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für Gesundheitsförderung - Fachstelle für Prävention und ...

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<strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

Zeitschrift von Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg<br />

13. Jahrgang • 2. Ausgabe 2013<br />

Schwerpunkt 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

In diesem Info_Dienst<br />

Personalien 2<br />

Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik 3<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche 8<br />

Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 13<br />

Soziale, ges<strong>und</strong>e Stadt 17<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> in<br />

der Arbeitswelt 21<br />

Patienteninteressen 24<br />

Termine/Veranstaltungen 27<br />

Publikationen 28<br />

Impressum 28<br />

Editorial<br />

Der 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit liegt<br />

hinter uns. Deutlich wurde: Das diesjährige<br />

Motto „Brücken bauen zwischen Wissen <strong>und</strong><br />

Praxis“ fand regen Zuspruch <strong>und</strong> zog sich wie<br />

ein roter Faden durch die Veranstaltungen.<br />

Damit konnte bereits auf dem Kongress<br />

selbst der Transfer zwischen Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> praktischer Anwendung, zwischen epidemiologischen<br />

Erkenntnissen <strong>und</strong> daraus folgenden<br />

ges<strong>und</strong>heitspolitischen Strategien<br />

intensiv diskutiert werden.<br />

Bereits in seinem Einführungsvortrag nahm<br />

Prof. Dr. Ansgar Gerhardus wortgewandt Bezug<br />

darauf. Er verwies u.a. auf das immense<br />

Missverhältnis zwischen Forschungsbedarf<br />

<strong>und</strong> Forschungstätigkeit <strong>und</strong> sprach sich <strong>für</strong><br />

einen systematisch definierten Wissensbedarf<br />

aus, der im Austausch zwischen Theorie<br />

<strong>und</strong> Anwendung erarbeitet wird. In diesem<br />

Zusammenhang erwies sich auch die erstmalige<br />

Kooperation mit dem Kongress Health<br />

Inequalities als äußerst fruchtbar, da sie Theorie<br />

<strong>und</strong> Praxis unter einem Dach vereinte.<br />

Auch die Einbeziehung der Fachgesellschaften<br />

wie der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Public<br />

Health (DGPH) oder der Deutschen Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Sozialmedizin <strong>und</strong> <strong>Prävention</strong><br />

(DGSMP) zeigte sich als eine immense Bereicherung.<br />

Aber auch auf politischer Ebene wurde die<br />

Brisanz des Themas „Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit“<br />

auf dem Kongress deutlich. Am Mittwoch,<br />

den 6. März, kurz nach Kongressbeginn, wurde<br />

der 4. Armuts- <strong>und</strong> Reichtumsbericht im<br />

Rahmen einer B<strong>und</strong>espressekonferenz in finaler<br />

Fassung vorgelegt. Dessen Ergebnisse<br />

wurden in vielen der insgesamt über 80<br />

Workshops <strong>und</strong> Fachforen kritisch aufgegriffen.<br />

Zudem konnte auf dem Kongress der<br />

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der <strong>Prävention</strong><br />

intensiv diskutiert werden. In der Abschlussdiskussion<br />

am Donnerstagnachmittag<br />

bezogen Vertreter/innen aller B<strong>und</strong>estagsparteien<br />

hierzu Stellung.<br />

Mit der vorliegenden Ausgabe des Info_<br />

Dienstes möchten wir versuchen, die Vielfalt<br />

der behandelten Themen des Kongresses abzubilden<br />

<strong>und</strong> die Kongressatmosphäre einzu-<br />

2 13<br />

fangen. Die Fachgruppe Armutsbegriff der lak<br />

Berlin stellt ihren Entwurf <strong>für</strong> eine integrierte<br />

Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichterstattung in Berlin<br />

vor. Prof. Dr. Fröhlich-Gilhoff erläutert, welche<br />

Strategien innerhalb des von ihm moderierten<br />

Fachforums entwickelt wurden, um<br />

Schulen <strong>und</strong> Kitas zu resilienzförderlichen<br />

Bildungsorten zu entwickeln. Der Frage, was<br />

die politische Teilhabe älterer Menschen mit<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> zu tun hat, widmet<br />

sich der Beitrag von Prof. Heusinger. Welchen<br />

Gewinn Kommunen aus der Nutzung einer<br />

modernen Sozialplanung ziehen können,<br />

zeigt Dr. Reichwein auf. In der Rubrik Patienteninteressen<br />

wird die Brückenbaufunktion<br />

der Selbsthilfe herausgearbeitet.<br />

Auch in diesem Jahr nahmen mehr als 2000<br />

Interessierte am Kongress teil. Wir bedanken<br />

uns nochmals bei allen, die uns bei den Vorbereitungen<br />

<strong>und</strong> der Durchführung so tatkräftig<br />

unterstützt haben, insbesondere auch den<br />

Arbeitskreisen von Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg<br />

<strong>und</strong> dem ZTG der Technischen Universität<br />

Berlin.<br />

Nach dem Kongress ist vor dem Kongress.<br />

Daher laden wir Sie wie jedes Jahr ein, an die<br />

Ergebnisse anzuknüpfen <strong>und</strong> sich auch in den<br />

nächsten Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

wieder engagiert einzubringen.<br />

Stefan Pospiech,<br />

Geschäftsführer von<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg


Personalien<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

2<br />

Carola Gold-Preis<br />

erstmals vergeben<br />

Eva Göttlein <strong>und</strong> Heinz Hilgers<br />

werden im Rahmen des<br />

18. Kongress Armut <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit ausgezeichnet<br />

IN KÜRZE ERHÄLTLICH<br />

Die Dokumentation des<br />

18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

ist ab Sommer 2013 erhältlich.<br />

Sie kann bereits jetzt <strong>für</strong> 5 Euro<br />

zzgl. Versandkosten vorbestellt werden.<br />

Bestelladresse:<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg<br />

Friedrichstraße 231 · 10969 Berlin<br />

Tel.: (030) 44 31 90 60<br />

Fax: (030) 44 31 90 63<br />

Email: sekretariat@ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Webseite: www.armut-<strong>und</strong>-ges<strong>und</strong>heit.de<br />

Erstmals wurde in diesem Jahr der Carola Gold-<br />

Preis <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Chancengleichheit<br />

verliehen. Der Preis wurde gemeinsam vom<br />

Vorstand von Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg<br />

<strong>und</strong> dem Steuerungskreis des b<strong>und</strong>esweiten<br />

Kooperationsverb<strong>und</strong>es „Ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Chancengleichheit“ ins Leben gerufen. Benannt<br />

ist er nach der langjährigen Geschäftsführerin<br />

von Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg<br />

<strong>und</strong> Leiterin der Geschäftsstelle des Kooperationsverb<strong>und</strong>es<br />

„Ges<strong>und</strong>heitliche Chancengleichheit“.<br />

Carola Gold hat entscheidend dazu<br />

beigetragen, das Thema der ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Chancenungleichheit ins öffentliche Bewusstsein<br />

zu rücken. Sie setzte zahlreiche Impulse<br />

zur Verbesserung der ges<strong>und</strong>heitlichen <strong>und</strong><br />

sozialen Lage insbesondere bei Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen. Der kommunale Partnerprozess<br />

„Ges<strong>und</strong> aufwachsen <strong>für</strong> alle!“ geht maßgeblich<br />

auf ihre Ideen <strong>und</strong> ihre Initiative zurück.<br />

Aus den insgesamt 34 Nominierungen wurden<br />

Heinz Hilgers <strong>und</strong> Eva Göttlein von der Jury als<br />

Preisträger/innen ausgewählt, deren Engagement<br />

<strong>für</strong> mehr ges<strong>und</strong>heitliche Chancengleichheit<br />

herausragend ist.<br />

Eva Göttlein ist Leiterin der Fürther Projektagentur<br />

Göttlein, die eng mit den Kommunen<br />

Fürth <strong>und</strong> Nürnberg zusammenarbeitet. Diese<br />

koordiniert die Umsetzung von (Mikro-)Projekten<br />

in Stadtteilen des sozialen Brennpunkts.<br />

Im Rahmen der vom Deutschen Institut <strong>für</strong> Urbanistik<br />

durchgeführten Studie „Mehr als gewohnt<br />

– Stadtteile machen sich stark <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>“<br />

wurden u.a. im Programmgebiet<br />

Soziale Stadt Fürth Innenstadt<br />

Ansätze der Primärprävention bei Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen v.a. in sozial benachteiligten<br />

Stadtteilen analysiert. Die daraus gewonnenen<br />

Erkenntnisse leisten einen wesentlichen Beitrag<br />

zur Qualitätsentwicklung in der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>.<br />

Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzb<strong>und</strong>es,<br />

war langjähriger Bürgermeister<br />

von Dormagen. Das als „Dormagener Modell“<br />

b<strong>und</strong>esweit bekannt gewordene Modell einer<br />

„<strong>Prävention</strong>skette“ gilt heute als Vorbild <strong>für</strong><br />

ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen. Gemeinsam mit vielen<br />

engagierten Kolleg/innen konnten in Dormagen<br />

Hilfs- <strong>und</strong> Unterstützungsmaßnahmen<br />

<strong>für</strong> betroffene Kinder <strong>und</strong> ihre Eltern kommunal<br />

vernetzt realisiert werden.<br />

BKK Sonderpreis<br />

„Gute Praxis“ geht an<br />

„KinderStärken e.V.“<br />

Auszeichnung <strong>für</strong> vorbildlichen<br />

Einsatz in der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

bei Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen<br />

Im Rahmen des 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

wurde am 6. März 2013 der Sonderpreis<br />

„Gute Praxis“ des BKK B<strong>und</strong>esverbandes<br />

verliehen. Bewerben konnten sich in diesem<br />

Jahr b<strong>und</strong>esweit Institutionen <strong>und</strong> Organisationen,<br />

die sich <strong>für</strong> das ges<strong>und</strong>e Aufwachsen von<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen einsetzen. Aus insgesamt<br />

56 Bewerbungen wurde der Verein<br />

„KinderStärken e.V.“ ausgewählt. Heinz Kaltenbach,<br />

Geschäftsführer des BKK B<strong>und</strong>esverbandes,<br />

überreichte der Geschäftsführerin von<br />

„KinderStärken e.V.“, Susanne Borkowski, im<br />

Rahmen der Abendveranstaltung des Kongresses<br />

den Preis, der mit 2.000 Euro dotiert ist, als<br />

Anerkennung <strong>für</strong> die geleistete Arbeit.<br />

Der Name des Vereins ist Programm: „KinderStärken<br />

e.V.“ initiiert in Sachsen-Anhalt ermutigende<br />

Projekte <strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendliche.<br />

Die Projekte des Vereins zeichnen sich in<br />

besonderer Weise dadurch aus, dass sie auf<br />

der Gr<strong>und</strong>lage neuester kindheitswissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse entwickelt <strong>und</strong> die<br />

Kinder von Anfang an in Planung <strong>und</strong> Durchführung<br />

einbezogen werden.Gegründet im Jahr<br />

2008 von Studierenden, Professor/innen <strong>und</strong><br />

Mitarbeiter/innen des Studiengangs Angewandte<br />

Kindheitswissenschaften der Hochschule<br />

Magdeburg-Stendal, zielen alle Aktivitäten<br />

des „KinderStärken e.V.“ auf die Verbesserung<br />

der Lebensbedingungen <strong>und</strong> die Stärkung<br />

der Kompetenzen von Kindern, Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> Familien in der Stadt Stendal, dem<br />

Landkreis Stendal sowie in den Kindertagesstätten,<br />

Schulen <strong>und</strong> sozialen Einrichtungen.<br />

Damit möchte „KinderStärken e.V.“ dazu beitragen,<br />

dass Stendal <strong>und</strong> Umgebung sich zu<br />

einer besonders „kinderfre<strong>und</strong>lichen Region“<br />

ent wickelt.<br />

In diesem Info_Dienst<br />

Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik<br />

„Vom Wissen zum Handeln <strong>und</strong> zurück:<br />

Brücke, Boot oder (U-) Bahn?“. . . . . . . . . . . . . 3<br />

Die Elefantenhochzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

„Ein <strong>Prävention</strong>sgesetz wäre so<br />

eine Brücke“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Brücken bauen zwischen B<strong>und</strong>espolitik<br />

<strong>und</strong> Public Health-Expertise. . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

Ges<strong>und</strong> aufwachsen von Anfang an . . . . . . . . 8<br />

„Auch eine kleine Stadt wie<br />

Bad Liebenwerda kann die Ges<strong>und</strong>heit<br />

ihrer Kinder in besonderer Weise fördern“ . . 9<br />

Bildungsinstitutionen zu resilienzförderlichen<br />

Lebensorten <strong>für</strong> Kinder<br />

entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

„Wer wem die Brücke baut…“ . . . . . . . . . . . . 11<br />

Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

„Macht politische Partizipation ges<strong>und</strong>?“ . . 13<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

„Pflegebedürftigkeit, Behinderung<br />

<strong>und</strong> Teilhabe in der sozialpolitischen<br />

Diskussion“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Soziale, ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

praktikabel machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Moderne Sozialplanung –<br />

Brücke zwischen Wissen <strong>und</strong> Handeln? . . . . 18<br />

Die Zeit ist reif! Entwurf <strong>für</strong> eine<br />

integrierte Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichterstattung<br />

in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> in der Arbeitswelt<br />

„Der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> kommt<br />

eine Schlüsselrolle zu…“ . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

ReSuDi. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz. . . 23<br />

Patienteninteressen<br />

Selbsthilfeorganisationen als<br />

Brückenbauer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

Patient/innen stärken.<br />

Was ist der rechte Weg? . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

Termine/Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

Publikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik<br />

Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik<br />

Eröffnungsrede von Prof. Dr. Gerhardus /<br />

Health Inequalities / <strong>Prävention</strong>sgesetz als Brücke /<br />

Abschlussdiskussion des 18. Kongress Armut <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit<br />

„Vom Wissen zum Handeln <strong>und</strong> zurück:<br />

Brücke, Boot oder (U-) Bahn?“<br />

Eröffnungsvortrag zum 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

regulativen <strong>und</strong> technischen Maßnahmen, wie<br />

Gurtpflicht, Airbags oder besser geschützte<br />

Benzintanks. Das hatte drastische Konsequenzen:<br />

Während in den USA seit den 50er Jahren<br />

die Zahl der Todesopfer durch Schusswaffen<br />

praktisch unverändert hoch geblieben ist, ging<br />

im gleichen Zeitraum die Zahl der getöteten Autoinsassen<br />

um 80 Prozent zurück.<br />

Natürlich gibt es auch andere Gründe, warum<br />

Forschungsbedarf <strong>und</strong> Forschungsförderung<br />

bzw. -tätigkeit nicht zusammenpassen: Das Global<br />

Forum for Health Research wies in den 90er<br />

Jahren darauf hin, dass nur 10 Prozent der globalen<br />

Forschungsmittel im Ges<strong>und</strong>heitsbereich<br />

<strong>für</strong> 90 Prozent der weltweiten Krankheitslast<br />

ausgegeben werden. Der Gr<strong>und</strong> ist, dass <strong>für</strong><br />

Krankheiten, unter denen vorwiegend die Menschen<br />

in Afrika oder Südamerika leiden, deutlich<br />

weniger Geld zur Verfügung gestellt wird als<br />

<strong>für</strong> Krankheiten, die primär Menschen in reichen<br />

Ländern betreffen.<br />

3<br />

Die ungleiche Verteilung von Wissen<br />

Am 14. Dezember 2012 erschoss ein junger<br />

Mann in der kleinen Stadt Newtown in den USA<br />

20 Kinder, sieben Erwachsene <strong>und</strong> sich selbst.<br />

Wie bei ähnlichen Ereignissen zuvor wurden<br />

anschließend Forderungen nach Maßnahmen<br />

zum Schutz gegen die Gefahren von frei verfügbaren<br />

Schusswaffen laut. Die National Rifle<br />

Association (NRA), die von der Waffenindustrie<br />

finanzierte Vertretung der Besitzer /innen von<br />

Schusswaffen, lehnte dagegen jede Einschränkung<br />

beim Erwerb <strong>und</strong> Umgang mit den Waffen<br />

kategorisch ab. Sie begründete ihre Haltung<br />

u.a. damit, dass es praktisch keine wissenschaftlich<br />

gesicherten Erkenntnisse über die<br />

Wirksamkeit der Maßnahmen gäbe.<br />

Tatsächlich sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

in diesem Bereich sehr begrenzt.<br />

Eine Gruppe von Wissenschaftler/innen hat<br />

Anfang 2013 berechnet, dass die staatlichen<br />

National Institutes of Health trotz vier Millionen<br />

Schusswaffenopfern innerhalb der letzten<br />

40 Jahren nur drei Forschungsprojekte zu dem<br />

Thema gefördert haben. Zu Tollwut wurden<br />

dagegen im gleichen Zeitraum 89 Projekte gefördert,<br />

bei 65 Fällen in den USA (weltweit waren<br />

es natürlich deutlich mehr).<br />

Der eklatante Mangel an Forschungsprojekten<br />

zur Vermeidung von Schusswaffenopfern ist<br />

kein Zufall: Als Anfang der 90er Jahre mehrere<br />

von den staatlichen Centers for Disease Control<br />

and Prevention (CDC, vergleichbar dem RKI in<br />

Deutschland) geförderte Forschungsprojekte<br />

zeigten, dass das Risiko, durch Mord, Totschlag<br />

oder Selbstmord zu sterben, deutlich<br />

ansteigt, wenn man in einem Haushalt mit<br />

Schusswaffen lebt, wurden die Studien von der<br />

NRA als „Propaganda“ diffamiert <strong>und</strong> mit Hilfe<br />

von einzelnen Kongressabgeordneten durchgesetzt,<br />

dass Forschung zu dem Thema nicht mehr<br />

mit Steuergeldern gefördert wurde.<br />

Einen Kontrast dazu stellt die Unfallforschung<br />

dar. Eine rege Forschungstätigkeit resultierte in<br />

Ein anderes Beispiel ist das Thema Übergewicht.<br />

Hier gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

zu settingbezogenen Maßnahmen,<br />

während medikamentöse <strong>und</strong> operative Verfahren<br />

sehr intensiv beforscht werden. Nur die<br />

letztgenannten Maßnahmen sind unmittelbar<br />

wirtschaftlich verwertbar, sodass es sich <strong>für</strong> die<br />

Hersteller unmittelbar finanziell auszahlt, in Forschung<br />

zu investieren.<br />

Ein gezielter, komplementärer Einsatz von öffentlichen<br />

Mitteln in die Untersuchung von<br />

nicht-gewinnorientierten Maßnahmen findet<br />

bisher erstaunlicherweise kaum statt. Ein weiteres<br />

Problem ist, dass viele Forschungsförderprogramme<br />

entlang von definierten Krankheitsentitäten<br />

oder technischen Innovationen ausgerichtet<br />

werden. <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> bezieht<br />

sich dagegen nicht auf bestimmte Erkrankungen<br />

<strong>und</strong> zeichnet sich primär durch soziale,<br />

nicht durch technische Innovationen aus.<br />

Die Kriterien der Anwender/innen:<br />

Glaubwürdigkeit <strong>und</strong> lokale Relevanz<br />

Untersuchungen zeigen, dass es den potentiellen<br />

Anwender/innen von Wissen(schaft) auf<br />

zwei Aspekte ganz besonders ankommt: die


Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

4<br />

Relevanz <strong>für</strong> die konkrete Situation <strong>und</strong> die<br />

Glaubwürdigkeit der Wissenschaftler/innen.<br />

Wie oben gezeigt, liegen <strong>für</strong> einige Bereiche,<br />

wie z.B. die settingbezogene <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>, kaum wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse vor. Es mag helfen, sich von<br />

der Vorstellung zu lösen, dass es eine Welt des<br />

Wissens <strong>und</strong> eine Welt des Handelns gibt, die<br />

lediglich auf Brückenbauer warten müssen, um<br />

miteinander verb<strong>und</strong>en zu werden. Im Bereich<br />

von <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> finden<br />

sich handlungsrelevante Informationen –<br />

wenn überhaupt – meist nur auf verstreut liegenden<br />

„Wissensinseln“. An dem Ausmaß dieses<br />

Mangels wird sich durch einige wenige<br />

Forschungsprojekte in naher Zukunft wenig ändern.<br />

Die Rolle von Wissenschaftler/innen<br />

könnte dann die von Lotsen sein, welche <strong>für</strong><br />

die Boote der Anwender/innen die Wissensinseln<br />

lokalisieren, deren Schätze kritisch begutachten<br />

<strong>und</strong> den Erkenntniswert <strong>für</strong> die konkrete<br />

Situation einordnen.<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> den Bedarf an dieser Lotsenfunktion<br />

sind aktuelle Maßnahmen gegen<br />

Übergewicht. In Ermangelung einschlägiger<br />

Studien kopieren Ges<strong>und</strong>heitspolitiker/innen<br />

erfolgreiche Strategien zur Tabakkontrolle: In<br />

Ungarn werden Steuern auf Chips, Schokolade<br />

<strong>und</strong> Zutaten von Energydrinks erhoben, die<br />

Bürgermeister von San Francisco <strong>und</strong> New York<br />

bemühen sich darum, Marketingstrategien <strong>für</strong><br />

Fastfood bzw. die Abgabe von Softdrinks in<br />

Riesenbechern zu verbieten <strong>und</strong> in den USA<br />

versucht eine Kampagne mit dem Slogan<br />

„Eat’em like junk food“ Teenager auf den Geschmack<br />

von Gemüse zu bringen. Diese Art der<br />

unmittelbaren Übertragung wirft eine Reihe<br />

von Fragen auf: Führen höhere Steuern auf einige<br />

als unges<strong>und</strong> identifizierte Nahrungsmittel<br />

nicht nur zu einem Ausweichen auf andere<br />

„unges<strong>und</strong>e“, aber von der Steuer nicht betroffene<br />

Nahrungsmittel? Oder ist möglicherweise<br />

der einzige Effekt, dass Menschen mit einem<br />

geringen Einkommen noch stärker belastet<br />

werden? Erhöhen Verbote von „Happy Meals“<br />

<strong>und</strong> Mega-Portionen Cola nicht gerade den<br />

Reiz, diese zu unterlaufen? Und ob bei einer<br />

Marketing-Schlacht um die Gunst von Teenagern<br />

am Ende das Gemüse die Oberhand gewinnen<br />

wird, ist zunächst nicht mehr als eine<br />

interessante Frage.<br />

Die Erwartung an Wissenschaftler/innen wäre<br />

es, Antworten auf diese Fragen zu bekommen.<br />

Die Aufgabe <strong>für</strong> Wissenschaftler/innen ist es,<br />

diese Art von Fragen überhaupt zu stellen.<br />

Spätestens an dieser Stelle bekommt die<br />

Glaubwürdigkeit von Wissenschaftler/innen<br />

<strong>und</strong> ihrer Institutionen eine überragende Bedeutung.<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> die Problematik ist<br />

eine Übersichtsarbeit mit dem apodiktischen<br />

Titel „Myths, Presumptions, and Facts about<br />

Obesity“, die Anfang 2013 im weltweit angesehen<br />

New England Journal of Medicine veröffentlicht<br />

wurde. In dem Beitrag ordneten die<br />

Autor/innen insgesamt 22 Ursachen von <strong>und</strong><br />

Maßnahmen gegen Übergewicht in eine von<br />

drei Kategorien ein: Mythen, (unbewiesene)<br />

Annahmen <strong>und</strong> Fakten. Obwohl die Autor/innen<br />

betonen, dass sie die 22 Ursachen <strong>und</strong><br />

Maßnahmen aufgr<strong>und</strong> ihrer praktischen Relevanz<br />

<strong>für</strong> Public Health ausgewählt hätten, fehlen<br />

in dem Artikel ausgerechnet die aktuell besonders<br />

heftig diskutierten Ursachen <strong>für</strong> Übergewicht<br />

wie Zucker, Fast-food oder Softdrinks<br />

bzw. Maßnahmen zum Umgang damit. Diese<br />

tauchen allerdings in der sehr umfangreichen<br />

Erklärung zu den Interessenkonflikten auf, in<br />

der die Autor/innen ihre finanzielle Unterstützung<br />

durch 30 oder mehr Firmen der amerikanischen<br />

<strong>und</strong> internationalen Zucker-, Fastfood<strong>und</strong><br />

Softdrinkindustrie deutlich machen. Das<br />

hohe Gewicht, das die Anwender/innen auf die<br />

Glaubwürdigkeit ihrer wissenschaftlichen „Lotsen“<br />

legen, erscheint vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

mehr als verständlich.<br />

Ausblick<br />

„Vom Wissen zum Handeln“ bedeutet im Analogieschluss<br />

„Vom Nicht-Wissen zum Nicht-<br />

Handeln“. Bisher richtet sich die Auswahl von<br />

Forschungsthemen noch zu wenig nach einem<br />

systematisch definierten Wissensbedarf. Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Anwendung sollten sich besser<br />

darüber austauschen, <strong>für</strong> welche Themen Wissenslücken<br />

bestehen <strong>und</strong> auf welche Weise<br />

diese bearbeitet werden sollen. Aus den USA<br />

kommen vielversprechende Beispiele, wie das<br />

Förderprogramm zu Comparative Effectiveness<br />

Research <strong>und</strong> das nachfolgende Patient-Centered<br />

Outcomes Research Institute. Für <strong>Prävention</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> in Deutschland<br />

wären vergleichbare Initiativen <strong>und</strong> Institutionen<br />

dringend notwendig.<br />

Prof. Dr. Ansgar Gerhardus,<br />

Leiter der Abteilung <strong>für</strong> Versorgungsforschung,<br />

Institut <strong>für</strong> Public Health <strong>und</strong> Pflegeforschung,<br />

Universität Bremen sowie<br />

Erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Public Health<br />

Literatur beim Autor<br />

Die Elefantenhochzeit<br />

Health Inequalities meets Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 2013<br />

Der 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit hatte<br />

nicht nur einen markanten Wechsel seiner lieb<br />

gewonnenen, aber zu klein gewordenen Räumlichkeiten<br />

zu verkraften, sondern auch eine<br />

inhaltliche Flankierung durch die (gelungene)<br />

Integration einer stärker theorieorientierten<br />

Public Health-Tagung. Der Tagungszyklus<br />

Health Inequalities, der seit 2006 existiert <strong>und</strong><br />

aus den Bielefelder Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften<br />

r<strong>und</strong> um den damaligen Arbeitszusammenhang<br />

von Klaus Hurrelmann entstand, hatte<br />

sich im Wesentlichen zwei Ziele gesetzt: Zum<br />

einen die in Deutschland innerhalb der Public<br />

Health sehr rückständige Debatte an die internationalen<br />

Diskussionen heranzuführen <strong>und</strong><br />

führende Vertreter/innen nach Deutschland zu<br />

holen <strong>und</strong> mit ihnen (u.a. Richard Wilkinson,<br />

David Blane, Eero Lahelma oder Mel Bartley)<br />

<strong>und</strong> den führenden Vertreter/innen der deutschen<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Ungleichheitsforschung<br />

(u.a. Rolf Rosenbrock, Bettina Schmidt,<br />

Andreas Mielck, Petra Kolip) zu diskutieren. 1<br />

1 Aus diesen Tagungen sind u.a. die Publikationen Bauer,<br />

Ullrich et al. (Hg.): Health Inequalities, Wiesbaden 2008<br />

oder der Band 45 (Health Inequalities) des Jahrbuchs Kritische<br />

Medizin, Hamburg 2009 entstanden.


