />
Wertminderung Alter<br />
(0,5%/Jahr, höchstens<br />
25%)<br />
+<br />
20% bei EFH/ZFH<br />
2. Stufe Verkehrswert,<br />
wenn niedriger<br />
16
Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Beispiel 1:<br />
Luxuriöse Villa Dahlem, Baujahr 1908<br />
250 m² Wohnfläche<br />
700 m² Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />
Bodenrichtwert 1.1.1996: 1.000 €/m²<br />
JNK-Miete üblich: 36.000 € / Jahr<br />
Verkehrswert: 900.000 €<br />
Beispiel 2:<br />
Miethaus Wedding, Bj 1932<br />
Gr<strong>und</strong>stück: 600 m²<br />
JNK-Miete: 100.000 €<br />
Bodenrichtwert 1.1.1996: 800 €<br />
Verkehrswert: 800.000 €<br />
1. Stufe<br />
1.000 € x 700 = 700.000 €<br />
abzgl. 20% (140.000 €) = 560.000,00 €<br />
oder<br />
36.000 € x 12,5 = 450.000 €<br />
abzgl. 25% Altersabschlag (112.500 €)<br />
= 337.500 €<br />
zuzüglich 20% Einfamilienhaus =<br />
405.000 €<br />
1. Stufe<br />
800 € x 600 = 480.000 €<br />
abzgl. 20% (96.000 €) = 384.000 €<br />
oder<br />
100.000 € x 12,5 = 1.250.000 €<br />
abzgl. 25% Altersabschlag (312.500 €)<br />
= 937.500 €<br />
2. Stufe Verkehrswert: 900.000 €<br />
2. Stufe Verkehrswert: 800.000 €<br />
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Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Beispiele<br />
1) Eigentumswohnung i.d.R. Ertragswertverfahren,<br />
weil Gr<strong>und</strong>stücksanteil gering ist<br />
2) Ausländische Gr<strong>und</strong>stücke Stets Verkehrswert<br />
3) Großes Gr<strong>und</strong>stück, kleines Haus i.d.R. Bodenrichtwert oder Verkehrswert<br />
4) Kleines Gr<strong>und</strong>stück, großes Haus i.d.R. Ertragswertverfahren<br />
5) Objekt hat zusätzliche Belastungen<br />
(Altlasten, Lage ungünstig,<br />
Lärmbelästigung)<br />
i.d.R. Verkehrswertgutachten, weil<br />
über 20%-Abschlag nicht erfasst<br />
6) Miethaus mit<br />
erheblichem Instandhaltungsstau<br />
i.d.R. Verkehrswertgutachten, weil<br />
über Altersabschlag nicht erfasst
Rechtsanwalt Sebastian Wörner<br />
Gestaltungstipps<br />
1. Mischnutzung beim Einfamilienhaus/Zweifamilienhaus<br />
2. Bodenrichtwert angreifen<br />
3. Jahresnettokaltmiete richtig berechnen<br />
4. Übliche Miete niedrig halten<br />
5. Verkehrswertgutachten<br />
6. Belastungegn der Immobilien<br />
7. Übernahme in Betriebsvermögen<br />
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