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Auflösung der Präparandenschule Kronach - Bezirk Oberfranken

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III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

372<br />

Mit <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong> besaß <strong>Kronach</strong> im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

einen heute weitgehend unbekannten Schultyp, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Stadt als Schulstandort in <strong>Oberfranken</strong><br />

in gewisser Weise einen beson<strong>der</strong>en Stellenwert verlieh, zumal es diesen Schultyp nur noch an<br />

drei weiteren Orten innerhalb <strong>Oberfranken</strong>s gab. Aufgrund seiner beson<strong>der</strong>en Ausbildungsschwer-<br />

punkte prägte diese Schule das gesellschaftliche und kulturelle Leben <strong>der</strong> Stadt mehr als alle an<strong>der</strong>en<br />

Die<br />

<strong>Präparandenschule</strong><br />

<strong>Kronach</strong><br />

1880 –1915<br />

<strong>Kronach</strong>er Schulen.<br />

ULRICH WIRZ<br />

Die Einrichtung von so genannten<br />

„<strong>Präparandenschule</strong>n<br />

für künftige Schullehrer“ in<br />

Bayern erfolgte im Zuge eines<br />

sich über ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

hinziehenden Prozesses <strong>der</strong> Verstaatlichung<br />

und Vereinheitlichung <strong>der</strong> Lehrerbildung<br />

in Bayern. Ausgangspunkt dieses<br />

Prozesses war die während <strong>der</strong> Säkularisation<br />

mit den Montgelasschen Reformen noch<br />

im Jahr 1802 eingeleitete Überführung des<br />

gesamten Bildungswesens in die Zuständigkeit<br />

des Staates, in <strong>der</strong> die Reformer die beste<br />

Ausgangsbasis für eine entscheidende Verbesserung<br />

des Bildungsstandes <strong>der</strong> gesamten<br />

Bevölkerung sahen.<br />

Eine wesentliche Säule bei <strong>der</strong> Verwirklichung<br />

dieses Zieles bildete eine verbesserte<br />

Ausbildung <strong>der</strong> Lehrer. 1 Vor allem im elementaren<br />

Schulwesen war diese uneinheitlich,<br />

von Zufälligkeiten geprägt und überwiegend<br />

unzureichend.<br />

1: Zu den Anfängen <strong>der</strong> Lehrerbildung in Bayern vgl. Dömling, Martin: Geschichte<br />

<strong>der</strong> Lehrerbildung in Bayern von 1803–1933. Masch. Freising 1957,<br />

S. 1–48.<br />

2: Jahresbericht <strong>der</strong> katholischen Kgl. bayr Lehrerbildungs-Anstalten von <strong>Oberfranken</strong><br />

für 1895/96. Bamberg 1896, S. 17.


Der schwierige Weg zu einer möglichst einheitlich<br />

guten Ausbildung <strong>der</strong> Lehrer und<br />

<strong>der</strong> – zunächst noch sehr wenigen – Lehrerinnen<br />

führte im wesentlichen über vier<br />

Stufen. Ausgangspunkt war das Allgemeine<br />

Regulativ für die Ordnung <strong>der</strong> Schullehrer-Seminarien<br />

und die Bildung <strong>der</strong> Volksschullehrer von<br />

1809, das für die mindestens 15 Jahre alten<br />

Schuldienst-Aspiranten nach Abschluss <strong>der</strong><br />

Werktagsschule zunächst eine Vorbereitungszeit<br />

vorsah, die in den Real- sowie Sonn- und<br />

Feiertagsschulen o<strong>der</strong> im Privatunterricht<br />

absolviert werden konnte und die nach<br />

erfolgreicher Abschlussprüfung den Weg ins<br />

zweijährige Seminar öffnete. Der seminaristischen<br />

Abschlussprüfung folgte die schulpraktische<br />

Exspektantenzeit, die mit <strong>der</strong><br />

Anstellungsprüfung endete.<br />

Das Lehrerbildungsregulativ von 1836 behielt<br />

noch die offene Form <strong>der</strong> Vorbereitungszeit<br />

bei. Allerdings wurde die Bezeichnung<br />

Schuldienst-Aspirant in Schuldienst-Präparand<br />

geän<strong>der</strong>t. Die Seminaristen wie<strong>der</strong>um hießen<br />

fortan nicht mehr Schuldienst-Präparand,<br />

son<strong>der</strong>n Schul-Seminarist. Außerdem mussten<br />

die Schuldienst-Exspektanten mindestens zwei<br />

Jahre als Schulgehilfe Dienst tun, ehe sie mit<br />

<strong>der</strong> Verwesung einer Lehrerstelle betraut<br />

werden konnten. Unabhängig davon erfolgte<br />

die Anstellungsprüfung nach drei Dienstjahren.<br />

Gemäß Lehrerbildungsnormativ von 1857<br />

durften Schullehrlinge o<strong>der</strong> Präparanden beim<br />

Eintritt in die Vorbereitungszeit, die drei<br />

Jahre umfasste, nicht mehr älter sein als 15,<br />

später 17 2 Jahre. Geschlossene Präparanden-<br />

Schulen o<strong>der</strong> so genannte Vorseminarien bekamen<br />

den Status eines Hauptorgans des Vorbereitungs-Unterrichts,<br />

wenngleich weiterhin<br />

individuelle Formen <strong>der</strong> Vorbereitungszeit<br />

möglich waren. Die Exspektantenzeit wurde<br />

auf vier Jahre angelegt, wobei das erste <strong>der</strong><br />

Einübung in die Schulpraxis gewidmet war,<br />

die beiden nächsten dem Schulgehilfen-<br />

Dienst. Im Abschlussjahr konnten die Kandidaten<br />

bereits als Schulverweser eingesetzt<br />

werden.<br />

3: Vollständig abgedruckt bei Zahn, Friedrich u. Reisinger Leonhard: Normativ<br />

über die Bildung <strong>der</strong> Schullehrer im Königreiche Bayern vom 29. September 1866<br />

in seiner jetzt geltenden Fassung mit allen darauf bezüglichen Königl. Allerhöchsten<br />

Verordnungen und Ergänzungsbestimmungen. Regensburg 1881.<br />

4: Liedtke, Max: Gesamtdarstellung. In: Handbuch <strong>der</strong> Geschichte des<br />

Bayerischen Bildungswesens, Bd. II: Geschichte <strong>der</strong> Schulen in Bayern. Von 1800<br />

bis 1918. Hg. von Max Liedtke. Heilbrunn/Obb. 1997, S. 77–79. Detaillierter bei<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Mit dem Normativ über die Bildung <strong>der</strong> Schullehrer<br />

im Königreich Bayern vom 29. September<br />

1866 3 wurde schließlich die dreijährige<br />

Vorbereitungszeit in <strong>Präparandenschule</strong>n<br />

verpflichtend. Ausnahmen waren nur für<br />

Absolventen <strong>der</strong> Latein- und Gewerbeschulen<br />

möglich. Für eine flächendeckende, vorbereitende<br />

Bildung <strong>der</strong> Lehrer wurden schließlich<br />

über ganz Bayern verteilt 35 <strong>Präparandenschule</strong>n<br />

geschaffen. <strong>Oberfranken</strong> erhielt zwei<br />

protestantische und zwei katholische <strong>Präparandenschule</strong>n.<br />

Die Vorbildung <strong>der</strong> künftigen<br />

Lehrer an den protestantischen Schulen<br />

erfolgte fortan in Kulmbach und Wunsiedel,<br />

die für die katholischen Lehrer in Forchheim<br />

und Staffelstein. 4<br />

Die Verlegung <strong>der</strong><br />

<strong>Präparandenschule</strong><br />

von Staffelstein nach<br />

<strong>Kronach</strong><br />

Die Reformen von 1866 sahen<br />

neben den erwähnten Neuerungen<br />

in <strong>der</strong> Lehrerausbildung<br />

auch die Schaffung einer<br />

Vielzahl von neuen Schulstellen<br />

vor. Insgesamt gewann die Ausbildung<br />

zum Lehrerberuf in den Folgejahren enorm<br />

an Ansehen und Attraktivität, nicht zuletzt<br />

weil seit 1868 mit dem Seminarabschlussexamen<br />

auch die Berechtigung zum einjährigen<br />

Militärdienst erworben wurde. Das alte<br />

Schullehrerseminar in Bamberg hatte bald<br />

die Grenzen seiner Kapazität erreicht, so dass<br />

1873 ein stattliches neues Schullehrerseminar<br />

auf dem Stephansberg errichtet wurde.<br />

Fortan unter weltlicher Leitung, nahm dieses<br />

auch wie<strong>der</strong> protestantische Seminaristen<br />

auf, die nun also nicht mehr nach Altdorf<br />

mussten. Diese Regelung bestand bis zur<br />

Gründung eines zweiten oberfränkischen<br />

Seminars für evangelische Lehramtskandidaten<br />

1895 in Bayreuth. 5<br />

Schma<strong>der</strong>er, Franz Otto: Geschichte <strong>der</strong> Lehrerbildung in Bayern. In: Handbuch<br />

<strong>der</strong> Geschichte des Bayerischen Bildungswesens, Bd. IV, Erster Teil: Geschichte <strong>der</strong><br />

Schule in Bayern. Epochenübergreifende Spezialuntersuchungen. Hrsg. von Max<br />

Liedtke. Heilbrunn/Obb. 1997, S. 407–418; Dömling (wie Anm. 1), S. 150–156.<br />

5: Herrmann, Axel: Schule und Bildung. In: Roth, Elisabeth (Hrsg.): <strong>Oberfranken</strong><br />

im 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>t. Bamberg 1990, S. 183.<br />

373


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Der Standort<br />

<strong>der</strong> <strong>Kronach</strong>er<br />

<strong>Präparandenschule</strong><br />

seit 1880: das<br />

ehemalige Franziskanerkloster.<br />

374<br />

1874 wurde die <strong>Präparandenschule</strong> aus<br />

Forchheim nach Bamberg in das frei gewordene<br />

alte Seminargebäude am Stephansplatz<br />

verlegt. 6 Damit rückten die beiden katholischen<br />

<strong>Präparandenschule</strong>n im westlichen<br />

<strong>Oberfranken</strong> räumlich enger zusammen,<br />

und schon bald wurden Überlegungen<br />

angestellt, auch die Staffelsteiner <strong>Präparandenschule</strong><br />

zu verlegen. Als neuer Standort<br />

wurde seitens des Staatsministeriums des<br />

Innern für Kirchen und Schulangelegenheiten<br />

<strong>Kronach</strong> ins Auge gefasst.<br />

In <strong>Kronach</strong> bekam man offenbar noch 1876<br />

Wind von <strong>der</strong> Sache. Die dortige Stadtführung<br />

mit Bürgermeister Sertorius an <strong>der</strong><br />

Spitze erkannte sofort die große Chance, die<br />

die Ansiedlung dieser Schule dem Frankenwaldstädtchen<br />

bot, und schickte sich umgehend<br />

an, nach geeigneten Räumlichkeiten in<br />

<strong>der</strong> Stadt Ausschau zu halten und den<br />

Raumbedarf zu ermitteln.<br />

Zugleich versuchten die <strong>Kronach</strong>er in Staffelstein<br />

gut Wetter zu machen, denn ihnen war<br />

von vornherein bewusst, dass ihre Kollegen<br />

vom Obermain diese Schule nicht kampflos<br />

an <strong>Kronach</strong> abgeben würden. Also begann<br />

man vorsichtig in Richtung Staffelstein zu<br />

sondieren. Bürgermeister Sertorius versicherte<br />

<strong>der</strong> Stadt Staffelstein noch Anfang Dezember<br />

1876, daß im Falle die <strong>Präparandenschule</strong> von<br />

Staffelstein hieher verlegt würde, die städtischen<br />

Collegien mit aller Bereitwilligkeit entgegen<br />

kämen. 7<br />

In <strong>der</strong> Zwischenzeit trieb die Regierung von<br />

<strong>Oberfranken</strong> das Projekt zielstrebig voran.<br />

Ende Dezember 1877 teilte sie <strong>der</strong> Stadt <strong>Kronach</strong><br />

den Raumbedarf mit: Lokalitäten hätten<br />

zum Mindesten aus 3 Lehrzimmer zu je circa 20<br />

Schülern, einem größeren Musik- und Zeichensaal,<br />

<strong>der</strong> auch für die Anstaltsfeierlichkeiten<br />

und Prüfungen zu verwenden wäre, 2–3 Musikübungszimmer,<br />

einem Zimmer für Sammlungen<br />

6: Herrmann (wie Anm. 5), S. 183; Dömling (wie Anm. 1), S. 86–90.<br />

7: StAB, K 3 D II, Nr. 1131/II, fol. 233r–v. Undatiertes Schreiben (präs. 8. 12. 1876).