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik<br />

Zum anderen sollten die Diskussionen über<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Ungleichheiten auch in Forschung<br />

<strong>und</strong> Theorie von Public Health in<br />

Deutschland wesentlich ausgedehnt werden,<br />

um gegenüber dem Vorbild des Tagungszyklus<br />

Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit noch stärker die Klientel<br />

der Nachwuchswissenschaftler/innen einzubeziehen.<br />

Wenn es bei den Tagungen von<br />

Health Inequalities auch immer darum ging,<br />

die Public Health-Praxis nicht aus dem Blick zu<br />

verlieren, so war (<strong>und</strong> ist) der Ausgangspunkt<br />

doch eher der Hochschulbereich der Public<br />

Health-Institutionen. Durch den berufsbiografisch<br />

bedingten Fortgang der Initiator/innen<br />

der Public Health-Tagungen aus Bielefeld <strong>und</strong><br />

ihre räumlich Trennung entstand die Idee, die<br />

beiden Seiten der Medaille ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Ungleichheiten – Praxis <strong>und</strong> Theorie – unmittelbar<br />

zu verbinden. Die Konsequenz war, dass<br />

Health Inequalities VI nunmehr ein (kleiner)<br />

Bestandteil des Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

wurde <strong>und</strong> damit das übergreifende<br />

Tagungsthema des diesjährigen Kongresses<br />

„Brücken bauen“ bereits formal erreicht war.<br />

Workshop 2 – Welche Daten <strong>für</strong><br />

wessen Daten?<br />

Der zweite Workshop stand unter dem empirischen<br />

Motto „Welche Daten <strong>für</strong> wessen<br />

Taten?“ <strong>und</strong> fokussierte die universitäre Forschung<br />

<strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung<br />

als zwei wesentliche Zugangswege zur Generierung<br />

von Daten bzw. Informationen, die sich<br />

anhand unterschiedlicher Zielgruppen, Auftraggeber,<br />

Forschungsmöglichkeiten <strong>und</strong> auch<br />

in Hinblick auf Transfer in die Praxis <strong>und</strong> Politik<br />

differenzieren lassen. Nico Dragano (UKD Düsseldorf)<br />

diskutierte kritisch Möglichkeiten,<br />

Grenzen <strong>und</strong> neue Zwänge universitärer Forschung<br />

im Kontext der universitären <strong>und</strong> nichtuniversitären<br />

Mittelvergabe. So werden etwa<br />

umfassende Evaluationsstudien kaum finanziert<br />

<strong>und</strong> unter Aspekten publikatorischer Verwertbarkeit<br />

„rechnet sich“ diese Art von Forschung<br />

<strong>für</strong> die beteiligten Wissenschaftler/<br />

innen kaum. Daran anknüpfend wurde der Beitrag<br />

von Michael Ebert (DLR Projektträger)<br />

ergänzt <strong>und</strong> die anders gelagerte Perspektive<br />

der Projektträger aufgezeigt.<br />

Workshop 1 – De-/Konstruktivistische<br />

Perspektiven auf Public Health <strong>und</strong><br />

ihre Relvanz <strong>für</strong> ein Verständnis<br />

ges<strong>und</strong>heitlicher Ungleichheit<br />

Dass die Verschmelzung der beiden unterschiedlichen<br />

Zugänge gut funktioniert hat, war<br />

bereits daran zu sehen, dass alle drei Veranstaltungen<br />

im Rahmen von Health Inequalities<br />

ausgebucht waren <strong>und</strong> das Publikum durch<br />

sehr gute Diskussionsbeiträge <strong>und</strong> Kommentare<br />

maßgeblich zum Gelingen beigetragen hat.<br />

Inhaltlich wurde in den drei Veranstaltungen<br />

von Health Inequalities ebenfalls eine (große)<br />

Brücke von der Theorie zur Praxis geschlagen,<br />

indem ethnizitätstheoretische <strong>und</strong> poststrukturalistische<br />

Ansätze daraufhin befragt wurden,<br />

was sie <strong>für</strong> die Praxis von Public Health<br />

leisten können (wenn sie wollten). Hierzu dienten<br />

verständliche Input-Referate von Diana<br />

Sahrai (Uni Duisburg-Essen) <strong>und</strong> Regina Brunnett<br />

(FH Fulda), die zunächst von Christian<br />

Strümpell, einem Ges<strong>und</strong>heitsethnologen aus<br />

Heidelberg, kommentiert wurden. Ein zentrales<br />

Ergebnis war, dass die Praxis von Public<br />

Health solche theoretischen Konzepte maßgeblich<br />

dazu nutzen kann, sich vor Essentialisierungen<br />

<strong>und</strong> kulturellen Verallgemeinerungen<br />

(türkische Kinder, die Bildungsfernen oder<br />

die Übergewichtigen) zu hüten, die sozial<br />

benachteiligte Gruppen ein weiteres Mal dominieren,<br />

indem sie ihnen etwa den Autonomiestatus<br />

absprechen usw. Gleichzeitig sind<br />

die Identitätsbeschreibungen der Menschen<br />

aber ernst zu nehmen, d.h. dass die Perspektive:<br />

„wir sind doch alle Menschen“ wesentlich<br />

zu kurz greift. Die Theorie kann vor allem dieses<br />

nicht auflösbare Spannungsverhältnis zwischen<br />

(problematischen) Beschreibungen aus<br />

der professionellen Praxis <strong>und</strong> (problematischen)<br />

Selbstbeschreibungen der Menschen<br />

klären <strong>und</strong> präsent halten.<br />

In einem zweiten Block richtete sich der Fokus<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung, die von<br />

Thomas Lampert (RKI Berlin) eindrucksvoll aufgezeigt<br />

wurde. In Hinblick auf die vorhandenen<br />

Daten präsentierte er belastbare Kerndaten zur<br />

Analyse ges<strong>und</strong>heitlicher Ungleichheiten in<br />

Deutschland, die u.a. zeigen, dass ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Ungleichheiten in den vergangenen Jahren<br />

<strong>und</strong> Jahrzenten sich weiter verfestigen.<br />

Klug kommentiert wurde der Beitrag von Frank<br />

Lehmann (BZgA), der aus der Perspektive kritischer<br />

Ges<strong>und</strong>heitspolitik u.a. auf die problematische<br />

Schnittstelle zwischen Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> politischen Akteuren hinwies.<br />

Workshop 3 – Bewahrung eines ungleichen<br />

Status quo ungleicher Ges<strong>und</strong>heit oder<br />

Tackling Inequalities?<br />

Die dritte Veranstaltung stand ganz im Zeichen<br />

der Kritik der Forschungs- <strong>und</strong> <strong>Prävention</strong>s-Praxis:<br />

hier wurde aus unterschiedlicher Perspektive<br />

zum einen die empirische Praxis eines Großteils<br />

der Public Health-Forschung auf’s Korn<br />

genommen. Michael Wright (FH Berlin) plädierte<br />

da<strong>für</strong>, die Menschen, die etwa von Public<br />

Health-Maßnahmen profitieren sollen, unmittelbarer<br />

in die Forschung im Kontext von partizipativen<br />

Ansätzen mit einzubeziehen, um damit die<br />

Trennung zwischen Wissenschaft, Praxis <strong>und</strong><br />

Klientel aufzuweichen. Der an schließende Kommentar<br />

von Wiebke Sannemann (LZG-NRW)<br />

bestärkte noch einmal die Positionen von<br />

Michael Wright, die allerdings in einem klaren<br />

Gegensatz zum Mainstream der (Drittmittel<br />

geförderten) Forschung stehen. Die spannende<br />

Diskussion ging dann in die Richtung, inwieweit<br />

es dem wissenschaftlichen Nachwuchs nahe<br />

gelegt werden kann, im internationalen Raum<br />

legitime <strong>und</strong> im deutschen Raum eher abgewertete<br />

Methoden (v.a. Action Research, Handlungsorientierte<br />

Forschung, Participatory Re -<br />

search) zu nutzen, unabhängig von der Qualität<br />

der Methoden, wenn die Berufsbiografie durch<br />

die konservative (<strong>und</strong> häufig bornierte) wissenschaftliche<br />

Praxis riskant wird. Thomas Altgeld<br />

(LVG Niedersachsen) seinerseits kritisierte vor<br />

allem die <strong>Prävention</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>spraxis,<br />

indem er in einem außergewöhnlich<br />

lebendigen Vortrag eine Reihe von Beispielen<br />

präsentierte, die – hier komplementär zu<br />

Michael Wright – die Wirksamkeit finanziell z.T.<br />

aufwändiger Kampagnen nicht nachweisen können.<br />

Besonders spannend wurde die abschließende<br />

Sitzung dann durch die zweite Kommentatorin,<br />

Eva-Maria Bitzer (PH Freiburg), die<br />

kenntnisreich die eine oder andere Verallgemeinerung<br />

relativierte <strong>und</strong> ihrerseits <strong>für</strong> nachvollziehbare<br />

Kriterien der Evidenzbasierung eintrat.<br />

Das Fazit der Sinnhaftigkeit dieser Elefantenhochzeit<br />

muss letztlich von den Teilnehmenden<br />

selbst kommen, weil zumindest der Idee nach<br />

die drei gut besuchten Veranstaltungen dazu<br />

beitragen sollten, in den praxisorientierten Diskussionen<br />

immer wieder theoretische, skeptische<br />

<strong>und</strong> herrschaftskritische Argumente unmittelbarer<br />

einzubauen. Aus der Sicht der drei Veranstalter<br />

ist die Kombination aus Health Inequalities<br />

<strong>und</strong> Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit auf jeden Fall<br />

zukunftsfähig.<br />

Prof. Dr. Ullrich Bauer,<br />

Universität Duisburg-Essen,<br />

Prof. Dr. Uwe H. Bittlingmayer,<br />

Pädagogische Hochschule Freiburg,<br />

Irene Moor <strong>und</strong> Prof. Dr. Matthias Richter,<br />

Universität Halle-Wittenberg<br />

5


Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

6<br />

„Ein <strong>Prävention</strong>sgesetz wäre so eine Brücke“<br />

Statement Wissenschaft im Rahmen der Abschlussdiskussion des<br />

18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Ich bin um ein kurzes Statement dazu gebeten<br />

worden, was das Wissen um die Bedeutung<br />

der sozialen Determinanten <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>für</strong> ein <strong>Prävention</strong>sgesetz bedeutet. Es geht um<br />

das Motto des Kongresses in diesem Jahr:<br />

„Brücken bauen zwischen Wissen <strong>und</strong> Handeln“.<br />

Ein <strong>Prävention</strong>sgesetz wäre so eine Brücke<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> den Bauplan fehlt es sicher nicht an<br />

Wissen.<br />

Wir wissen, dass Armut krank macht<br />

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse sind<br />

es ja nicht gerade, dass Armut krank macht.<br />

1790 hat Johann Peter Frank, der Stammvater<br />

der Sozialmedizin, seine berühmte Rede in Pavia<br />

vom „Volkselend als der Mutter aller Krankheiten“<br />

gehalten. Dass Armut krank macht, ist<br />

eine Erkenntnis, die älter ist als das Wissen,<br />

dass Bakterien <strong>und</strong> Viren krank machen können<br />

<strong>und</strong> erst recht älter als das Wissen um<br />

Gentechnik <strong>und</strong> Kernspintomogramme, das die<br />

Politik so begeistert, wenn es um das Ges<strong>und</strong>machen<br />

geht.<br />

Wir wissen, <strong>und</strong> man kann es nicht oft genug<br />

wiederholen, dass das ärmere Fünftel der Bevölkerung<br />

zehn Jahre früher stirbt als das reiche.<br />

Wir wissen, dass es auch den Reichen<br />

selbst ges<strong>und</strong>heitlich besser gehen würde, wäre<br />

die Gesellschaft weniger ungleich. Wir wissen,<br />

dass fast alle ernsten Krankheiten bei den<br />

Armen doppelt so häufig oder häufiger auftreten.<br />

Und wir wissen, dass sie auch in der Krankenversorgung<br />

da <strong>und</strong> dort benachteiligt sind,<br />

obwohl unser Ges<strong>und</strong>heitssystem an sich<br />

ziemlich „gerecht“ ist. Wir wissen auch, dass<br />

die vielen Risikofaktoren, die von Politiker/innen<br />

beim Thema <strong>Prävention</strong> so gerne ins Feld<br />

geführt werden – das Rauchen, die Adipositas,<br />

der Bewegungsmangel oder eine ungünstige<br />

Ernährung – engstens mit der sozialen Lage<br />

zusammenhängen <strong>und</strong> dass hier die vielbeschworene<br />

„Eigenverantwortung“ ihre Grenzen<br />

hat. Und wir wissen, dass all die Ungleichheit<br />

auch noch regional ungleich verteilt ist.<br />

Wir wissen, was zu tun wäre<br />

Dieser Reichtum an sozialepidemiologischem<br />

Wissen ist nicht eingesperrt im Elfenbeinturm<br />

der Wissenschaft, es wird der Politik im Armuts-<br />

<strong>und</strong> Reichtumsbericht der B<strong>und</strong>esregierung<br />

<strong>und</strong> in der Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung<br />

des Robert Koch-Instituts geradezu hinterhergetragen,<br />

Jahr <strong>für</strong> Jahr. Oder hier, auf dem<br />

Kongress. Jahr <strong>für</strong> Jahr.<br />

Spätestens seit der Ottawa-Charta 1986 wissen<br />

wir auch, was zu tun wäre: Die Verhältnisse<br />

ges<strong>und</strong>heitsgerecht gestalten, eben nicht nur<br />

das Verhalten ins Visier nehmen, dazu vor Ort<br />

gehen, dahin, wo die Menschen leben <strong>und</strong> arbeiten,<br />

„Settingansatz“, all die in die Pflicht<br />

nehmen, die <strong>für</strong> diese Settings Verantwortung<br />

tragen, von den Gemeinden bis zur Industrie,<br />

„health in all policies“ <strong>und</strong> „Kooperation“ sind<br />

die Stichwörter dazu, aber auch die Benachteiligten,<br />

Schweigsamen <strong>und</strong> Machtlosen mitnehmen,<br />

„Empowerment“, <strong>und</strong> zwar ohne ihnen<br />

mit einer überzogenen Eigenverantwortungsrhetorik<br />

auch noch die Verantwortung derer<br />

aufzubürden, die wirklich Einfluss haben, oder<br />

nur die Normen bürgerlicher Sittlichkeit ges<strong>und</strong>heitspädagogisch<br />

verpackt durchzusetzen.<br />

Und natürlich geht es auch darum, immer<br />

wieder einmal zu schauen, ob das, was man<br />

gutgemeint hat, auch wirklich gut ist, also<br />

„Evaluation“ <strong>und</strong> „öffentliche Berichterstattung“.<br />

Fragen an das Podium<br />

Das wären auch die Eckpunkte <strong>für</strong> ein <strong>Prävention</strong>sgesetz.<br />

Jetzt zu fragen, wie viel sich davon<br />

im aktuellen Referentenentwurf des Gesetzes<br />

zur Stärkung der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Prävention</strong> widerspiegelt, jenseits symbolischer<br />

Miniaturen, wäre eine billige rhetorische<br />

Frage. Die Antwort kennen wir alle, spätestens<br />

nach diesem Kongress. Aber vielleicht kann die<br />

Politik auf dem Podium zum „Warum“ noch<br />

einmal Stellung nehmen. Warum blühen so<br />

viele gute Projekte <strong>und</strong> Initiativen überall im<br />

Land, wie wir hier auf dem Kongress sehen<br />

können, aber der große präventionspolitische<br />

Durchbruch gelingt nicht? Welche Hilfe kann<br />

Ihnen die Wissenschaft vielleicht noch geben?<br />

Und: Welche Rücksichten mussten beim vorliegenden<br />

Gesetzentwurf genommen werden,<br />

welche politischen Gr<strong>und</strong>linien haben denn<br />

diesmal den gesetzestechnischen Brückenbau<br />

zwischen Wissen <strong>und</strong> Handeln verhindert? Das<br />

würde man doch gerne verstehen. Und was<br />

wollen Sie tun, damit am Ende diese Politik des<br />

Machbaren nicht zur „Politik gegen besseres<br />

Wissen“ wird oder, um Johann Peter Frank<br />

noch einmal zu bemühen, zur wahren Mutter<br />

aller Krankheiten?<br />

Dr. Joseph Kuhn, Mitglied des Herausgeberkreises<br />

der Zeitschrift „<strong>Prävention</strong>“<br />

Brücken bauen zwischen B<strong>und</strong>espolitik <strong>und</strong><br />

Public Health-Expertise<br />

Abschlussdiskussion zum 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Der große Hörsaal in der Technischen Universität<br />

ist gut gefüllt. Immer mehr Menschen strömen<br />

in den Saal. Über 600 Interessierte sind<br />

zum Abschluss des 18. Kongress Armut <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit zusammengekommen, um mit Ges<strong>und</strong>heitspolitiker/innen<br />

aller B<strong>und</strong>estagsfraktionen<br />

über <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

zu diskutieren. Das Thema hat zu<br />

dem Zeitpunkt die höchste Ebene erreicht, nur<br />

wenige Tage nach dem Kongress soll der Entwurf<br />

eines Gesetzes zur Stärkung der <strong>Prävention</strong><br />

ins Kabinett eingebracht werden.<br />

Zu Beginn nutzen die Publikumsanwälte als<br />

Vertreter/innen der Public Health die Gelegenheit,<br />

den B<strong>und</strong>espolitiker/innen ihre Gedanken<br />

zum Gesetzentwurf mitzugeben. Joseph<br />

Kuhn, Mitherausgeber der „<strong>Prävention</strong>“, stellt<br />

die drängende Frage in den Raum: „Warum<br />

blühen so viele gute Projekte <strong>und</strong> Initiativen<br />

überall im Land, wie wir hier auf dem Kongress<br />

sehen können, aber der große präventionspolitische<br />

Durchbruch gelingt nicht?“ (vgl. auch


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Ges<strong>und</strong>e B<strong>und</strong>espolitik<br />

Martina Bunge (Die Linke) verschärft die Kritik<br />

am vorliegenden Gesetzentwurf, den sie als<br />

„ein Anti-<strong>Prävention</strong>sgesetz“ ansieht, <strong>und</strong><br />

hofft, das Gesetz möge spätestens im B<strong>und</strong>esrat<br />

aufgehalten werden. <strong>Prävention</strong> müsse im<br />

Zusammenhang mit der Kinder- <strong>und</strong> Jugendwie<br />

auch der Bildungspolitik stehen <strong>und</strong> dürfe<br />

nicht isoliert angegangen werden. Daher seien<br />

auch weniger die Ärzt/innen die zentralen Akteure<br />

der <strong>Prävention</strong>, sondern es müssten gezielt<br />

die Individuen dort gefördert werden, wo<br />

Defizite bestehen. Da<strong>für</strong> bedürfe es nicht neuer<br />

Modellprojekte, sondern einer stabilen <strong>und</strong><br />

verlässlichen Finanzierung der Strukturen vor<br />

Ort, in den Kommunen <strong>und</strong> weiteren Lebenswelten.<br />

Nicht auszuschließen, dass es diesem<br />

Entwurf wie seinen Vorgängern ergeht<br />

In der Diskussion wirken die Politiker/innen<br />

mitunter, als seien sie bereits mitten im Wahlkampf.<br />

Insbesondere die Frage der Eigenverantwortung<br />

provoziert Wortgefechte auf dem<br />

Podium, aber auch Zwischenrufe seitens des<br />

Publikums. Zudem ist die Höhe der Finanzierung<br />

wie auch die Frage, wer neben den Krankenkassen<br />

finanziell in die Pflicht genommen<br />

werden sollte, weiter strittig. Diskussionsbedarf<br />

besteht auch in der Umsetzung: Soll die<br />

<strong>Prävention</strong> zentral, v.a. über die BZgA, gelenkt<br />

werden oder eher dezentral, von vielen verschiedenen<br />

Akteuren lokal <strong>und</strong> regional, umgesetzt<br />

werden?<br />

S. 6) Auch Stephan Koesling, Geschäftsführer<br />

der Sächsischen Landesvereinigung <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>,<br />

macht deutlich: „[D]ie<br />

Strukturen sind vorhanden. Was fehlt, ist mehr<br />

Verbindlichkeit in der Politik, uns auf diesem<br />

Weg weiter zu begleiten. Und diese Brücke der<br />

Verbindlichkeit wollen wir hiermit weiter ausbauen.“<br />

Maria Ohlig vom Quartiersmanagement<br />

Trier-Nord als Vertreterin der Praxis<br />

möchte ebenso ihre Bedarfe der B<strong>und</strong>espolitik<br />

mit auf den Weg geben. Sie nennt die notwendigen<br />

Erfolgsfaktoren: „Da ist zum einen zu<br />

nennen Zeit, dann der Faktor Geld, dann kommen<br />

drei K: Kooperationspartner, <strong>und</strong> zwar auf<br />

allen Ebenen, eine Koordinierung vor Ort <strong>und</strong><br />

ein Konzept, ein integriertes Konzept.“<br />

Einstimmig <strong>für</strong> die beabsichtigte Stärkung<br />

<strong>und</strong> Mittelerhöhung<br />

Nun sind die Vertreter/innen der B<strong>und</strong>estagsfraktionen<br />

gefragt, Stellung zu nehmen zu den<br />

Herausforderungen in <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>.<br />

Die Moderator/innen – Theda<br />

Borde, Rektorin der Alice Salomon Hochschule<br />

Berlin <strong>und</strong> Hans-Bernhard Henkel-Hoving,<br />

Chefredakteur der Zeitschrift „Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Gesellschaft“ – führen gemeinsam durch die<br />

