(Russland) Tatjana Dmitrieva - Bkjpp
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Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 4– 2005 72<br />
Bion entwarf Modelle zur Entwicklung von Denken, die aber ihrem<br />
Charakter nach als Modelle die Realität nie abschließend oder umfassend<br />
beschreiben können.<br />
Modelle versuchen immer eine abstrahierende Beschreibung eines<br />
konkret . Sie müssen jeweils auf fassbare Realitäten<br />
übertragen werden, um dann ihre Übereinstimmung mit dieser Realität<br />
prüfbar zu machen. Um den zunächst komplex erscheinenden<br />
Denk-Vorgang vom abstrahierenden Modell zur Realität – und umgekehrt<br />
– zu vereinfachen, verwendet Bion an Mathematik erinnernde<br />
Zeichen. Diese Zeichen repräsentieren die , sind aber selbst nur Statthalter und müssen mit Konkretisierungen<br />
gefüllt werden. Genannt seien hier zunächst beispielhaft:<br />
• äußere Realität (R)<br />
• psychische Realität (Ψ)<br />
„Äußere Realität“ (R) ist ebenso unkonkret wie „psychische Realität“<br />
(Ψ) und muss „gefüllt“ werden mit Inhalt, der aber aufgrund der begrifflichen<br />
Abstraktion noch „abwesend“ ist.<br />
6.1. Bion als Denker des Abwesenden<br />
Bion geht davon aus, dass Denken erst aufgrund einer Abwesenheit<br />
von Objekten entsteht. Erst die abwesende Brust und der daher gefühlte<br />
Hunger lässt im Säugling den Gedanken „keine Brust“ entstehen.<br />
Die fütternde, befriedigende Brust impliziert keine Notwendigkeit<br />
zu denken. Gedanken transportieren nach Bion also Frustrationen<br />
– zunächst in Gestalt von Abwesenheit, aber auch in Gestalt<br />
jener Frustration, welche mit der Abwesenheit des Objekts verbunden<br />
ist.<br />
Da Gedanken Frustrationen transportieren, wird zunächst versucht,<br />
entstandene Gedanken nicht zu denken und sie „loszuwerden“. Ohne<br />
Gedanken = keine Frustration.<br />
Bion geht davon aus, dass Gedanken ebenso wie Frustrationen<br />
„ausgeschieden“ werden. Einen solchen Vorgang der Ausscheidung<br />
von Gedankeninhalten und Gefühlen kennen wir vom Phänomen<br />
der projektiven Identifikation, bei der Gefühlszustände im Gegenüber<br />
direkt im Sinn eines kommunikativen Prozesses induziert werden.