und Lehrapparate, einem Zimmer für die Lehrerkonferenzen,<br />

dann den Aborten, Holzlegen und<br />

Kohlenräumlichkeiten, sowie endlich einem Turnplatz<br />

und einer Winterturnhalle zu bestehen. 8<br />

Mit dem ehemaligen Franziskanerkloster<br />

glaubten die Verantwortlichen <strong>der</strong> Stadt bald<br />

einen geeigneten Komplex bereitstellen zu<br />

können. In den folgenden Wochen entstand<br />

eine intensivere Diskussion zwischen Stadt<br />

und Regierung über den tatsächlichen<br />

Raumbedarf, wobei die Regierung diesbezüglich<br />

zu keinerlei Zugeständnissen bereit war<br />

und zeitweise eine drohende Haltung einnahm.<br />

Schließlich erklärte sich die Stadt<br />

bereit, weitere Räumlichkeiten und einen<br />

Hofraum innerhalb des Klosters bereitzustellen<br />

und auf Gemeindekosten umzubauen.<br />

Allerdings verlangte man im Gegenzug die<br />

Zusicherung, dass die <strong>Präparandenschule</strong><br />

wenigstens zehn Jahre in <strong>Kronach</strong> verbleiben<br />

werde, und die Entrichtung eines auch an<strong>der</strong>norts<br />

üblichen Mitzinses sowie die Kostenübernahme<br />

für das Reinigen und Tünchen<br />

<strong>der</strong> Zimmer, den Unterhalt <strong>der</strong> Öfen sowie<br />

für die Beschaffung des Inventars. 9<br />

Zur selben Zeit setzten die Staffelsteiner noch<br />

einmal alle Hebel in Bewegung, um die Verlegung<br />

<strong>der</strong> Schule nach <strong>Kronach</strong> doch noch<br />

abwenden zu können. Seitenweise wurden in<br />

einem Schreiben an das Ministerium Gründe<br />

aufgelistet, die für den Verbleib <strong>der</strong> Anstalt<br />

in Staffelstein sprechen sollten. Neben <strong>der</strong><br />

Lage an <strong>der</strong> Eisenbahnhauptlinie durch<br />

<strong>Oberfranken</strong> wurde sogar das angeblich viel<br />

gesün<strong>der</strong>e Klima angeführt. 10<br />

Auch das Angebot, im ehemaligen Gasthaus<br />

„Zum Stern“ ein Internat einzurichten, verfehlte<br />

seine Wirkung in München. Dort setzten<br />

sich die Argumente <strong>der</strong> Regierung von<br />

<strong>Oberfranken</strong> durch. Neben schulinternen<br />

und das Niveau negativ beeinflussenden Problemen<br />

in Staffelstein wurde vor allem ins<br />

Feld geführt, dass <strong>der</strong> Standort Bamberg<br />

nunmehr das bisher durch Staffelstein versorgte<br />

Gebiet mit abdecken würde. An<strong>der</strong>erseits<br />

aber habe die bisherige Situation dazu<br />

8: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 1r–v.<br />

9: Ebd., fol. 12r–v.<br />

10: Ebd., fol. 33r–36r.<br />

11: Ebd., fol. 29r–32r.<br />

geführt, daß aus den katholischen <strong>Bezirk</strong>en<br />

Teuschnitz, <strong>Kronach</strong>, Stadtsteinach und den östlichen<br />

Theilen von Lichtenfels ein äußerst geringer<br />

Zugang zum Lehrerberuf stattfindet. 11 Für<br />

die Regierung von <strong>Oberfranken</strong> hatte die<br />

Beseitigung dieses Missverhältnisses oberste<br />

Priorität, weil man sich davon langfristig<br />

auch wesentliche Impulse für den Abbau<br />

weiterer Strukturdefizite in den genannten<br />

Frankenwaldregionen erhoffte. Auch die<br />

bautechnische Prüfung ging zugunsten von<br />

<strong>Kronach</strong> aus.<br />

Nachdem sich Regierung und Ministerium<br />

mit <strong>der</strong> Stadt <strong>Kronach</strong> über eine angemessene<br />

Kostenteilung geeinigt hatten, verfügte<br />

das Ministerium mit Schreiben vom 10. November<br />

1878 die Überführung <strong>der</strong> Schule<br />

auf den 1. Oktober 1880. 12 Zum Schuljahr<br />

1880/81 sollte also die Ausbildung <strong>der</strong> Präparanden<br />

in <strong>Kronach</strong> anlaufen. Während<br />

<strong>der</strong> so genannten Herbstferien wurde <strong>der</strong><br />

Umzug durchgeführt.<br />

Lehrpersonal<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Die drei bisher hauptamtlich an<br />

<strong>der</strong> Staffelsteiner <strong>Präparandenschule</strong><br />

tätigen Lehrer erhielten<br />

in <strong>der</strong> ersten Augusthälfte<br />

1880 ihre Versetzungsschreiben.<br />

Schulleiter blieb somit <strong>der</strong> Königliche<br />

Hauptlehrer Hermann Joseph Ludwig, <strong>der</strong><br />

erst im November 1878 aus Haßfurt nach<br />

Staffelstein gekommen war. 13 Er unterrichtete<br />

in allen drei Kursen Rechnen (zwölf Stunden),<br />

Naturgeschichte im III. Kurs (zwei Stunden),<br />

Klavier und Orgel jeweils im II. und III.<br />

Kurs (vier bzw. drei Stunden). Insgesamt<br />

hatte <strong>der</strong> Schulleiter 21 Wochenstunden zu<br />

leisten. 14 Ansonsten hatte er sämtliche Aufgaben<br />

eines Schulvorstandes zu tragen, zum<br />

Beispiel Leitung und Organisation des gesamten<br />

Unterrichtsbetriebes, Kontrolle des<br />

Unterrichts und <strong>der</strong> Erziehung, die Verwaltung,<br />

Kassenführung und Rechnungsstellung.<br />

Seine Tätigkeit wie<strong>der</strong>um unterstand<br />

12: Ebd., fol. 123r.<br />

13: StAB, K 3 D II, Nr. 1131/II, fol. 81r.<br />

14: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1880/81.<br />

Bayreuth 1881, S. 29.<br />

375


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

376<br />

<strong>der</strong> geistlichen Schulaufsicht des Distriktschulinspektors<br />

15 , die dieser allerdings im<br />

Auftrag des Staates wahrnahm.<br />

Der Hauptlehrer hatte bereits in Staffelstein<br />

die Unterstützung von zwei weiteren hauptamtlichen<br />

Lehrkräften, welche die Bezeichnungen<br />

1. und 2. Präparandenlehrer führten<br />

und den Hauptlehrer nun nach <strong>Kronach</strong><br />

begleiteten. Präparandenlehrer Joseph Fratz,<br />

<strong>der</strong> 1875 vom Schullehrerseminar Würzburg<br />

nach Staffelstein gekommen war 16 , lehrte in<br />

allen drei Kursen Deutsche Sprache (18 Stunden)<br />

und Kalligraphie (vier Stunden) sowie<br />

im I. und II. Kurs Naturgeschichte (vier Stunden).<br />

17 Präparandenlehrer Rudolf Grasser, <strong>der</strong><br />

im Februar 1880 nach Staffelstein versetzt<br />

worden war, gab in allen drei Kursen Geographie<br />

und Geschichte (zwölf Stunden) sowie<br />

Gesang und Violine (elf Stunden), Klavier<br />

im I. Kurs (zwei Stunden), schließlich<br />

Harmonielehre im II. und III. Kurs (drei<br />

Stunden).<br />

Sämtliche nebenamtlich tätigen Lehrkräfte<br />

mussten neu berufen werden, da sie zum Teil<br />

an an<strong>der</strong>en Staffelsteiner Schulen haupt-<br />

HAUPTAMTLICHE LEHRER 1860–1915<br />

amtlich tätig waren. Den Religionsunterricht<br />

übernahm üblicherweise ein örtlicher Geistlicher.<br />

In <strong>Kronach</strong> wurde mit den zu haltenden<br />

neun Wochenstunden Benefiziat Andreas<br />

Pflaum betraut, den Zeichenunterricht<br />

übernahm <strong>der</strong> bekannte <strong>Kronach</strong>er Kunstmaler<br />

und städtische Zeichenlehrer Lorenz<br />

Kaim mit sechs Stunden, das Turnen <strong>der</strong> an<br />

<strong>der</strong> Volksschule hauptamtlich beschäftigte<br />

Schulverweser Kaspar Lang mit drei Stunden.<br />

Die mittels ministerieller Son<strong>der</strong>genehmigung<br />

im I. Kurs aufgenommenen drei protestantischen<br />

Schüler erhielten ihre Wochenstunden<br />

in Religion vom Königlichen Pfarrer<br />

Karl Hausleiter aus <strong>Kronach</strong>. 18<br />

Zum Kgl. Inspektor <strong>der</strong> Anstalt wurde Königlicher<br />

geistlicher Rat Melchior Ott, <strong>der</strong> <strong>Kronach</strong>er<br />

Dechantpfarrer und Distriktschulinspektor<br />

berufen. 19 Die zeitliche Inanspruchnahme<br />

<strong>der</strong> lediglich drei hauptamtlichen<br />

Lehrkräfte <strong>der</strong> Präprarandenschule war<br />

enorm, nämlich mitunter bis zu zwölf Stunden<br />

täglich. Ähnlich einem Internatslehrer<br />

hatten sie auch außerhalb <strong>der</strong> Unterrichtszeit<br />

umfangreiche Betreuungs- und Erziehungsarbeit<br />

zu leisten, was im folgenden Kapitel<br />

Hermann Joseph Ludwig Kgl. Hauptlehrer, (Schuljahr 1880/81 bis Ruhestandsversetzung zum 1. September 1905)<br />

Franz Joseph Fratz Präparandenlehrer (Schuljahr 1880/81; zum 1. Mai 1900 als Kgl. Seminarlehrer an die<br />

Lehrerbildungsanstalt Amberg versetzt)<br />

Rudolf Grasser Präparandenlehrer (Schuljahr 1880/81, seit 1. November 1900 Kgl. Seminarlehrer bis zur<br />

<strong>Auflösung</strong> <strong>der</strong> Schule 1915)<br />

Max Schmidtkonz Präparandenlehrer (Kgl. Lehrerseminar Bamberg; seit 1. Mai 1900; auf eigenen Wunsch<br />

zum 1. September 1903 an das Lehrerseminar Amberg versetzt)<br />

Johann Baptist Bütterich Präparandenlehrer (Lehrerbildungsanstalt Eichstätt; zum 1. September 1903; auf eigenen<br />

Wunsch zum 1. September 1907 an die <strong>Präparandenschule</strong> Bamberg versetzt)<br />

Richard Gumpinger Aushilfslehrer (Schulverweser in Landshut; vom 8. Mai 1905 bis Schuljahresende)<br />

Ludwig Veit Kgl. Hauptlehrer (Seminarlehrer in Haßfurt; seit 1. September 1905 bis zur <strong>Auflösung</strong> <strong>der</strong><br />

Schule 1915)<br />

Joseph Burkhard Le<strong>der</strong>mann Präparandenlehrer (Präparandenhilfslehrer in Arnstein; seit 1. September 1907; zu Schuljahresbeginn<br />

1908/09 zwecks Hochschulstudiums beurlaubt; zum 1. September 1909 auf<br />

eigenen Wunsch an die K. <strong>Präparandenschule</strong> Haßfurt versetzt)<br />

Sebastian Gasteiger Präparandenhilfslehrer; seit 1. Januar 1909 Präparandenlehrer (Aushilfslehrer an <strong>der</strong> K.<br />