Diskussion, bei der es doch sehr lebhaft zugeht.<br />

Alle ges<strong>und</strong>heitspolitischen Vertreter/innen<br />

begrüßen erfreulicherweise die beabsichtigte<br />

Stärkung <strong>und</strong> Mittelerhöhung <strong>für</strong> die <strong>Prävention</strong>,<br />

sehen aber jeweils unterschiedlichen<br />

Verbesserungs- bzw. Anpassungsbedarf.<br />

Die Vertreterin der Regierungsfraktion Stefanie<br />

Vogelsang (CDU/CSU) betrachtet den Gesetzentwurf<br />

erwartungsgemäß als „großen<br />

Schritt“. Insbesondere weist sie darauf hin,<br />

dass ein Euro pro Versichertem <strong>für</strong> die <strong>Prävention</strong><br />

in Lebenswelten aufgewandt werden solle.<br />

Dabei nennt sie als mögliche Lebenswelten<br />

u.a. „Orte der Bildung, des Arbeitens, des Älterwerdens<br />

<strong>und</strong> der Freizeitgestaltung“. Ein<br />

großer Teil dieser Gelder solle an die BZgA gehen<br />

zum Zweck der Vernetzung der einzelnen<br />

Bereiche. Vogelsangs Regierungskollege aus<br />

der FDP-Fraktion, Lars Lindemann, plädiert vehement<br />

da<strong>für</strong>, „dass wir Eigenverantwortung<br />

wieder ein Stück weit mehr erlernen in dieser<br />

Gesellschaft“. Er spricht sich zwar <strong>für</strong> verbindliche<br />

Ges<strong>und</strong>heitsziele aus, aber gegen eine<br />

„Assistenz von der Wiege bis zur Bahre“.<br />

Umstritten: Finanzierung <strong>und</strong> Vernetzung<br />

Deutliche Worte der Kritik findet die Opposition.<br />

Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die<br />

Grünen) be<strong>für</strong>chtet bei einer zu starken Konzentration<br />

auf die Eigenverantwortung „ein<br />

Auseinanderdriften zwischen denjenigen, die<br />

sich im Höchstmaße optimieren können <strong>und</strong><br />

denen, die das nicht können“ <strong>und</strong> weist auf<br />

den bestehenden „stringenten Zusammenhang<br />

zwischen sozialer Benachteiligung <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitschancen“ hin. Die Vertreterin der<br />

Bündnis 90/Die Grünen-B<strong>und</strong>estagsfraktion<br />

fordert ein Umdenken: weg von der Konzentration<br />

auf Krankheit, <strong>für</strong> die immer noch weit<br />

mehr ausgegeben werde, hin zu einer Stärkung<br />

der <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>.<br />

Dies könne nur als gemeinsame Aufgabe <strong>und</strong><br />

über ein Ansetzen in den Lebenswelten gelingen.<br />

Mechthild Rawert als Vertreterin der SPD-Fraktion<br />

erkennt eine Schwachstelle des Gesetzentwurfes<br />

darin, dass finanziell lediglich die<br />

Krankenkassen <strong>für</strong> die <strong>Prävention</strong> in die Verantwortung<br />

genommen würden. <strong>Prävention</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> seien jedoch gesamtgesellschaftliche<br />

Herausforderungen, die<br />

– gerade angesichts der Ergebnisse des Armuts-<br />

<strong>und</strong> Reichtumsberichtes – auch von<br />

Land, B<strong>und</strong> <strong>und</strong> den Sozialversicherungsträgern<br />

zu bewältigen seien. Ein <strong>Prävention</strong>sgesetz<br />

solle nicht nur Einzelstrategien umfassen,<br />

sondern „dezidiert dazu beitragen, dass Menschen<br />

empowert werden, also ihre sozialen Lebenswelten<br />

gestalten können, so dass sie<br />

langfristig <strong>und</strong> soweit wie möglich ges<strong>und</strong><br />

sind“.<br />

Ob der Gesetzentwurf, der Mitte März vom Kabinett<br />

verabschiedet wurde, in dieser Legislaturperiode<br />

noch den B<strong>und</strong>estag passiert <strong>und</strong><br />

auch vom B<strong>und</strong>esrat gebilligt wird, ist fraglich.<br />

Nicht auszuschließen ist, dass es diesem Entwurf<br />

wie seinen Vorgängern gehen wird, die<br />

nach intensiver Diskussion doch nicht das Parlament<br />

passiert haben.<br />

Wie auch immer die politische Entscheidungsfindung<br />

zum <strong>Prävention</strong>sgesetz ausgehen<br />

wird, wichtig war jedenfalls die Begegnung der<br />

B<strong>und</strong>espolitiker/innen mit der versammelten<br />

Public Health-Expertise auf dem Kongress. Die<br />

Public Health-Akteure sollten daher auch weiterhin<br />

fortfahren, sich auf den verschiedenen<br />

politischen Ebenen <strong>für</strong> eine nachhaltige Etablierung<br />

der Strukturen von <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

einzusetzen. Der Kongress<br />

Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit wird seinen Beitrag dazu<br />

auch im kommenden Jahr leisten.<br />

Marianne P<strong>und</strong>t, Claudia Reichenbach,<br />

Stefan Weigand<br />

7


Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

Themenschwerpunkt Frühe Hilfen / Satellitenveranstaltung<br />

„Ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen <strong>für</strong> alle<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen ermöglichen“ / Resilienzförderung<br />

in Kita <strong>und</strong> Schule / Wer wem<br />

die Brücke baut<br />

Ges<strong>und</strong> aufwachsen von Anfang an<br />

Der Themenschwerpunkt Frühe Hilfen auf dem 18. Kongress Armut<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Eröffnungsdiskussion<br />

Die oben genannten Punkte waren Gegenstand<br />

der Eröffnungsdiskussion. In der Diskussion<br />

betrachteten die Teilnehmenden die aktuellen<br />

Entwicklungen jeweils aus ihrer Perspektive,<br />

die alle Ebenen des föderalen Systems berücksichtigten.<br />

Frau MdB Maria Klein-Schmeink<br />

(Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) stellte die<br />

aktuelle Entwicklung in den b<strong>und</strong>espolitischen<br />

Zusammenhang. Frau Paul, Leiterin des NZFH,<br />

beschrieb die Chancen der B<strong>und</strong>esinitiative<br />

Frühe Hilfen <strong>für</strong> die Familien vor Ort aus Sicht<br />

der B<strong>und</strong>eskoordinierungsstelle. Den landesspezifischen<br />

Blick, gekennzeichnet durch das<br />

Landesprojekt „Kein Kind zurücklassen“, schilderte<br />

Frau Dr. Hildegard Kaluza vom Ministerium<br />

<strong>für</strong> Familie, Kinder, Jugend, Kultur <strong>und</strong><br />

Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. In diesem<br />

Beitrag eröffnete Frau Dr. Kaluza auch die<br />

Perspektive der Anschlussfähigkeit von Projekten<br />

über das Alter von drei Jahren hinaus. Frau<br />

Dagmar Pohle, Bezirksbürgermeisterin des Bezirks<br />

Berlin Marzahn-Hellersdorf, berichtete<br />

von den bisher gemachten Erfahrungen auf<br />

kommunaler Ebene. Sie benannte die Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Grenzen der B<strong>und</strong>esinitiative Frühe<br />

Hilfen auf kommunaler Ebene.<br />

8<br />

Verschiedene Themengebiete<br />

Die Teilnehmenden des Themenblocks „Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong>… Frühe Hilfen“ diskutierten die<br />

aufgeworfenen Fragen <strong>und</strong> Problemstellungen<br />

in sechs Workshops <strong>und</strong> Fachforen im weiteren<br />

Verlauf des Kongresses. Einen Eindruck der<br />

lebhaften <strong>und</strong> umfänglichen Diskussion gibt<br />

die nachfolgende Darstellung einzelner Veranstaltungen<br />

zum Thema Frühe Hilfen.<br />

„Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong>… Frühe Hilfen“ war der Titel<br />

eines umfassenden Themenblocks im Rahmen<br />

des 18. Kongresses Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit von<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg. Die Teilnehmenden<br />

der Veranstaltung haben insbesondere<br />

die Menschen <strong>und</strong> Familien im Blick, denen<br />

eine Teilhabe an der Gesellschaft durch Armut<br />

erschwert ist. In diesem Zusammenhang ergibt<br />

sich eine bedeutende Schnittmenge zu den Familien,<br />

Eltern <strong>und</strong> Kindern, deren Entwicklungsmöglichkeiten<br />

durch die Frühen Hilfen<br />

frühzeitig <strong>und</strong> nachhaltig verbessert werden<br />

sollen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat das Nationale<br />

Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) sich <strong>für</strong> diesen<br />

Themenblock besonders engagiert.<br />

Durch die B<strong>und</strong>esinitiative Frühe Hilfen gewinnt<br />

der flächendeckende Ausbau von entsprechenden<br />

Strukturen vor Ort an Bedeutung.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind die Frühen Hilfen eines<br />

der zentralen Themen auf kommunaler Ebene<br />

bei den Fachleuten aus dem Ges<strong>und</strong>heitsbereich<br />

<strong>und</strong> der Jugendhilfe. Die Frühen Hilfen<br />

sollen durch die Etablierung von Netzwerken,<br />

den Einsatz von Familienhebammen <strong>und</strong> den<br />

möglichen Einbezug von ehrenamtlichen<br />

Strukturen ergänzt <strong>und</strong> befördert werden.<br />

In zwei Workshops besprachen die Anwesenden<br />

das gr<strong>und</strong>sätzliche Ziel der Frühen Hilfen<br />

die Bereiche Ges<strong>und</strong>heitswesen <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

zu verzahnen. Die Vortragenden bezogen<br />

die aktuellen Projekte, insbesondere das Projekt<br />

„Interdisziplinäre Qualitätszirkel – Mögliche<br />

Strukturen eine Zusammenarbeit zwischen<br />

niedergelassener Ärzteschaft <strong>und</strong> Jugendhilfe“<br />

sowie weitere Vorhaben aus dem Nationalen<br />

Zentrum Frühe Hilfen in die Referate <strong>und</strong> Vorträge<br />

mit ein. Dadurch entstand eine praxisnahe<br />

<strong>und</strong> lebhafte Auseinandersetzung.<br />

Die interdisziplinären Kernkompetenzen in den<br />

Frühen Hilfen sind ein zentraler Bestandteil<br />

des Kompetenzprofils <strong>für</strong> Familienhebammen.<br />

In einem weiteren Workshop diskutierten die<br />

Teilnehmenden die Auswirkungen des Kompetenzprofils<br />

auf die konkrete Arbeit in den Familien.<br />

Neben den Veränderungen in der Arbeit<br />

vor Ort beleuchtete das Projekt SKIPPY die<br />

Veränderung auf fachlicher Ebene <strong>für</strong> die Soziale<br />

Arbeit <strong>und</strong> den Hebammenberuf.<br />

Die Frage nach der Wirksamkeit des Ansatzes<br />

von Frühen Hilfen bildete einen weiteren<br />

Schwerpunkt der Workshops. In diesem Kon-


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

text stellen sich Fragen, wie die Wirkung nachgewiesen<br />

werden kann <strong>und</strong> welche Instrumente<br />

geeignet erscheinen, diese Wirkung abzubilden.<br />

Um die Umsetzung der B<strong>und</strong>esinitiative Frühe<br />

Hilfen auf den unterschiedlichen föderalen<br />

Ebenen ging es im Workshop “B<strong>und</strong>esinitiative<br />

Frühe Hilfen – Probezeit <strong>für</strong> den regelhaften<br />

Ausbau“. Das NZFH stellte die Aufgaben der<br />

B<strong>und</strong>eskoordinierungsstelle vor. Das Land<br />

Sachsen-Anhalt präsentierte sein Konzept <strong>und</strong><br />

erste Schritte zur dortigen Umsetzung der B<strong>und</strong>esinitiative<br />

Frühe Hilfen. Schließlich fokussierte<br />

die Vorstellung der Frühen Hilfen im<br />

Werra-Meißner-Kreis auf die kommunale Umsetzungsebene.<br />

Abschlussdiskussion<br />

Unter dem Motto „Brücken bauen – mit der<br />

B<strong>und</strong>esinitiative Frühe Hilfen vom Wissen in<br />

die Praxis“ fand am letzten Tag die Abschlussdiskussion<br />

statt.<br />

Die Besetzung des Podiums berücksichtigte<br />

ebenfalls die Zusammenhänge im föderalen<br />

System. Dieser Blickwinkel wurde ergänzt um<br />

eine internationale Sichtweise durch den Vertreter<br />

des Ludwig Boltzmann Instituts <strong>für</strong><br />

„Health Technology Assessment“ in Wien sowie<br />

um eine wissenschaftliche Perspektive<br />

durch einen Vertreter der Alice Salomon Hochschule<br />

Berlin.<br />

Zentrale Themen der Diskussion waren das<br />

Verständnis von Frühen Hilfen <strong>und</strong> welche Zielsetzung<br />

diese in den verschiedenen Zusammenhängen<br />

haben. Auch das Gesamtmotto<br />

des Kongresses „Brücken bauen“ wurde in<br />

dieser R<strong>und</strong>e aufgegriffen. Denn die Brücke<br />

von den professionellen Netzwerken <strong>und</strong> Akteur/innen<br />

zu den Familien, Eltern <strong>und</strong> Kindern<br />

gilt es zu bauen <strong>und</strong> zu gestalten. Die zentrale<br />

Fragestellung in diesem Prozess ist, wie die<br />

Familien in den jeweiligen Hilfeprozess einbezogen<br />

werden. Die Haltung der Fachkräfte wird<br />

hier ein Schlüsselfaktor zu gelingenden Hilfeverläufen<br />

sein. Um den Eltern auf Augenhöhe<br />

begegnen zu können, sind Partizipation <strong>und</strong><br />

Förderung wesentliche Charakteristika dieser<br />

Haltung.<br />

Aus Sicht des Nationalen Zentrum Frühe Hilfen<br />

hat der Kongress einen Beitrag geleistet, die<br />

aktuelle Fachdiskussion – vor allem in der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

<strong>und</strong> der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

– zu befördern. Die Anregungen aus<br />

der Fachpraxis liefern wichtige Anhaltspunkte<br />

<strong>und</strong> Impulse <strong>für</strong> die Weiterentwicklung <strong>und</strong><br />

sind bereichernd <strong>für</strong> die Umsetzung der eigenen<br />

Vorhaben.<br />

Jörg Backes <strong>und</strong> Till Hoffmann,<br />

Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)<br />

in der B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Aufklärung (BZgA)<br />

Dokumentation Frühe Hilfen online<br />

Die Dokumentation des Themenschwerpunktes Frühe Hilfen im Rahmen des 18. Kongress<br />

Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit können Sie einsehen unter www.fruehehilfen.de/fruehe-hilfen/<br />

aktuelles/18-kongress-armut-<strong>und</strong>-ges<strong>und</strong>heit.<br />

„Auch eine kleine Stadt wie Bad Liebenwerda kann die<br />

Ges<strong>und</strong>heit ihrer Kinder in besonderer Weise fördern“<br />

9<br />

Interview mit Bärbel Ziehlke <strong>und</strong> Maria Diener zum Satelliten des 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Die Satellitenveranstaltung zum 18. Kongress<br />

Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit diente dazu, den Austausch<br />

zwischen kommunalen Vertretern/innen<br />

<strong>und</strong> weiteren Akteuren zur Umsetzung von integrierten<br />

kommunalen Strategien zu vertiefen. In<br />

Vorträgen <strong>und</strong> Diskussionen wurden erfolgreiche<br />

Strategien <strong>und</strong> Maßnahmen, insbesondere<br />

im Rahmen des kommunalen Partnerprozesses<br />

„Ges<strong>und</strong> aufwachsen <strong>für</strong> alle!“, aufgezeigt. Eine<br />

breite Palette an themenspezifischen Workshops<br />

– von der Beteiligung über Möglichkeiten<br />

der Finanzakquise, Bedarfsanalyse <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung<br />

bis hin zur Organisationsentwicklung<br />

in kommunalen Netzwerken –<br />

bot den etwa 200 Teilnehmenden die Möglichkeit,<br />

sich auszutauschen <strong>und</strong> ins Gespräch zu<br />

kommen.<br />

Die Kurstadt Bad Liebenwerda im Landkreis Elbe-Elster<br />

in Süd-Brandenburg nimmt seit Ende<br />

2012 am kommunalen Partnerprozess teil. Maria<br />

Diener ist im Bürgerservice der Stadtverwaltung<br />

<strong>für</strong> die Aktivitäten Bad Liebenwerdas als<br />

Teil des Ges<strong>und</strong>e Städte-Netzwerks verantwortlich.<br />

Bärbel Ziehlke ist die Amtsleiterin des Bürgerbüros.<br />

Die Fragen stellte Stefan Bräunling.<br />

Info_Dienst: Welches waren die gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Überlegungen Ihrer Stadtverwaltung, sich<br />

am Partnerprozess zu beteiligen <strong>und</strong> auch den<br />

persönlichen Fachaustausch auf der Veranstaltung<br />

in Berlin zu suchen?<br />

Bärbel Ziehlke: Die Stadt Liebenwerda ist durch<br />

das Ges<strong>und</strong>e Städte-Netzwerk, in dem wir Mitglied<br />

sind, auf den Partnerprozess „Ges<strong>und</strong> aufwachsen<br />

<strong>für</strong> alle!“ aufmerksam geworden.<br />

Maria Diener: Wir sehen<br />

darin die Chance, unsere<br />

Kontakte zu wichtigen<br />

Partner/innen auszubauen<br />

<strong>und</strong> durch den<br />

Austausch mit anderen<br />

Kommunen Anregungen<br />

<strong>und</strong> ggf. auch Hilfestellungen<br />

<strong>für</strong> unsere weitere<br />

Arbeit zu bekommen.<br />

An der Satellitenveranstaltung<br />

in Berlin haben<br />

wir aufgr<strong>und</strong> der zahlreichen,<br />

äußerst interessanten<br />

<strong>und</strong> vielseitigen<br />

Workshops teilgenommen. Wir wollten uns einen<br />

Einblick in die Tätigkeiten <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

anderer Kommunen/Partner verschaffen sowie<br />

Anregungen <strong>für</strong> unsere eigene Arbeit sammeln.<br />

Info_Dienst: Was waren <strong>für</strong> Sie die Highlights<br />

der Veranstaltung, was haben Sie Neues erfahren?<br />

Maria Diener: Für mich war es interessant zu<br />

erfahren, wie die Stadt München mit ihrem „Pro-


Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches. Wir<br />

würden uns wünschen, dass auch kleinere Städte<br />

<strong>und</strong> Gemeinden in den Projekten mitarbeiten,<br />

deren Problemlagen besser mit unseren zu vergleichen<br />

sind.<br />

Einen unserer Schwerpunkte sehen wir darin,<br />

die Übergänge zwischen den einzelnen Altersgruppen<br />

zu gestalten. Darin sehen wir noch<br />

große Reserven <strong>für</strong> die Zukunft.<br />

10<br />

gramm gegen Alkoholkonsum bei Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen“ vorgeht <strong>und</strong> was sie unternimmt,<br />

um dieser Altersgruppe den vernünftigen Umgang<br />

mit diesem Genussmittel näherzubringen.<br />

Darüber hinaus konnte ich im Rahmen eines<br />

Workshops fachlich f<strong>und</strong>ierte Informationen zur<br />

Finanzierung von Projekten mit Stiftungsmitteln<br />

sammeln.<br />

Bärbel Ziehlke: Im Workshop 1 referierte Prof.<br />

Dr. Michael T. Wright vom Institut <strong>für</strong> Soziale<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Katholische Hochschule <strong>für</strong> Sozialwesen<br />

Berlin, zum Thema Partizipation. Dieser<br />

Workshop <strong>und</strong> die darin stattfindenden Diskussionen<br />

boten eine Vielzahl von Anregungen bezüglich<br />

unserer täglichen Arbeit.<br />

Info_Dienst: Ist die kreisangehörige Stadt –<br />

10.000 Einwohner/innen, kein eigenes Ges<strong>und</strong>heits-<br />

oder Jugendamt – eigentlich eine geeignete<br />

„Lebenswelt“, um die Ges<strong>und</strong>heit ihrer Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen zu fördern? Welches sind<br />

hier die hilfreichen Bedingungen?<br />

Bärbel Ziehlke: Möglicherweise, gerade weil<br />

das so ist: Wir können in unseren kleinen Strukturen<br />

ganz individuelle Ansätze in unseren kommunalen<br />

Bereichen finden <strong>und</strong> nutzen. Darüber<br />

hinaus ist eine enge Zusammenarbeit mit privaten<br />

Bereichen möglich. Die Kommunikationswege<br />

sind kürzer, der Austausch teilweise einfacher<br />

<strong>und</strong> persönlicher. Dennoch suchen wir natürlich<br />

auch gerade in dieser Hinsicht noch neue<br />

Maria Diener: Ich stimme Frau Ziehlke zu. Uns<br />

erwachsen auch Vorteile daraus, eine kleine<br />

Stadt zu sein. Bad Liebenwerda bietet Familien<br />

optimale Bedingungen, um in einer ruhigen <strong>und</strong><br />

naturbelassenen Umgebung aufzuwachsen.<br />

In zahlreichen Projekten bringen die Pädagogen/innen<br />

in den insgesamt neun Kindertagesstätten,<br />

dem Gr<strong>und</strong>schulzentrum Robert Reis<br />

sowie dem städtischen Hort Kindern ges<strong>und</strong>e<br />

Ernährung, Bewegung <strong>und</strong> Entspannung spielerisch<br />

näher. Beispielhaft möchte ich hier auf<br />

„Tiger-Kids“, den Trimm-Dich-Pfad, den ersten<br />

Zahlengarten Brandenburgs <strong>und</strong> das „Pfiffikus“-Projekt<br />

hinweisen. Für die Jugendlichen<br />

sind v. a. das Kinder- <strong>und</strong> Jugendfreizeitzentrum<br />

„Regenbogen“ sowie das integrierte Jugendinformations-<br />

<strong>und</strong> Medienzentrum (JIM) zentrale<br />

Anlaufstellen. Hier werden ihnen u. a. vielfältige<br />

Freizeitangebote, Beratungen <strong>und</strong> Medienschulungen<br />

angeboten. All diese Beispiele machen<br />

deutlich, dass auch eine kleine Stadt wie Bad<br />

Liebenwerda durchaus in der Lage ist, die Ges<strong>und</strong>heit<br />

von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen in besonderem<br />

Maße zu fördern.<br />

Info_Dienst: Vielen Dank <strong>für</strong> das Gespräch!<br />

Allerdings sind sie eher punktueller Art, da unsere<br />

Größenordnungen nicht vergleichbar sind<br />

<strong>und</strong> sich die Strategien deshalb nicht eins zu<br />

eins übertragen lassen.<br />

Dokumentation der Satellitenveran staltung zum 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit online<br />

Unter www.ges<strong>und</strong>heitliche-chancengleichheit.de/satellit-armut-ges<strong>und</strong>heit/programm finden<br />

Sie die Dokumentation der Satellitenveranstaltung „Ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen <strong>für</strong> alle Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen ermöglichen – Strategien kommunaler <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>“.<br />

Bildungsinstitutionen zu resilienzförderlichen<br />

Lebensorten <strong>für</strong> Kinder entwickeln<br />

Bericht zum Fachforum „Förderung der Resilienz <strong>und</strong> psychischen<br />

Ges<strong>und</strong>heit“ im Schwerpunkt „<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> im Setting Kita“<br />

In dem, souverän von Maria Gies, Hamburgische<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

e.V. moderierten, Fachforum „Förderung<br />

der Resilienz <strong>und</strong> psychischen Ges<strong>und</strong>heit“,<br />

wurden zwei Beiträge präsentiert.<br />

Förderung der seelischen Ges<strong>und</strong>heit in<br />

Kitas <strong>und</strong> Schulen<br />

Jutta Becker, Maike Rönnau-Böse <strong>und</strong> Klaus<br />

Fröhlich-Gildhoff vom Zentrum <strong>für</strong> Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendforschung an der EH Freiburg (ZfKJ) stellten<br />

„Kriterien <strong>und</strong> Erfolgsfaktoren der Implementierung<br />

eines Konzepts zur Förderung der<br />

seelischen Ges<strong>und</strong>heit in Kindertageseinrichtungen<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen in Quartieren mit besonderen<br />

Problemlagen“ vor. Ausgangspunkt<br />

<strong>für</strong> die seit 2005 am ZfKJ durchgeführten Praxisforschungsprojekte<br />

zur Resilienzförderung waren<br />

einerseits Erkenntnisse der <strong>Prävention</strong>sforschung:<br />

Projekte sind dann am erfolgreichsten<br />

<strong>und</strong> nachhaltigsten, wenn sie im Settingansatz<br />

realisiert werden, auf mehreren Ebenen ansetzen<br />

<strong>und</strong> nicht die Qualifizierung einzelner Fachkräfte<br />

oder die Etablierung einzelner Programme<br />

beinhalten, sondern die Entwicklung gesamter<br />

Organisationen (Beelmann, 2006; Röhrle,<br />

2008; Bengel et al., 2009). Zum anderen dienen<br />

die empirischen Erkenntnisse der Resilienz- <strong>und</strong><br />

Schutzfaktorenforschung als theoretische<br />

Gr<strong>und</strong>lage: Demzufolge hat die Beziehung zwischen<br />

pädagogischen Fachkräften <strong>und</strong> Kindern<br />

einen wichtigen Einfluss auf die seelische Ges<strong>und</strong>heit<br />

der Kinder, <strong>und</strong> es geht darum, auf<br />

personaler Ebene Schutzfaktoren (vor allem:<br />

adäquate Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung,<br />

Selbststeuerungsfähigkeiten, positive Selbstwirksamkeitserwartungen,<br />

soziale Kompetenzen,<br />

Problemlösefähigkeiten <strong>und</strong> allgemeine<br />

adaptive Bewältigungsfähigkeiten) systematisch<br />

zu fördern – hier besteht eine große Affinität<br />

zum Konzept der Lebenskompetenzen der<br />

WHO (1994).


