Kurvendiskussion - HIB
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<strong>Kurvendiskussion</strong><br />
Besondere Punkte einer Kurve<br />
Dein Lehrer verrät Dir die Gleichung einer Funktion: f x = x 4 −2 x 3 4 . Deine Aufgabe ist es, den<br />
kleinsten Zahlenwert zu finden, der bei dieser Funktion herauskommen kann (das 'Minimum' der Werte, wenn<br />
man alle reellen Zahlen für x einsetzen darf).<br />
Das ist ja einfach: schnell eine Wertetabelle<br />
x f(x)<br />
-4 388<br />
-3 139<br />
-2 36<br />
-1 7<br />
0 4<br />
1 3<br />
2 4<br />
3 132<br />
Die Sachlage ist klar: weit außen dominiert<br />
x 4 , da gibt es keine 'kleinen' Wert.<br />
Der kleinste Wert, der sich ergibt, ist die 3<br />
an der Stelle 1.<br />
Fertig.<br />
da ist der Wert !<br />
Oder haben wir uns zu früh gefreut? Dass das Minimum zwischen x=0 und x=2 liegen muss ist klar. An diesen<br />
Grenzen sind die Funktionswerte gleich und dazwischen kleiner. Aber was ist knapp neben x=1?<br />
x f(x)<br />
0.9 3.189<br />
1.0 3<br />
1.1 2.802<br />
dieser Wert ist ja noch kleiner !<br />
x=1 mit Funktionswert 3 ist also sicher nicht die richtige Antwort gewesen. Ist f(1.1) = 2.802 die richtige<br />
Antwort? Oder müssen wir weiter probieren? Und wenn ja bis zu welcher Genauigkeit? Das wird wohl echt<br />
viel Rechenarbeit.<br />
HALT! Richtige Mathematiker haben was gegen überflüssige Herumrechnerei. Die erinnern sich an die Idee<br />
von Leibniz mit den Tangentenanstiegen. Mithilfe des Differenzierens bekommen wir den Anstieg der Tangente<br />
in einem Punkt direkt aus der Funktionsgleichung. Und was zeichnet ein Minimum aus? Es hat eine waagrechte<br />
Tangente.<br />
Übersetzt ins rechnerische:<br />
finde die Stelle (x-Wert), an dem der Funktionswert minimal ist = finde die Stelle mit der waagrechten<br />
Tangente = finde die Stelle, an der die Ableitung gleich 0 ist.<br />
f x = x 4 −2 x 3 4 ⇒ Anstieg im Punkt (x/y) = df<br />
dx = ∂ x f = 4 x3 −6 x 2<br />
und die Ableitung setzten wir nun Null, um eine waagrechte Tangente zu erzwingen<br />
4 x 3 −6 x 2 = 0<br />
2 x 2 ⋅2x−3 = 0<br />
x=0 oder x= 3 2<br />
Wir erhalten zwei Ergebnisse: x=0, für unsere Aufgabenstellung hier völlig uninteressant. Und x = 1.5, das<br />
sehen wir uns genauer an. Ist hier wirklich der Funktionswert minimal? Wir testen sofort eine kleine<br />
Umgebung:<br />
<strong>HIB</strong> Wien --- <strong>Kurvendiskussion</strong> 1 v0.98 urban 4/2011 S. 1
x f(x)<br />
1.4 2.3536<br />
1.5 2.3125<br />
1.6 2.3616<br />
endlich gefunden ?<br />
Und eine 'ganz ganz kleine' Umgebung?<br />
x f(x)<br />
1.49 2.312946<br />
1.50 2.3125<br />
1.51 2.312954<br />
tatsächlich gefunden !<br />
Unsere erste Idee war falsch – die Wertetabelle mit den ganzen Zahlen war zu ungenau. Gibt es eine<br />
Möglichkeit, Punkte mit besonderen Eigenschaften ohne Probieren, also mit Methode zu finden? Ja – mit der<br />
Technik des Differenzierens.<br />
Welche 'besonderen Punkte' gibt es denn?<br />
Das ist freilich Ansichtssache. Vielleicht würde ein Oktopus all die Punkte für 'besonders schön' halten, deren<br />
y-Wert 8 beträgt, schon allein wegen der Namensgleichheit.<br />
Wir besinnen uns auf die bekannten Aufgaben, den Verlauf eines Graphen zu skizzieren, das bedeutet die<br />
Funktion 'in den Griff zu bekommen'. Wo sind besonders große oder kleine Werte? Wo biegt sich der Graph in<br />
welche Richtung? Und so weiter. All dies können wir leicht finden:<br />
▷ Nullstellen<br />
Sie sind wichtig, weil man sie a) zum Skizzieren hervorragend verwenden und b) leicht berechnen kann.<br />
Für a) gilt, dass die Funktion zwischen Nullstellen niemals die x-Achse schneidet und immer das gleiche<br />
Vorzeichen hat. Wenn die Funktionswerte ihr Vorzeichen wechseln, dann kann das nur in einer Nullstelle<br />