<strong>Präparandenschule</strong> Freising, seit 16. November 1907 in <strong>Kronach</strong>; ab 16. September 1909<br />

zwecks Hochschulstudiums beurlaubt; seit 4. November 1911 wie<strong>der</strong> im Dienst bis zur <strong>Auflösung</strong><br />

<strong>der</strong> Schule 1915)<br />

Johann Knörl Aushilfslehrer (Schuldienstexspektant in Herzogenaurach; seit Schuljahresbeginn 1908/09;<br />

zum 1. Juni 1913 als Kgl. Seminarassistent an die Lehrerbildungsanstalt Amberg versetzt)<br />

Christian Kopp Präparandenlehrer (Seminarassistent in Deggendorf; seit 1. September 1909 in <strong>Kronach</strong>; seit<br />

1. November 1911 zwecks Hochschulstudiums beurlaubt; seit 4. November 1913 wie<strong>der</strong> im<br />

Dienst; seit 20. November 1914 zwecks Kriegsdienst beurlaubt)<br />

Ludwig Schie<strong>der</strong> Hilfslehrer (Hilfslehrer an <strong>der</strong> Lehrerbildungsanstalt Bamberg und <strong>der</strong> Kgl. <strong>Präparandenschule</strong><br />

Cham; Aushilfslehrer seit 1. Juni 1913; zum 1. September 1913 an die Kgl. <strong>Präparandenschule</strong><br />

Pfarrkirchen versetzt)<br />

Georg Martin Aushilfslehrer (seit 1. September 1913 bis 31. Oktober 1913)<br />

15: Dömling (wie Anm. 1), S. 159.<br />

16: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 160r u. 163r u. D II, Nr. 1131/II.<br />

17: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1880/81.<br />

Bayreuth 1881, S. 29.<br />

18: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 194r.<br />

19: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1880/81.<br />

Bayreuth 1881, S. 35.


noch anhand des Tagesplanes <strong>der</strong> Schule zu<br />

skizzieren sein wird.<br />

Die äußerst knappe Personalausstattung<br />

und die unzureichende Vertretungsregelung<br />

brachte es mit sich, dass die hauptamtlichen<br />

Lehrer im Falle <strong>der</strong> Krankheit o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beurlaubung<br />

zwecks Militärübung o<strong>der</strong> Weiterbildung<br />

eines Kollegen dessen Unterricht mit<br />

übernehmen mussten. Als beispielsweise<br />

Lorenz Kaim zu Beginn des Schuljahres<br />

1881/82 wegen einer Typhuserkrankung ausfiel,<br />

übernahm Hauptlehrer Ludwig dessen<br />

sechs Stunden Zeichenunterricht. Stundenzahlen<br />

von weit über 30 Unterrichtswochenstunden<br />

waren deshalb im schulischen Alltag<br />

<strong>der</strong> Präparandenlehrer keine Seltenheit.<br />

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang<br />

die Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> <strong>Kronach</strong>er Lehrer.<br />

Zu einem längeren krankheitsbedingten Ausfall<br />

bei den drei hauptamtlich tätigen Lehrern<br />

kam es erst, als Hauptlehrer Ludwig im<br />

Jahr 1904 wegen Erkrankung seiner Sprech-<br />

20: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1028, fol. 54r.<br />

21: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1904/05.<br />

Bamberg 1905, S.<br />

22: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1028, fol. 111r.<br />

23: Zu seinem künstlerischen Wirken vgl. Jansa, Freidrich: Deutsche Tonkünstler<br />

und Musiker in Wort und Bild. Leipzig 2 1911, S. 648.<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

organe längere Zeit ausfiel. Ein Antrag, zu<br />

seiner Entlastung eine vierte Lehrkraft nach<br />

<strong>Kronach</strong> zu versetzen, wurde abgelehnt, statt<br />

dessen gefor<strong>der</strong>t, dass Ludwig bei Fortdauern<br />

seiner Beschwerden doch seine Versetzung in<br />

den zeitlichen Ruhestand beantragen möge. 20<br />

Dies geschah offenbar, denn <strong>der</strong> Jahresbericht<br />

1904/05 nennt Rudolf Grasser als Vertreter<br />

in <strong>der</strong> Schulleitung und Aushilfslehrer<br />

Richard Gumpinger aus Landshut für den<br />

Unterricht. 21 Ludwig wurde im übrigen mit<br />

Verfügung vom 26. August 1905 durch Prinzregent<br />

Luitpold in den dauernden Ruhestand<br />

versetzt und zu seinem Nachfolger Ludwig<br />

Veit bestimmt. 22<br />

Von den hauptamtlichen Lehrern <strong>der</strong> Schule<br />

erreichte Max Schmidtkonz als Komponist<br />

einen höheren Bekanntheitsgrad. Er hatte<br />

unter an<strong>der</strong>em bei Joseph Rheinberger Komposition<br />

studiert 23 und an seinem langjährigen<br />

Wirkungsort Bamberg das musikalische<br />

Leben mitgeprägt.<br />

Aus Friedrich Jansa<br />

(Hrsg.): Deutsche<br />

Tonkünstler und<br />

Musiker in Wort<br />

und Bild. Leipzig<br />

21919, S. 648.<br />

377


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

378<br />

Aus dem<br />

schulischen Alltag<br />

ERÖFFNUNG IM JAHR 1880<br />

Mit einem Festgottesdienst<br />

in <strong>der</strong> Klosterkirche am<br />

1. Oktober 1880 fand wie<br />

geplant die feierliche Eröffnung<br />

<strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong><br />

<strong>Kronach</strong> statt. Musikalisch umrahmt<br />

wurde <strong>der</strong> Gottesdienst von den Präparandenschülern<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von Präparandenlehrer<br />

Grasser mit einer Messe von<br />

Johann Gustav Eduard Stehle (1839–1915)<br />

– eine im übrigen bemerkenswerte Musikauswahl,<br />

wenn man bedenkt, dass <strong>der</strong> St. Gallener<br />

Domkapellmeister Stehle damals zu<br />

jenen Reformern des Cäcilianismus gehörte,<br />

die Elemente des Zeitstils auch bei ihrem<br />

kirchenmusikalischen Schaffen pflegten. 24<br />

Einer weltlichen Feierstunde im festlich<br />

geschmückten Musiksaal schloss sich ein<br />

gemeinsamer Rundgang durch die Anstalt<br />

an. Laut Jahresbericht von 1880/81 verfügte<br />

die Schule über drei Lehrzimmer, jeweils<br />

einen Musiksaal, einen Zeichensaal, ein Konferenzzimmer,<br />

ein Lesezimmer, fünf Übungszimmer,<br />

zwei Repositenzimmer sowie eine<br />

Lehrer- und eine Hausmeisterwohnung. 46<br />

Schüler nahmen im ersten <strong>Kronach</strong>er Präparandenschuljahr<br />

am 2. Oktober 1880 den<br />

Unterricht auf, und zwar 17 im I. Kurs, 14 im<br />

II. Kurs und 15 im III. Kurs.<br />

PROTESTANTISCHE UND<br />

JÜDISCHE SCHÜLER<br />

Im ersten Kurs fanden auch drei Protestanten<br />

Aufnahme, was während<br />

<strong>der</strong> Staffelsteiner Jahre offenbar nie<br />

stattgefunden hatte. 25 Protestanten aus<br />

dem Einzugsgebiet <strong>der</strong> Schule hätten<br />

normalerweise die <strong>Präparandenschule</strong> in<br />

Kulmbach besuchen müssen, doch ange-<br />

24: Zu Stehle vgl. MGG Bd. 12. Kassel u. a. 1965, Sp. 1222.<br />

25: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1880/81.<br />

Bayreuth 1881, S. 34f.<br />

26: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 194r., 255r–261v.<br />

sichts freier Kapazitäten in <strong>Kronach</strong> erteilte<br />

das Ministerium eine Ausnahmegenehmigung,<br />

die in den folgenden Jahren mehrmals<br />

wie<strong>der</strong>holt wurde. Dem für den protestantischen<br />

Religionsunterricht zugeteilten Pfarrer<br />

gelang es, ab dem folgenden Schuljahr<br />

1881/82 eine finanzielle Gleichstellung mit<br />

seinem katholischen Kollegen zu erreichen. 26<br />

Mit <strong>der</strong> Zulassung von Protestanten regulierte<br />

man in den Folgejahren wie<strong>der</strong>holt die<br />

mangelnde Frequentierung. Die Schülerzahlen<br />

in <strong>Kronach</strong> sanken nämlich bis Mitte <strong>der</strong><br />

1880er Jahre rasch auf unter 30. Dennoch<br />

wurde zum Schuljahr 1883/84 – offenbar<br />

auch auf Betreiben des katholischen Dechantpfarrers<br />

und Distriktschulinspektors<br />

Melchior Ott – kein protestantischer Schüler<br />

neu aufgenommen. 27 Im Februar 1886 unternahm<br />

<strong>der</strong> protestantische Pfarrer Philipp<br />

Nürnberger einen Vorstoß, um die Wie<strong>der</strong>zulassung<br />

von Protestanten zu erreichen. Er<br />

verwies in seinem Schreiben an das Innenministerium<br />

auf die 12 600 Protestanten in<br />

zehn Ortschaften im näheren Umkreis von<br />

<strong>Kronach</strong>. Beim nunmehrigen Distriktschulinspektor<br />

und Dechantpfarrer Franz Wendler<br />

– Ott war im Dezember 1884 verstorben –<br />

fand er zwar Unterstützung, das Ministerium<br />

allerdings lehnte für das Schuljahr 1886/87<br />

mit dem Verweis auf überzählige protestantische<br />

Schulpraktikanten in Ober- und Mittelfranken<br />

die Aufnahme weiterer Schüler protestantischer<br />

Konfession in die <strong>Präparandenschule</strong><br />

<strong>Kronach</strong> ab. 28 Erst mit dem Schuljahr<br />

1901/02 durften wie<strong>der</strong> protestantische Schüler<br />

die <strong>Kronach</strong>er Schule besuchen. Zum<br />

Schuljahr 1903/04 hob das Ministerium<br />

diesen Beschluss erneut auf. Lediglich zwei<br />

Schüler erhielten aufgrund beson<strong>der</strong>er Verhältnisse<br />

Dispens. 29 Danach kam es offenbar zu<br />

keinen weiteren Ausnahmegenehmigungen,<br />

so dass bis zur <strong>Auflösung</strong> <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong><br />

in <strong>Kronach</strong> nur noch Katholiken zugelassen<br />

wurden.<br />

Jüdische Schüler wurden im gesamten Zeitraum<br />

lediglich zwei aufgenommen, und<br />

zwar im Schuljahr 1888/89 und 1893/94. Es<br />

27: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1026, fol. 36r–39r.<br />

28: Ebd., fol. 1r.<br />

29: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1903/04.<br />

Bamberg 1904, S. 14.


waren Salomon und Siegfried Wetzler, die in<br />

den jeweils drei Jahren von ihrem eigenen<br />

Vater, dem Religionslehrer Moses Wetzler im<br />

Fach Religion unterrichtet wurden. 30 Wetzler<br />

stand im Gegensatz zu den protestantischen<br />

Pfarrern, die jeweils nur in <strong>der</strong> Jahreschronik<br />

erwähnt wurden, auch im Verzeichnis des<br />

Lehrpersonals zu Beginn <strong>der</strong> Jahresberichte.<br />

Nach Absolvieren <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong><br />