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

In einem Mehrebenenmodell werden zunächst<br />

die pädagogischen Fachkräfte (Erzieher/innen<br />

<strong>und</strong> Lehrer/innen) qualifiziert. Diese setzen die<br />

einzelnen Programmbausteine um, wodurch<br />

Nachhaltigkeit auch nach Auslaufen der „heißen<br />

Projektphase“ gesichert ist. Alle Kinder der<br />

Einrichtung nehmen an Kursprogrammen zur<br />

Förderung der Resilienz teil, Eltern werden zusätzlich<br />

Beratung <strong>und</strong> Elternkurse angeboten.<br />

Positive Effekte zeigen sich auf der Ebene des<br />

Selbstwertes <strong>und</strong> der kognitiven Entwicklung<br />

der Kinder, die Eltern fühlen sich in ihrer Erzieherrolle<br />

sicherer <strong>und</strong> die Arbeitszufriedenheit<br />

der Fachkräfte steigt, wie die Evaluationen im<br />

Kontrollgruppendesign zeigten (Rönnau-Böse,<br />

2013; Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2012;<br />

Fröhlich-Gildhoff et al., 2011). Dieses Konzept ist<br />

auch in Quartieren mit besonderen Problemlagen<br />

<strong>und</strong> bei sogenannten „schlecht erreichbaren“<br />

Familien gut realisierbar, wenn sich die Bildungsinstitutionen<br />

zu resilienzförderlichen Lebensorten<br />

<strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Eltern weiterentwickeln.<br />

al., 2007). Die Evaluation zeigte positive Ergebnisse;<br />

so nahmen die Verhaltensauffälligkeiten<br />

ab <strong>und</strong> das prosoziale Verhalten der Kinder zu.<br />

Heidrun Mayer beschrieb den Prozess von der<br />

Programmentwicklung zur Dissemination <strong>und</strong><br />

der weiteren Verbreitung über die Multiplikator/innenschulungen.<br />

Die Qualitätssicherung<br />

erfolgt über Zertifizierung <strong>und</strong> Intervisionsgruppen.<br />

Anschließende Diskussion<br />

In der lebhaften Diskussion wurden vor allen<br />

Dingen Fragen zur praktischen Umsetzung gestellt.<br />

Dies betraf insbesondere den Bereich der<br />

Schulen, in denen das „Fächerlernen“ oft im<br />

Widerspruch zur (gezielten) Förderung sozialemotionaler<br />

Kompetenzen steht. Dabei zeigte<br />

sich, dass es neben dem Durchführen von gezielten<br />

Unterstützungsprogrammen besonders<br />

wichtig ist, die Thematik der Ressourcenstär-<br />

kung von Kindern <strong>und</strong> die Beachtung der emotionalen<br />

<strong>und</strong> sozialen Entwicklung insbesondere<br />

im pädagogischen Alltag, in ‚klassischen Unterrichtssituationen‘<br />

zu verankern. Deutlich wurde,<br />

dass der alleinige Einsatz stark manualisierter<br />

Programme wenig wirksam ist; diese müssen an<br />

die jeweiligen Gruppen, deren soziale Situation,<br />

aber auch Sprachfähigkeiten angepasst werden.<br />

Ein weiterer Diskussionspunkt waren die<br />

Chancen aber auch Hürden bei der Verbreitung<br />

der Programme – hier erscheint es angesichts<br />

der positiven Evaluationsergebnisse <strong>und</strong> der<br />

guten Akzeptanz in der Praxis nötig, weitere<br />

Ressourcen zur Verfügung zu stellen.<br />

Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff,<br />

Zentrum <strong>für</strong> Kinder- <strong>und</strong> Jugendforschung an<br />

der EH Freiburg (ZfKJ)<br />

Literatur beim Verfasser<br />

Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen<br />

im Vorschulalter<br />

Heidrun Mayer stellte das Programm „Papilio“<br />

vor. Dieses Programm richtet sich an drei- bis<br />

sechsjährige Kinder mit dem Ziel der Verminderung<br />

von Verhaltensauffälligkeiten durch die<br />

Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen.<br />

Das Programm wird durchgeführt von besonders<br />

qualifizierten Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen<br />

<strong>und</strong> umfasst auf Ebene der<br />

Kinder drei wesentliche Bausteine (Geschichten<br />

zur Förderung der emotionalen Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung, „Spielzeug<br />

macht Ferien“-Tage <strong>und</strong> besondere Spiele<br />

zur Verbesserung sozialer Kompetenzen). Eltern<br />

werden über Infoabende einbezogen (Mayer et<br />

11<br />

„Wer wem die Brücke baut…“<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg gestaltet mehrere Workshops zur<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> bei Kindern<br />

Der diesjährige Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

lieferte mit seinem Motto „Brücken bauen<br />

zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis – Strategien<br />

der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>“ eine Steilvorlage <strong>für</strong><br />

die Präsentation <strong>und</strong> Diskussion vieler erfolgreicher<br />

Ansätze aus der täglichen Arbeit. Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin-Brandenburg beteiligte sich in mehreren<br />

Workshops <strong>und</strong> Fachforen <strong>und</strong> stellte Erfahrungen<br />

aus unterschiedlichen Projektbereichen<br />

vor.<br />

Workshop „Zugänge gestalten“<br />

Selbstverständlich zogen sich auch diesmal die<br />

Diskussionen darüber, wie wir Zugänge zu Menschen<br />

in belastenden Lebenslagen gestalten<br />

können <strong>und</strong> wie Partizipation gelingt, wie rote<br />

Fäden durch das gesamte Programm des Kongresses.<br />

Im Rahmen des Themenfelds Frühe<br />

Hilfen (vgl. hierzu auch S. 8) wurde im Workshop<br />

„Familien r<strong>und</strong> um die Geburt tatsächlich<br />

erreichen – Zugänge gestalten“ vor allem die<br />

Frage danach gestellt, welche Ressourcen <strong>und</strong><br />

Bedarfe Familien r<strong>und</strong> um die Geburt, insbesondere<br />

in schwieriger sozialer Lage haben. An dieser<br />

Stelle präsentierte Danielle Dobberstein von<br />

der Koordinierungsstelle Ges<strong>und</strong>heitliche Chancengleichheit<br />

Berlin die Ergebnisse der qualitativen<br />

Befragung von Eltern r<strong>und</strong> um die Geburt.<br />

2011 wurden im Rahmen der Projekte „Ges<strong>und</strong><br />

aufwachsen in Marzahn-Hellersdorf“ <strong>und</strong> „Vielfalt<br />

von Elternkompetenzen wahrnehmen“ in<br />

Berlin-Kreuzberg Eltern qualitativ befragt. Neben<br />

anderen Aspekten spielt <strong>für</strong> Eltern der<br />

Wunsch nach frühzeitigen <strong>und</strong> einheitlichen Informationen<br />

eine wichtige Rolle. Dabei sind vor<br />

allem solche Informationen wichtig, die Eltern in<br />

dieser Phase unterstützen, <strong>für</strong> sich <strong>und</strong> ihre<br />

werdende Familie stabile Lebensumstände zu<br />

schaffen. Stressig empfinden es Eltern auch,<br />

von einem Amt zum nächsten, von einer Ecke<br />

des Bezirks zur anderen geschickt zu werden.<br />

Lokale Anlaufstellen, „mal eine Stelle, die einem<br />

alles beantworten kann…“, wünschen sich Eltern.<br />

Diesem Bedarf entspricht der Angebotslotse<br />

Frühe Hilfen des Bezirks Berlin-Pankow, den<br />

Katharina Haverkamp von Stützrad e. V. zu Beginn<br />

des Workshops vorstellte. Hier haben Familien<br />

die Möglichkeit, telefonisch oder per


Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

12<br />

E-Mail individuell relevante Informationen<br />

zu erhalten bzw. an bedarfsgerechte<br />

Beratungs- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsangebote weitergeleitet<br />

zu werden. Das Angebot<br />

wurde durch das bezirkliche<br />

Netzwerk Frühe Hilfen entwickelt<br />

<strong>und</strong> wird über Mittel des Jugendamts<br />

finanziert – ein gutes Beispiel<br />

<strong>für</strong> ziel- <strong>und</strong> produktorientierte<br />

Netzwerke. Als weiteren<br />

guten Anknüpfungspunkt gab Elke<br />

Mattern von der Hochschule<br />

<strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit in Bochum einen<br />

Überblick zur Einbindung von<br />

Hebammen <strong>und</strong> Familienhebammen<br />

in kommunale <strong>und</strong> lokale<br />

Netzwerke. Diese Impulsbeiträge<br />

gaben den Startschuss <strong>für</strong> eine<br />

anschließende breite <strong>und</strong> angeregte<br />

Diskussion im Plenum.<br />

Workshop „Partizipative<br />

Qualitätsentwicklung<br />

in Kitas“<br />

Viele Workshops des Kongresses<br />

unterstrichen das Recht <strong>und</strong> auch<br />

die Pflicht von Fachkräften, ihre<br />

oftmals knappen Ressourcen zur<br />

bedarfsgerechten Gestaltung <strong>und</strong><br />

Weiterentwicklung der Qualität<br />

von Angeboten einzusetzen. Im Workshop „Partizipative<br />

Qualitätsentwicklung in Kitas“ wurden<br />

die Ges<strong>und</strong>heitszirkel, das World Café <strong>und</strong> die<br />

Kitatransfertage als effektive Methoden vorgestellt,<br />

wie Qualität gemeinsam entwickelt werden<br />

kann. Die Kitatransfertage, vorgestellt von<br />

Sabine Scheifhacken von Ges<strong>und</strong>heit Berlin-<br />

Brandenburg, werden sowohl in Brandenburg<br />

als auch im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf<br />

von Kitaleitungen <strong>und</strong> Kita erzieher/innen genutzt,<br />

um im Austausch auf gleicher Augenhöhe<br />

verschiedene Themen wie z. B. Zusammenarbeit<br />

mit Eltern, alltagsintegrierte Sprachentwicklung,<br />

Bewegungsförderung etc. zu diskutieren<br />

<strong>und</strong> gute Ansätze <strong>und</strong> Ideen untereinander auszutauschen.<br />

In der gemeinsamen Auseinandersetzung<br />

darüber kristallisieren sich handfeste<br />

Qualitätskriterien heraus, die Kitas in der Weiterentwicklung<br />

ihrer täglichen Arbeit mit Kindern<br />

<strong>und</strong> ihren Familien unterstützen.<br />

Im Rahmen des Kongresses stellten sich viele<br />

Projekte <strong>und</strong> Initiativen vor, die sich engagiert<br />

<strong>für</strong> die Bekämpfung ges<strong>und</strong>heitlicher Chancenungleichheit<br />

bei Kindern <strong>und</strong> Familien einsetzen.<br />

Sie machten deutlich, dass auch die Wissenschaft<br />

noch einiges von der Praxis lernen<br />

kann.<br />

Danielle Dobberstein, Maren Janella,<br />

Andrea Möllmann<br />

Gender- <strong>und</strong> diversitygerechte Gestaltung von<br />

Suchtprävention <strong>und</strong> Beratung<br />

Im Rahmen des 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit fand ein<br />

Workshop zur gender- <strong>und</strong> diversitygerechten Gestaltung von<br />

Suchtprävention <strong>und</strong> Beratung statt. In diesem Zusammenhang<br />

möchten wir Sie auf die Publikation „Suchtprävention<br />

<strong>und</strong> Beratung gender- <strong>und</strong> diversitygerecht gestalten – Empfehlungen<br />

zum Handeln“ hinweisen. Dieser sehr praxisorientierte<br />

Leitfaden zielt vor allem auf eine Sensibilisierung<br />

von Multiplikator/innen, Mitarbeiter/innen aus Suchtprävention<br />

<strong>und</strong> -beratung, Schulen, Jugendeinrichtungen, Sportvereinen,<br />

Jobcentern, Familienzentren ab <strong>und</strong> gibt konkrete<br />

Tipps <strong>für</strong> den beruflichen Alltag.<br />

Die Handlungsempfehlungen sind erhältlich über das Bestellportal<br />

der <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> Suchtprävention im Land Berlin oder<br />

im Buchhandel.<br />

Suchtprävention <strong>und</strong> Beratung gender- <strong>und</strong> diversitygerecht gestalten –<br />

Empfehlungen zum Handeln<br />

broschiert, DIN A4, 50 Seiten, erschienen im August 2012, Euro [D] 12,80 | Euro [A]<br />

12,80 | CHF 15,65; ISBN 978-3-924100-42-1


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Ges<strong>und</strong>heit durch politische Partizipation /<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Mobilität in Brandenburg /<br />

Pflegebedürftigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Teilhabe<br />

„Macht politische Partizipation ges<strong>und</strong>?“<br />

Impulsvortrag im Forum „Ges<strong>und</strong>heit durch politische Partizipation“<br />

Als ich Kolleginnen oder Bekannten davon berichtete,<br />

dass ich einen Vortrag mit diesem Titel<br />

halten will, fanden viele das nun doch naiv.<br />

Politische Aktivität solle ges<strong>und</strong> machen?! Politisches<br />

Engagement sei doch anstrengend,<br />

oft frustrierend, <strong>und</strong> deshalb ganz sicher belastend!<br />

Das können vermutlich alle bestätigen,<br />

die sich <strong>für</strong> oder gegen etwas einsetzen oder<br />

schon einmal eingesetzt haben. Wie komme<br />

ich also auf das Thema?<br />

Im Gr<strong>und</strong>e sind es drei Argumente, die ich zu<br />

bedenken geben möchte, <strong>und</strong> die meines Erachtens<br />

da<strong>für</strong> sprechen, dass politische Aktivität<br />

gut <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit ist. Denn Ges<strong>und</strong>heit<br />

hängt nicht zuletzt ab von:<br />

1. den sozialen Beziehungen, also dem sozialen<br />

Kapital, über das Menschen verfügen,<br />

2. von ihren Selbstwirksamkeitsüberzeugungen,<br />

d. h. davon, ob sie selbst daran glauben,<br />

Veränderungen bewirken zu können,<br />

<strong>und</strong> schließlich<br />

3. von den Verhältnissen, in denen die Menschen<br />

leben.<br />

Politisches Engagement bietet die Chance,<br />

soziales Kapital aufzubauen<br />

Wie hängen soziale Beziehungen <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

zusammen? Dazu hat es in den vergangenen<br />

Jahren einige wichtige Untersuchungen<br />

<strong>und</strong> Erkenntnisse gegeben. Schon 1946 hat die<br />

WHO festgestellt, dass Ges<strong>und</strong>heit mehr als<br />

die Abwesenheit von Krankheit ist. Ges<strong>und</strong>heit<br />

heißt nach dieser Definition körperliches, seelisches<br />

<strong>und</strong> soziales Wohlbefinden. Hinter dieser<br />

Definition, die heute Konsens in den Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften<br />

ist, steht die Erkenntnis,<br />

dass auch die Beziehungen, in denen<br />

wir Menschen leben, unser Wohlbefinden stark<br />

beeinflussen. Dabei geht es nicht nur um die<br />

Beziehungen in der Familie oder im Fre<strong>und</strong>eskreis.<br />

Ganz entscheidend sind auch die in der<br />

Schule oder am Arbeitsplatz. Je nachdem, wie<br />

wir unsere Sozialkontakte erleben, können sie<br />

unsere Ges<strong>und</strong>heit fördern oder gefährden.<br />

Das Netzwerk aus hilfreichen sozialen Beziehungen<br />

wird auch als soziales Kapital eines<br />

Menschen bezeichnet. Es ist genauso wenig<br />

umsonst zu haben wie Geld, denn ein soziales<br />

Netzwerk muss aufgebaut <strong>und</strong> gepflegt werden.<br />

Ohne Investitionen an Zeit, Kraft, Emotionen<br />

geht das nicht. Wie beim Geld, zeigt sich<br />

soziale Benachteiligung auch beim sozialen<br />

Kapital <strong>und</strong> ist deshalb ein wichtiger Faktor,<br />

um zu erklären, warum sozial benachteiligte<br />

Menschen auch ges<strong>und</strong>heitlich besonders gefährdet<br />

sind.<br />

Es ist unter den Bedingungen von Armut<br />

schwieriger, soziales Kapital aufzubauen <strong>und</strong><br />

zu pflegen: Beengte Wohnverhältnisse, harte<br />

Arbeitsbedingungen oder Erwerbslosigkeit, finanzielle<br />

Sorgen im Alltag usw. erzeugen ein<br />

Klima, in dem nicht so leicht glückliche Beziehungen<br />

gedeihen. Dadurch sind die sozialen<br />

Netzwerke der Benachteiligten oft kleiner als<br />

die der Bessergestellten. Außerdem bleibt<br />

man unter sich. Viele Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

aus benachteiligten Familien leben in den entsprechenden<br />

Wohnvierteln, besuchen die entsprechenden<br />

Schulen usw. Nur selten lernen<br />

sie Menschen aus ganz anderen Verhältnissen<br />

kennen. Und auch das hat Folgen <strong>für</strong> ihre Ges<strong>und</strong>heit.<br />

Denn ihr Zugang zu Angeboten, Informationen,<br />

Unterstützung in ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Fragen ist immer nur so gut wie der ihrer<br />

Kontaktpersonen. Es fehlt ihnen an Brücken in<br />

andere soziale Netzwerke, über die sie an besseres<br />

Ges<strong>und</strong>heitswissen gelangen könnten,<br />

mit anderen Worten an brücken-bildendem sozialem<br />

Kapital, englisch bridging social capital.<br />

Was hat das nun wieder mit politischer Aktivität<br />

zu tun? Wer schon einmal in einer politischen<br />

Initiative aktiv war, wird bestätigen können,<br />

dass man sich dort oft schnell kennenlernt.<br />

Sich <strong>für</strong> ein gemeinsames Ziel einzusetzen,<br />

schweißt zusammen. Politische Aktivität<br />

ist eine hervorragende Gelegenheit, das soziale<br />

Netzwerk zu erweitern, <strong>und</strong> zwar oft auch um<br />

Menschen aus anderen Kreisen, also um das<br />

brücken-bildende Kapital.<br />

Politische Partizipation stärkt die<br />

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

Anerkennung in sozialen Beziehungen ist ein<br />

sehr wichtiger Faktor, um Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

zu entwickeln. Sie fallen nicht<br />

vom Himmel, sondern entstehen in jedem<br />

Menschen abhängig von dem, was <strong>und</strong> wie er<br />

13


Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

in seinem Leben erlebt hat. Die Chancen, Erfolgserlebnisse<br />

einzuheimsen, sind allerdings<br />

unterschiedlich verteilt: Menschen aus kleinen<br />

Verhältnissen bekommen von klein auf viel<br />

häufiger die Botschaft vermittelt, dass sie etwas<br />

nicht können, ihre Wünsche zu groß sind,<br />

sie sich bescheiden <strong>und</strong> anpassen sollen. Entsprechend<br />

schwerer ist es <strong>für</strong> sie, selbstbewusst<br />

an sich <strong>und</strong> ihre Fähigkeiten zu glauben.<br />

Im Zusammenhang mit Ges<strong>und</strong>heit trägt das<br />

wiederum dazu bei, dass sie es schwerer haben,<br />

ihr Verhalten zu ändern. – Warum sollten<br />

Menschen, die im Alltag ohnehin wenig Handlungsspielräume<br />

haben, ausgerechnet in ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Fragen die sonst unmögliche<br />

<strong>und</strong> unerwünschte Eigeninitiative entwickeln?<br />

Aber auch hier kann – so meine These – politische<br />

Aktivität eine Chance sein. Sich solidarisch<br />

mit anderen <strong>für</strong> die eigenen Interessen<br />

einsetzen, dabei hoffentlich auch mal Erfolge<br />

zu erleben, das macht Mut <strong>und</strong> kann die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

wenigstens in<br />

mancher Hinsicht stärken.<br />

Politisches Engagement kann helfen,<br />

Lebensverhältnisse gesünder zu gestalten<br />

Damit komme ich zu meinem letzten Argument,<br />

das sich auf die Verhältnisse bezieht, in<br />

denen die Menschen leben. Unges<strong>und</strong>e Lebenswelten<br />

machen die Menschen auf vielfältige<br />

Weise krank. Enge Wohnverhältnisse mit<br />

wenig Grün <strong>und</strong> stark befahrenen Straßen,<br />

Barrieren <strong>und</strong> Unsicherheit im öffentlichen<br />

Raum sind ebenso schädlich wie verdichtete<br />

Arbeit, Kontrolle, Konkurrenz <strong>und</strong> Angst um<br />

den Arbeitsplatz in der Arbeitswelt. Ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />

ist auch das Gefühl von Ohnmacht,<br />

das viele Menschen angesichts der Lebensbedingungen<br />

haben, denen sie sich ausgeliefert<br />

fühlen.<br />

Wenn wirklich etwas geschehen soll, damit die<br />

Menschen gesünder werden <strong>und</strong> es mehr Gerechtigkeit<br />

in den Ges<strong>und</strong>heitschancen geben<br />

soll, genügt es nicht, wenn die Krankenkassen<br />

Ernährungskurse <strong>und</strong> Rückenschule bezahlen<br />

oder Depressionen auch im Alter als behandelbare<br />

Krankheit akzeptiert sind. Wenn wir wirklich<br />

etwas <strong>für</strong> mehr Ges<strong>und</strong>heit tun wollen,<br />

muss sich etwas an den Verhältnissen ändern.<br />

Und auch das wird ohne politische Aktivität<br />

nicht geschehen.<br />

Mit anderen Worten: Politisches Engagement<br />

kostet Kraft, Mut <strong>und</strong> gefährdet sicher oft auch<br />

die Ges<strong>und</strong>heit. Aber politisches Engagement<br />

bietet die Chance, soziale Netzwerke aufzubauen,<br />

den Glauben an die eigene Kraft zu<br />

stärken <strong>und</strong> die Verhältnisse zu verbessern.<br />

Deshalb freue ich mich sehr über das große Interesse<br />

an dieser Veranstaltung, bei der wir<br />

zusammen darüber diskutieren wollen, welche<br />

Bedingungen das poltische Engagement älterer<br />

<strong>und</strong> alter Menschen fördern. Denn wir werden<br />

nicht auf sie <strong>und</strong> ihre Erfahrungen verzichten<br />

können, wenn sich etwas ändern soll.<br />

Prof. Dr. Josefine Heusinger,<br />

Institut <strong>für</strong> gerontologische Forschung,<br />

Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

Literaturangaben in der Kongressdokumentation,<br />

die im Sommer 2013 erscheinen wird.<br />

14<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Mobilität<br />

Eine Voraussetzung <strong>für</strong> Teilhabe in strukturschwachen Regionen<br />

Mobilität ist eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong><br />

Lebensqualität <strong>und</strong> persönliche Freiheit. Mobilität<br />

ermöglicht die volle Teilnahme am Arbeitsleben,<br />

an Bildung <strong>und</strong> Kultur, am Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />

an demokratischen Entscheidungsprozessen<br />

sowie am gesellschaftlichen Leben insgesamt.<br />

Traditionell wird das Thema Mobilität im Ressort<br />

Verkehr behandelt. Und <strong>für</strong> viele Aspekte<br />

liegt dort Verantwortung <strong>und</strong> Kompetenz. Man<br />

denke an Straßentechnik, Verkehrsleitsysteme<br />

etc. Es ist aber bemerkenswert, dass im Bereich<br />

Verkehr traditionell auch ein Aspekt der<br />

Ges<strong>und</strong>heit behandelt wird: die Verkehrsunfallstatistik<br />

gibt uns Auskunft über die Zahl der<br />

Unfälle im Straßenverkehr, die Zahl der Verletzten<br />

<strong>und</strong> die Zahl der Getöteten.<br />

Betrachtet man Mobilität als Voraussetzung zu<br />

ges<strong>und</strong>heitlicher Versorgung, ergeben sich<br />

viele Themen. Es geht darum, wie Patient/innen<br />

zur Ärztin oder zum Arzt kommen <strong>und</strong> umgekehrt.<br />

Schließlich sei hier bereits angemerkt,<br />

dass die Menschen sich traditionell gegenseitig<br />

helfen. Dies reicht von den Diensten in den<br />

Familien bis zur informellen nachbarschaftlichen<br />

Hilfe <strong>für</strong> Mobilität – man nimmt sich gegenseitig<br />

mit.<br />

Beispiele zu ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Versorgung <strong>und</strong> Mobilität<br />

Patient/innen, die in Orten ohne ambulante<br />

Praxen <strong>und</strong> Krankenhäuser wohnen, sollen bei<br />

Bedarf mit Hilfe von Fahrdiensten zu Versorgungszentren<br />

an zentralen Orten gebracht<br />

werden. Unter dem Namen Landarzttaxi wird<br />

diese Dienstleistung beispielsweise vom Deutschen<br />

Städte- <strong>und</strong> Gemeindeb<strong>und</strong> gefordert.<br />

Wir haben unser Landarzttaxi Patientenbus genannt.<br />

Der erste Patientenbus im Land Brandenburg<br />

fährt seit dem 11. Dezember 2012 im<br />

Landkreis Märkisch-Oderland in der Stadt<br />

Müncheberg mit ihren acht Ortsteilen sowie<br />

dem Amt Märkische Schweiz. Patient/innen<br />

werden zu den Arztpraxen gefahren. Der Patientenbus<br />

ergänzt den ÖPNV <strong>und</strong> fährt jeden<br />

Dienstag auf unterschiedlichen Routen in der<br />

Region. Damit sind die Arztpraxen leichter zu<br />

erreichen. Die Ärzt/innen müssen weniger<br />

Hausbesuche fahren <strong>und</strong> haben (im Idealfall)<br />

so mehr Zeit <strong>für</strong> die Versorgung der Patient/innen.<br />

Dass der Patientenbus fährt, ist einer Kooperation<br />

zu verdanken. Der Landkreis Märkisch-<br />

Oderland, die Kassenärztliche Vereinigung<br />

Brandenburg (KVBB), die Stadt Müncheberg,<br />

das Amt Märkische Schweiz, regionale Transportunternehmen,<br />

die Krankenkassen AOK<br />

Nordost <strong>und</strong> Barmer GEK sowie die Ärzt/innen<br />

der Region haben den Patientenbus gemeinsam<br />

auf die Strecke gebracht. Die Finanzierung<br />

des Patientenbusses erfolgt zu 50 Prozent<br />

durch den Landkreis MOL <strong>und</strong> zu jeweils 25<br />

Prozent durch die Stadt Müncheberg <strong>und</strong> das<br />

Amt Märkische Schweiz.<br />

Die Mobile Zahnarztpraxis der Zahnärztin Dr.<br />

Kerstin Finger aus Uckermark – sie fährt jeden<br />

Dienstagvormittag mit ihrer rollenden Praxis<br />

von Templin aus in Dörfer in der Uckermark.


