Plädoyer für UFO-Zulassung - Sächsischer Bergsteigerbund
Plädoyer für UFO-Zulassung - Sächsischer Bergsteigerbund
Plädoyer für UFO-Zulassung - Sächsischer Bergsteigerbund
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Ein <strong>Plädoyer</strong> pro <strong>UFO</strong><br />
Kritikpunkte:<br />
-<strong>Zulassung</strong> von textilen Klemmgeräten als „sportlich minderwertig“<br />
-Ein Ufo ist kein künstliches Hilfsmittel<br />
-Emotional verständliche, aber rational unsachliche Argumente contra <strong>UFO</strong><br />
Die vergangenen Diskussionen rund um das Thema <strong>UFO</strong> haben deutlich gezeigt, wie wichtig <strong>für</strong><br />
alle Beteiligten, das Thema Ethik und Werteentwicklung im sächsischen Klettern ist.<br />
Ganz besonders wurde dies aus meiner Sicht dadurch deutlich, wie emotional beide Seiten<br />
argumentieren.<br />
Vielleicht kennt das ja der ein oder andere, geht es um die eigene Auffassung von Recht und<br />
Unrecht, also das Gefühl darüber ob etwas ungerecht ist oder nicht, dann vermischen sich oftmals<br />
Sachargumente mit persönlichen Werteauffassungen.<br />
Es stellt, vermutlich <strong>für</strong> jeden von uns, eine enorme Herausforderung dar, diese beiden Bereiche<br />
<strong>für</strong> eine friedliche Diskussion und angemessene Entscheidung wieder zu trennen. Ein Versuch ist es<br />
wert, oder nicht? Denn schliesslich geht es ja um unser aller geliebtes sächsisches Klettern.<br />
Widmen wir uns zunächst dem aktuellen Regeltext, der vom Vorstand am 06.05.2013 beschlossen<br />
wurde.<br />
„(...) 2.2 Sicherungs- und Hilfsmittel<br />
...<br />
ie erwendung von Klemm eilen und -geräten ist nur dann ulässig wenn sie vollständig aus<br />
her mmlichem textilen chlingenmaterial estehen ie erwendung von Klemmgeräten mindert<br />
den sportlichen Wert einer Begehung.<br />
Dass die sächsischen Kletterregeln auch der sportlichen Vergleichbarkeit der Begehungen dienen<br />
scheint allgemein anerkannt. An dieser Stelle ist es dann auch nur konsequent zu Fragen, nach<br />
welchen „allgemein aner annten“ Kriterien sich der sportliche Wert der eigenen Begehung messen<br />
lässt. Sport heisst ja auch in einen Vergleich mit anderen zu treten.<br />
Schauen wir dazu einmal in die sächsischen Kletterregeln:<br />
„Der sportliche Wert einer Kletterei wird vor allem durch einen sauberen Kletterstil gekennzeichnet,<br />
der sich ohne vorheriges Einüben durch Überlegung, Sicherheit und einen wenig unterbrochenen<br />
Bewegungsfluss auszeichnet. Anzustreben ist ein Klettern über die weitest mögliche Strecke ohne<br />
Ausruhen und ohne Nachholen sowie Überklettern von Unterstützungsstellen bei optimaler<br />
Nut ung der vorhandenen icherungsm glich eiten “<br />
Nach diesem, <strong>für</strong> alle Bergfreunde zugänglichen Text, (und damit als sportlicher Maßstab geeignet)<br />
ergeben sich einige ersichtliche Kriterien über das Verhalten des Kletterers im Wegverlauf.<br />
er erste Hinweis auf die „sportlich einwandfreie erwendung von icherungsmitteln ergi t sich<br />
allerdings nur im letzten at Jedoch wird hier nur von „optimaler Nut ung vorhandener<br />
icherungsm glich eiten“ gesprochen<br />
Daraus lässt sich zunächst schliessen, dass ein Klemmkeil, an der richtigen Stelle durchaus als<br />
optimal angesehen werden kann. Die Überlegung dazu obliegt ja nach diesem Grundsatz dem<br />
Kletterer selbst.<br />
Weitere im Wortlaut definierte Hinweise gibt der Text in diesem Zusammenhang nicht her.