<strong>Kronach</strong> wechselten die jüdischen Schüler an<br />

das Kgl. Lehrerseminar Schwabach. 31<br />

AUFNAHME,<br />

UNTERBRINGUNG UND<br />

TAGESPLAN DER SCHÜLER<br />

Die Aufnahmeprüfung für die<br />

<strong>Präparandenschule</strong>n legten<br />

alle, die die Ausbildung zum<br />

Volksschullehrer in Angriff<br />

nehmen wollten, in <strong>der</strong> Woche<br />

vor Schulbeginn, also in <strong>der</strong> letzten Septemberwoche,<br />

ab. Volksschüler konnten dies<br />

nach erfolgreichem Absolvieren <strong>der</strong> letzten,<br />

also <strong>der</strong> siebten Klasse tun und waren dann<br />

zumeist zwischen 13 und 15 Jahre alt.<br />

Das Schuljahr begann in Bayern seit <strong>der</strong><br />

Ministerial-Entschließung vom 5. Juni 1879 am<br />

1. Oktober und schloss mit dem 8. August. 32<br />

Zum Schuljahr 1891/92 wurde <strong>der</strong> Schuljahresbeginn<br />

auf den 10. bzw. 11. September<br />

festgelegt und schloss seit dem Schuljahr<br />

1890/91 um den 15. Juli. 33 Zum Schuljahr<br />

1893/94 wurde <strong>der</strong> Schuljahresbeginn auf<br />

den 18. bzw. 20. September festgelegt. 34<br />

Außer den dadurch bedingten knapp zwei<br />

Monate währenden so genannten Herbstferien<br />

gab es noch Osterferien, <strong>der</strong>en Beginn<br />

auf den Freitag vor dem Palmsonntag nach<br />

Beendigung des vormittägigen Unterrichts<br />

festgesetzt war. Die Osterferien endeten mit<br />

dem letzten Osterfeiertag. Im Schuljahr<br />

1890/91 genehmigte Prinzregent Luitpold<br />

erstmals für alle Lehrerbildungsanstalten<br />

Weihnachtsferien vom 23. Dezember bis<br />

2. Januar. 35<br />

30: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1888/89.<br />

Bamberg 1889, S. 11, Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von<br />

<strong>Oberfranken</strong> 1893/94. Bamberg 1894, S. 11.<br />

31: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1897/98.<br />

Bamberg 1898, S. 16.<br />

32: Vgl. dazu und zum nachfolgenden die Disziplinarsatzung <strong>der</strong> königlichen<br />

<strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong> (gen. 23. Sept. 1882), StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol.<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Das Schuljahr begann für alle Schüler mit<br />

einem festen Proze<strong>der</strong>e. Zunächst hatten sie<br />

sich beim Hauptlehrer, also dem Schulleiter<br />

309r–317r.<br />

33: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1891/92. Bamberg 1892, S. 13.<br />

34: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1893/94. Bamberg 1894, S. 14.<br />

35 Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1890/91. Bamberg 1891, S. 26f.<br />

Das Schülerverzeichnis<br />

des Schuljahres<br />

1880/81.<br />

379


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

380<br />

anzumelden, die Neulinge zusätzlich bei<br />

allen an<strong>der</strong>en Lehrern. Bei <strong>der</strong> An- bzw.<br />

Rückmeldung musste das letzte Zeugnis<br />

unterschrieben vorgelegt werden.<br />

Die Grundausstattung eines jeden<br />

Präparandenschülers sollte zu Schuljahrsbeginn<br />

gemäß <strong>der</strong> Disziplinarordnung von<br />

1882 folgendes umfassen:<br />

a) Leibwäsche, welche zu mindestens wöchentlichem<br />

Wechsel ausreicht;<br />

b) Eine einfache Kleidung für den täglichen<br />

Bedarf, sowie einen Anzug für Sonn- und<br />

Feiertage, 2 Paar Stiefel, 1 Paar Hausschuhe,<br />

1 Regenschirm, ferner Kamm, Zahnbürste,<br />

Haar- und Klei<strong>der</strong>bürste;<br />

c) Die vorgeschriebenen Lernmittel und Schreibmaterialien,<br />

soweit solche nicht von <strong>der</strong> Anstalt<br />

angeschafft werden;<br />

d) Eine gute Violine und, wenn möglich ein<br />

Klavier. 36<br />

Für Eltern war diese Ausbildungsrichtung <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> relativ kostenintensiv. So mussten die<br />

den Zöglingen zum Unterrichte notwendigen<br />

Bücher und Musikalien zu Schuljahresbeginn<br />

bezahlt werden. Wie schon in Staffelstein<br />

gab es auch in <strong>Kronach</strong> für die Präparandenzöglinge<br />

kein Internat, so dass bei auswärtigen<br />

Schülern noch die Kosten für die<br />

Unterbringung und Verköstigung hinzukamen,<br />

sofern sie nicht bei Verwandten<br />

untergebracht werden konnten. Die Zöglinge<br />

sollten bei anerkannt rechtschaffenen und<br />

ehrenhaften Familien in Kost u. Wohnung<br />

untergebracht werden, lautete die entsprechende<br />

Vorgabe <strong>der</strong> Disziplinarsatzung. Dabei<br />

blieb nichts dem Zufall überlassen. Wie <strong>der</strong><br />

gesamte Schulbetrieb war auch dieser Bereich<br />

bis ins kleinste Detail reguliert und<br />

stand unter <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Schulleitung<br />

bzw. des Distriktschulinspektors. Die Auswahl<br />

<strong>der</strong> Haus- und Kostleute und die Festsetzung<br />

<strong>der</strong> zu entrichtenden Kosten konnte nur in<br />

Abstimmung mit dem Schulleiter geschehen.<br />

Er bestimmte auch, in welchen Fällen das<br />

Zusammenwohnen mehrerer Schüler in einer<br />

Wohnung gestattet wurde. 37 Beson<strong>der</strong>s bedürftige<br />

Schüler erhielten ein Stipendium,<br />

das aus dem Kreisschulfond bestritten wurde.<br />

Darüber hinaus gab es zahlreiche <strong>Kronach</strong>er<br />

Familien, die Schüler zum Mittagessen einluden<br />

o<strong>der</strong> Geldgeschenke machten.<br />

Das tägliche Leben eines Präparandenschülers<br />

in <strong>Kronach</strong> unterschied sich kaum von<br />

dem in einer Internatsschule. Der Tagesplan<br />

war vom Aufstehen bis zum Schlafengehen<br />

genau vorgegeben. Die Haus-Ordnung für die<br />

Schullehrlinge an <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong> zu<br />

Staffelstein von 1866, die zunächst unverän<strong>der</strong>t<br />

in <strong>Kronach</strong> übernommen wurde, gibt<br />

dies eindrucksvoll wie<strong>der</strong>:<br />

§1<br />

Die Schullehrlinge haben sich zu gewöhnen, im<br />

Sommer um 5, um [!] Winter um 6 Uhr aufzustehen,<br />

sich reinlich zu waschen, vollständig<br />

anzukleiden und ein Morgengebet zu verrichten,<br />

was beiläufig in einer halben Stunde geschehen<br />

kann.<br />

§ 2<br />

An Werktagen gehen sämmtliche Zöglinge um<br />

1/2 8 Uhr von <strong>der</strong> Schule aus unter abwechseln<strong>der</strong><br />

Aufsicht eines Hilfslehrers zur Kirche; die<br />

vorausgehende Zeit wird zur Vorbereitung auf<br />

den Unterricht und zum Einnehmen des Frühstücks<br />

verwendet. Beim Gottesdienste haben die<br />

Schüler zum Ministriren sich verwenden zu lassen<br />

und dem Kirchner bei dessen Dienstverrichtungen<br />

die nöthige Aushilfe zu leisten. 38<br />

Im Winter besuchten die Schüler den Gottesdienst<br />

in <strong>der</strong> Klosterkirche.<br />

Von 8 bis um 12 Uhr fand <strong>der</strong> erste Unterrichtsblock<br />

statt, <strong>der</strong> lediglich durch eine<br />

zehnminütige Pause nach <strong>der</strong> zweiten Stunde<br />

unterbrochen wurde. Bis 13 Uhr war Mittagspause.<br />

Das Mittagessen wurde zu Hause<br />

eingenommen. Von 13 bis 14 Uhr war eine<br />

Studier- bzw. Übungsstunde. Zwischen 14<br />

und 16 Uhr fand <strong>der</strong> zweite Unterrichtsblock<br />

statt, dem sich ein einstündiger Spaziergang<br />

und eine weitere Studierstunde anschlossen.<br />

In den Wintermonaten durften die Schüler<br />

zur Eiszeit an gefahrlosen Stellen das Schlittschuhlaufen<br />

kultivieren. 39 Um 18 Uhr gab es<br />

Abendessen. Von 19 Uhr bis zum Schlafengehen<br />

um 21 Uhr war erneut Studierzeit.<br />

36: Disziplinarsatzung <strong>der</strong> königlichen <strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong> (gen.<br />

23. Sept. 1882), StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 309r.–317r.<br />

37: Ebenda.<br />

38: StAB, K 3 D II, Nr. 11/I, fol. 18r–19r.<br />

39: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1891/92.<br />

Bamberg 1892, S. 14f.


TAGESPLAN FÜR DAS SCHULJAHR 1880/81 40<br />

VORMITTAG<br />

Aufstehen, dann Studium<br />

In den Sommermonaten verschob sich <strong>der</strong><br />

Vormittagsplan einschließlich Mittagessen<br />

um eine Stunde nach vorne. Dafür war bis<br />

zum Nachmittagsunterricht eine Stunde<br />

länger frei. Ab 16 Uhr waren dann zwei<br />

Stunden für einen Spaziergang bzw. bei<br />

gutem Wetter einen Besuch des städtischen<br />

40: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 208r–209r.<br />

Besuch des Gottesdienstes – hierauf<br />

Einnahme des Frühstückes<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Tage Curs 6–7 7–8 8–9 9–10 10–11 11–12 Uhr<br />

Montag I Grammatik Arithmetik Geographie Zeichnen<br />

II Arithmetik Geographie Lesen mit Orthogr. Klavier<br />

III Geographie Grammatik Religion Gesang<br />

Dienstag I Aufsatz Arithmetik Religion Gesang<br />

II Geschichte Aufsatz Harmonielehre Kalligraphie<br />

III Arithmetik Religion Lesen mit Orthogr. Kalligraphie<br />

Mittwoch I Geschichte Lesen mit Orthogr. Kalligraphie Übungsstunde<br />

II Grammatik Arithmetik Religion Gesang<br />

III Arithmetik Geschichte Orgel Aufsatz<br />

Donnerstag I Arithmetik Grammatik Geographie Gesang<br />

II Geographie Arithmetik Lesen mit Orthogr. Klavier<br />

III Grammatik Harmonielehre Zeichnen<br />

Freitag I Arithmetik Orthogr. mit Lesen Zoologie Klavier<br />

II Aufsatz Geschichte Übungsstunde Religion<br />

III Geographie Arithmetik Religion Orgel<br />

Samstag I Geschichte Aufsatz Religion Kalligraphie<br />

II Grammatik Arithmetik Zeichnen<br />

III Arithmetik Geschichte Aufsatz Klavier 1. Sekt.<br />

Violin 2. Sekt.<br />

Sonntag Studium bis 81 /2 Uhr, hierauf Besuch des Pfarrgottesdienstes. Frei u. Mittagessen<br />

NACHMITTAG<br />

12–1 1–2 2–3 3–4 4–5 5–6 6–7 7–9 9 Uhr<br />

Klavier Übungsstunde<br />

Botanik Violin<br />

Mineralogie Übungsstunde<br />

Zoologie Violin<br />

Religion Turnen<br />

Violin 1. Sekt. Übungsstunde<br />

Violin<br />

Klavier 2. Sekt.<br />

Chorgesang<br />

Übung<br />

Religion Turnen<br />

Botanik Kalligraphie<br />

Mineralogie Kalligraphie<br />

Zeichnen Violin<br />

Violin Übungsstunde<br />

Orthogr. mit Lesen Turnen<br />

Violin Übungsstunde<br />

Übung<br />

Studium Besuch des Beschäftigung zu Hause<br />

Gottesdienstes nach freier Wahl<br />

Mittagessen und frei<br />

Studium Studium<br />

Die Musik-Übungsstunden finden regelmäßig am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von abends 4 bis 6 Uhr und am Mittwoch und<br />

Samstag von 1–6 Uhr auf den Instrumenten <strong>der</strong> Anstalt statt. – In jenen Wohnungen <strong>der</strong> Schüler, in welchen sich ein Klavier befindet wird<br />

die Anordnung getroffen, daß das betreffende Instrument nach einem bestimmten Übungsplan von den beisammenwohnenden Schülern<br />

benützt werden kann.<br />

Zum Sommersemester findet eine Än<strong>der</strong>ung dieses Planes darin statt, daß die Schüler früh 5 Uhr aufstehen, die Lesestunde vormittags von<br />