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Vor allem alte, gebrechliche, demenziell erkrankte<br />

Patient/innen <strong>und</strong> auch Unfallopfer<br />

besucht sie. Dr. Finger ist eine Pionierin. Vor<br />

Jahren schon bemerkte sie, dass viele Patient/<br />

innen den oft langen Weg zu ihr in die Kleinstadt<br />

nach Templin nicht mehr schaffen. Sie<br />

hat sich eine mobile Zahnarztausrüstung zugelegt,<br />

gefördert aus Töpfen des Landes <strong>und</strong> mit<br />

EU-Geldern. Wie Dr. Finger selbst sagte, würde<br />

sie gern öfter unterwegs sein. Zur Führung der<br />

Praxis gehört die Verpflichtung, regelmäßig<br />

Sprechst<strong>und</strong>en anzubieten. An dieser Stelle<br />

kommt die eigentlich sinnvolle Verpflichtung<br />

auf ein regelmäßiges Angebot in der Zahnarztpraxis<br />

am Ort in Konflikt mit der Idee der mobilen<br />

Zahnarztpraxis.<br />

Was lässt sich von der mobilen Zahnarztpraxis<br />

oder dem Patientenbus lernen? Patient/innen<br />

soll es erleichtert werden, in die Arztpraxis zu<br />

kommen. Ebenso soll es Ärzt/innen erleichtert<br />

werden, zu Patient/innen zu kommen. Hier<strong>für</strong><br />

brauchen wir künftig mehr <strong>und</strong> flexiblere Versorgungsformen.<br />

Mobilität <strong>und</strong> sich selbst bewegen –<br />

Mobilität, Bewegung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Mobilität ist nicht nur ein Verkehrsthema, sondern<br />

auch ein Ges<strong>und</strong>heitsthema im Sinne von<br />

körperlicher Bewegung. Bewegung unterstützt<br />

ein selbstbestimmtes Leben. Körperliche Bewegung<br />

<strong>und</strong> Beweglichkeit fördern die Lebensqualität<br />

im Alter. Sie erhalten <strong>und</strong> stärken die<br />

Voraussetzungen da<strong>für</strong>, den Alltag eigenständig<br />

zu bewältigen <strong>und</strong> sich aktiv am gesellschaftlichen<br />

<strong>und</strong> kulturellen Leben beteiligen<br />

zu können. Ob in einem Verein oder anders organisiert<br />

führen Bewegungsgruppen <strong>für</strong> Volkstanz,<br />

Gymnastik, Turnen oder Spaziergänge zu<br />

regelmäßiger Bewegung in Gemeinschaft. Und<br />

gleichzeitig gibt es Gelegenheit zum Austausch,<br />

<strong>für</strong> die Entwicklung <strong>und</strong> die Pflege von<br />

Kontakten.<br />

Naheliegend ist, dass Radfahren die Ges<strong>und</strong>heit<br />

durch Bewegung fördert <strong>und</strong> die Menschen<br />

buchstäblich weiterbringt – eben dorthin,<br />

wo sie hin wollen, beispielsweise auch zur<br />

Arztpraxis. Oder, verallgemeinert gesagt: wir<br />

fahren mit dem Rad dorthin, wo wir teilnehmen<br />

<strong>und</strong> teilhaben können, wo wir einen Teil unserer<br />

Bedürfnisse erfüllen können. Sei es Einkauf,<br />

Besuch bei Verwandten <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>/innen,<br />

Spiel, Helfen <strong>und</strong> Hilfe annehmen etc.<br />

Im Rahmen des Brandenburgischen Ges<strong>und</strong>heitszieleprozesses<br />

Ges<strong>und</strong> Älter werden wollen<br />

wir in 2013 Bewegung <strong>und</strong> Mobilität zu einem<br />

Schwerpunkt machen. Im Mittelpunkt<br />

steht eine Sammlung guter Praxis zu Bewegung<br />

<strong>und</strong> Mobilität. Das Bündnis Ges<strong>und</strong> Älter<br />

werden wird eine Sammlung von Beispielen,<br />

Projekten, Initiativen im Land Brandenburg<br />

machen, die beide Aspekte zusammenbringen.<br />

Das heißt, es geht um:<br />

1. Sich bewegen im Sinne von körperlicher<br />

Bewegung: Ältere Menschen, die sich körperlich<br />

bewegen, sorgen damit <strong>für</strong> den Erhalt<br />

ihrer Ges<strong>und</strong>heit, steigern ihre Lebensqualität.<br />

2. Sich bewegen als Ortsveränderung bringt<br />

beides zusammen – <strong>und</strong> fördert die Teilhabechancen.<br />

Hier geht es beispielsweise um<br />

das Fahrrad.<br />

Bis Jahresende wollen wir in Anlehnung an einen<br />

Wettbewerb Beispiele im Land sammeln,<br />

kennenlernen <strong>und</strong> dann gute Beispiele, gute<br />

Praxis, als Anregung <strong>für</strong> andere Initiativen,<br />

Kommunen, Vereine etc. weitergeben. Ende<br />

des Jahres ist eine Abschlussveranstaltung geplant,<br />

auf der sich die Beispiele guter Praxis<br />

vorstellen. Beispiele, die nach Möglichkeit Bewegung<br />

<strong>und</strong> Mobilität zusammenbringen.<br />

n Höhere Wegegebühren <strong>für</strong> Hausbesuche<br />

n Umsatzgarantien der Kassenärztlichen Vereinigung<br />

(KV) <strong>für</strong> neue Ärzt/innen in unterversorgten<br />

Regionen<br />

n Gemeindeschwester AGNES<br />

n neue kooperative Organisationsformen wie<br />

medizinische Versorgungszentren<br />

n Bis zu 25.000 Euro Prämie (sogenannter Sicherstellungszuschlag)<br />

<strong>für</strong> junge Ärzt/innen,<br />

die eine Landpraxis in einem medizinisch<br />

unterversorgten Gebiet übernehmen.<br />

Das Land Brandenburg engagiert sich gemeinsam<br />

mit anderen B<strong>und</strong>esländern <strong>für</strong> den Erhalt<br />

des solidarischen Krankenversicherungssystems<br />

<strong>und</strong> die Schaffung von guten Rahmenbedingungen<br />

in der ges<strong>und</strong>heitlichen Versorgung.<br />

Ebenso wichtig ist der Erhalt <strong>und</strong> die<br />

Schaffung von guten Rahmenbedingungen <strong>für</strong><br />

das Alltagsleben der Bürger/innen. Hier gehören<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Mobilität <strong>und</strong> Bewegung zusammen.<br />

Almuth Hartwig-Tiedt,<br />

Staatssekretärin im Ministerium <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

Brandenburg<br />

15<br />

Mit dem Fahrrad wird der Aktionsradius erhöht.<br />

Und wenn man das Rad mit einem Elektroantrieb<br />

versieht, wird der Aktionsradius<br />

noch einmal massiv erhöht. Wer zu Fuß relativ<br />

bequem als alter Mensch vielleicht 2 km gehen<br />

kann, wird mit dem Rad bequem 5 km weit<br />

kommen. Und mit dem Elektrofahrrad werden<br />

10 km zu schaffen sein. Die Möglichkeiten <strong>für</strong><br />

den Radverkehr sind bei weitem noch nicht<br />

ausgeschöpft:<br />

Strategien zur Sicherung der<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Versorgung im<br />

ländlichen Raum<br />

Die Mobilität von Patient/innen <strong>und</strong> medizinischen<br />

Leistungserbringern ist ein Baustein <strong>für</strong> die<br />

Sicherung der ges<strong>und</strong>heitlichen Versorgung. Daneben<br />

gibt es eine Reihe von anderen Maßnahmen<br />

in Brandenburg (Strategiepapier zur Sicherstellung<br />

der ges<strong>und</strong>heitlichen Versorgung in<br />

Brandenburg, www.MUGV.Brandenburg.de →<br />

Ges<strong>und</strong>heit → Ges<strong>und</strong>heitsziele, Versorgung):


Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

16<br />

„Pflegebedürftigkeit, Behinderung <strong>und</strong><br />

Teilhabe in der sozialpolitischen Diskussion“<br />

Interview mit Michael Zander zum gleichnamigen Fachforum<br />

Auf dem Fachforum „Pflegebedürftigkeit, Behinderung<br />

<strong>und</strong> Teilhabe in der sozialpolitischen<br />

Diskussion“ diskutierten Prof. Dr. Thomas<br />

Klie von der Evangelischen Hochschule<br />

Freiburg, Dr. Harry Fuchs, Rehawissenschaftler<br />

aus Düsseldorf, <strong>und</strong> Dipl.-Psych. Michael Zander,<br />

Doktorand an der Freien Universität Berlin,<br />

unter der Moderation von Katrin Falk, Berliner<br />

Sozialwissenschaftlerin, <strong>und</strong> Ingeborg Simon,<br />

Volkssolidarität Landesverband Berlin e.V.<br />

Für den Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

sprachen Marion Amler <strong>und</strong> Aline Schubanz<br />

mit Herrn Zander.<br />

Info_Dienst: Prof. Dr. Thomas Klie <strong>und</strong> Dr. Harry<br />

Fuchs konzentrierten sich in ihren Vorträgen<br />

insbesondere auf Fragen der Systemgestaltung:<br />

beide setzten sich mit der Pflegeversicherung<br />

<strong>und</strong> Implikationen <strong>für</strong> gesellschaftliche<br />

Teilhabe auseinander. Können Sie kurz zusammenfassen,<br />

welche Anregungen Sie aus<br />

den Vorträgen Ihrer Mitredner gezogen haben?<br />

Michael Zander: Während ich nur die allgemeinen<br />

rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen kenne, konnten<br />

Thomas Klie <strong>und</strong> Harry Fuchs hier viel besser<br />

ins Detail gehen <strong>und</strong> dies an Praxisbeispielen<br />

erläutern. Meines Wissens war Harry Fuchs<br />

einst Mitautor des SGB IX. Sein Statement, alte<br />

Menschen mit Pflegebedarf seien immer auch<br />

Behinderte, hat mich darin bestärkt, in eine<br />

ähnliche Richtung weiterzudenken, was mir<br />

wiederum eine Einladung zu dem Podium einbrachte.<br />

Info_Dienst: Sie selbst formulierten Möglichkeiten<br />

politischer Aktivität der Betroffenen. Der<br />

Titel Ihres Statements bezog<br />

sich dabei auf Macchiavellis<br />

Prinzip ‚teile <strong>und</strong> herrsche‘<br />

in der sozialpolitischen Diskussion.<br />

Was waren Ihre<br />

Hauptthesen <strong>und</strong> welche<br />

Schlussfolgerungen zogen<br />

Sie daraus <strong>für</strong> eine emanzipatorische<br />

politische Praxis?<br />

Michael Zander: Mein Ausgangspunkt<br />

war die Beobachtung,<br />

dass Menschen mit<br />

Behinderung <strong>und</strong> alte Menschen<br />

mit Hilfe- bzw. Pflegebedarf<br />

häufig als zwei strikt<br />

voneinander getrennte Kategorien<br />

wahrgenommen werden. Da<strong>für</strong> gibt es<br />

einerseits gute Gründe. Denn lange wurde das<br />

Alter junger Menschen mit Behinderung missachtet,<br />

etwa, wenn sie genötigt wurden, zur<br />

Abdeckung ihres Hilfebedarfs in einem Altenheim<br />

zu leben. Oder, harmloser, wenn man als<br />

behinderter Jugendlicher bei der Bahn eine<br />

„Seniorenbahncard“ bekam. Umgekehrt ist Alter<br />

nicht notwendigerweise mit Beeinträchtigungen<br />

verb<strong>und</strong>en. Die Verbreitung von Pflegebedarf<br />

im Alter wird ja von Laien eher überschätzt.<br />

Andererseits wird die Trennung problematisch,<br />

wenn alten Menschen mit Pflegebedarf<br />

Leistungen nach SGB IX vorenthalten bleiben,<br />

also z.B. Hilfen zur Teilhabe am gesellschaftlichen<br />

Leben. Ähnliche Trennungen gibt<br />

es auch in anderen Staaten, z.B. in Schweden,<br />

wo ein Assistenzgesetz <strong>für</strong> Menschen gilt, die<br />

eine Beeinträchtigung vor dem 65. Lebensjahr<br />

erwerben, <strong>und</strong> ein Pflegegesetz <strong>für</strong> alte Menschen.<br />

Der – zugegeben etwas polemische –<br />

Vortragstitel bezog sich darauf. Er spielte aber<br />

auch auf eine Be<strong>für</strong>chtung an: Dass nämlich<br />

die beiden Gruppen mit ihren Rechtsansprüchen<br />

gegeneinander ausgespielt werden könnten.<br />

Der fünfte Bericht zur Lage der älteren<br />

Menschen in Deutschland thematisiert, dass<br />

die Behindertenbewegung sich das Recht auf<br />

Selbstbestimmung in der alltäglichen Lebensführung<br />

mit Persönlicher Assistenz erkämpft<br />

habe. Da wird dann gesagt, „viele“ behinderte<br />

Menschen bekämen einen umfangreichen täglichen<br />

Assistenzbedarf zuerkannt. Ich sehe hier<br />

die Gefahr eines Missverständnisses, denn nur<br />

eine Minderheit behinderter Menschen erhält<br />

tatsächlich Persönliche Assistenz <strong>und</strong> entsprechende<br />

Teilhabeleistungen. Behinderten- <strong>und</strong><br />

Seniorenrechtsbewegung sollten voneinander<br />

lernen <strong>und</strong> kooperieren, aber sich nicht auf<br />

Vergleiche einlassen, die in eine Konkurrenz<br />

um Leistungen münden könnten.<br />

Und damit kommen wir dann zu den politischen<br />

Aktionsformen. Seit den 1980er Jahren<br />

hat die Behindertenbewegung in ihrem Kampf<br />

um Selbstbestimmung Erfolge erzielt durch die<br />

politische Aktivität der Betroffenen, durch Demonstrationen,<br />

Besetzungen oder wechselseitige<br />

Unterstützung, also „peer support“. Jetzt<br />

gibt es Angehörige der Seniorengeneration,<br />

die selbst Erfahrungen mit Aktionsformen haben,<br />

die einst als jugendkulturelles Phänomen<br />

galten. Mein Beispiel war die Besetzung der<br />

„Stillen Straße“, eines zuvor von Schließung<br />

bedrohten Seniorentreffs in Berlin.<br />

Info_Dienst: Im Verlauf der Diskussion wurde<br />

oft Bezug auf die UN-Behindertenrechtskonvention<br />

(im Folgenden abgekürzt mit BRK,<br />

Anm. d. Red.) genommen. Welche Rolle spielt<br />

sie, wenn es um die gesellschaftliche Teilhabe<br />

älterer Menschen geht?<br />

Michael Zander: Wenn ältere Menschen mit<br />

Pflegebedarf als Behinderte anerkannt sind,<br />

dann würde <strong>für</strong> sie – zumindest theoretisch –<br />

auch die UN-BRK gelten. Harry Fuchs hat das<br />

ausführlich dargestellt: Die BRK enthält das<br />

Recht auf Selbstbestimmung <strong>und</strong> Persönliche<br />

Assistenz, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben,<br />

die Befreiung vom Zwang, in einer bestimmten<br />

Wohnform zu leben usw. Sie unterstreicht,<br />

dass es sich um Menschenrechte handelt,<br />

also um Rechte ersten Ranges. Das nationale<br />

Recht müsste dementsprechend ausgeweitet<br />

werden. Das Problem ist, dass sich die<br />

B<strong>und</strong>esregierung auf den Standpunkt stellt,<br />

die Rechtswirklichkeit entspreche schon im<br />

Wesentlichen der BRK. So hält sie etwa an Sonderschulen<br />

fest, obwohl die BRK ein inklusives<br />

Schulsystem fordert.<br />

Info_Dienst: Welcher Diskussionsbedarf ergab<br />

sich im Anschluss an die Referate?<br />

Michael Zander: Soweit ich mich erinnere, gab<br />

es aus dem Publikum viele Fragen zur BRK. Auf<br />

dem Podium gingen die Meinungen etwas auseinander,<br />

wie hoch die Hürden zur Durchsetzung<br />

der BRK sind. Ich halte die BRK <strong>für</strong> sehr<br />

wichtig, denke aber, dass man viel Druck zu<br />

ihrer Umsetzung machen muss. Es ist nicht ungewöhnlich,<br />

dass es Diskrepanzen gibt zwischen<br />

völkerrechtlichen Dokumenten, die eigentlich<br />

verbindlich sind, <strong>und</strong> der Rechtsprechung<br />

<strong>und</strong> Rechtswirklichkeit auf nationaler<br />

Ebene.<br />

Info_Dienst: Vielen Dank <strong>für</strong> das Gespräch!


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Soziale, ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

Soziale, ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

Wissenschaft-Praxis-Transfer am Beispiel der<br />

LZG.NRW / Moderne Sozialplanung / Integrierte<br />

Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichterstattung<br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

praktikabel machen<br />

Ansätze zum Wissenschaft-Praxis-Transfer aus der Perspektive einer<br />

Landeseinrichtung (LZG.NRW)<br />

Das Landeszentrum Ges<strong>und</strong>heit Nordrhein-<br />

Westfalen (LZG.NRW) als nachgeordnete Einrichtung<br />

des Ges<strong>und</strong>heitsministeriums Nordrhein-Westfalen<br />

unterstützt als fachliche Leitstelle<br />

die Landesregierung <strong>und</strong> die Kommunen<br />

in ges<strong>und</strong>heitlichen Fragen. Transfer- <strong>und</strong> Dialog-Aufgaben<br />

haben dabei eine zentrale Bedeutung.<br />

Dabei geht es zum einen um den<br />

Wissens- <strong>und</strong> Informationstransfer <strong>und</strong> die<br />

Verbindung von Theorie <strong>und</strong> Praxis (Themen,<br />

Konzepte, Umsetzungsstrategien) <strong>und</strong> zum anderen<br />

um die Verbindung von Landes- <strong>und</strong><br />

kommunaler Ebene. Hier sind Strategien <strong>und</strong><br />

Programme der Landesebene <strong>für</strong> kommunale<br />

Belange <strong>und</strong> Bedarfe zu adaptieren sowie<br />

kommunale Entwicklungen zu verallgemeinern<br />

<strong>und</strong> landesweit zu verbreiten.<br />

Die Generierung <strong>und</strong> Streuung von inhaltlichem<br />

<strong>und</strong> methodischem Know-how <strong>für</strong> Aufgaben<br />

der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> <strong>und</strong> der <strong>Prävention</strong><br />

erfolgt unter der Berücksichtigung von<br />

Nutzerbedarfen, lokalen Rahmenbedingungen,<br />

Zielen der Landespolitik <strong>und</strong> Fragen der Qualitätsentwicklung.<br />

Die „Qualitätsinitiative Nordrhein-Westfalen“<br />

will hier Standards setzen<br />

<strong>und</strong> Unterstützung anbieten.<br />

Wissen aufbereiten – vernetzen –<br />

Transfer sicherstellen<br />

Am Anfang steht die Sammlung <strong>und</strong> systematische<br />

Aufbereitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen.<br />

Projektdatenbanken mit Beispielen<br />

guter Praxis sowie diverse Print- <strong>und</strong> Internetangebote<br />

machen das gesammelte Wissen<br />

verfügbar.<br />

Erfolgreicher Transfer benötigt Struktur <strong>und</strong><br />

Vernetzung – auch <strong>für</strong> systematische Rückmeldungen<br />

von Praxisbedarfen in die Theoriediskussion.<br />

Das LZG.NRW verfügt über Verbindungen<br />

in beide Welten. So besteht eine langjährige<br />

Zusammenarbeit mit Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung.<br />

Im Austausch mit Ges<strong>und</strong>heitsministerium,<br />

Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz oder den<br />

Kreisen <strong>und</strong> kreisfreien Städten werden Bedarfe<br />

ermittelt. Für den Dialog zu bestimmten<br />

Themenschwerpunkten sind im LZG Strukturen<br />

wie die Koordinierungsstelle Ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Chancengleichheit Nordrhein-Westfalen oder<br />

das Zentrum <strong>für</strong> Bewegungsförderung eingerichtet<br />

worden. Zur Vernetzung tragen auch<br />

Regionalkonferenzen <strong>und</strong> Workshops bei.<br />

Der eigentliche Transfer setzt dann die Entwicklung<br />

spezifischer Produkte voraus. Dazu<br />

gehören z.B. themenspezifische Leitfäden, Internet-Plattformen,<br />

Fokusgruppen oder diverse<br />

Formen projektbegleitender Unterstützung<br />

– mit denen jeweils spezifische Transfer-Erwartungen<br />

verb<strong>und</strong>en werden. Zwei Beispiele dazu:<br />

Produkte Ziele Erwarteter Transfer<br />

Leitfaden „Qualitätsinstrumente“<br />

Regionalkonferenzen<br />

Sensibilisierung,<br />

Transparenz über<br />

Ansätze <strong>und</strong> Instrumente,<br />

Entscheidungshilfe<br />

Wissenstransport,<br />

Austausch, Vernetzung<br />

Drehscheiben des Transfers – die<br />

kommunalen Ges<strong>und</strong>heitskonferenzen<br />

Nordrhein-Westfalen verfügt mit der Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz<br />

über ein langjährig etabliertes<br />

politisches Diskussions- <strong>und</strong> Entscheidungsgremium,<br />

in dem alle wesentlichen Verantwortung<br />

tragenden Einrichtungen des Ges<strong>und</strong>heitswesens<br />

zusammengeführt sind. Mit<br />

dem Gesetz über den Öffentlichen Ges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

