Naturwaldreservate in Hessen Naturwaldreservate - Hessen-Forst
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Ke<strong>in</strong> Baum wie der andere –<br />
Holzzersetzung und Insektenbesiedlung<br />
auf e<strong>in</strong>er großen W<strong>in</strong>dwurffläche<br />
Noch nie wurden <strong>in</strong> Europa vergleichbare langfristige<br />
Untersuchungen zur Rolle der Insekten bei der<br />
Zersetzung von Buchenstämmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen<br />
W<strong>in</strong>dwurffläche wie im Naturwaldreservat Weiherskopf<br />
durchgeführt.<br />
In den Jahren 1991-2000 wurden durchgehend sechs<br />
geschlossene Eklektoren an liegenden Buchenstämmen<br />
e<strong>in</strong>gesetzt, die diejenigen Tiere erfassen, die<br />
aus e<strong>in</strong>em 1 m langen Stammabschnitt schlüpfen. Drei<br />
der Fallen blieben über die gesamte Untersuchungsperiode<br />
am selben Baumstamm exponiert. Sie wurden<br />
lediglich jährlich verschoben, so dass e<strong>in</strong>e Neubesiedlung<br />
des zuvor abgefangenen Bereichs möglich<br />
war (Dauerbeobachtungsbäume). Die drei übrigen<br />
Fallen wurden jedes Jahr an neuen Probebäumen<br />
angebracht (Jahresbeobachtungsbäume).<br />
In den Jahren von 1991 bis 1995 dürften sich auf der gesamten<br />
W<strong>in</strong>dwurffläche um die 3 Milliarden Xyleborus<br />
saxeseni <strong>in</strong> den Buchenstämmen entwickelt haben.<br />
Alle<strong>in</strong> im Jahr 1993 waren - hochgerechnet auf<br />
20 ha Fläche - etwa 1,5 Milliarden Individuen des<br />
„Kle<strong>in</strong>en Holzbohrers“ damit beschäftigt, das Holz<br />
der abgestorbenen Buchenstämme anzubohren und<br />
so den weiteren Zersetzungsprozess e<strong>in</strong>zuleiten. Bis<br />
zu 16.460 Käfer schlüpften alle<strong>in</strong> im Mai 1993 aus<br />
e<strong>in</strong>em der untersuchten, 1 m langen Buchenstammabschnitte.<br />
Bereits 1992 war die Massenentwicklung<br />
im Gange, die 1993 ihren Höhepunkt erreichte und<br />
1994 noch immer doppelt so viele Tiere produzierte wie<br />
1992. Erst 1995 war e<strong>in</strong> deutlicher Rückgang dieser<br />
Entwicklung zu verzeichnen.<br />
Mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit ist die Populationsentwicklung<br />
von Räubern wie dem R<strong>in</strong>denkäfer<br />
Rhizophagus bipustulatus und der Blumenwanze<br />
Xylocoris cursitans e<strong>in</strong>e Folge dieser Borkenkäfer-<br />
Massenvermehrung und hat ihrerseits e<strong>in</strong>e erhebliche<br />
regulative Wirkung auf die Anzahl des „Kle<strong>in</strong>en<br />
Holzbohrers“.<br />
Abb. 48: Elektoren an liegenden Stämmen fangen die Tiere,<br />
die aus e<strong>in</strong>em 1 m langen Stammabschnitt schlüpfen.<br />
Der „Kle<strong>in</strong>e Holzbohrer“<br />
räumt im W<strong>in</strong>dwurf auf<br />
E<strong>in</strong>e wesentliche und wirksame Funktion im Zersetzungsprozess<br />
von abgestorbenen Buchenstämmen<br />
fällt dem „Kle<strong>in</strong>en Holzbohrer“ (Xyleborus saxeseni)<br />
zu. Der 2 mm „kle<strong>in</strong>e“ Borkenkäfer bohrt Gänge <strong>in</strong><br />
den Holzkörper von Laubbäumen und züchtet dar<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en mit ihm <strong>in</strong> Symbiose lebenden Pilz, der ihm als<br />
Nahrung dient und se<strong>in</strong>erseits mit Hilfe von Enzymen<br />
das Holz zersetzt.<br />
Vergleichende Untersuchungen <strong>in</strong> anderen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />
mit geschlossenen Laubwaldbeständen<br />
oder lediglich kle<strong>in</strong>en Sturmlücken belegen e<strong>in</strong>e<br />
bevorzugte Massenentwicklung des Käfers <strong>in</strong> Gebieten<br />
mit großflächigen W<strong>in</strong>dwürfen, wie es im<br />
Naturwaldreservat Weiherskopf der Fall war.<br />
Abb. 49: Kle<strong>in</strong>er Holzbohrer - Xyleborus saxeseni<br />
Männermangel bei Frauenüberschuss<br />
Dass es trotz e<strong>in</strong>er enormen Überzahl an weiblichen<br />
Tieren zu e<strong>in</strong>em ungeheuren Vermehrungspotential<br />
des Borkenkäfers kommt, beruht darauf, dass sich<br />
die Weibchen weitgehend parthenogenetisch vermehren,<br />
d. h. die Nachkommen entwickeln sich aus unbefruchteten<br />
Eiern (Im Untersuchungszeitraum wurden<br />
176.789 Weibchen <strong>in</strong> den Fallen gezählt, denen die<br />
vergleichsweise kle<strong>in</strong>e Anzahl von 201 Männchen gegenüber<br />
stand).<br />
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