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(Russland) Tatjana Dmitrieva - Bkjpp

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Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 4– 2005 73<br />

In der nicht-pathologischen Form dient projektive Identifikation dem<br />

Säugling dazu, seinen Gefühlszustand (bzw. Frustration) der Mutter<br />

(oder Pflegeperson) direkt und ohne Verwendung verbaler Sprache<br />

mitzuteilen. Diese Mitteilung wirkt gleichzeitig als eine Art „Ausscheidung“:<br />

Es ist die Intention des Säuglings, seine Pflegeperson<br />

zur Änderung der vorhandenen Frustration zu bewegen, um eine<br />

Besserung oder Befriedigung herzustellen. Dieser Prozess nichtsprachlicher<br />

Kommunikation im Sinn eines „Loswerdens“ und der<br />

anschließenden Auflösung der Frustration gelingt regelmäßig bei<br />

einer gesunden Mutter-Kind-Beziehung und der Abwesenheit von<br />

kindlichen Regulationsstörungen. In der nicht-pathologischen Form<br />

dient also die projektive Identifikation der Kommunikation, aber<br />

auch Ausscheidung von Gedanken, wobei die „losgewordenen“ Gedanken<br />

gleichzeitig einer erfolgreichen Transformation von Leiden<br />

dienen.<br />

In der pathologischen Form projektiver Identifikation, insbesondere<br />

bei frühgestörten Patienten auf Borderline-Funktionsniveau, ist der<br />

Aspekt der Veränderung von Frustration und Leiden im Sinn erfolgreicher<br />

kommunikativer Prozesse in den Hintergrund getreten. Die<br />

„Ausscheidung“ von frustrierenden Inhalten spielt die wesentlichere<br />

Rolle im Sinn eines ein „Loswerden“ ohne jene Transformation von<br />

Leiden, welche in einer geglückten containercontained-<br />

Beziehung stattfindet. Die „Ausscheidung“ der Gedanken bei pathologischer<br />

projektiver Identifikation ist vielmehr ein Angriff auf den<br />

Container, auf das Objekt oder auch auf sich selbst.<br />

Bion unterscheidet den Denkapparat von den Gedanken. Der<br />

Denkapparat stellt eine Matrix dar, in der Gedanken gebildet werden.<br />

Er entsteht aber erst, wenn Gedanken tatsächlich gebildet und<br />

gedacht werden – ähnlich wie Muskeln, die nur durch ihre Betätigung<br />

zum Muskelapparat auswachsen. Andernfalls verkümmert er<br />

und die Tendenz, entstehende Gedanken „auszuscheiden“ oder<br />

loswerden zu wollen, nimmt zu.<br />

Der Gedanke selbst kann verglichen werden mit einem Foto-<br />

Negativ des von ihm abgebildeten Objekts. Die Grundlage des<br />

Denkens liegt in der Abwesenheit von Objekten und in der Fähigkeit,<br />

diese Abwesenheit auszuhalten und in diesem Zustand Gedanken<br />

zu bilden.

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