Nordrhein-Westfalen sind in allen<br />

Kommunen analoge Strukturen entstanden:<br />

die kommunalen Ges<strong>und</strong>heitskonferenzen.<br />

Diese sind ideale Partner <strong>für</strong> Transferprozesse<br />

– zwischen Land <strong>und</strong> Kommunen, aber auch<br />

zwischen den <strong>und</strong> innerhalb der Kommunen.<br />

Wichtiges Transfer-Prinzip:<br />

Breitenwirkung vor Tiefenwirkung<br />

In einem Flächenland wie Nordrhein-Westfalen<br />

muss ein Transfer-Prozess breitgefächerten<br />

Zielgruppen <strong>und</strong> Nutzerschichten zugute kommen.<br />

Daher setzt das LZG besonders auf die<br />

Entwicklung von Transfer-Produkten, die leicht<br />

zugänglich sind <strong>und</strong> eine Breitenwirkung in<br />

diesem Sinn erzielen.<br />

Diskussion <strong>und</strong> Rückmeldung:<br />

Zielgruppen einbeziehen<br />

Im Austausch mit kommunalen Nutzer/innen<br />

von LZG-Produkten <strong>und</strong> Diskutant/innen im<br />

Forum wurde besonders auf die Notwendigkeit<br />

hingewiesen, Zielgruppen in die Produktentwicklung<br />

einzubeziehen. Anhand zweier kommunaler<br />

Modellprojekte konnte gezeigt wer-<br />

Sinn <strong>und</strong> Mehrwert von Qualität ist <strong>für</strong> das<br />

eigene Praxisfeld erkannt, ein Überblick über<br />

Qualitätsinstrumente ist hergestellt, die<br />

Entscheidungsfindung zur Anwendung eines<br />

Qualitätsinstruments ist unterstützt<br />

Das Thema ist bekannt, die Relevanz ist<br />

deutlich, neue Informationen/Erkenntnisse sind<br />

gewonnen, neue Kontakte sind hergestellt, alte<br />

Kontakte sind intensiviert, Impulse werden <strong>für</strong><br />

die eigene Arbeit mitgenommen<br />

17


Soziale, ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Über Jahrzehnte erfolgte die Steuerung auch in<br />

der Sozial-<strong>und</strong> Jugendhilfe, in kameralen Denkden,<br />

wie LZG-Transfer-Leistungen sinnvoll in<br />

lokale Dynamiken <strong>und</strong> Entwicklungen integriert<br />

werden konnten. Die Frage nach dem<br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Stellenwert von Transfer in<br />

der Praxis der lokalen <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

konnte aufgr<strong>und</strong> der Komplexität der Fragestellung<br />

nicht vertieft diskutiert werden – der<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Nutzen etwa von Leitfäden oder<br />

spezifischer Beratung bei der Entwicklung eigener<br />

Ansätze wurde allerdings wiederholt bestätigt.<br />

Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />

Die Weiterentwicklung eines strukturierten<br />

Wissens- <strong>und</strong> Informationstransfers wird künftig<br />

die erweiterte Angebotsperspektive des<br />

Landeszentrums Ges<strong>und</strong>heit mit umfassen<br />

müssen. Auch ein genauerer Blick auf die Adressat/innen<br />

<strong>und</strong> die Nutzerseite wird erforderlich<br />

sein. Bei der Überprüfung des Transfers<br />

von Produkten in die Praxis stoßen jedoch die<br />

bisherigen methodischen Vorgehensweisen an<br />

ihre Grenzen. Eine systematische Erfassung<br />

der Nutzung <strong>und</strong> Rezeption erfolgt noch nicht<br />

– erste Schritte dahin können z.B. Befragungen<br />

zum Nutzungsverhalten, Fokusgruppen mit<br />

(Nicht-)Nutzer/innen oder die Durchführung<br />

eines Forschungsprojekts zum Transfer-Prozess<br />

sein.<br />

Manfred Dickersbach, Wiebke Sannemann,<br />

Wolfgang Werse,<br />

Landeszentrum Ges<strong>und</strong>heit<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

18<br />

Moderne Sozialplanung –<br />

Brücke zwischen Wissen <strong>und</strong> Handeln?<br />

Fachforum „Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Armut: ein Thema <strong>für</strong> Kommunen“<br />

Die KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle <strong>für</strong><br />

Verwaltungsmanagement) ist der Fachverband<br />

<strong>für</strong> kommunales Management mit Sitz in Köln.<br />

Unterstützt von kommunalen Praktiker/innen<br />

entwickelt die KGSt <strong>für</strong> ihre Mitglieder, das<br />

sind mehr als 1.700 Kommunen in Deutschland<br />

<strong>und</strong> Österreich, Konzepte <strong>für</strong> alle Steuerungsaufgaben.<br />

Seit mehr als zehn Jahren haben wir<br />

uns besonders mit einer Übertragung der Konzepte<br />

strategischer Steuerung, wie man sie aus<br />

Unternehmen kennt, auf die Kommunen beschäftigt.<br />

Dabei sind erhebliche Anpassungen<br />

notwendig, da die Planungsprozesse in Kommunen<br />

eigentlich immer<br />

n viele Akteure innerhalb der Verwaltung,<br />

aber auch außerhalb, aus der Stadtgesellschaft,<br />

einbeziehen,<br />

n häufig mehrere politische Handlungsfelder<br />

berühren (z.B. Jugend, Bildung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit),<br />

n nicht einfach zu definierende Ziele <strong>und</strong> Erfolgsparameter<br />

beinhalten <strong>und</strong><br />

n auch politisch sind, d.h. sich nicht allein aus<br />

einer Verwaltungsrationalität ableiten lassen.<br />

Dies alles macht die strategische Planung bereits<br />

komplex. Eine besondere Herausforderung<br />

liegt weiterhin darin, Aktivitäten nicht über den<br />

Ressourceneinsatz (Input) zu steuern, sondern<br />

über ihre Wirkungen (Outcome), da – wie wir<br />

wissen – die Qualität z.B. einer Schule nicht (allein)<br />

an der Zahl der eingesetzten Lehrer/innen<br />

gemessen werden kann, sondern eher an den<br />

Leistungen, dem Sozialverhalten <strong>und</strong> der Zufriedenheit<br />

der Schüler/innen.<br />

Sozialplanung als Steuerungsunterstützung<br />

in der Organisation von<br />

Kommunalverwaltungen<br />

Ein Handlungsfeld, das gleichermaßen politisch<br />

bedeutsam <strong>und</strong> ressourcenaufwändig ist,<br />

ist die kommunale Sozialpolitik. Unterschiedliche<br />

gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen, verschiedene Finanzierungsquellen,<br />

eine Gruppe starker<br />

„Wohlfahrtsunternehmen“ <strong>und</strong> ein scheinbar<br />

nicht zu bremsender Anstieg von Bedarfen <strong>und</strong><br />

Fallzahlen lassen ein Steuerungs- <strong>und</strong> Planungsproblem<br />

erster Ordnung entstehen.<br />

In dieser Situation hat das Ministerium <strong>für</strong> Arbeit,<br />

Integration <strong>und</strong> Soziales des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen die KGSt beauftragt, das<br />

Verfahren der Sozialplanung weiter zu entwickeln.<br />

Entstanden ist ein Handbuch Moderne<br />

Sozialplanung (www.mais.nrw.de/08_PDF/003/<br />

Handbuch_Sozialplanung_Endversion.pdf), das<br />

Planungsprozesse <strong>und</strong> -instrumente beschreibt<br />

<strong>und</strong> vor allem Sozialplanung als Steuerungsunterstützung<br />

in die Organisation einer<br />

Kommunalverwaltung einordnet. Damit wird<br />

Sozialplanung zu einem Verfahren, das Wissen<br />

generiert <strong>und</strong> (besseres, weil wirksameres)<br />

Handeln ermöglicht.<br />

Zur Gliederung der Zusammenhänge habe ich<br />

im Folgenden fünf Thesen formuliert.<br />

These 1: Die Steuerung der kommunalen Sozialpolitik<br />

hat sich vor dem Hintergr<strong>und</strong> knapper<br />

Ressourcen (auch Personal) <strong>und</strong> steigender<br />

Herausforderungen (auch Demografie)<br />

noch stärker an ihren Wirkungen zu orientieren.


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Soziale, ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

weisen, über die Ressourcen, die von der Politik<br />

<strong>für</strong> bestimmte Angebote <strong>und</strong> Leistungen zur<br />

Verfügung gestellt wurden. Gab es irgendwo in<br />

der Stadt Probleme, wurden zusätzliche Ressourcen,<br />

meist in der Form von Stellen, bereitgestellt,<br />

verb<strong>und</strong>en mit der Hoffnung, dass<br />

mehr Personal das Problem schon lösen würde.<br />

In der Phase der Überschuldung, die in vielen<br />

Kommunen erreicht wurde, funktioniert<br />

diese Art von „Problemlösung“ nicht mehr. Es<br />

geht vielmehr heute darum, Angebote <strong>und</strong><br />

Leistungen an einigen Stellen einzuschränken<br />

oder zurück zu bauen, um an anderen Stellen<br />

die Anstrengungen zu verstärken. Insbesondere<br />

geht es darum, präventiv wirksam zu werden<br />

<strong>und</strong> den bekanntermaßen meist erhöhten Aufwand<br />

<strong>für</strong> „Reparaturleistungen“ zu reduzieren.<br />

Um <strong>für</strong> eine derart präventiv ausgerichtete Sozialpolitik<br />

die notwendigen Mittel zu erhalten,<br />

muss man mit zu erwartenden Wirkungen argumentieren.<br />

These 2: Hierzu müssen mehr Erkenntnisse<br />

über Wirkungszusammenhänge im Sinne<br />

überprüfbarer Hypothesen gesammelt <strong>und</strong> in<br />

einem breiten Diskurs erörtert werden.<br />

In der kommunalen Praxis (wie auch in der<br />

Wissenschaft) existiert eine Vielzahl von Vermutungen<br />

darüber, dass bestimmte Leistungen<br />

oder Angebote in der Sozial-<strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

oder im Ges<strong>und</strong>heitswesen bestimmte<br />

de breite Evaluation, um damit mit mehr Sicherheit<br />

herauszufinden, „was wirkt“. Wünschbar<br />

wäre eine Datenbank, die die Ergebnisse<br />

der vielen Praxisprojekte aufbereitet <strong>und</strong> so<br />

präsentiert, dass sie interkommunal Verwendung<br />

finden könnten.<br />

These 3: Kommunale Sozialpolitik in der Bürgerkommune<br />

entsteht durch (Infra-) Strukturen,<br />

Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen unterschiedlichster<br />

Akteure innerhalb <strong>und</strong> außerhalb<br />

der Verwaltung in einer ganzen Reihe<br />

politischer Handlungsfelder (Stadtentwicklungsplanung,<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Bildung, Arbeit,<br />

Jugend usw.).<br />

Diese Forderung (These 2) wird nicht leicht<br />

umzusetzen sein, da die Ermittlung von Ursache-Wirkungszusammenhängen<br />

in der kommunalen<br />

Sozialpolitik eher schwierig ist. Ein<br />

erster Einstieg in die Thematik schien <strong>für</strong> uns,<br />

systematisch nach Wirkungsindikatoren zu suchen,<br />

diese zu standardisieren, so dass sie interkommunal<br />

Vergleichbarkeit herstellen <strong>und</strong><br />

dann über einen längeren Zeitraum zunächst<br />

einmal die Entwicklung der Wirkungsindikatoren<br />

mit den jeweiligen Initiativen der Sozialpolitik<br />

in einen Zusammenhang zu setzen. Hierzu<br />

hat die KGSt mit kommunalen Kolleg/innen ein<br />

Sozialmonitoring erarbeitet. Eine überschaubare<br />

Zahl von Indikatoren in unterschiedlichen<br />

Handlungsfeldern, zum Beispiel Arbeit, Wohnen,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Partizipation, wurden definiert<br />

<strong>und</strong> werden inzwischen von einer Vielzahl<br />

von Kommunen, teilweise ergänzt um weitere,<br />

kontinuierlich mit Werten gefüllt. Gelingt<br />

es, sie sozialräumlich zu verorten, können daraus<br />

Informationen gewonnen werden, die helfen,<br />

Angebote punktgenauer (Zeit <strong>und</strong> Raum)<br />

zu allokieren. Eine wichtige unterstützende<br />

Maßnahme ist der Aufbau von Data Warehouses,<br />

in denen die Daten aus der Verwaltung,<br />

aber auch aus den statistischen Landesämtern<br />

oder den Ministerien zusammengeführt, laufend<br />

aktualisiert <strong>und</strong> <strong>für</strong> unterschiedliche Berichtsformate<br />

aufbereitet werden.<br />

These 4: Das Verfahren der Modernen Sozialplanung<br />

<strong>und</strong> das Instrument Sozialmonitoring<br />

bieten die Chance, diverse Handlungsfelder<br />

<strong>und</strong> Akteursgruppen in einem strategischen<br />

Steuerungskreislauf einzubinden.<br />

on, Inklusion <strong>und</strong> strategischer Zielplanung<br />

entspricht. Das Handbuch „Moderne Sozialplanung“<br />

beschreibt umfassend <strong>und</strong> systematisch<br />

eine solche Vorgehensweise. Eine Vielzahl von<br />

Instrumenten steht zur Verfügung, um Partizipation<br />

praktisch umsetzbar zu machen, ohne<br />

Prozesse in unrealistischer Weise zu verkomplizieren<br />

oder aufwändig zu machen. Ein besonderes<br />

Augenmerk wurde in dem Handbuch<br />

der Verknüpfung von sozialpolitischen Planungsprozessen<br />

mit der Haushaltsplanung gewidmet.<br />

Nur wenn die Planung von Anfang an<br />

den verfügbaren oder notwendigen Ressourcenrahmen<br />

mitbehandelt, lassen sich Konflikte<br />

mit den „Finanzern“ <strong>und</strong> Frustrationserlebnisse<br />

bei den fachlich Verantwortlichen vermeiden.<br />

These 5: Controlling <strong>und</strong> (externe) Evaluation<br />

liefern die Informationen im Sinne von<br />

These 2.<br />

Wenn Sozialplanung Steuerungsunterstützung<br />

ist – so haben wir sie definiert <strong>und</strong> eingeordnet<br />

– dann ist Teil der Sozialplanung auch ein strategisches<br />

<strong>und</strong> operatives Controlling. Das strategische<br />

Controlling liefert uns immer wieder<br />

Informationen darüber, ob wir vor Ort die richtigen<br />

Produkte <strong>und</strong> Leistungen am richtigen<br />

Ort zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen<br />

Qualität anbieten. Das operative Controlling<br />

informiert uns darüber, ob wir das, was wir tun,<br />

richtig tun, das heißt vor allem: effizient. Interkommunale<br />

Leistungsvergleiche, die die KGSt<br />

<strong>für</strong> ganz viele unterschiedliche Handlungsfelder<br />

anbietet, machen einen Quervergleich <strong>und</strong><br />

ein Lernen von den Besten (Benchmarking)<br />

möglich. Die KGSt hat inzwischen viele Werte<br />

aus den Vergleichsringen veröffentlicht <strong>und</strong><br />

stellt sie ihren Mitgliedern in dem KGSt-Portal<br />

zur Verfügung. Wenn darüber hinaus zu besonders<br />

relevanten Fragestellungen systematische<br />

Evaluationen erfolgen <strong>und</strong> praxisgerecht<br />

aufbereitet werden, dann werden wir gemeinsam<br />

an Wissen gewinnen, um in unserem Handeln,<br />

vor allem im Sinne unserer K<strong>und</strong>/innen<br />

<strong>und</strong> Klient/innen, besser zu werden.<br />

Dr. Alfred Reichwein,<br />

Kommunale Gemeinschaftsstelle <strong>für</strong><br />

Verwaltungsmanagement (KGSt) Köln<br />

19<br />

Wirkungen auslösen. So nimmt man z.B. an,<br />

dass eine Phase intensiver sozialpädagogischer<br />

Familienhilfe den Aufwand bei den Hilfen<br />

zur Erziehung deutlich reduziert. Es gibt Kommunen,<br />

die mit dieser Argumentation auch in<br />

einer schwierigen Haushaltssituation zusätzliche<br />

Stellen begründet <strong>und</strong> eingerichtet haben.<br />

Was leider bisher fehlt, ist eine systematische<br />

<strong>und</strong> wissenschaftlichen Ansprüchen genügen-<br />

Neben den auf die Verbesserung des Wissens<br />

orientierten Maßnahmen benötigen Kommunen<br />

Verfahren oder Prozesse, die so gestaltet<br />

<strong>und</strong> angelegt sind, dass die Qualität von Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> Kollaboration mit den Akteuren<br />

der Stadtgesellschaft, den Bürger/innen,<br />

den Initiativen, den Unternehmen <strong>und</strong><br />

Vereinen <strong>und</strong> den Trägern der freien Wohlfahrtspflege<br />

den Gr<strong>und</strong>sätzen von Partizipati-


Soziale, ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

20<br />

Die Zeit ist reif! Entwurf <strong>für</strong> eine integrierte<br />

Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichterstattung in Berlin<br />

lak-Präsentation auf dem Workshop „Daten <strong>für</strong> Taten“<br />

künftig das Entstehen neuer <strong>und</strong> die Überwindung<br />

bereits bestehender Armutslagen in Berlin<br />

gelingen kann (vgl. Abb. 1).<br />

Wie dies konkret aussehen könnte, wird nachfolgend<br />

am Beispiel des Lebenslagenbereichs<br />

Arbeit dargestellt.<br />

Beispiel Lebenslagenbereich Arbeit:<br />

Armutsindikatoren<br />

In einer intensiven Recherche wurden durch die<br />

Fachgruppe „Armutsbegriff“ der lak Berlin <strong>für</strong><br />

jeden der sechs o. g. Lebenslagenbereiche die<br />

relevanten Armutsindikatoren identifiziert. Sie<br />

geben Hinweise auf die Entwicklung des jeweiligen<br />

Lebenslagenbereichs. Für den Lebenslagenbereich<br />

Arbeit sind beispielsweise zunächst<br />

folgende Aspekte zu nennen:<br />

n Zugang zum Arbeitsmarkt<br />

n Arbeitslosigkeit/Erwerbsbeteiligung<br />

n Prekäre Beschäftigung<br />

n Selbständige Freiberufler/innen<br />

n Lohnentwicklung<br />

n Öffentlich geförderte Beschäftigung<br />

n Mindestsicherungsleistungen<br />

Strukturmerkmale eines integrierten Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichts<br />

Folgende Strukturmerkmale sollte ein integrierter Armuts- <strong>und</strong> Sozialbericht u. E. haben:<br />

1. Einleitung, in der Ziele, Akteursgruppen <strong>und</strong> f. inkl. der Auswirkungen auf die anderen<br />

Adressat/innen des Berichts klar benannt<br />

Lebenslagenbereiche (s. o.)<br />

werden<br />

g. mit Verlinkungen / Verweisen auf<br />

2. Daten zu Armutsindikatoren in den<br />

bestehende, detailliertere Berichte<br />

Lebenslagenbereichen Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit, h. inkl. Erkenntnissen aus qualitativen<br />

Wohnen, Bildung, Partizipation <strong>und</strong> Konsum<br />

Forschungen, wenn vorhanden<br />

a. verknüpft mit den Daten zu Einkommen <strong>und</strong> i. mit Benennung von Defiziten in der<br />

Vermögen<br />

Datenlage <strong>und</strong> nötigen Lückenschlüssen<br />

b. dargestellt nach Geschlecht, Alter <strong>und</strong> 3. Übergreifende Schlussfolgerungen<br />

Migrationsstatus<br />

4. Forderungen / Empfehlungen / Diskussion des<br />

c. Daten auf Bezirksebene (wo möglich <strong>und</strong> Berichts<br />

nötig)<br />

5. Anhang<br />

d. im Zeitvergleich zu früheren Berichten<br />

a. Ausführliche Quellenangaben <strong>und</strong><br />

e. mit Vergleich zu Daten aus Brandenburg<br />

Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik insgesamt<br />

b. Glossar<br />

Abbildung 1: Strukturmerkmale eines integrierten Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichtes.<br />

Ausgangssituation<br />

Seit ihrer Gründung im Dezember 2009 fordert<br />

die Landesarmutskonferenz Berlin (lak Berlin)<br />

die politisch Verantwortlichen zur Entwicklung<br />

einer integrierten Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichterstattung<br />

in Berlin auf. Die lak Berlin hat dabei<br />

ein Armutsverständnis entwickelt, das weit<br />

über materielle Entbehrungen hinausgeht:<br />

„Unter Armut verstehen wir die Kumulation von<br />

Unterversorgungslagen <strong>und</strong> sozialen Benachteiligungen.<br />

Armut <strong>und</strong> soziale Ausgrenzung<br />

sind nicht allein über objektivierbare Daten zu<br />

erfassen, sondern werden auch von subjektivem<br />

Erleben bestimmt. Armut in Deutschland ist<br />

relativ zu betrachten <strong>und</strong> dem Lebensstandard<br />

der Gesamtbevölkerung ge genüberzustellen.<br />

Einkommensarmut (lt. EU-Vereinbarung weniger<br />

als 60 Prozent des regionalen oder nationalen<br />

Durchschnittseinkommens) ist dabei als<br />

Schlüsselmerkmal von Armut zu verstehen, da<br />

sie auf alle anderen Lebensbereiche des Menschen<br />

Einfluss hat. (…)“ (Auszug aus der Präambel<br />

der Geschäftsordnung der lak Berlin).<br />

Eine integrierte Armuts- <strong>und</strong> Sozialberichterstattung<br />

<strong>für</strong> Berlin nach unserem Verständnis<br />

muss die Auswirkungen von spezifischen<br />

Armutslagen auf die jeweils anderen Lebensbereiche<br />

beschreiben <strong>und</strong> analysieren. Im Gegensatz<br />

zu vielen bereits vorliegenden Spezialberichten<br />

in Berlin ist somit eine lebenslagenübergreifende<br />

– <strong>und</strong> damit auch ressortübergreifende<br />

– Berichterstattung zu entwickeln. Darüber<br />

hinaus müssen Schlussfolgerungen gezogen<br />

<strong>und</strong> Empfehlungen gegeben werden, wie zu -<br />

LB Arbeit:<br />

Geringes<br />

Einkommen<br />

LB Konsum:<br />

Zu wenig Geld<br />

<strong>für</strong> ÖPNV<br />

Ein Armutsindikator im Kontext von „Lohnentwicklung“<br />

wäre bspw. ‚Einkommen <strong>und</strong> Verdienste<br />

nach Branchen <strong>und</strong> Geschlecht‘. Wie<br />

bereits ausgeführt, verfolgt die Landesarmutskonferenz<br />

das Anliegen, die Zusammenhänge<br />

zwischen den Lebenslagenbereichen<br />

deutlich zu machen, was nachfolgend an einem<br />

Beispiel visualisiert wird:<br />

Unter dem Motto des Workshops „Daten <strong>für</strong><br />

LB Partizipation:<br />

Geringere Nutzung<br />

kultureller Angebote<br />

Abbildung 2: Bsp.: Zusammenhänge zwischen den Lebenlagenbereichen (eigene Abb.)<br />

Taten“ beim 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

weisen wir darauf hin, dass die Datenerfassung<br />

<strong>und</strong> -zusammenführung unter dem Blickwinkel<br />

der Armutsbekämpfung eine neue Qualität<br />

in der Berliner Sozialberichterstattung darstellen<br />

würde, die wir hiermit einfordern.<br />

Umsetzung <strong>und</strong> Realisierung<br />

Wie eine Umsetzung <strong>und</strong> Realisierung der von<br />

uns vorgeschlagenen integrierten Armuts- <strong>und</strong><br />

Sozialberichterstattung aussehen könnte, zeigt<br />

die nachfolgende Abbildung auf:<br />

Steuerung / Verantwortung Beirat<br />

Übergeordnete Stelle in der Senatskanzlei Alle Akteursgruppen<br />

Datensammlung<br />

Amt <strong>für</strong> Statistik<br />

Bln-BB<br />

Berichterstellung<br />

1. Deskription<br />

Amt <strong>für</strong> Statistik<br />

Bln-BB<br />

2. Empfehlungen/<br />

Aktionsplan:<br />

Wissenschaft<br />

Kommentare als<br />

Anlage zum Bericht<br />

Politik, Wohlfahrtsverbände,<br />

Iak etc.<br />

Endbericht zur<br />

Veröffentlichung<br />

Zuarbeit zu 1.<br />

(inkl.<br />

Überprüfung<br />

auf inhaltlichte<br />

Fehler)<br />

Senatsressorts,<br />

Wissenschaft etc.<br />

Abbildung 3: Umsetzung <strong>und</strong> Realisierung<br />

(eigene Abb.)<br />

Im Gegensatz bspw. zum kontrovers diskutierten<br />

4. Armuts- <strong>und</strong> Reichtumsbericht der B<strong>und</strong>esregierung<br />

wird so in allen Stadien der Entwicklung<br />

eine neutrale <strong>und</strong> von Abhängigkeiten<br />

unbeeinflusste Berichterstellung ermöglicht.<br />

Nach Veröffentlichung des Berichts muss zudem<br />

ein Auftrag des Abgeordnetenhauses an die<br />

politisch Verantwortlichen gehen, aufgr<strong>und</strong> der<br />

vorgelegten Daten <strong>und</strong> Empfehlungen eine<br />

gesamtstädtische Strategie zur Überwindung<br />

von Armutslagen in Berlin zu entwickeln.<br />

In Art <strong>und</strong> Form sollte die Berichterstattung<br />

parallel in zwei Varianten erfolgen:<br />

1. 2-jährliche Berichterstattung – kompakt <strong>und</strong><br />

übersichtlich<br />

2. Eigene Website – umfassend, tagesaktuell<br />

<strong>und</strong> interaktiv<br />

Ein in weiteren Details ausgearbeiteter Vorschlag<br />

der lak Berlin soll noch 2013 zur Diskussion<br />

in die zuständigen Senatsressorts, die Fraktionen<br />

im Abgeordnetenhaus sowie weiteren<br />

Akteursgruppen gegeben werden: Die Zeit ist<br />

reif!<br />

Susanne Gerull / Wiebke Rockhoff<br />

<strong>für</strong> die Fachgruppe „Armutsbegriff“<br />

der lak Berlin<br />

Eine ausführlichere Version des Beitrages finden<br />

Sie in der Kongressdokumentation.