geschehen (muss aber nicht).<br />
Für b) gilt: f(x)=0 : Setze die Funktionsgleichung gleich Null und löse sie.<br />
▷ Extremwerte<br />
Sie sind wichtig, weil man sie a) zum Skizzieren hervorragend verwenden und b) leicht berechnen kann.<br />
Für a) gilt, dass Du im Extremwert entweder ein Tal (Beule nach unten) oder einen Berg (Beule nach oben)<br />
zeichnest. Zwischen zwei Extremwerten ist die Funktion entweder immer fallend oder immer steigend. Dieses<br />
Wachstumsverhalten kann sie nur in einem Extremwert ändern (muss aber nicht)<br />
Für b) gilt: ∂ x f(x)=0 : Setze die erste Ableitung der Funktionsgleichung gleich Null und löse sie. Überlege oder<br />
teste, ob es tatsächlich ein Extremwert ist.<br />
▷ Wendepunkte<br />
Sie sind wichtig, weil man sie a) zum Skizzieren hervorragend verwenden und b) leicht berechnen kann.<br />
Für a) gilt: Beim Zeichnen einer gekrümmten Linie von links nach rechts (wachsende x-Werte) kann die<br />
Krümmung nach links, d.h. gegen den Uhrzeigersinn, was die linke Hand besser kann, sein, oder nach rechts,<br />
d.h. im Uhrzeigersinn, was die rechte Hand besser kann. Dieses Krümmungsverhalten kann sich nur in<br />
Wendepunkten ändern (muss aber nicht).<br />
Für b) gilt: ∂ 2 xf(x)=0 : Setze die zweite Ableitung der Funktionsgleichung gleich Null und löse sie. Überlege<br />
oder teste, ob es tatsächlich ein Wendepunkt ist.<br />
<strong>HIB</strong> Wien --- <strong>Kurvendiskussion</strong> 1 v0.98 urban 4/2011 S. 2
Wer kann was:<br />
f(x) die Funktionswerte<br />
Er kann positiv sein (über der Achse) oder negativ sein (unter der Achse). Ein Wechsel kann nur dort auftreten,<br />
wo der Graph die Achse schneidet: bei den Nullstellen mit f(x) = 0<br />
∂ x f(x) die Anstiege (erste Ableitung)<br />
Die Funktion kann wachsen (die Funktionswerte werden größer, der Tangentenanstieg ist positiv, ∂ x f(x)>0) oder<br />
fallen (die Funktionswerte werden kleiner, der Tangentenanstieg ist negativ, ∂ x f(x) 0.<br />
Der Graph einer rechtsgekrümmten Funktion biegt sich im Uhrzeigersinn, in mathematisch negativer<br />
Drehrichtung. Die Tangentenanstiege werden kleiner, hier gilt ∂ 2 xf(x) > 0.<br />
Ein Wechsel des Verhaltens kann nur dort auftreten, wo die Kurve lokal 'gerade' (ungekrümmt) ist, also in den<br />
Wendepunkte mit ∂ 2 xf(x) = 0.<br />
Beachte:<br />
f(x) = 0 ist immer eine Nullstelle. Doppelt auftretende Nullstellen (oder 4 mal, 6 mal,...) sind gleichzeitig<br />
Extremwerte. Nullstellen die 3, 5, 7,... mal auftreten sind auch Wendepunkte. Idee: lokal sieht der Graph in der<br />
Nullstelle so aus wie x n mit geradem oder ungeradem Grad im Wert x=0.<br />
∂ x f(x) = 0 ergibt einen 'kritischen Punkt', aber nicht immer einen Extremwert. Ist die zweite Ableitung an dieser<br />
Stelle ungleich Null, ist alles klar.<br />
Sonst müsste man so lange weitere Ableitungen berechnen und an dieser Stelle auswerten, bis sich eine<br />
Ableitung ergibt die nicht Null ist. Ist dies eine gerade (2., 4,. 6.,...), liegt ein Extremwert vor. Sonst ein<br />
Wendepunkt.<br />
Einfachere Alternative: Mithilfe der Funktionsgleichung je einen Punkt des Graphen knapp links und einen<br />
knapp rechts des kritischen Punktes berechnen. Dann einfach die Höhen der drei Punkte vergleichen.<br />
∂ 2 xf(x) = 0 ergibt nicht immer einen Wendepunkt. Streng genommen müsste man verfahren wie oben – wenn<br />
die erste an dieser Stelle nicht verschwindende Ableitung (d.h. sie ist nicht Null) eine ungerade ist, liget<br />
tatsächlich ein Wendepunkt vor, sonst ein Extremwert. Doch das ist ja schon im vorangegangenen Absatz<br />
geklärt worden.<br />
<strong>HIB</strong> Wien --- <strong>Kurvendiskussion</strong> 1 v0.98 urban 4/2011 S. 3