7 bis 11 Uhr erteilt und die Turnstunden von 6–7 Uhr abends abgehalten werden.<br />

<strong>Kronach</strong>, den 21. September 1880.<br />

Ludwig. Hauptlehrer.<br />

Spaziergang<br />

Studium<br />

Flussbades an <strong>der</strong> Haßlach o<strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />

Rodach eingeplant, wofür die Schüler vom<br />

Eintrittsgeld befreit waren. Von 16 bis 17 Uhr<br />

folgte abermals eine Studierstunde. Abendessen<br />

gab es im Sommer erst um 19 Uhr.<br />

Bis 21 Uhr stand wie<strong>der</strong>um Studium auf<br />

dem Plan.<br />

Abendessen und freie Beschäftigung<br />

Studium<br />

Schlafengehen<br />

381


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Schülerverzeichnis<br />

des Schuljahres<br />

1882/83.<br />

382<br />

An Sonn- und Feiertagen wurden die Schüler<br />

gegen 6 Uhr geweckt. Einem Morgengebet,<br />

dem Aufstehen und <strong>der</strong> gründliche[n] Reinigung<br />

des Körpers folgte von 7 bis 8.30 Uhr<br />

Studierzeit, ehe man unter Aufsicht eines<br />

Hilfslehrers den Hauptgottesdienst in <strong>der</strong><br />

Pfarrkirche besuchte. Die hiezu fähigen Schüler<br />

können auf dem Chore verwendet werden. Nach<br />

dem Gottesdienst hatten die Schüler bis zum<br />

Mittagessen frei.<br />

41: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1880/81.<br />

Bayreuth 1881, S. 32–34.<br />

42: Ebd., S. 35<br />

43: StAB, K 3 D II, Nr. 11/I, fol. 18r–19r.<br />

Von 12 bis 13 Uhr sah <strong>der</strong> Plan Lektüre o<strong>der</strong><br />

Beschäftigung mit Zeichnen, anschließend<br />

wie<strong>der</strong> Studium vor. Von 14 bis 15 Uhr stand<br />

<strong>der</strong> Besuch des Nachmittagsgottesdienstes<br />

an, danach Beschäftigung zu Hause nach freier<br />

Wahl. Nach 16 Uhr war <strong>der</strong> Ablauf mit dem<br />

an Wochentagen identisch. 41<br />

Die Kontrolle über die pünktliche Einhaltung<br />

<strong>der</strong> Tages- und Stundenordnungen oblag den<br />

hauptamtlichen Lehrkräften, die auch unangemeldete<br />

Besuche in den Wohnungen<br />

vornahmen. 42 Wer außer zum Zwecke des<br />

Schul- o<strong>der</strong> Gottesdienstbesuchs in die Stadt<br />

o<strong>der</strong> gar in einen benachbarten Ort gehen<br />

wollte, musste dafür den Schulleiter um<br />

Erlaubnis fragen. Die Lehrer hatten auch ein<br />

Augenmerk darauf zu richten, daß die Schüler<br />

bei Spaziergängen auf die Begleitung ihrer Mitschüler<br />

möglichst sich beschränken. Strengstens<br />

verboten waren nächtliches Herumlaufen und<br />

<strong>der</strong> Besuch frem<strong>der</strong> Häuser bei Nachtzeit, <strong>der</strong><br />

Besuch von Wirthshäusern, Gartenwirthschaften,<br />

Theatern, Rauchen und Schnupfen, sowie das<br />

Kartenspiel. 43<br />

Die Seminaraufnahmeprüfung wurde zum<br />

Schuljahr 1891/92 abgeschafft und durch<br />

eine sechswöchige Probezeit ersetzt, über<br />

<strong>der</strong>en erfolgreiches Absolvieren <strong>der</strong> Lehrerrat<br />

entschied. 44<br />

DER MUSIKUNTERRICHT<br />

Die Unterrichtsinhalte <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong><br />

entsprachen<br />

in allen angebotenen Fächern<br />

etwa jenen <strong>der</strong> Realschule<br />

<strong>der</strong> damaligen Zeit. Seit dem<br />

Schuljahr 1891/92 wurde zusätzlich Stenographie<br />

angeboten, zunächst noch als Wahlfach.<br />

Ab dem folgenden Schuljahr wurden<br />

offenbar sämtliche Schüler des II. und III.<br />

Kurses 45 , ab dem Schuljahr 1912/13 auch<br />

des I. Kurses in Stenographie unterrichtet.<br />

Mit <strong>der</strong> neuen Lehrordnung für die bayerischen<br />

Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten<br />

zum Schuljahr 1912/13 erhielten<br />

44: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1890/91. Bamberg 1891, S. 28.<br />

45: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1891/92. Bamberg 1892, S. 12.


sämtliche Schüler ab dem I. Kurs auch<br />

Französischunterricht. 46<br />

Gravierende Unterschiede zur Realschule gab<br />

es in <strong>der</strong> musikalischen Ausbildung. Je<strong>der</strong><br />

Präparandenschüler musste nämlich mindestens<br />

drei Instrumente erlernen, und zwar<br />

Klavier, Violine und Orgel. Klavier- und Violinunterricht<br />

sowie Musik- und Harmonielehre<br />

waren bereits im I. Kurs obligatorisch,<br />

das Orgelspiel ab dem II. Kurs. 47 Zusätzlich<br />

bestand die Möglichkeit, noch an<strong>der</strong>e Instrumente<br />

zu erlernen. Die <strong>Kronach</strong>er Lehrkräfte<br />

boten Viola, Cello und Kontrabass an. Beson<strong>der</strong>s<br />

musikalische Schüler sangen zudem im<br />

Kirchenchor. Häufig gestaltete <strong>der</strong> Schülerchor<br />

die Gottesdienste mit Choralmessen<br />

aus. Die Zusammenstellungen des eingeübten<br />

Repertoires in den Jahresberichten<br />

bilden einen geradezu repräsentativen Querschnitt<br />

durch verschiedene Strömungen des<br />

Cäcilianismus im ausgehenden 19. und<br />

beginnenden 20. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Musik zählte neben Religion, Deutscher Sprache<br />

und Arithmetik zu den Hauptfächern<br />

und war damit Vorrückungsfach. Die Musik<br />

hatte in <strong>der</strong> Lehrerbildung nicht zuletzt deswegen<br />

einen herausragenden Stellenwert,<br />

weil neben <strong>der</strong> Gemeindeschreiberei auch <strong>der</strong><br />

Kantorendienst zumeist von Lehrern nebenamtlich<br />

versehen wurde. Entsprechend waren<br />

schon die Ausbildungsinhalte in den<br />

<strong>Präparandenschule</strong>n ausgelegt. Ergab sich<br />

eine ungenügende Leistung im Fach Musik<br />

aufgrund mangeln<strong>der</strong> Begabung, bestand<br />

die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung. 48<br />

Das erreichte Niveau in <strong>der</strong> musikalischen<br />

Ausbildung konnte offenbar nicht immer<br />

befriedigen. Dies zeigen einzelne Visitationsberichte,<br />

in denen auf einen unzureichenden<br />

Ausbildungsstand hingewiesen wurde. Die<br />

Hauptursache dafür wähnte man in <strong>der</strong><br />

Unterrichtsgestaltung. So wies zum Beispiel<br />

<strong>der</strong> zuständige Ministerialkommissär im<br />

Bericht über seine Visitation vom Frühjahr<br />

1904 darauf hin, dass in <strong>Kronach</strong> <strong>der</strong> Instrumentalunterricht<br />

in viel zu großen Gruppen<br />

46: Jahresbericht <strong>der</strong> k. <strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong>. Schuljahr 1912/13. <strong>Kronach</strong><br />

1913, S. 4.<br />

47: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1884/85.<br />

Bamberg 1885, S. 12.<br />

48: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 309r.–317r.<br />

49: StAB, K 3 D II, Nr. 1028, fol. 11r–12r.<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

stattfinde. 49 Teilweise wurde im Klassenverband<br />

o<strong>der</strong> in Gruppen mit bis zu zwölf Teilnehmern<br />

unterrichtet.<br />

Auch die Ausstattung mit Übungsinstrumenten<br />

war nicht gerade üppig, aber keineswegs<br />

schlechter als an an<strong>der</strong>en bayerischen <strong>Präparandenschule</strong>n.<br />

Eine Violine musste ja<br />

je<strong>der</strong> Schüler ohnehin selbst stellen. Ansonsten<br />

standen für die zeitweise über 40 Schüler<br />

anfangs zwei kleine einmanualige Orgeln,<br />

drei Klaviere, drei Violas, drei Celli und zwei<br />

Kontrabässe zur Verfügung. 50 Der Bestand<br />

wurde im Laufe <strong>der</strong> Jahre noch erweitert. Der<br />

nach einer Inspektionsreise des Regierungspräsidenten<br />

von Burchtorff im Juli 1883<br />

angefertigte Bericht nennt bereits fünf Klaviere.<br />

51 Das Inventarverzeichnis bei <strong>der</strong> endgültigen<br />

<strong>Auflösung</strong> <strong>der</strong> Schule im Jahr 1917<br />

führt vier Pianinos, und 3 Tafelpianos, 2 Violon<br />

mit Bogen, 3 Violoncello, 3 Viola mit Bogen, 1<br />

Violin mit Bogen an. Etwas näher beschrieben<br />

werden darin die drei Orgeln <strong>der</strong> Anstalt:<br />

1. Orgel, 1 Manual, neuere Arbeit, in gutem<br />

Zustande, 6 Register, Prinzipal 8‘, Gedackt 8‘,<br />

Salicional 8‘, Flöte 4‘, Subbaß 16‘, Pedalkoppel.<br />

1888; 2. Orgel, von Wolf in Bayreuth, älter,<br />

1 Manual, 6 Register, Flöte 4‘, ,ohne Benennung‘,<br />

Violonbaß 8‘, Geigenprinzipal 8‘, Gedackt<br />

8‘, Pedalkoppel. 1877; 3. Orgel, 1 Manual,<br />

gut erhalten, 2 Register, Gedackt 8‘, Salicional<br />

8‘. 1903 erbaut. 52<br />

Die Musikübungsstunden auf den Anstaltsinstrumenten<br />

waren durch Stundenpläne geregelt,<br />

die in jedem Übungslokal angeheftet<br />

waren. Kontrolliert wurden die Übungsstunden<br />

durch die Lehrkräfte o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s zuverlässige<br />

Schüler, die so genannten Monitoren. 53<br />

Neben dem Instrumentalunterricht und <strong>der</strong><br />

Harmonielehre lag ein weiterer Schwerpunkt<br />

<strong>der</strong> breiten musikalischen Grundausbildung<br />

auf dem Chorgesang. Mit Rudolf Grasser<br />

hatte man in <strong>Kronach</strong> offenbar einen beson<strong>der</strong>s<br />

tüchtigen Gesangspädagogen, dessen<br />

Leistungen auf diesem Gebiet bei den Visitationen<br />

wie<strong>der</strong>holt gewürdigt wurden. Die<br />

Chronik des Schuljahres 1881/82 zählt fol-<br />

50: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1884/85.<br />

Bamberg 1885, S. 13.<br />

51: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 329r.<br />

52: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1029.<br />

53: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1881/82. Bamberg 1882, S. 11.<br />