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> in der Arbeitswelt<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

in der Arbeitswelt<br />

Ges<strong>und</strong>heit unter den Bedingungen des SGB II /<br />

ReSuDi / Positionspapier des AK BGF<br />

„Der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> kommt eine<br />

Schlüsselrolle zu…“<br />

Workshop „Ges<strong>und</strong>heit unter den Bedingungen des SGB II“<br />

Das Problem der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit<br />

besteht in Deutschland weiterhin – trotz<br />

einer vergleichsweise guten Arbeitsmarktlage.<br />

H<strong>und</strong>erttausende Menschen sind seit vielen Jahren<br />

vom staatlichen Leistungssystem abhängig.<br />

Darunter sind viele Menschen, die unter ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Einschränkungen leiden. Dabei sind<br />

die Wechselwirkungen zwischen Arbeitslosigkeit<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsproblemen bekannt <strong>und</strong> seit<br />

langem Gegenstand sozialwissenschaftlicher Untersuchungen.<br />

Krankheiten führen zu Arbeitsplatzverlust.<br />

Im Leistungsbezug nehmen die Probleme<br />

dann zu (siehe z.B. DGB 2010).<br />

Ges<strong>und</strong>heitliche Einschränkungen als<br />

„Arbeitsmarkthemmnis“<br />

Belegt ist, dass eine<br />

große Gruppe von SGB-<br />

II-Leistungsbezieher/<br />

innen ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Einschränkungen hat.<br />

37 Prozent sind nach<br />

Berechnungen des Instituts<br />

<strong>für</strong> Arbeitsmarkt<strong>und</strong><br />

Berufsforschung<br />

Menschen mit Behinderung<br />

oder schwerwiegenden<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Einschränkungen.<br />

Hinzu kommt, dass dieses<br />

so genannte „Arbeitsmarkthemmnis“<br />

nicht isoliert vorkommt,<br />

sondern mit anderen<br />

Problemen zusammen<br />

wirkt. Bei r<strong>und</strong> zwei<br />

Dritteln der Leistungsbezieher/innen<br />

sind<br />

mindestens zwei Merkmale<br />

feststellbar, die<br />

ihre Chance auf einen<br />

Wiedereinstieg in den<br />

Arbeitsmarkt deutlich<br />

schmälern (Achatz/<br />

Trappmann 2011). Dabei<br />

stechen ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Einschränkungen<br />

in Kombination mit<br />

weiteren Problemlagen<br />

deutlich heraus.<br />

Insgesamt kommt der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> im<br />

SGB II somit eine Schlüsselrolle zu. Soziale Teilhabe<br />

<strong>und</strong> Integration in den Arbeitsmarkt bzw.<br />

eine erfolgreiche Aufweichung des harten Kerns<br />

der Langzeitarbeitslosigkeit erscheinen nur realistisch,<br />

wenn ges<strong>und</strong>heitsfördernde Konzepte<br />

gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> auch umgesetzt werden. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> muss das SGB II mitsamt seiner<br />

zentralen Akteure hinterfragt <strong>und</strong> nach neuen<br />

Lösungen gesucht werden. Hier hat ein Workshop<br />

im Rahmen des 18. Kongress Armut <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit versucht, ein neues Licht auf diese<br />

Schlüsselproblematik zu werfen.<br />

Behutsamkeit <strong>und</strong> gegenseitiges<br />

Vertrauen vonnöten<br />

In Studien wird immer wieder deutlich, dass die<br />

Leistungsbezieher/innen im SGB II eine äußerst<br />

heterogene Gruppe dar stellen. Gerade Wahrnehmungen,<br />

Deutungen <strong>und</strong> biografische Einordnungen<br />

ihrer jeweiligen Lage spielen eine wichtige<br />

Rolle, auch im Zusammenhang mit Erkrankungen.<br />

Daher kommt der Diagnosekompetenz der<br />

Fachkräfte in den Jobcentern in dieser Hinsicht<br />

eine wichtige Rolle zu. Hier haben Studien allerdings<br />

Defizite festgestellt (Möller et al. 2009).<br />

Diese haben mit den Arbeitsbedingungen, Stellenausstattungen<br />

<strong>und</strong> Belastungssituationen in<br />

den Jobcentern, aber auch mit der Auswahl der<br />

Fachkräfte zu tun. Gleichzeitig sind in diesem Zusammenhang<br />

die rigiden Regelungen kritisch zu<br />

hinterfragen, die beispielsweise heftige, automatisch<br />

greifende Sanktionen bei Pflichtverletzungen<br />

vorsehen, die bei Jugendlichen bis zur kompletten<br />

Streichung aller Hilfeleistungen reichen<br />

können. Zu thematisieren ist, wie unter diesen<br />

Bedingungen ein Arbeiten mit Menschen möglich<br />

ist, das Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Teilhabe ermöglicht <strong>und</strong><br />

in dieser Hinsicht ein gewisses Maß an Behutsamkeit<br />

<strong>und</strong> gegenseitigem Vertrauen erfordert.<br />

Gestaltung eines sozialen Arbeitsmarktes<br />

Ein Lösungsvorschlag liegt mit der Gestaltung eines<br />

sozialen Arbeitsmarktes auf dem Tisch. Die in<br />

der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege<br />

vertretenen Verbände treten da<strong>für</strong><br />

ein, <strong>für</strong> besonders arbeitsmarktferne Personen<br />

Einfacharbeitsplätze bei unterschiedlichen Arbeitgeber/innen<br />

zu erschließen <strong>und</strong> so neue Lebensperspektiven<br />

zu schaffen <strong>und</strong> Teilhabe zu<br />

21


<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> in der Arbeitswelt<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

ermöglichen. Wenn Menschen die Erfahrung machen,<br />

dass sie durch Leistung eigenes Geld verdienen<br />

können <strong>und</strong> gebraucht werden, dann ist<br />

das auch ein wichtiger Beitrag zur ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

<strong>Prävention</strong>. Eine Studie, die 2010 in der<br />

„caritas“ veröffentlicht wurde, belegt diese Effekte<br />

exemplarisch: Beispielhaft wird eine 58-Jährige<br />

Frau herangezogen, die davon berichtet, dass<br />

es ihr ges<strong>und</strong>heitlich durch die Tätigkeit in Arbeitsgelegenheiten<br />

besser ging als vorher in der<br />

Arbeitslosigkeit (Pohlmann 2010).<br />

Momentan sind derartige Maßnahmen durch die<br />

Verschlechterung der förderrechtlichen Voraussetzungen<br />

mit der Instrumentenreform des Jahres<br />

2011/12 rar geworden. Gr<strong>und</strong> genug, einen<br />

sozialen Arbeitsmarkt umzusetzen, der echte<br />

Perspektiven schafft. Entsprechend haben sich<br />

die meisten Sachverständigen aus der Wissenschaft<br />

in einer öffentlichen Anhörung des<br />

Ausschusses <strong>für</strong> Arbeit <strong>und</strong> Soziales im April<br />

2013 <strong>für</strong> die Einrichtung eines sozialen Arbeitsmarktes<br />

ausgesprochen (Ausschussdrucksache<br />

17(11)1112).<br />

Dr. Joß Steinke,<br />

AWO B<strong>und</strong>esverband Berlin<br />

Literatur beim Verfasser<br />

ReSuDi<br />

Multiplikatorenkonzept wird im Rahmen des Fachforums<br />

„Betriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> zur Stärkung psychischer<br />

Ges<strong>und</strong>heit“ vorgestellt<br />

<strong>und</strong> angelernte Beschäftigte bei kultureller Diversität.<br />

Das Schulungskonzept wurde von der<br />

Universität Hamburg, Bereich Arbeits- <strong>und</strong> Organisationspsychologie<br />

in Zusammenarbeit<br />

mit der AOK NORDWEST <strong>und</strong> anderen Krankenkassen<br />

<strong>und</strong> <strong>Prävention</strong>sanbietern entwickelt<br />

<strong>und</strong> in Kooperation mit verschiedenen Unternehmen<br />

erfolgreich durchgeführt.<br />

22<br />

ReSuDi ist ein Multiplikatorenprogramm, das<br />

seine Stress reduzierende Wirkung über die<br />

Ausbildung von Mitarbeiter/innen zu so genannten<br />

Peer-Mentor/innen entfaltet. Diese<br />

sollen ihre Kolleg/innen bei der Thematisierung<br />

<strong>und</strong> Bewältigung arbeitsbezogener Ges<strong>und</strong>heitsprobleme<br />

unterstützen. Als Handwerkszeug<br />

werden ihnen Wissen über den<br />

Stressprozess <strong>und</strong> Methoden wie Aktives Zuhören,<br />

Problemlösen oder Konfliktmoderation<br />

vermittelt. Parallel dazu werden die Führungskräfte<br />

in ges<strong>und</strong>heitsförderlicher Mitarbeiterführung<br />

<strong>und</strong> Arbeitsgestaltung geschult. In<br />

Workshops mit der Geschäftsleitung, dem Personalbereich<br />

<strong>und</strong> dem Betriebsrat werden die<br />

Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Tätigkeit der<br />

Peer-Mentor/innen <strong>und</strong> der Führungskräfte geklärt,<br />

um die Nachhaltigkeit der Maßnahme zu<br />

sichern.<br />

Ziel des Fachforums „Betriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

zur Stärkung psychischer Ges<strong>und</strong>heit“<br />

war es, das Engagement der Akteure<br />

in der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

(GKV) auf dem Gebiet der Betrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

darzustellen. Der Schwerpunkt<br />

lag auf dem Handlungsfeld „Stärkung<br />

der psychischen Ges<strong>und</strong>heit“, das aufgr<strong>und</strong><br />

der Zunahme psychischer Belastungen in der<br />

Arbeitswelt allgemein an Bedeutung gewonnen<br />

hat.<br />

Auch die Krankenkassen tragen dieser Entwicklung<br />

Rechnung, indem sie ihre Aktivitäten<br />

zur Reduktion von psychischen Belastungen<br />

ausbauen. Der im Fachforum vorgestellte <strong>Prävention</strong>sbericht<br />

der GKV belegte eindrücklich,<br />

dass mittlerweile bei der Hälfte der Kassen getragenen<br />

Interventionen Fragen des Stressmanagements<br />

sowie bei einem Drittel der Interventionen<br />

die ges<strong>und</strong>heitsgerechte Mitarbeiterführung<br />

Berücksichtigung finden.<br />

Am Beispiel des Projekts ReSuDi konnte dargestellt<br />

werden, wie die Stärkung der psychischen<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>für</strong> die Zielgruppe der Beschäftigten<br />

in un- <strong>und</strong> angelernten Tätigkeiten<br />

aussehen kann. Viele un- <strong>und</strong> angelernte Beschäftigte<br />

haben einen Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />

Am Arbeitsplatz sind sie speziellen Belastungen<br />

ausgesetzt. Das Erkrankungs- <strong>und</strong> Sterberisiko<br />

von Geringqualifizierten ist statistisch<br />

höher als das von Höherqualifizierten. Trotzdem<br />

wird diese Zielgruppe in der <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

bisher noch zu wenig berücksichtigt<br />

oder schlecht erreicht.<br />

Schulungskonzept von ReSuDi<br />

Das <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>sprogramm ReSuDi<br />

kann hier Abhilfe schaffen. ReSuDi steht <strong>für</strong><br />

Ressourcen- <strong>und</strong> Stressmanagement <strong>für</strong> un-<br />

Evaluation von ReSuDi<br />

Anhand der Evaluationsergebnisse konnte die<br />

Wirksamkeit von ReSuDi aufgezeigt werden.<br />

Aus Sicht der AOK NORDWEST als <strong>Prävention</strong>sanbieter<br />

wurden die Potentiale <strong>und</strong> der Nutzen<br />

von ReSuDi auf dem Kongress dargestellt. Es<br />

wurde darauf hingewiesen, dass sich ReSuDi<br />

sehr gut mit dem ganzheitlichen Ansatz in der<br />

Betrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> <strong>und</strong> dem<br />

Ges<strong>und</strong>heitszirkelkonzept verknüpfen lässt.<br />

ReSuDi stellt somit eine wichtige Weiterentwicklung<br />

in der Betrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

dar.<br />

Darüber hinaus kann im Nachgang zum Thema<br />

des 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit festgehalten<br />

werden, dass ReSuDi sowohl wegen<br />

der Zielgruppe des Projekts als auch in Bezug<br />

auf das Thema „Brücken bauen zwischen Wissen<br />

<strong>und</strong> Handeln“ ein viel versprechendes Beispiel<br />

guter Praxis ist. Projekte wie ReSuDi verdeutlichen,<br />

wie wichtig die Zusammenarbeit<br />

zwischen Universitäten <strong>und</strong> intermediären Or-


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> in der Arbeitswelt<br />

ganisationen wie den Krankenkassen ist <strong>und</strong><br />

welche Chancen sie bietet. So ermöglicht es<br />

der Multiplikatorenansatz im Projekt ReSuDi,<br />

mittels des bei den <strong>Prävention</strong>sanbietern tätigen<br />

Fachpersonals komplexes Ges<strong>und</strong>heitswissen<br />

in die Unternehmen zu transportieren.<br />

Der Nachweis der Wirksamkeit dient dabei der<br />

Qualitätssicherung.<br />

ReSuDi überzeugte schließlich auch die (in<br />

Bezug auf die GKV getragene <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

sehr kritischen) Besucher/innen unseres<br />

Fachforums „Betriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

zur Stärkung psychischer Ges<strong>und</strong>heit“.<br />

Die Teilnehmer/innen stellten viele inhaltliche<br />

Rückfragen zum Projekt ReSuDi <strong>und</strong> konnten<br />

auf die Internetseite www.resudi.uni-hamburg.<br />

de sowie die geplante Veröffentlichung der<br />

Projektergebnisse verwiesen werden.<br />

Mit einem weiteren Brückenbaubeispiel aus<br />

dem Bereich der GKV, der Vorstellung der Instrumente<br />

<strong>und</strong> Medien, die im Projekt „Psychische<br />

Ges<strong>und</strong>heit in der Arbeitswelt“ (psyGA)<br />

entwickelt wurden, klang das Forum aus.<br />

Dr. Christine Busch, Universität Hamburg<br />

Dipl. Soz. Frigga Maßholder, AOK NORDWEST<br />

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz<br />

Das Positionspapier des Arbeitskreises Betriebliche<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

Die Thematik psychischer Belastungen am Arbeitsplatz<br />

ist seit etwa 10 Jahren ein brisantes<br />

Thema in Expertenkreisen. Seit geraumer Zeit<br />

erlangt das Thema auch in der Öffentlichkeit an<br />

Interesse, nicht zuletzt durch Berichte in den<br />

Medien wie über den BAuA Stressreport 2012.<br />

Um der zunehmenden Bedeutung des Themas<br />

Rechnung zu tragen, hat sich auch der Arbeitskreis<br />

Betriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> (AK<br />

BGF) von Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg e. V.<br />

im Jahr 2012 vertieft mit den „Psychischen Belastungen<br />

in der Arbeitswelt“ beschäftigt. Aus<br />

der Diskussion im Arbeitskreis ist die Forderung<br />

nach Konsequenzen entstanden. Diese<br />

Forderungen wurden in einem Positionspapier<br />

zusammengefasst <strong>und</strong> im Februar des Jahres<br />

2013 veröffentlicht. Auch der Kongress Arbeit<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit hat 2013 verschiedene Workshops<br />

zu diesem Themenfeld angeboten.<br />

Ausgangslage<br />

Die zunehmende Bedeutung psychischer Erkrankungen<br />

am Arbeitsplatz <strong>für</strong> Arbeitnehmer/<br />

innen <strong>und</strong> die Gesellschaft lassen sich besonders<br />

eindrücklich an den Statistiken der Krankenkassen<br />

ablesen. Dort nehmen psychische<br />

Erkrankungen <strong>und</strong> Verhaltensstörungen inzwischen<br />

einen Raum von neun Prozent ein (Badura<br />

et al., 2011). Bemerkenswert ist vor allem die<br />

starke Zunahme, die dieser Bereich in den letzten<br />

Jahren erfahren hat. Blieb in den anderen<br />

Bereichen die Verteilung relativ stabil, nahmen<br />

die Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen<br />

von 2001 bis 2010 um knapp 40<br />

Prozent zu. Als Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> wird ein verändertes<br />

Diagnoseverhalten der krankschreibenden<br />

Ärzt/innen diskutiert <strong>und</strong> ein offenerer Umgang<br />

der Betroffenen mit ihren Leiden. Aber<br />

auch eine tatsächliche Zunahme der Fallzahlen<br />

durch veränderte Ansprüche in der Arbeitswelt<br />

ist laut Expertenmeinung nicht von der Hand zu<br />

weisen. Besonders der Wandel von physisch<br />

zu psychisch anspruchsvoller Arbeit bringt diese<br />

Veränderung mit sich.<br />

Handlungsbedarfe<br />

Die geschilderten Entwicklungen zeigen den<br />

dringenden Handlungsbedarf zur Reduktion<br />

arbeitsbedingter Belastungen <strong>und</strong> Beanspruchungen<br />

auf. Daher wird im Positionspapier<br />

deutlich herausgestellt, dass ein systematisches<br />

Betriebliches Ges<strong>und</strong>heitsmanagement<br />

(BGM) diesbezüglich Handlungsmöglichkeiten<br />

anbietet <strong>und</strong> nach bisherigen Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Erkenntnissen Handlungsziele abgeleitet werden<br />

können.<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> ein prof<strong>und</strong>es Ges<strong>und</strong>heitsmanagement<br />

wird zunächst eine professionelle<br />

Gefährdungsanalyse an den Arbeitsplätzen<br />

betrachtet. Diese muss eine Beurteilung psychischer<br />

Belastungen mit einschließen, was in<br />

der Vergangenheit aufgr<strong>und</strong> von Unsicherheiten<br />

hinsichtlich der konkreten Vorgehensweise<br />

oft vernachlässigt wurde. Mit den gewonnenen<br />

Ergebnissen gilt es im Anschluss, Interventionen<br />

zu planen, zu priorisieren <strong>und</strong> durchzuführen.<br />

Dabei sollten Maßnahmen der Verhältnisprävention<br />

gegenüber Maßnahmen der Verhaltensprävention<br />

einen besonders großen<br />

Stellenwert erhalten <strong>und</strong> die Verantwortung<br />

des Arbeitgebers <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit der Beschäftigten<br />

bekräftigt werden.<br />

Um eine gute Akzeptanz <strong>und</strong> Nachhaltigkeit<br />

der Angebote zu gewährleisten, wird es als unerlässlich<br />

betrachtet, die Betroffenen in die<br />

konkrete Planung, Durchführung <strong>und</strong> Evaluation<br />

aller Angebote einzubeziehen. Des Weiteren<br />

entwickelte der AK BGF bereits in 2011<br />

Qualitätskriterien, die er <strong>für</strong> die Umsetzung<br />

von BGF/ BGM empfiehlt.<br />

Systematische <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> geht<br />

über den reinen Arbeitsschutz, der vor allem an<br />

der Identifizierung <strong>und</strong> Minimierung von Risiken<br />

ansetzt, hinaus. Vielmehr geht es auch darum,<br />

die Ressourcen der Beschäftigten in den<br />

Blick zu nehmen, diese zu stärken <strong>und</strong> zu nutzen,<br />

um Arbeit auf aktive Weise ges<strong>und</strong>heitsförderlich<br />

zu gestalten.<br />

Auf personenbezogener, also verhaltenspräventiver<br />

Ebene setzt in diesem Zusammenhang<br />

das Resilienzkonzept an. Die Resilienzforschung<br />

konnte zeigen, dass manche Menschen<br />

über bestimmte Kompetenzen <strong>und</strong> Stärken<br />

verfügen, die es ihnen erlauben, schwierige<br />

Umstände zu meistern, diese <strong>für</strong> ihre Entwicklung<br />

zu nutzen anstatt unter ihnen ges<strong>und</strong>heitlich<br />

zu leiden. Eine Förderung <strong>und</strong> Stärkung<br />

dieser Ressourcen, beispielsweise durch Beratungen<br />

oder Trainings, bietet sich somit ebenfalls<br />

als eine vielversprechende Möglichkeit<br />

an, den steigenden, häufig wechselnden Anforderungen<br />

in der Arbeitswelt angemessen begegnen<br />

zu können.<br />

Das Positionspapier <strong>und</strong> die Qualitätskriterien<br />

des Arbeitskreises Betriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

erhalten Sie über die Webseite des<br />

Vereins Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg unter<br />

www.ges<strong>und</strong>heitbb.de .<br />

Dipl. Psych. Lea Grabley,<br />

Dipl. Psych. Claudia Redetzky <strong>und</strong> Detlef Kuhn<br />

(Sprecher des AK BGF),<br />

Zentrum <strong>für</strong> Angewandte <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften<br />

(ZAGG) GmbH<br />

Literatur bei den Verfasser/innen<br />

Kontakt:<br />

Claudia Redetzky<br />

info@zagg.de<br />

Tel.: (030) 30695620<br />

Fax: (030) 30695666<br />

www.zagg.de<br />

23


Patienteninteressen<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Patienteninteressen<br />

Selbsthilfeorganisationen als Brückenbauer /<br />

Patientenstärkung<br />

24<br />

Selbsthilfeorganisationen als Brückenbauer<br />

Bericht zum Fachforum „Betroffenheit, Ges<strong>und</strong>heitskompetenz,<br />

Ges<strong>und</strong>heitsselbsthilfe“<br />

Wer sich noch nicht gefragt hat, ob im Zug oder<br />

im Bus die Haltestellen besser über eine LED-<br />

Tafel oder eine LCD-Tafel angezeigt werden<br />

sollen, gehört wahrscheinlich zu den Menschen,<br />

die mit dem Sehen<br />

keine nennenswerten Probleme<br />

haben. Doch inzwischen<br />

ist dazu eine wissenschaftliche<br />

Untersuchung durchgeführt<br />

worden. Im Ergebnis<br />

zeigt sich, dass Menschen<br />

mit Sehbehinderungen eindeutig<br />

LED-Tafeln <strong>für</strong> besser<br />

halten.<br />

Brücken bauen zur<br />

Wissenschaft<br />

Die Initiative zu dieser Studie<br />

ging vom Deutschen Blinden<strong>und</strong><br />

Sehbehindertenverband<br />

aus. Andreas Bethke, der Geschäftsführer<br />

dieser Selbsthilfeorganisation,<br />

verdeutlichte<br />

in seinem Vortrag auf<br />

dem Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit,<br />

dass Fragen der<br />

Normierungen <strong>für</strong> die visuelle<br />

Gestaltung in öffentlichen<br />

Räumen ein sehr wichtiges<br />

Thema <strong>für</strong> seine Selbsthilfeorganisation<br />

sind. Für Andreas<br />

Bethke zeigt das Beispiel<br />

dieser Studie nicht nur, dass<br />

die organisierte Selbsthilfe<br />

sich <strong>für</strong> die Interessen blinder<br />

<strong>und</strong> sehbehinderter Menschen<br />

einsetzt. Das Beispiel zeigt vielmehr<br />

auch, dass Selbsthilfeorganisationen mit Wissenschaftler/innen<br />

ebenso verb<strong>und</strong>en sind wie<br />

z. B. auch mit Ministerien <strong>und</strong> Behörden. So<br />

können repräsentative Erkenntnisse, die die<br />

Wissenschaft durch Befragung von vielen Betroffenen<br />

gewinnt, <strong>für</strong> die Anwendung in der<br />

Lebenswelt erschlossen werden.<br />

Bei vielen Akteur/innen im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

liegt ein Bedarf an Information <strong>und</strong> Kenntnissen<br />

vor. Und so konnte Andreas Bethke berichten,<br />

dass der Deutsche Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenverband<br />

ein Fortbildungskonzept <strong>für</strong><br />

Arzthelfer/innen entwickelt hat, weil Sehbeeinträchtigungen<br />

<strong>und</strong> Sehbehinderungen im<br />

Zusammenhang des demografischen Wandels<br />

immer häufiger vorkommen. Arztpraxen <strong>und</strong><br />

andere Einrichtungen sowie Fachkräfte sind<br />

aber immer noch nicht ausreichend auf Menschen<br />

mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen<br />

eingerichtet. In einem Jahr erreicht der<br />

Deutsche Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenverband<br />

über verschiedene Aktionen eine Vielzahl<br />

an Senioreneinrichtungen. Er trägt auf diese<br />

Weise dazu bei, dass sich die Leitungen, die<br />

Mitarbeitenden, aber auch die Angehörigen<br />

mit einer sehbehindertenfre<strong>und</strong>lichen Gestaltung<br />

der Wohn- <strong>und</strong> Lebensbereiche auseinander<br />

setzen <strong>und</strong> z.B. die Gestaltung von Treppenstufen<br />

im eigenen Haus prüfen <strong>und</strong> verbessern.<br />

Brücken bauen zwischen verschiedenen<br />

Fachdisziplinen<br />

Dass Selbsthilfeorganisationen durch ihre Projekte<br />

auch Brücken zwischen verschiedenen<br />

Fachdisziplinen bauen, verdeutlichte der Vortrag<br />

von Christine Witte, Referentin <strong>für</strong> Wissenschaft<br />

bei der Deutschen Morbus Crohn/Colitis<br />

Ulcerosa Vereinigung. Aktuell begleitet Witte<br />

ein Evaluationsprojekt an der Universitätsklinik<br />

Würzburg zu einer ambulanten <strong>und</strong> einer<br />

stationären Patientenschulung <strong>für</strong> Menschen,<br />

die von einer entzündlichen Darmerkrankung<br />

betroffen sind. Die Besonderheit des Projektes<br />

liegt darin, dass durch die Anregung einer<br />

Selbsthilfeorganisation eine Patientenschulung<br />

entwickelt wird, die die Handlungsmög-


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Patienteninteressen<br />

lichkeiten der betroffenen Menschen verbessert.<br />

Und der Nutzen dieser Patientenschulung<br />

– eines Seminars – wird begleitend wissenschaftlich<br />

geprüft <strong>und</strong> auch evaluiert.<br />

Wegweisend auch <strong>für</strong> andere Begleitforschungsprojekte<br />

war aus Sicht der Diskutierenden<br />

des Forums, dass durch die Initiative<br />

der Betroffenen, Form <strong>und</strong> Inhalte von Schulungen<br />

selbst zu bestimmen <strong>und</strong> mitzugestalten,<br />

die beteiligten Wissenschaftler/innen in<br />

einen patientenorientierten <strong>und</strong> zugleich interdisziplinären<br />