Nun scheint es jedoch so, dass sich in der sächsischen Klettergemeinde ein Selbstverständnis<br />
ausgebildet hat einige Regelverstöße- w er ote als „sportlich minderwertige Begehung“ u<br />
definieren. Z.B. in den Ring greifen.<br />
Provokant formuliert könnte man auch sagen dass Regelverstößen so eine Alltagslegitimität<br />
zugesprochen wurde.<br />
Als sportlich „minderwertig“ gilt wohl alles was sich auf die Fortbewegung am Fels bezieht und<br />
diese erleichtert. Eine mobile Sicherung aus der Kletterstellung zu legen, lässt aus traditionellen<br />
Gesichtspunkten keine Kritik in diesem Punkt zu.<br />
Ein <strong>UFO</strong> ist (k) ein künstliches Hilfsmittel?<br />
An dieser Stelle wird von den <strong>UFO</strong> Gegnern gern der Hinweis auf die Verwendung künstlicher<br />
Hilfsmittel genannt. Die Definition eines künstlichen Hilfsmittels allerdings ist klar in 2.2 definiert<br />
und stellt an dieser Stelle kein Argument gegen <strong>UFO</strong> Verwendung, da ein korrekt verwendetes<br />
<strong>UFO</strong>, lediglich eine weitere mobile Zwischensicherung darstellt, genau wie Knotenschlingen auch.<br />
Bei allem Verständnis <strong>für</strong> die Vertreter traditioneller Werte und Auslegung des Regeltextes, so ist<br />
doch an dieser Stelle festzuhalten, dass es mit Blick auf die sächsischen Kletterregeln, keine<br />
sachlich fundierten Argumente gegen die Verwendung von <strong>UFO</strong> gibt.<br />
-So wird weder der sportliche Wert einer Begehung gemindert, da sich da<strong>für</strong> kein Hinweis im<br />
Regeltext finden lässt. Ein solch öffentlich verfügbares Kriterium wäre jedoch zwingend notwendig,<br />
um <strong>für</strong> die Masse der Bergsteiger sportliche Vergleichbarkeit herzustellen.<br />
-Noch kann die Verwendung eines Ufos pauschal als künstliches Hilfsmittel abgetan werden, da<br />
dies nur zutrifft, wenn es „die Fort ewegung unterstüt t “ O nun eilschlinge oder<br />
Textilkeil....beides ist dazu gleichermaßen geeignet.<br />
Auch die These, dass es aus rechtlicher (Naturschutz) und regeltechnischer Sicht kein Argument<br />
gegen <strong>UFO</strong> gibt, wird von der Nationalparkverwaltung unterstützt.<br />
Mit welchem Argument also, soll ich <strong>für</strong> mich die Ablehnung des <strong>UFO</strong> begründen?<br />
An dieser Stelle kann ich mich anschliessen und sagen: Ja der aktuelle Regeltext ist unsinnig.<br />
Er schafft Ungereimtheiten und unklare Verhältnisse.<br />
Die vollständige Akzeptanz des Ufos als legitimes Sicherungsmittel würde diese Probleme allerdings<br />
sehr einfach aus dem Weg räumen.<br />
Was ist a er mit dem „gefühlten individuell wahrgenommenen und interpretierten“ Geist des<br />
sächsischen Kletterns?<br />
Woher kommt also diese emotionale Ablehnung gegen ein mobiles Sicherungsgerät, welches<br />
-dem Fels nicht schadet<br />
-richtig angewendet eine Ergänzung zur bisherigen Knotenschlinge darstellt<br />
und<br />
-von Kletterern entwickelt wurde, die dem selben traditionsreichen Gebiet entstammen?
Es ist vielleicht so, dass noch vor 20-30 Jahren ein breites Selbstverständnis galt, welches<br />
Selbstbeschränkung, Verzicht, und Mut insofern verstand, dass Kletterwege danach eingerichtet<br />
wurden, dem Kletterer bestimmte Werte abzuverlangen. Ich erinnere mich an eine Reportage aus<br />
dem B hmischen wo es lange Zeit „Mode“ war gerade ei Risswegen a enteuerliche<br />
Ringstandorte zu wählen. Mit dem einzigen Ziel, einen möglichst hohen moralischen Anspruch zu<br />
schaffen. In gewisser Hinsicht können vielleicht die Meisterwege als lokaler Vergleich dienen?!<br />
Für jene, die in diesen Zeiten aufgewachsen sind, die darin groß geworden und gewachsen sind,<br />
ist es möglicherweise ein erschreckender Werteverfall, wenn heute die jungen Leute möglichst gut<br />
gesicherte Wege klettern wollen. Wo bleibt da die Lehre des Selbstverzichtes auf vermeidliche<br />
Sicherheit? Wo bleibt die Auseinandersetzung mit dem eigenen Können. Wo die wichtige<br />
Erkenntnis, dass es manchmal besser ist einen Schritt zurück zu machen? Wo bleibt das Gefühl<br />
sich etwas „hart“ erar eitet und mit Mut er ämpft u ha en?<br />