383


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

384<br />

gende bunte Auswahl beliebter vierstimmiger<br />

Chorwerke jener Zeit auf, die von Schülern<br />

unter Grassers Leitung öffentlich dargeboten<br />

wurden: 54<br />

Gelegenheiten zum musikalischen Vortrag<br />

innerhalb und außerhalb <strong>der</strong> Schule gab es<br />

bei allen kirchlichen und weltlichen Festen<br />

und bei den zahlreichen Feierstunden anlässlich<br />

von Geburts-, Namens- und Todestagen<br />

<strong>der</strong> kaiserlichen Familie, des bayerischen<br />

Königshauses, Geburts- und Todestagen<br />

bedeuten<strong>der</strong> Dichter o<strong>der</strong> Gedenktagen für<br />

beson<strong>der</strong>e historische Ereignisse sowie zum<br />

Abschluss eines Schuljahres. Beim Fronleichnamsgottesdienst<br />

1892 kamen an den vier<br />

Altären folgende Choräle zum Vortrag:<br />

„Adoramus in aeternum“ von Michael Georg<br />

Haller; „Pange lingua“ von Haller; „Pange<br />

lingua“ von Oberhoffer; „Pange lingua“ von<br />

Joseph Hanisch. 55 Beim Abschlussgottesdienst<br />

am 8. August 1882 wurde die Vokalmesse in<br />

B-Dur, op. 28 von Valentin Eduard Becker<br />

aufgeführt 56 , im Jahr darauf 1. „Schwing dich<br />

auf, mein Herz“ von Peregrinus; „Tantum<br />

ergo“ von Haller; 2. „Herr, ich habe lieb“ von<br />

August Eduard Grell und „Tantum ergo“ von<br />

Hanisch Nr. 23; 3. „Vernimm, Herr meine<br />

Stimme“ von Mendelssohn und „Tantum<br />

ergo“ von Hanisch Nr. 25; 4. „Heilig“ von<br />

A. Weber und „Tantum ergo“ von Heinrich<br />

Oberhoffer op. 29 Nr. 1.<br />

Anläßlich des 70. Geburtstages von Prinzregent<br />

Luitpold wurde am 12. März 1891 <strong>der</strong><br />

Festgottesdienst mit <strong>der</strong> vierstimmigen Vokalmesse<br />

op. 83 von Joseph Rheinberger um-<br />

54: Ebd., S. 13f.<br />

55: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1891/92. Bamberg 1892, S. 16.<br />

56: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1882/83. Bamberg 1883, S. 15.<br />

57: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1890/91, Bamberg 1891, S. 26.<br />

58: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1882/83. Bamberg 1883, S. 16f.<br />

rahmt. Bei <strong>der</strong> anschließenden Feierstunde<br />

im Musiksaal <strong>der</strong> Schule spielten zwei Schüler<br />

die Ouvertüre zur Oper „Titus“ von Wolfgang<br />

Amadeus Mozart in einer Bearbeitung<br />

für Klavier zu vier Händen sowie den berühmten<br />

Jägermarsch aus <strong>der</strong> Oper „Der<br />

Freischütz“ von Karl Maria von Weber in<br />

einer Bearbeitung für Klavier zu vier Händen<br />

von dessen einstigem Klavierlehrer Johann<br />

Peter Heuschkel. Der Chor sang „Die Ehre<br />

Gottes“ von Ludwig van Beethoven, die<br />

„Luitpold-Hymne“ und „An das Bayerland“,<br />

beides vom Münchner Lehrer Norbert Hoft<br />

vertonte Dichtungen von Martin Greif (eigentlich<br />

Johann Hermann Frey), sowie zum<br />

Abschluss „70 Jahre ließ erreichen“ nach <strong>der</strong><br />

Melodie „Deutschland, Deutschland über<br />

Alles“. 57<br />

Viel gesungen wurde bei den Wan<strong>der</strong>tagen.<br />

So listet <strong>der</strong> Jahresbericht 1882/83 <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong><br />

<strong>Kronach</strong> folgendes bei<br />

einer Einkehr dargebotene musikalische Programm<br />

auf, das sich wie<strong>der</strong>um geradezu wie<br />

eine Männerchor-Hitliste jener Zeit liest: „Die<br />

Ehre Gottes“ von Ludwig van Beethoven;<br />

„Zauber <strong>der</strong> Nacht“ und ein Chor (vermutlich<br />

„Ein Schütz bin ich“ o<strong>der</strong> „Schon die<br />

Abendglocken klangen“) aus <strong>der</strong> Bie<strong>der</strong>meier-Oper<br />

schlechthin „Das Nachtlager von<br />

Granada“ von Konradin Kreutzer; „Abendlied“<br />

(„Über allen Wipfeln ist Ruh“) von<br />

Friedrich Kuhlau; „Wan<strong>der</strong>lust“ von Franz<br />

Abt sowie „Abschied vom Walde“ von Felix<br />

Mendelssohn Bartholdy. 58<br />

Anlässlich <strong>der</strong> weltlichen Trauerfeier zum<br />

Tode des Prinzregenten Luitpold am 12. Dezember<br />

1912 wurden die vierstimmigen Liedsätze<br />

für gemischte Stimmen „Schlaf Wohl“<br />

von Jakob Heinrich Lützel und „Mag auch<br />

die Liebe weinen“, Trostlied von Immanuel<br />

Gottlob Friedrich Faißt, gesungen. 59<br />

Bei ganz beson<strong>der</strong>en Anlässen kam es auch<br />

vor, dass das Schülerensemble durch ehemalige<br />

Schüler verstärkt wurde. Zum 50-jährigen<br />

Bischofsjubiläum Papst Leos XIII. musizierten<br />

Schüler und Ehemalige während des<br />

59: Jahresbericht <strong>der</strong> k. <strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong>. Schuljahr 1912/13. <strong>Kronach</strong><br />

1913. S. 24f.<br />

60: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1892/93. Bamberg 1893, S. 15.<br />

61: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1881/82. Bamberg 1882, S. 13.<br />

62: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1882/83. Bamberg 1883, S. 16f.


Festgottesdienstes die vierstimmige Vokalmesse<br />

von Joseph Beltjens „Missa secunda in<br />

honorem Sancti Josephi“ op. 127. 60<br />

WANDERTAGE UND<br />

SONSTIGE SCHULFESTE<br />

Zu den Höhepunkten eines Schuljahres<br />

zählten die Schulausflüge,<br />

an denen sämtliche Schüler und<br />

Lehrer sowie häufig <strong>der</strong> Distriktschulinspektor<br />

teilnahmen. Ziele<br />

waren meistens die schon damals beliebten<br />

Ausflugsorte im Obermaingebiet. Bei solchen<br />

Ganztagesfahrten wurden zum Teil beachtliche<br />

Strecken zurückgelegt. Im Sommer 1882<br />

zum Beispiel führte <strong>der</strong> Weg teils mit <strong>der</strong><br />

Bahn, teils zu Fuß über Oberlangenstadt,<br />

Ebneth, Burgkunstadt, Mainleus nach Veitlahm,<br />

wo am Nachmittag <strong>der</strong> Patersberg bestiegen<br />

werden sollte. Wegen schlechter Witterung<br />

verbrachte man den Nachmittag<br />

allerdings in <strong>der</strong> zu jener Zeit bei Wan<strong>der</strong>ern<br />

sehr bekannten Brauereigastwirtschaft<br />

Schnei<strong>der</strong>, einem in <strong>der</strong> Ortsmitte von Veitlahm<br />

gelegenen Anwesen mit Saal, wobei von<br />

Seite <strong>der</strong> Schüler musikalische und deklamatorische<br />

Vorträge in heiterer Weise wechselten, wie<br />

es im Jahresbericht 1881/82 heißt. 61<br />

Weitere Ausflüge führten auf die Ebnether<br />

Höhe und anschließend auf den herrlich<br />

gelegenen Keller des Herrn Rebhan in Ebneth 62 ,<br />

auf den Görauer Anger mit Einkehr auf dem<br />

herrlichen Lindenkeller bei Weismain 63 ; nach<br />

Vierzehnheiligen zum Staffelberg mit Einkehr<br />

im Brauereigasthof Finzel in Staffelstein 64 ;<br />

nach Neuses (bei Coburg) zum Rückert-<br />

Denkmal, Callenberg mit <strong>der</strong> daselbst befindlichen<br />

Fasanerie und seiner zoologischen Abteilung<br />

und schließlich <strong>der</strong> Besichtigung Koburgs,<br />

wo nach dem Mittagessen in <strong>der</strong> „Restauration<br />

zur Vereinsbrauerei“ die Antiquitäten-<br />

Sammlungen, <strong>der</strong> Bärenzwinger und namentlich<br />

aber die ornithologische Sammlung, wie die<br />

übrigen zoologischen und mineralogischen<br />

Kabinette das Interesse <strong>der</strong> Schüler fand 65 ;<br />

nach Staffelstein: Bis Lichtenfels brachte uns<br />

63: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1883/84. Bamberg 1884, S. 15.<br />

64: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1885/86. Bamberg 1886, S. 15.<br />

65: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1886/87. Bamberg 1887, S. 14f.<br />

66: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1887/88. Bamberg 1888, S. 14.<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

<strong>der</strong> Eisenbahnzug; nachdem <strong>der</strong> seiner Vollendung<br />

entgegensehende Schulhaus-Neubau<br />

daselbst in Augenschein genommen, ging es zu<br />

Fuß nach Hausen, woselbst die Porzellanfabrik<br />

des Herrn Silbermann von den Schülern mit<br />

großem Interesse besichtigt wurde. Nach<br />

Besteigung des 440 m hohen Banzberges, dann<br />

nach kurzer Restauration nahmen wir im Schloß<br />

die Versteinerungssammlung aus <strong>der</strong> Juraformation,<br />

das Kosmorama, die Sammlung Sr. Kgl.<br />

Hoh. des Herzogs Max v. Bayern und die Kirche<br />

in Augenschein. In Staffelstein fanden die<br />

Touristen bei Hrn. Brauereibesitzer Dierauf die<br />

gastfreundlichste Aufnahme. Gegen 3 Uhr bestieg<br />

man noch den Staffelberg und verbrachte<br />

die Abendstunden unter Gesang und Deklamationen<br />

<strong>der</strong> Schüler in den Wirtschaftsräumlichkeiten<br />

zur Wolfsschlucht in Staffelstein bei<br />

Anwesenheit vieler Freunde und Gönnern <strong>der</strong><br />

Schule 66 ; auf den großen Kordigast, in das<br />

Weismaintal mit Einkehr auf dem Lindenkeller<br />

und anschließenden Weitermarsch<br />

zum Bahnhof nach Burgkunstadt 67 ; nach<br />

Marktschorgast, besichtigte man die in <strong>der</strong><br />

Nähe liegende Broncefabrik und legte die Tour<br />

nach Berneck zu Fuß zurück. Das Mittagsmahl<br />

wurde im Restaurant Bube eingenommen. Die<br />

Stunden des Nachmittags wurden seitens <strong>der</strong><br />

Schüler mit Gesang und Deklamationen ausgefüllt.<br />

Abends besuchte man die Kolonnade,<br />

bestieg den Schloßberg, marschierte bis Marktschorgast<br />

und kehrte von da ab mit <strong>der</strong> Bahn<br />

zurück 68 ; nach Ludwigsstadt, Lauenstein mit<br />

Mantelburg und zum Thüringer Wald ins<br />

Loquitztal 69<br />

Zur Begründung und Erweiterung des naturgeschichtlichen<br />

Unterrichts wurden in jedem<br />

Schuljahr zahlreiche Exkursionen und Unterrichtsgänge<br />

gemacht, zum Beispiel zur Glashütte<br />

bei Stockheim und zum Walzwerk<br />

„Ernestinahütte“ bei Neuhaus. 70 Außerdem<br />

besuchten die Schüler in jedem Schuljahr<br />

Konzert- und Theateraufführungen sowie<br />

Vorträge zu unterschiedlichen Themenbereichen.<br />

Zwei Beispiele aus dem Jahresbericht<br />

1892/93 mögen dies illustrieren: Am 23. No-<br />

67: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1888/89. Bamberg 1889, S. 14f.<br />

68: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1889/90. Bamberg 1890, S. 16.<br />

69: Jahresbericht <strong>der</strong> kgl. <strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong> Schuljahr 1906/07. Bamberg<br />

1907, S. 20.<br />

70: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1890/91. Bamberg 1891, S. 26.<br />