Austausch über fachliche Fragen<br />

kommen. Dieser Austausch verbessert vor allem<br />

die alltagsbezogene Anschlussfähigkeit<br />

dieser Konzepte.<br />

Wandel hin zur professionsgestützten<br />

Teilhabe<br />

Professor Johann Behrens von der Universität<br />

Halle Wittenberg stellte einen starken Wandel<br />

im Versorgungs- <strong>und</strong> Unterstützungssystem in<br />

Richtung auf eine professionsgestützte Teilhabe<br />

fest: Während es früher in der Regel zu einer<br />

Bevorm<strong>und</strong>ung von Patient/innen kam, sei<br />

heute die Aufgabe der professionellen Fachkräfte,<br />

Individuen gemäß ihren individuellen<br />

Bedürfnissen so zu unterstützen, dass sie am<br />

Leben teilhaben können. Für die Bereiche Medizin<br />

<strong>und</strong> Pflegewissenschaft zog Behrens daraus<br />

die Konsequenz, dass beide Bereiche ihre<br />

methodische Gr<strong>und</strong>lage der evidenzbasierten<br />

Forschung systematisch erweitern müssen.<br />

Sein Plädoyer lautete, dass Medizin <strong>und</strong> Pflegewissenschaft,<br />

sofern es um evidenzbasierte<br />

Entscheidungen über Interventionen geht, immer<br />

auch berücksichtigen müssen, was der<br />

Patient bzw. die Patientin individuell gemäß<br />

seinen persönlichen Bedürfnissen als evident<br />

wahrnimmt – denn so wird man der Tatsache<br />

gerecht, dass das Handeln in Medizin <strong>und</strong> Pflege<br />

darauf abzielt, dass eine Intervention stets<br />

im individuellen Fall wirksam werden soll.<br />

Brücken bauen im Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />

Die Rollen der Fachkräfte sind also anscheinend<br />

ebenso in einer Veränderung begriffen<br />

wie die Rollen der Menschen, die von einer Erkrankung<br />

oder Behinderung betroffenen sind.<br />

Und hier ist entscheidend, dass durch das Engagement<br />

in einer Selbsthilfeorganisation die<br />

betroffenen Menschen in soziale Lernprozesse<br />

eintreten. Wer sich als betroffene Person in der<br />

ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Selbsthilfe beteiligt,<br />

verbessert so seine spezifische Ges<strong>und</strong>heitskompetenz,<br />

indem er oder sie gegenseitige<br />

emotionale Unterstützung <strong>und</strong> Beratung erfährt.<br />

Dabei sorgt die Selbsthilfeorganisation<br />

<strong>für</strong> die Einhaltung von qualitativen Standards<br />

<strong>und</strong> achtet auf die Unabhängigkeit in den Beratungs-<br />

<strong>und</strong> Unterstützungsangeboten der<br />

Selbsthilfe. Und indem die Betroffenen in einem<br />

Prozess der selbst organisierten Arbeit in<br />

der Selbsthilfe stehen, gewinnen sie eine kollektive<br />

Ges<strong>und</strong>heitskompetenz, das heißt, sie<br />

können als Organisation gemeinsam mit anderen<br />

Akteur/innen viele neue Brücken im Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />

bauen.<br />

Andreas Renner, Dr. Petra Schmidt-Wiborg,<br />

BAG SELBSTHILFE e.V. Düsseldorf<br />

Patient/innen stärken. Was ist der rechte Weg?<br />

Die Veranstaltung „Im Gespräch mit…“ thematisierte das neue<br />

Patientenrechtegesetz<br />

Das Format der Veranstaltung nannte sich „Im<br />

Gespräch mit ...“. Sehr kurze Eingangsstatements<br />

mit einer Vorgabe von fünf Minuten durch<br />

Evert Jan van Lente vom AOK-B<strong>und</strong>esverband,<br />

Ursula Helms von der NAKOS/DAG SHG <strong>und</strong> Dr.<br />

Stefan Etgeton von der Bertelsmann Stiftung<br />

führten in die Thematik ein. Alle drei Redner/innen<br />

skizzierten in aller Kürze die Regelungen<br />

des neuen Patientenrechtegesetzes, berichteten<br />

aber auch von Regelungen, die nach Auffassung<br />

der jeweiligen Institutionen in dem neuen<br />

Gesetz fehlten. Die unterschiedlichen Perspektiven<br />

waren dabei sehr interessant.<br />

25<br />

Ziel des am 26. Februar 2013 in Kraft getretenen<br />

Patientenrechtegesetzes ist die Bündelung<br />

verstreuter Patientenrechte <strong>und</strong> die<br />

Schaffung einer klaren gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage.<br />

Dies erfolgt insbesondere durch eine Kodifizierung<br />

des Behandlungsvertrages im Bürgerlichen<br />

Gesetzbuch, durch klarstellende Regelungen<br />

von Informations- <strong>und</strong> Dokumentationspflichten,<br />

durch eine Stärkung der Rechte<br />

Betroffener im Falle eines Schadens (Behandlungsfehler)<br />

<strong>und</strong> durch die Konkretisierung der<br />

Unterstützung von Betroffenen durch ihre<br />

Krankenkasse.<br />

Verschiedene Perspektiven auf das<br />

Patientenrechtegesetz<br />

Herr van Lente vom AOK-B<strong>und</strong>esverband erläuterte<br />

das Patientenrechtegesetz aus der Sicht<br />

einer gesetzlichen Krankenkasse. Krankenkassen<br />

haben zum Beispiel ihre Versicherten zukünftig<br />

stärker zu unterstützen bei einem Verdacht<br />

auf einen Heilbehandlungsfehler. Herr<br />

van Lente spannte aber auch einen Bogen zu<br />

den Individuellen Ges<strong>und</strong>heitsleistungen (IGeL)<br />

<strong>und</strong> erwähnte den IGeL-Monitor vom Medizinischen<br />

Dienst des Spitzenverbandes B<strong>und</strong> der<br />

Krankenkassen e.V. (MDS). Leider fehlen im Gesetz<br />

Regulierungen zu diesem Thema.<br />

Ursula Helms von der NAKOS stellte die Sicht<br />

der Selbsthilfe <strong>und</strong> der Patientenvertretung<br />

auf das Patientenrechtegesetz vor. Dabei betonte<br />

sie die Notwendigkeit, Rechte von Patient/innen<br />

nicht nur mit einem Schwarz-Weiß-<br />

Blick anzuschauen mit einem Behandlungsfeh-


Patienteninteressen<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

ler auf der einen Seite <strong>und</strong> einer perfekten<br />

Versorgung auf der anderen Seite. Oftmals<br />

seien es bereits kleinere Bausteine, Barrieren<br />

oder Kommunikationsprobleme, die große<br />

Verunsicherung <strong>und</strong> auch Versorgungsmängel<br />

auslösen könnten. Voraussetzung <strong>für</strong> eine gelingende<br />

Arzt-Patient-Beziehung sei unter anderem<br />

eine gute Vertrauensbasis.<br />

Hieran anknüpfend berichtete Dr. Stefan Etgeton<br />

von der Bertelsmann Stiftung unter anderem<br />

über Ergebnisse einer Befragung zu dem<br />

Umgang von Patient/innen mit Beschwerden<br />

oder bei Verdacht auf einen Heilbehandlungsfehler.<br />

Die Befragung zeigte Be<strong>für</strong>chtungen in<br />

Richtung eines gestörten Vertrauensverhältnisses<br />

zwischen Ärzt/innen <strong>und</strong> Patient/innen<br />

<strong>und</strong> sogar die Sorge um Auswirkungen auf die<br />

Behandlung, wenn Probleme offen angesprochen<br />

würden.<br />

Offene <strong>und</strong> lebensweltorientierte<br />

Diskussion im Anschluss<br />

Die sich anschließende Diskussion mit Moderation<br />

durch Dr. Stefan Etgeton im gut gefüllten<br />

Veranstaltungsraum war außerordentlich rege<br />

<strong>und</strong> intensiv. Es zeigte sich, dass Patientenrechte<br />

als breites <strong>und</strong> sehr differenziertes Themenfeld<br />

angesehen werden, die mit dem vorliegenden<br />

Gesetz nicht erschöpfend bearbeitet<br />

wurden. Die Diskussionsr<strong>und</strong>e ermöglichte<br />

spezifische Fragen an die Referent/innen, sich<br />

im Kreis der Anwesenden miteinander auszutauschen<br />

<strong>und</strong> auch einzelne Probleme gemeinsam<br />

auszuleuchten. Die Referent/innen nahmen<br />

zudem Fragen mit, die nicht sogleich beantwortet<br />

werden konnten. Die unterschiedlichen<br />

Erfahrungen der Expert/innen <strong>und</strong> ihr beruflicher<br />

Hintergr<strong>und</strong> waren <strong>für</strong> die Diskussion<br />

hilfreich. Für die Teilnehmenden bot das Format<br />

der Veranstaltung die Chance, sich vertiefend<br />

zu informieren <strong>und</strong> selbst nach Abschluss<br />

der Veranstaltung bildeten sich kleine Gruppen,<br />

die weiter diskutierten.<br />

Mich hat das Format der Veranstaltung überzeugt.<br />

Kurze Statements aus unterschiedlichen<br />

Blickwinkeln führten zügig zu einer Einbeziehung<br />

aller Veranstaltungsteilnehmer/innen<br />

<strong>und</strong> sicherlich auch deshalb zu einer regen<br />

Diskussion, weil die Referent/innen gezwungen<br />

waren, sich pointiert zu einem klaren Sachverhalt<br />

zu positionieren. Ein sehr großes <strong>und</strong><br />

auch kompliziertes Thema konnte dadurch offen<br />

<strong>und</strong> vor allem lebensweltorientiert behandelt<br />

<strong>und</strong> diskutiert werden.<br />

Ursula Helms, Geschäftsführerin der<br />

Nationalen Kontakt- <strong>und</strong> Informationsstelle zur<br />

Anregung <strong>und</strong> Unterstützung von<br />

Selbsthilfegruppen NAKOS in Berlin, eine<br />

Einrichtung der Deutschen<br />

Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.<br />

26


Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

Termine<br />

Termine<br />

Weitere Termine auch unter www.ges<strong>und</strong>heitbb.de <strong>und</strong><br />

www.ges<strong>und</strong>heitliche-chancengleichheit.de<br />

Kontakt <strong>für</strong> Veranstaltungen (falls nicht anders angegeben): Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg,<br />

Friedrichstraße 231, 10969 Berlin, Tel.: (030) 44 31 90 60; post@ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Arbeitskreise von<br />

Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Arbeitskreistreffen<br />

Arbeitskreis Patienten<strong>für</strong>sprecher/innen<br />

Datum: Mo., 3. Juni 2013<br />

von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />

Ort: Geschäftsstelle Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin-Brandenburg e.V., Friedrichstraße 231,<br />

10969 Berlin, 4. Stock<br />

www.ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Arbeitskreistreffen<br />

Arbeitskreis Betriebliche<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

Das kommende Treffen findet am Di., den 4.<br />

Juni 2013 im Rahmen des Ges<strong>und</strong>heitsforums<br />

„Seelische Ges<strong>und</strong>heit in der Arbeitswelt“ statt<br />

(siehe unten).<br />

www.berlin.ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Arbeitskreistreffen<br />

Arbeitskreis Altern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Datum: Mo., 17. Juni 2013<br />

von 15.00 bis 17.30 Uhr<br />

Ort: Geschäftsstelle Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin-Brandenburg e.V., Friedrichstraße 231,<br />

10969 Berlin, 4. Stock<br />

www.ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Arbeitskreistreffen<br />

Arbeitskreis Bewegung <strong>und</strong> Ernährung<br />

Datum: Mi., 21. August 2013<br />

von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />

Ort: Geschäftsstelle Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin-Brandenburg e.V., Friedrichstraße 231,<br />

10969 Berlin, 4. Stock<br />

www.ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Arbeitskreistreffen<br />

Arbeitskreis Kind <strong>und</strong> Familie<br />

Datum: Fr., 6. September 2013<br />

von 10.00 bis 12.00 Uhr<br />

Ort: Geschäftsstelle Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin-Brandenburg e.V., Friedrichstraße 231,<br />

10969 Berlin, 4. Stock<br />

www.ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Tagungen, organisiert<br />

oder mitorganisiert<br />

von Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Patientenforum<br />

Wie können Patienten die Zukunft der<br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung mitbestimmen?<br />

Datum: Do., 30. Mai 2013<br />

von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />

Veranstalter: Die Patientenbeauftragte von<br />

Berlin <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg<br />

Ort: Selbsthilfe-Kontakt- <strong>und</strong> Informationsstelle<br />

(SEKIS) Berlin, Bismarckstr. 101,<br />

10625 Berlin<br />

www.ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Ges<strong>und</strong>heitsforum<br />

Seelische Ges<strong>und</strong>heit in der Arbeitswelt<br />

Datum: Di., 4. Juni 2013<br />

von 16.30 bis 18.30 Uhr<br />

Veranstalter: Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz,<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales,<br />

<strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

im Land Berlin<br />

Ort: Urania Berlin, An der Urania 17,<br />

10787 Berlin<br />

www.berlin.ges<strong>und</strong>heitfoerdern.de<br />

Veranstaltungen in<br />

Berlin-Brandenburg<br />

2. B<strong>und</strong>eskonferenz<br />

Es ist nie zu spät <strong>und</strong> selten zu früh.<br />

Körperliche Aktivität, psychische Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Teilhabe im höheren Alter fördern<br />

Datum: Do., 6. Juni 2013<br />

von 9.30 bis 17.00 Uhr<br />

Veranstalter: B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Aufklärung<br />

Ort: NH Berlin-Mitte, Leipziger Str. 106-117,<br />

10117 Berlin<br />

www.ges<strong>und</strong>-aktiv-aelterwerden.de<br />

Weiterbildung<br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong>,<br />

die ankommt<br />

Datum: 19. <strong>und</strong> 20. Juli 2013<br />

Veranstalter: Verband der<br />

Oecotrophologen e.V. (VDOE)<br />

Ort: Hotel Dietrich-Bonhoeffer-Haus,<br />

Ziegelstr. 30, 10117 Berlin<br />

www.vdoe.de<br />

Veranstaltungen im<br />

B<strong>und</strong>esgebiet<br />

Fortbildungsreihe<br />

Migranten-Communities besser kennenlernen<br />

durch „Community Mapping“<br />

Datum: Do., 30. Mai 2013<br />

Veranstalter: Behörde <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz / Hamburgische Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

Ort: Hamburg<br />

www.hag-ges<strong>und</strong>heit.de<br />

Fachtagung<br />

Wo wir zusammen leben wollen - Inklusion<br />

<strong>und</strong> Dritter Sozialraum<br />

Datum: Do., 30. Mai 2013<br />

Veranstalter: Diakonie in Oldenburg e.V.<br />

Ort: Oldenburg<br />

www.dw-ol.de<br />

Fachtagung<br />

Suppenküchen im Schlaraffenland –<br />

Armut <strong>und</strong> Ernährung in unserer Gesellschaft<br />

Datum: Mi., 5. Juni 2013<br />

Veranstalter: Landesvereinigung <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Akademie <strong>für</strong> Sozialmedizin<br />

Niedersachsen e. V. (LVG & AFS)<br />

Ort: Hannover<br />

www.ges<strong>und</strong>heit-nds.de<br />

Fachtagung<br />

Bewegungsförderung im Wohnumfeld <strong>für</strong> alle<br />

Datum: Di., 11. Juni 2013<br />

Veranstalter: Zentrum <strong>für</strong> Bewegungsförderung<br />

im Landesges<strong>und</strong>heitsamt Baden-Württemberg<br />

Ort: Stuttgart<br />

www.ges<strong>und</strong>heitsamt-bw.de<br />

Kongress<br />

DGSMP & DGMS Kongress „Ges<strong>und</strong>heit<br />

zwischen Wirtschaft <strong>und</strong> Demographie“<br />

Datum: Mi., 18. September bis<br />

Fr., 20. September 2013<br />

Veranstalter: Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Sozialmedizin <strong>und</strong> <strong>Prävention</strong> DGSMP /<br />

Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Medizinische<br />

Soziologie DGMS<br />

Ort: Marburg<br />

www.dgsmp-dgms-2013.de<br />

Symposium<br />

Jugendsexualität 2013<br />

Datum: Do., 23. Mai 2013<br />

Veranstalter: Hochschule Merseburg<br />

Ort: Merseburg<br />

www.ges<strong>und</strong>heitliche-chancengleichheit.de<br />

27


Publikationen<br />

Info_Dienst <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong> 2_13<br />

28<br />

Gärtnermentalität statt Feuerwehreinsätzen<br />

Neue Publikation zur Kinderges<strong>und</strong>heit erschienen<br />

Im Rahmen des 18. Kongress Armut <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

stellten Prof. Dr. Raim<strong>und</strong> Geene, Claudia<br />

Höppner <strong>und</strong> Dr. Frank Lehmann gemeinsam<br />

das Buch „Kinder stark machen“ vor.<br />

In insgesamt 14 Fachbeiträgen werden die <strong>für</strong><br />

die Kinderges<strong>und</strong>heit relevanten Disziplinen<br />

<strong>und</strong> Handlungsfelder systematisch auf ihre Ressourcenorientierung<br />

untersucht.<br />

Zunächst wird dargestellt, dass die 1986 verabschiedete<br />

Ottawa-Charta ein neues Verständnis<br />

von Ges<strong>und</strong>heit einleitete: Ges<strong>und</strong>heit wird<br />

seither nicht länger als die bloße Abwesenheit<br />

von Krankheit definiert, sondern als ein positives<br />

Konzept, welches neben individuellen auch<br />

soziale Ressourcen berücksichtigt. Im zweiten<br />

einführenden Kapitel werden die Kindheitswissenschaften<br />

als eine Fachdisziplin vorgestellt,<br />

die Perspektiven unterschiedlichster Wissenschaftszweige<br />

bündelt, dabei aber das Kind in<br />

den Mittelpunkt der Überlegungen stellt. Sie<br />

folgt dabei dem in der UN-Kinderrechtskonvention<br />

artikulierten Dreiklang von Protection, Provision,<br />

Participation (8).<br />

Daraufhin folgen die Kerndisziplinen, die sich<br />

mit Kindheit beschäftigen – Pädagogik, Neue<br />

Soziologie der Kindheit, Medizin (hier v.a. Gynäkologie<br />

<strong>und</strong> Pädiatrie) <strong>und</strong> Entwicklungspsychologie<br />

– <strong>und</strong> im Anschluss daran die Anwendungswissenschaften<br />

– Soziale Arbeit, Rehabilitation,<br />

Neurowissenschaften, Elementarpädagogik.<br />

In Form historischer Rückblicke wird gezeigt,<br />

dass in allen genannten Feldern, wenn<br />

auch in unterschiedlichem Ausmaß, ein Wandel<br />

von einer Defizit- hin zu einer Ressourcenorientierung<br />

stattgef<strong>und</strong>en hat. Als Instrument zur<br />

Überprüfung wird immer wieder Bezug auf die<br />

Ottawa-Charta genommen. Spannend ist auch<br />

der damit einhergehende Wandel im Verständnis<br />

von Kindern: sie sind nicht länger „Werdende“,<br />

sondern „Seiende“ (75), ausgestattet mit<br />

Kompetenz <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten.<br />

In dem Beitrag zum Thema Inklusion werden die<br />

Forderungen der UN-Behinderten- sowie der<br />

Kinderrechtskonvention expliziert <strong>und</strong> ihre Anschlussfähigkeit<br />

an das Ressourcenkonzept herausgestellt.<br />

Daran schließen sich zwei Kapitel<br />

an, die sich als konkrete Antworten auf zentrale<br />

Probleme von Kindern <strong>und</strong> Familien verstehen:<br />

Auch in der Kinderarmutsforschung werden<br />

Konzepte wie Resilienz <strong>und</strong> Ressourcen zunehmend<br />

genutzt. Das junge Handlungsfeld der<br />

Frühen Hilfen stellt die ressourcenorientierte<br />

Begleitung insbesondere von sozial belasteten<br />

Familien von der Schwangerschaft an <strong>und</strong> über<br />

das Kleinkindalter hinaus in den Vordergr<strong>und</strong><br />

ihrer Bemühungen.<br />

Die aufgezeigten parallelen Entwicklungen zwischen<br />

den Disziplinen machen Mut, zeigen sie<br />

doch, dass sich die Ressourcenorientierung wie<br />

ein roter Faden durch die kindbezogenen Wissenschaften<br />

zieht <strong>und</strong> mittlerweile zur Handlungsmaxime<br />

geworden ist. Doch die Autor/innen<br />

verweisen auch auf zu bewältigende<br />

Schwierigkeiten wie die in vielen Berufsfeldern<br />

noch immer vorherrschende Defizitlogik: finanziert<br />

werden vor allem Maßnahmen gegen<br />

Krankheiten, Probleme <strong>und</strong> Störungen. Gefordert<br />

wird deshalb mit diesem Buch nicht zuletzt<br />

eine ges<strong>und</strong>heitsförderliche Gesamtpolitik, die<br />

die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen<br />

aller Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen sicherstellt.<br />

Raim<strong>und</strong> Geene, Claudia Höppner, Frank Lehmann<br />

(Hg.) (2013), Kinder stark machen: Ressourcen,<br />

Resilienz, Respekt. Ein multidisziplinäres<br />

Arbeitsbuch zur Kinderges<strong>und</strong>heit. Bad Gandersheim:<br />

Verlag Ges<strong>und</strong>e Entwicklung.<br />

Bezug <strong>für</strong> 8,50 Euro zzgl. Versand unter<br />

info@kinderstaerken-ev.de<br />

Impressum<br />

Herausgeber <strong>und</strong> Verleger:<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg,<br />

Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heitsförderung</strong><br />

Friedrichstraße 231,<br />

10969 Berlin,<br />

Tel. 030-44 31 90-60,<br />

Fax 030-44 31 90-63<br />

E-Mail: sekretariat@ges<strong>und</strong>heitbb.de,<br />

www.ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

Wenn Sie den Info_Dienst abbestellen oder eine<br />

Adressänderung angeben möchten, schreiben Sie<br />

bitte an sekretariat@ges<strong>und</strong>heitbb.de.<br />

Redaktion:<br />

Redaktion: Stefan Pospiech (V.i.S.d.P.),<br />

Marion Amler, Marianne P<strong>und</strong>t, Stefan Weigand<br />

Weitere Autor/innen:<br />

Jörg Backes, Ullrich Bauer, Uwe H. Bittlingmayer,<br />

Christine Busch, Manfred Dickersbach,<br />

Danielle Dobberstein, Klaus Fröhlich-Gildhoff,<br />

Ansgar Gerhardus, Susanne Gerull, Lea Grabley,<br />

Almuth Hartwig-Tiedt,Ursula Helms,<br />

Josefine Heusinger, Till Hoffmann, Maren Janella,<br />

Detlef Kuhn, Joseph Kuhn, Frigga Maßholder,<br />

Irene Moor, Andrea Möllmann, Claudia Redetzky,<br />

Claudia Reichenbach, Alfred Reichwein,<br />

Andreas Renner, Matthias Richter, Wiebke Rockhoff,<br />

Wiebke Sannemann, Petra Schmidt-Wiborg,<br />

Aline Schubanz, Joß Steinke, Wolfgang Werse<br />

Redaktionsschluss: Ausgabe 3_2013<br />

31. Juli 2013<br />

Auflage: 4.500<br />

Satz <strong>und</strong> Layout:<br />

Connye Wolff, www.connye.com<br />

Druck:<br />

Schöne Drucksachen,<br />

Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin<br />

www.schoene-drucksachen.eu<br />

Copyright:<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg, April 2013<br />

E-Mail an: redaktion@ges<strong>und</strong>heitbb.de<br />

ISSN 1614-5305<br />

Bildnachweise:<br />

André Wagenzik außer<br />

Seite 7: Ges<strong>und</strong>heit Berlin-Brandenburg<br />

Seite 9: Bärbel Ziehlke <strong>und</strong> Maria Diener<br />

Seite 10: Dirk Heckmann<br />

Seite 16: Daniel Krause

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