Auflösung der Präparandenschule Kronach - Bezirk Oberfranken

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sämtliche Schüler ab dem I. Kurs auch Französischunterricht. 46 Gravierende Unterschiede zur Realschule gab es in der musikalischen Ausbildung. Jeder Präparandenschüler musste nämlich mindestens drei Instrumente erlernen, und zwar Klavier, Violine und Orgel. Klavier- und Violinunterricht sowie Musik- und Harmonielehre waren bereits im I. Kurs obligatorisch, das Orgelspiel ab dem II. Kurs. 47 Zusätzlich bestand die Möglichkeit, noch andere Instrumente zu erlernen. Die Kronacher Lehrkräfte boten Viola, Cello und Kontrabass an. Besonders musikalische Schüler sangen zudem im Kirchenchor. Häufig gestaltete der Schülerchor die Gottesdienste mit Choralmessen aus. Die Zusammenstellungen des eingeübten Repertoires in den Jahresberichten bilden einen geradezu repräsentativen Querschnitt durch verschiedene Strömungen des Cäcilianismus im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Musik zählte neben Religion, Deutscher Sprache und Arithmetik zu den Hauptfächern und war damit Vorrückungsfach. Die Musik hatte in der Lehrerbildung nicht zuletzt deswegen einen herausragenden Stellenwert, weil neben der Gemeindeschreiberei auch der Kantorendienst zumeist von Lehrern nebenamtlich versehen wurde. Entsprechend waren schon die Ausbildungsinhalte in den Präparandenschulen ausgelegt. Ergab sich eine ungenügende Leistung im Fach Musik aufgrund mangelnder Begabung, bestand die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung. 48 Das erreichte Niveau in der musikalischen Ausbildung konnte offenbar nicht immer befriedigen. Dies zeigen einzelne Visitationsberichte, in denen auf einen unzureichenden Ausbildungsstand hingewiesen wurde. Die Hauptursache dafür wähnte man in der Unterrichtsgestaltung. So wies zum Beispiel der zuständige Ministerialkommissär im Bericht über seine Visitation vom Frühjahr 1904 darauf hin, dass in Kronach der Instrumentalunterricht in viel zu großen Gruppen 46: Jahresbericht der k. Präparandenschule Kronach. Schuljahr 1912/13. Kronach 1913, S. 4. 47: Jahresbericht der k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken 1884/85. Bamberg 1885, S. 12. 48: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 309r.–317r. 49: StAB, K 3 D II, Nr. 1028, fol. 11r–12r. III KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT stattfinde. 49 Teilweise wurde im Klassenverband oder in Gruppen mit bis zu zwölf Teilnehmern unterrichtet. Auch die Ausstattung mit Übungsinstrumenten war nicht gerade üppig, aber keineswegs schlechter als an anderen bayerischen Präparandenschulen. Eine Violine musste ja jeder Schüler ohnehin selbst stellen. Ansonsten standen für die zeitweise über 40 Schüler anfangs zwei kleine einmanualige Orgeln, drei Klaviere, drei Violas, drei Celli und zwei Kontrabässe zur Verfügung. 50 Der Bestand wurde im Laufe der Jahre noch erweitert. Der nach einer Inspektionsreise des Regierungspräsidenten von Burchtorff im Juli 1883 angefertigte Bericht nennt bereits fünf Klaviere. 51 Das Inventarverzeichnis bei der endgültigen Auflösung der Schule im Jahr 1917 führt vier Pianinos, und 3 Tafelpianos, 2 Violon mit Bogen, 3 Violoncello, 3 Viola mit Bogen, 1 Violin mit Bogen an. Etwas näher beschrieben werden darin die drei Orgeln der Anstalt: 1. Orgel, 1 Manual, neuere Arbeit, in gutem Zustande, 6 Register, Prinzipal 8‘, Gedackt 8‘, Salicional 8‘, Flöte 4‘, Subbaß 16‘, Pedalkoppel. 1888; 2. Orgel, von Wolf in Bayreuth, älter, 1 Manual, 6 Register, Flöte 4‘, ,ohne Benennung‘, Violonbaß 8‘, Geigenprinzipal 8‘, Gedackt 8‘, Pedalkoppel. 1877; 3. Orgel, 1 Manual, gut erhalten, 2 Register, Gedackt 8‘, Salicional 8‘. 1903 erbaut. 52 Die Musikübungsstunden auf den Anstaltsinstrumenten waren durch Stundenpläne geregelt, die in jedem Übungslokal angeheftet waren. Kontrolliert wurden die Übungsstunden durch die Lehrkräfte oder besonders zuverlässige Schüler, die so genannten Monitoren. 53 Neben dem Instrumentalunterricht und der Harmonielehre lag ein weiterer Schwerpunkt der breiten musikalischen Grundausbildung auf dem Chorgesang. Mit Rudolf Grasser hatte man in Kronach offenbar einen besonders tüchtigen Gesangspädagogen, dessen Leistungen auf diesem Gebiet bei den Visitationen wiederholt gewürdigt wurden. Die Chronik des Schuljahres 1881/82 zählt fol- 50: Jahresbericht der k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken 1884/85. Bamberg 1885, S. 13. 51: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 329r. 52: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1029. 53: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1881/82. Bamberg 1882, S. 11. 383
III KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT 384 gende bunte Auswahl beliebter vierstimmiger Chorwerke jener Zeit auf, die von Schülern unter Grassers Leitung öffentlich dargeboten wurden: 54 Gelegenheiten zum musikalischen Vortrag innerhalb und außerhalb der Schule gab es bei allen kirchlichen und weltlichen Festen und bei den zahlreichen Feierstunden anlässlich von Geburts-, Namens- und Todestagen der kaiserlichen Familie, des bayerischen Königshauses, Geburts- und Todestagen bedeutender Dichter oder Gedenktagen für besondere historische Ereignisse sowie zum Abschluss eines Schuljahres. Beim Fronleichnamsgottesdienst 1892 kamen an den vier Altären folgende Choräle zum Vortrag: „Adoramus in aeternum“ von Michael Georg Haller; „Pange lingua“ von Haller; „Pange lingua“ von Oberhoffer; „Pange lingua“ von Joseph Hanisch. 55 Beim Abschlussgottesdienst am 8. August 1882 wurde die Vokalmesse in B-Dur, op. 28 von Valentin Eduard Becker aufgeführt 56 , im Jahr darauf 1. „Schwing dich auf, mein Herz“ von Peregrinus; „Tantum ergo“ von Haller; 2. „Herr, ich habe lieb“ von August Eduard Grell und „Tantum ergo“ von Hanisch Nr. 23; 3. „Vernimm, Herr meine Stimme“ von Mendelssohn und „Tantum ergo“ von Hanisch Nr. 25; 4. „Heilig“ von A. Weber und „Tantum ergo“ von Heinrich Oberhoffer op. 29 Nr. 1. Anläßlich des 70. Geburtstages von Prinzregent Luitpold wurde am 12. März 1891 der Festgottesdienst mit der vierstimmigen Vokalmesse op. 83 von Joseph Rheinberger um- 54: Ebd., S. 13f. 55: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1891/92. Bamberg 1892, S. 16. 56: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1882/83. Bamberg 1883, S. 15. 57: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1890/91, Bamberg 1891, S. 26. 58: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1882/83. Bamberg 1883, S. 16f. rahmt. Bei der anschließenden Feierstunde im Musiksaal der Schule spielten zwei Schüler die Ouvertüre zur Oper „Titus“ von Wolfgang Amadeus Mozart in einer Bearbeitung für Klavier zu vier Händen sowie den berühmten Jägermarsch aus der Oper „Der Freischütz“ von Karl Maria von Weber in einer Bearbeitung für Klavier zu vier Händen von dessen einstigem Klavierlehrer Johann Peter Heuschkel. Der Chor sang „Die Ehre Gottes“ von Ludwig van Beethoven, die „Luitpold-Hymne“ und „An das Bayerland“, beides vom Münchner Lehrer Norbert Hoft vertonte Dichtungen von Martin Greif (eigentlich Johann Hermann Frey), sowie zum Abschluss „70 Jahre ließ erreichen“ nach der Melodie „Deutschland, Deutschland über Alles“. 57 Viel gesungen wurde bei den Wandertagen. So listet der Jahresbericht 1882/83 der Präparandenschule Kronach folgendes bei einer Einkehr dargebotene musikalische Programm auf, das sich wiederum geradezu wie eine Männerchor-Hitliste jener Zeit liest: „Die Ehre Gottes“ von Ludwig van Beethoven; „Zauber der Nacht“ und ein Chor (vermutlich „Ein Schütz bin ich“ oder „Schon die Abendglocken klangen“) aus der Biedermeier-Oper schlechthin „Das Nachtlager von Granada“ von Konradin Kreutzer; „Abendlied“ („Über allen Wipfeln ist Ruh“) von Friedrich Kuhlau; „Wanderlust“ von Franz Abt sowie „Abschied vom Walde“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. 58 Anlässlich der weltlichen Trauerfeier zum Tode des Prinzregenten Luitpold am 12. Dezember 1912 wurden die vierstimmigen Liedsätze für gemischte Stimmen „Schlaf Wohl“ von Jakob Heinrich Lützel und „Mag auch die Liebe weinen“, Trostlied von Immanuel Gottlob Friedrich Faißt, gesungen. 59 Bei ganz besonderen Anlässen kam es auch vor, dass das Schülerensemble durch ehemalige Schüler verstärkt wurde. Zum 50-jährigen Bischofsjubiläum Papst Leos XIII. musizierten Schüler und Ehemalige während des 59: Jahresbericht der k. Präparandenschule Kronach. Schuljahr 1912/13. Kronach 1913. S. 24f. 60: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1892/93. Bamberg 1893, S. 15. 61: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1881/82. Bamberg 1882, S. 13. 62: Jahresbericht der k. bayr Lehrerbildungsanstalten von Oberfranken für 1882/83. Bamberg 1883, S. 16f.
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