385


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

386<br />

vember hielt Herr Ornitholog Voigt aus Wülfershausen<br />

den Zöglingen einen Vortrag über die<br />

deutsche Vogelwelt und ahmte den Gesang <strong>der</strong><br />

Sänger und Erzsänger täuschend nach. Großes<br />

Interesse bot <strong>der</strong> von Herrn Largojolly aus Tirol<br />

am 27. Januar den Zöglingen vorgeführte<br />

Apparat ,Edisons Grammophon‘. Derselbe trug<br />

Sprüche, Gedichte und Lie<strong>der</strong> vor, gab das<br />

menschliche Lachen wie<strong>der</strong> und führte Tierstimmen<br />

aus. Von beson<strong>der</strong>er Wirkung war die<br />

Ausführung eines Militärmarsches, wobei man<br />

die einzelnen Intrumente unterscheiden konnte. 71<br />

Seit dem Schuljahr 1911/12 wurde ein später<br />

auf zwei Tage ausgedehntes Schulturn- und<br />

Spielfest abgehalten, bei dem sich die Schüler<br />

<strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong> mit jenen <strong>der</strong> Realschule<br />

in verschiedenen Disziplinen maßen<br />

und um eine Medaille und ein Diplom<br />

kämpften. 72<br />

Prüfungen und<br />

Leistungskontrolle<br />

Quartalsweise wurden die Schüler<br />

über ihren Leistungsstand<br />

unterrichtet und belehrt. Diese<br />

Zeugnissen ähnlichen Berichte<br />

wurden jeweils den Eltern zur<br />

Einsicht und Unterschrift<br />

übermittelt. 73 Beson<strong>der</strong>e Prüfungen waren zur<br />

Aufnahme in die <strong>Präparandenschule</strong> und<br />

zum Abschluss <strong>der</strong>selben abzulegen. Wollte<br />

ein Schüler von <strong>der</strong> Realschule o<strong>der</strong> dem<br />

Gymnasium in den II. o<strong>der</strong> III. Kurs aufgenommen<br />

werden, musste er ebenfalls seine<br />

Eignung in Form einer schriftlichen Prüfung<br />

nachweisen. 74 Die Aufnahmeprüfung bestand<br />

aus mündlichen und schriftlichen<br />

Teilen in den Fächern Religion, Sprache,<br />

Rechnen, Geographie, Geschichte und Naturkunde.<br />

Zum Schuljahr 1882/83 beispielsweise wurden<br />

vom Kgl. Hauptlehrer folgende Prüfungsfragen<br />

zusammengestellt 75 :<br />

71: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr. Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> 1892/93.<br />

Bamberg 1893, S. 14.<br />

72: Jahresbericht <strong>der</strong> k. <strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong>. Schuljahr 1911/12. <strong>Kronach</strong><br />

1912, S. 25.<br />

I. Religion<br />

A. für die Katholiken<br />

a) Mündlich: Begriff und Eigenschaften <strong>der</strong> Reue<br />

b) Schriftlich:<br />

1.) Woraus erkennen wir, daß Jesus den hl. Petrus zum<br />

Oberhaupte seiner Kirche ernannt hat?<br />

2.) Welche Sünden werden durch das 8. Gebot verboten?<br />

Was gebietet dieses Gebot?<br />

3.) Welche Gnaden teilt uns die hl. Kommunion mit?<br />

B. für Protestanten<br />

a) Mündlich: die Schöpfungsgeschichte – <strong>der</strong> 3. Artikel –<br />

Lied 409<br />

b) Schriftlich:<br />

1.) Wann und bei welcher Gelegenheit wurde das h. Abendmahl<br />

eingesetzt, was genießen wir in demselben, was nützt es,<br />

und was ist zum segensreichen Empfang von unserer Seite<br />

notwendig?<br />

2.) Erzählt das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld!<br />

3.) Es soll ein Bibelspruch zum 5., 6., 7. und 8. Gebot<br />

abgegeben werden!<br />

II. Sprache<br />

A. Grammatik<br />

1.) Die Bürger <strong>Kronach</strong>s verteidigten im 30jährigen Kriege ihre<br />

Stadt mutig.<br />

a) Gib die Teile vorstehenden Satzes an.<br />

b) Setze denselben unter Hinweglassung des Ausdruckes:<br />

„im 30jährigen Krieg“ in die 3 Hauptzeiten <strong>der</strong> That- und<br />

Leideform!<br />

2.) Der Volksschulleherer ist streng. – Der Präparandenlehrer<br />

ist strenger. – Der Seminarlehrer ist am strengsten.<br />

Wie vorstehend das Eigenschaftswort „streng“ sind Grund-,<br />

Vergleichungs- und Übertreffungsstufe von „gut, hoch u. wenig“<br />

zu gebrauchen!<br />

3.) Setze – wo es möglich ist – in alle Fälle <strong>der</strong> Ein- und<br />

Mehrzahl:<br />

Der Hase, <strong>der</strong> Hirsch, das Krankenhaus, das Blei, die Universität,<br />

Amalie!<br />

4.) Dies Bild gehört Christiana. Der Ruhm, Deutschland zu<br />

Ansehen und Macht geführt zu haben, gehört Bismarck.<br />

a) wie viele Sätze? Unterscheide Haut- und Nebensatz!<br />

b) In welchen Fällen stehen vorstehende Hauptwörter?<br />

B. Stil<br />

Die Kartoffel [mit Bleistift am Rand „Aufsatz“]<br />

C. Orthographie<br />

Ein kurzes Diktat<br />

III. Rechnen<br />

a) Mündlich<br />

I. Serie:<br />

1. Wie groß ist 7 mal <strong>der</strong> 9. Teil von 522?<br />

2. Subtrahiere von <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> Zahl 21 000 die Zahl 1144!<br />

3. a) 9 7 /8 + 8 5 /9; b) 9 7 /8 – 8 5 /9; c) 4 /9 von 11 4 /7 M; d) 5 /6 in 3 3 /4 !<br />

4. Jemand kauft 19 m Zeug und bekommt, auf drei Kronen so<br />

viel heraus, als 6 m kosten. Wie hoch ist 2 m berechnet?<br />

5. Die 50%igen Zinsen eines Kapitals betragen in 4 1 /2 Jahren<br />

191 1 /4 M; wie groß war dasselbe.<br />

II. Serie:<br />

1. Wie groß ist <strong>der</strong> 3. Theil des Unterschiedes von 926<br />

und 146?<br />

2. Bestimmet aus den Zahlen 4 4 /5 und 2 3 /4 a) die Summe,<br />

b) die Differenz, c) das Produkt, d) den Quotienten!<br />

3. Ein Eisenstab von 4 m Länge hatte sich durch Erwärmung<br />

um 36 mm ausgedehnt; wie viel % betrug die Ausführung?<br />

73: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1893/94. Bamberg 1894, S. 13f.<br />

74: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1882/83. Bamberg 1883, S. 15.<br />

75: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1025, fol. 291r–292v.


4. Eine Bäuerin gibt einem Konditor 100 Stück Eier, 2 Stück zu<br />

10 und nimmt dagegen 2 Pfund 250 g Zucker, das Pfund<br />

zu 60 . Wie viel erhält sie noch bar Geld?<br />

5. 36 Steinhauer vollenden eine Arbeit in 27 Tagen; in welcher<br />

Zeit wird dieselbe Arbeit von 81 Steinhauern fertig gestellt?<br />

b) Schriftlich<br />

1. Welche Zahl ist um 1995 größer als diejenige Zahl, welche<br />

54 mal kleiner ist als die Summe 402 672 und 137 598?<br />

2. Von einem Stück Tuch, das 179 1 /2 m hält, verkauft man<br />

25 1 /4 m, 19 3 /8 m u. 31 5 /6 m; wie viele Anzüge à 5 7 /8 m kann man<br />

aus dem Stoffe verfertigen und wie viel m bleiben übrig?<br />

3. In einem Orte werden zu 240 Laternen, welche jeden Abend<br />

6 1 /2 St. Brennen, in 8 Monaten 81 1 /4 Ztr. Öl verbraucht. Wie viele<br />

Ztr. Öl sind erfor<strong>der</strong>lich zu 624 Flammen, in 5 1 /3 Mon., wenn<br />

dieselben jeden Abend 1 1 /2 St. Länger brennen sollen?<br />

4. Von einem zu 4 1 /2 % ausstehenden Kapital erhielt jemand<br />

34 M Zinsen für die Zeit vom Oktober 1881 bis 6. Mai 1882.<br />

Wie groß war das Kapital?<br />

IV. Geographie<br />

1. Welchen Zufluß bekommt die Donau auf <strong>der</strong> rechten Seite in<br />

<strong>der</strong> Richtung von Straubing bis Osterhofen – <strong>der</strong> Main auf <strong>der</strong><br />

linken Seite in <strong>der</strong> Richtung von Lichtenfels bis Haßfurt?<br />

2. Welches Gebirg hin<strong>der</strong>t den Main in gera<strong>der</strong> Richtung zu<br />

fließen:<br />

a) von Bamberg bis Ochsenfurt,<br />

b) von Gemünden bis Aschaffenburg,<br />

c) von Miltenberg bis zu, Rhein?<br />

3. Welche Badeorte sind in <strong>Oberfranken</strong> bekannt?<br />

4. Welche Gebirgszüge haben das Fichtelgebirg zum Mittelpunkt;<br />

welche Richtuingen nehmen diese Gebirgszüge ein?<br />

5. In welchem Kreise und an welchem Flusse liegen: Nürnberg,<br />

Eichstädt, Amberg, Hof, Aschaffenburg, Kempten, München,<br />

Germersheim?<br />

V. Geschichte<br />

1.) Von wem wurde Bayern während des dreißigjährigen Krieges<br />

regiert?<br />

2.) Wessen Feldherr war Schweppermann? Bei welcher Schlacht<br />

zeichnete er sich rühmlich aus? Welcher auf ihn bezügliche<br />

Spruch ist bekannt?<br />

3.) Wer war Gustav Adolf? Wo fiel er?<br />

4.) Wer war Bonfazius? In welcher Zeit und wo wirkte er? Was ist<br />

über seinen Tod bekannt?<br />

5.) Wann und von wem wurde die Buchdruckerkunst erfunden?<br />

VI. Naturkunde<br />

1.) Gib die Namen von 6 dir bekannten Käfern und ebenso<br />

vielen Fischen !<br />

2.) Welche Giftpflanze liefert ein fast unentbehrliches Nahrungsmittel?<br />

Welchen Zwecken dient das Opium und aus welcher<br />

Pflanze wird es gewonnen?<br />

3.) Man teilt die Mineralien in folgende 4 Klassen: Diamant,<br />

Soda, Asphalt, Kreide, Alaun, Arsenik?<br />

4.) Wirfst Du einen Stein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en schweren Gegenstand ins<br />

Wasser, so entstehen gegen das Ufer sich erweiternde Kreise. Wie<br />

erklärst Du diese Erscheinung?<br />

Die schriftliche Abschlussprüfung <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong><br />

umfasste die Religionslehre,<br />

einen deutschen Aufsatz, Rechnen, Harmonielehre<br />

und Zeichnen. Diese Aufgaben<br />

wurden zentral von <strong>der</strong> Kgl. Regierung,<br />

Kammer <strong>der</strong> Innern, gestellt. Die mündliche<br />

76: Jahresbericht <strong>der</strong> k. bayr Lehrerbildungsanstalten von <strong>Oberfranken</strong> für<br />

1896/97. Bamberg 1897, S. 18f.<br />

77: Ebd., S. 35–37.<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Prüfung hatte den Unterrichtsstoff des III.<br />

Kurses in allen Hauptfächern zum Inhalt.<br />

Sie konnte jedoch auf diejenigen Disziplinen<br />

beschränkt werden, in welchen <strong>der</strong> Prüfling<br />

im Jahresfortgang o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> schriftlichen<br />

Prüfung eine schlechtere als die II. Note<br />

erzielt hatte.<br />

Die Prüfungskommission bestand aus dem<br />

Distriktschulinspektor und dem Hauptlehrer,<br />

ferner den die Prüfungsfächer zuletzt unterrichtenden<br />

Lehrern. Den Vorsitz bei <strong>der</strong><br />

mündlichen Prüfung führte ein Regierungskommissär.<br />

Dies war in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> zuständige<br />