Die bisherige Art und Weise im Elbsandstein zu klettern, offenbart viele Lehren des Lebens, die ein<br />
jeder <strong>für</strong> sich erkennen und erleben kann.<br />
Und das soll auch so bleiben. Für mich und ich glaube auch viele andere Be<strong>für</strong>worter, geht es<br />
nicht darum jemandem seiner Möglichkeit zu berauben, das Elbsandstein auf traditionelle Weise zu<br />
erleben. Sich selbst auf diese einzigartige Weise zu erfahren und alt hergebrachte Lehren zu<br />
erleben. Lehren, wie sie vielleicht nur jemand erleben kann, der sich getraut die Sieberkante zu<br />
klettern oder bestimmte, klassische Risse.<br />
Es geht uns auch darum, unsere eigenen Vorstellungen erleben zu dürfen. Auch hier im<br />
Elbsandstein. Denn hier leben wir und wir sehen die Felsen und können und wollen nicht anders,<br />
als an diesen empor zu steigen. Uns verbindet die die selbe Liebe zum Gebirge, zu seiner<br />
Geschichte und seinen Schätzen. Doch diese Liebe ist etwas zu tiefst individuelles, persönliches.<br />
Und wir leben in einer Zeit, in der es uns von klein auf gestattet ist, unserem individuellem Streben<br />
auch nachgehen zu dürfen.<br />
Wir setzen uns ein <strong>für</strong> unser natürliches Recht auf Selbstbestimmung am Fels. Für unsere eigene<br />
Vorstellung von dem was es an den Gipfeln des Elbsandsteingebirges zu erleben gilt.<br />
Das Streben nach mehr, wenn auch nur gefühlter, Sicherheit ist ein Ausdruck da<strong>für</strong>. Ringabstände<br />
werden kürzer, Skyhooks erleichtern das Einrichten neuer Routen und Kletterhelme sollen<br />
schlimmeres verhindern.<br />
Es ist zu tiefst widersprüchlich der heutigen Generation vorschrei en u wollen sie „ha e sich<br />
ein uschrän en“ enn genau <strong>für</strong> das Gegenteil ha en sich unsere Eltern und Großeltern<br />
jahrzehntelang eingesetzt und gearbeitet. Die Fall der Mauer mag ein Beispiel da<strong>für</strong> sein.<br />
Die Verwendung von <strong>UFO</strong>´s als mobiles Sicherungsmittel, beraubt niemanden seiner<br />
Möglichkeiten, traditionelle Werterfahrung zu machen.<br />
Es geht nun darum, dieses Recht <strong>für</strong> alle Seiten geltend zu machen.<br />
Es steht in der alten Tradition der Selbstbestimmtheit am Berg, der individuellen<br />
Auseinandersetzung mit sich und der Umwelt, dem individuellen Bedürfnis nach Sicherheit. Ein<br />
<strong>UFO</strong> ist keine permanente Penetration des sächsischen Geistes, wie es etwa Ringe in 2m<br />
Abständen wären. Ein Ufo macht keinen Sportkletterpark aus dem Gebirge.<br />
Es gi t ahlreiche Beden en die eine Entwic lung vom textilen <strong>UFO</strong> weg u „Mischwer stoffen“<br />
be<strong>für</strong>chten. Erste Modelle mit Gummiüberzug sind bereits auf dem Markt. Dazu lässt sich doch<br />
ganz entspannt festhalten: Die Nationalparkverwaltung äussert sich eindeutig da u „Harte“<br />
Materialien werden aus Naturschutzgründen auch in Zukunft nicht gestattet werden.
Es wäre <strong>für</strong> alle Beteiligten sehr hilfreich, wenn im Diskurs um das <strong>UFO</strong>, sauber getrennt wird<br />
zwischen grundsätzlicher (ethischer) Ablehnung und naturschutzrelevanten Argumenten.<br />
Argumente wie „dann gleich Friends und Keile“ sind hane üchen<br />
Für mich persönlich ist es eine wertvolle Erfahrung das Rissklettern auf traditionelle Art und Weise<br />
zu erleben und zu lernen. Da<strong>für</strong> Danke ich all jenen Menschen, die mir das im Elbsandstein<br />
möglich machen. Ich lerne gerne, mache mir ein Bild über das traditionelle sächsische Klettern und<br />
dem was sicherungstechnisch dazu gehört. Ich brauche das <strong>UFO</strong> nicht.<br />
Warum ich dennoch <strong>für</strong> das <strong>UFO</strong> eintrete? Weil ich die Freiheit habe -hier vor Ort-, mich <strong>für</strong> das<br />
Eine oder das Andere zu entscheiden. Ich kann das <strong>UFO</strong> nehmen. Ich muss nicht.<br />
Diese Entscheidungsfreiheit schränkt niemanden ein. Das ist es was <strong>für</strong> uns so wichtig ist.<br />
Können das die <strong>UFO</strong>-Gegner von sich auch behaupten?<br />
Berg Heil<br />
Jan-Hendrik Schneider