Kgl. Seminarinspektor, also <strong>der</strong><br />

Leiter des Kgl. Schullehrer-Seminars Bamberg.<br />

76 Die Abschlussprüfung im selben<br />

Schuljahr sah folgende Aufgaben vor 77 :<br />

387


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

388<br />

Geographische<br />

Herkunft <strong>der</strong> Schüler<br />

Mit dem Wechsel <strong>der</strong> Schule<br />

von Staffelstein nach <strong>Kronach</strong><br />

verän<strong>der</strong>te sich das<br />

Einzugsgebiet <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong><br />

sehr schnell.<br />

Im Schuljahr 1880/81 waren im ersten Kurs<br />

bereits sechs von 15 Schülern aus dem Frankenwald,<br />

während in den Kursen II. und III.,<br />

die noch in Staffelstein begonnen hatten, nur<br />

vier von 14 bzw. drei von 16 aus <strong>Kronach</strong><br />

und dem Frankenwald kamen. Bis Ende <strong>der</strong><br />

1880er Jahre stammten die jeweiligen Präparandenneulinge<br />

immer zu etwa <strong>der</strong> Hälfte<br />

aus dem Frankenwald, während die Herkunftsorte<br />

<strong>der</strong> restlichen Schüler sehr stark<br />

variierten. Noch am konstantesten blieb <strong>der</strong><br />

Zugang aus Weismain und Umgebung. Somit<br />

wurde zumindest ein wesentliches Ziel<br />

erreicht, das man sich mit <strong>der</strong> Verlegung von<br />

Staffelstein nach <strong>Kronach</strong> gesetzt hatte,<br />

nämlich die Erschließung <strong>der</strong> Frankenwaldregionen<br />

für den Lehrerberuf.<br />

Die Schülerzahlen blieben zunächst relativ<br />

konstant bei über 40, ehe sie zum Schuljahr<br />

1883/84 auffällig einbrachen, nämlich von<br />

43 im Jahr zuvor auf 31. In den folgenden<br />

Schuljahren pendelten sie sich auf gut 30<br />

ein, ehe das Schuljahr 1891/92 mit nur fünf<br />

Schülern im I. Kurs und 23 insgesamt einen<br />

erneuten Abwärtstrend einleitete, <strong>der</strong> im<br />

Schuljahr 1896/97 mit 18 Schülern einen<br />

Tiefpunkt erreichte und in den folgenden<br />

Jahren auf diesem Niveau stagnierte. Beängstigend<br />

war vor allem die rückläufige<br />

Zahl <strong>der</strong> Eintritte. 1899/1900 traten nur zwei<br />

Schüler im I. Kurs an. Im Jahr darauf waren


es wenigstens sechs Neueintritte. Eine auffällige<br />

gegenläufige Entwicklung ist erst für das<br />

Schuljahr 1901/02 zu verzeichnen, als es<br />

plötzlich 16 Neueintritte gab. Es liegt die Vermutung<br />

nahe, dass – eine drohende Schließung<br />

<strong>der</strong> Anstalt vor Augen – seitens <strong>der</strong><br />

Stadtführung und <strong>der</strong> Distriktschulinspektion<br />

eine gezielte Kampagne für den Eintritt in<br />

die <strong>Präparandenschule</strong> stattgefunden hatte,<br />

denn dass von den 16 Neueintritten allein<br />

neun aus <strong>der</strong> Stadt <strong>Kronach</strong> kamen, konnte<br />

kein Zufall sein. Vermutlich hatte man in <strong>der</strong><br />

Realschule für einen Eintritt in die <strong>Präparandenschule</strong><br />

geworben. Auch im kommenden<br />

Jahr sah das Verhältnis noch ähnlich aus,<br />

als von den 20 Neulingen immerhin wie<strong>der</strong>um<br />

acht aus <strong>Kronach</strong> kamen. Im Schuljahr<br />

1903/04 normalisierte sich das Ganze wie<strong>der</strong>.<br />

Nun kamen von 18 Erstkursisten lediglich<br />

zwei aus <strong>Kronach</strong>. Dagegen ist von diesem<br />

Schuljahr an eine extreme Streuung <strong>der</strong> Herkunftsorte<br />

augenfällig. Offenbar wurden in<br />

den Folgejahren aus überbelegten Nachbarschulen<br />

verstärkt Schüler nach <strong>Kronach</strong><br />

verwiesen. Damit war <strong>der</strong> Fortbestand <strong>der</strong><br />

Schule zunächst gesichert. Die Zahl <strong>der</strong> Neueintritte<br />

stabilisierte sich nun wie<strong>der</strong> bei etwa<br />

20 Schülern. Zum Schuljahr 1907/08 wurde<br />

deswegen sogar eine weitere Präparandenlehrerstelle<br />

für <strong>Kronach</strong> bewilligt. 78<br />

<strong>Auflösung</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Präparandenschule</strong><br />

<strong>Kronach</strong><br />

Mit dem Beginn des Ersten<br />

Weltkrieges kam es sehr<br />

schnell an vielen Schulen<br />

zu einem zunehmenden<br />

Lehrermangel, da sich<br />

zahlreiche Lehrkräfte freiwillig zum Kriegsdienst<br />

meldeten. Auch an <strong>der</strong> <strong>Kronach</strong>er<br />

<strong>Präparandenschule</strong> hatten die von <strong>der</strong><br />

Obrigkeit in den Jahrzehnten seit <strong>der</strong> Reichsgründung<br />

forcierten Bemühungen um eine<br />

78: Jahresbericht <strong>der</strong> Kgl. <strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong>. Schuljahr 1907/08. Bamberg<br />

1908, S. 20.<br />

79: Jahresbericht <strong>der</strong> K. <strong>Präparandenschule</strong> <strong>Kronach</strong>. Schuljahr 1914/15. <strong>Kronach</strong><br />

1915, S. 23f.<br />

80: Ebenda, S. 30-33.<br />

81: Ebenda, S. 33f.<br />

82: Ebenda, S. 30.<br />

III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

Steigerung des Nationalgefühls, die sich in<br />

vielen Bereichen des schulischen Lebens<br />

ablesen lassen, ihre Wirkungen gezeitigt.<br />

Schon zu Beginn des Schuljahres 1914/15<br />

kam es zu einem Engpass bei <strong>der</strong> Aufstellung<br />

des Stundenplanes, da Realschullehrer<br />

Dr. Adolf Wetzlar sich aufgrund des Lehrermangels<br />

an <strong>der</strong> Realschule nicht mehr imstande<br />

sah, den Französischunterricht an <strong>der</strong><br />

<strong>Präparandenschule</strong> wie bisher vollständig zu<br />

übernehmen. Außerdem erhielt am 20. November<br />

1914 Präparandenlehrer Christian<br />

Kopp seine Einberufung. Er, <strong>der</strong> zum Schuljahr<br />

1909/10 aus Deggendorf nach <strong>Kronach</strong><br />

gekommen war, hatte sich freiwillig zum Eintritte<br />

in das Heer und zwar zu einer bislang<br />

unbekannten Waffengattung: dem Schneeschuh-<br />

Bataillon in München gemeldet. 79<br />

Der Weltkrieg war in diesem letzten Schuljahr<br />

an <strong>der</strong> <strong>Kronach</strong>er <strong>Präparandenschule</strong><br />

vom ersten Tag an allgegenwärtig. In einem<br />

„Krieg und Schule“ überschriebenen Beitrag<br />

im Jahresbericht 1914/15 schil<strong>der</strong>t Präparandenhauptlehrer<br />

Ludwig Veit eindrucksvoll<br />

die Auswirkungen des Krieges auf den schulischen<br />

Alltag. So wurde offenbar ständig an<br />

den Schicksalen <strong>der</strong> im Krieg befindlichen<br />

ehemaligen Schüler sowie von Familienangehörigen<br />

<strong>der</strong> Schüler Anteil genommen.<br />

Über wichtige Kriegsereignisse unterrichteten<br />

die Lehrer ihre Schüler möglichst zeitnah. In<br />

jedem Klassenzimmer hing eine Kriegskarte,<br />

auf <strong>der</strong> eifrig die Fähnchen in Richtung<br />

Osten und Westen gerückt wurden, sobald<br />

eine neue Siegesbotschaft eintraf.<br />

Allerdings gedachte man auch <strong>der</strong> Opfer,<br />

die <strong>der</strong> Krieg mehr und mehr for<strong>der</strong>te. Der<br />

zitierte Beitrag enthält eine Auflistung aller<br />

Kriegsmeldungen, die ehemalige Schüler <strong>der</strong><br />

Schule betreffen. 80 Darunter waren bereits<br />

sechs Kriegstote bis zum Ende des Schuljahres.<br />

81 Eine beson<strong>der</strong>e Vorbereitung für den<br />

späteren Kriegseinsatz wurde den <strong>Kronach</strong>er<br />

Schülern mit <strong>der</strong> Gründung einer Jugendwehr<br />

am 18. Oktober 1914 eröffnet, <strong>der</strong> auch<br />

sämtliche Schüler <strong>der</strong> III. Klasse sowie zwei<br />

<strong>der</strong> II. Klasse angehörten. 82<br />

389


III<br />

KRONACH ALS BAYERISCHE LANDSTADT<br />

390<br />

Gut nachempfinden lässt sich die von <strong>der</strong><br />

allgemeinen Kriegseuphorie geprägte Atmosphäre<br />

an <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong> anhand<br />

<strong>der</strong> Festrede anlässlich des Schulturn- und<br />

Spielfestes am 20. Mai 1915, in <strong>der</strong> sich Präparandenhauptlehrer<br />

Ludwig Veit über den<br />

bisherigen Verlauf des gewaltigen Völkerringens<br />

verbreitete, die unvergleichlichen Waffensiege<br />

unserer Heldensöhne in Ost und West rühmte<br />

und nachzuweisen suchte, wie solche nur<br />

möglich seien durch ein Heer von vaterländisch<br />

begeisterten Streitern, körperlich allen Anstrengungen<br />

gewachsen und sittlich gefestigt. 84<br />

Veit interpretierte sogar die Begründung <strong>der</strong><br />

Schulturnfeste seinerzeit durch Prinzregent<br />

Luitpold dahingehend, dieser habe die<br />

Wetterzeichen des unvermeidlichen Weltkrieges<br />

erkannt und mit <strong>der</strong> Anordnung des Wetturnspieltages<br />

nicht in letzter Linie beabsichtigt, bei<br />

<strong>der</strong> studierenden Jugend den Körper zu stählen,<br />

damit sie <strong>der</strong>einst den starken Arm dem Vaterlande<br />

zur Verfügung stellen könne. 85 Für die<br />

<strong>Kronach</strong>er <strong>Präparandenschule</strong> sollten diese<br />

Worte ihres Schulleiters eine Art Schwanengesang<br />

sein.<br />

Bemerkenswert ohne nationalen Schwulst, –<br />

<strong>der</strong>, wenn überhaupt dargebracht, wohl auf<br />

die Reden beschränkt blieb –, lief die Schlußfeier<br />

am 15. Juli 1915 ab (vgl. Abb. oben).<br />

Im September 1915 konnte <strong>der</strong> Schulbetrieb<br />

aufgrund des Lehrermangels nicht mehr fortgesetzt<br />

werden. Hauptlehrer Veit wurde im<br />

September 1917 an die <strong>Präparandenschule</strong><br />

Passau versetzt, die Schüler wurden nach<br />

Bamberg überwiesen. Das Inventar kam im<br />

Herbst 1917 ebenfalls nach Bamberg, und<br />

was dort nicht benötigt wurde, ging nach<br />

Haßfurt weiter. 86 Zum Schuljahr 1915/16<br />

musste im übrigen nicht nur in <strong>Kronach</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n auch in Pfarrkirchen und im Jahr<br />

darauf in Kulmbach und Neustadt an <strong>der</strong><br />

Saale aufgrund des Lehrkräftemangels <strong>der</strong><br />

Unterrichtsbetrieb eingestellt werden. Zu<br />

einer Wie<strong>der</strong>eröffnung kam es nicht mehr. 87<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg setzte aus vielfältigen<br />

Gründen ein allgemeiner <strong>Auflösung</strong>sprozess<br />

im Bereich <strong>der</strong> <strong>Präparandenschule</strong>n<br />

ein. 88 So ging ein nicht unwesentliches<br />

Kapitel <strong>Kronach</strong>er Schulgeschichte mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger sang- und klanglos zu Ende. ■<br />

84: Ebenda, S. 25.<br />

85: Ebenda, S. 25.<br />

86: StAB, K 3 D IIa, Nr. 1029.<br />

87: Dömling (wie Anm. 1), S. 160f.<br />

88: Vgl. dazu Dömling (wie Anm. 1), S. 161f.

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