10.01.2014 Aufrufe

Materialien 7 - Rundfunk

Materialien 7 - Rundfunk

Materialien 7 - Rundfunk

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4<br />

eine genauere Analyse und vor allem Konsequenzen und "vorantreibenden Kräfte": der<br />

Vorwurf der Manipulation beinhalte implizit die Vorstellung "es gäbe in politischen und<br />

gesellschaftlichen Fragen eine reine, unmanipulierte Wahrheit", also als ob eine ausgemachte<br />

'Fairness' verletzt worden sei und also ob nicht der 'Gegner' z.B. Springer nicht auch davon<br />

ausgehen könnte, dass er ein moralisch legitimes Verhalten ausübt.<br />

Der politischen Linken bescheinigt Enzensberger alte bürgerliche Ängste, (S. 269), ein<br />

konservatives Abwehrverhalten gegenüber technischen Neuerungen und massenmedialen<br />

Erscheinungen, statt diese innovativ zu nutzen, wie dies Brecht forderte.<br />

Dabei wird jedoch der prinzipielle Sachverhalt nicht geleugnet. "Manipulation, zu deutsch<br />

Hand- oder Kunstgriff, heißt soviel wie zielbewußtes technisches Eingreifen in ein gegebenes<br />

Material. Wenn es sich um ein gesellschaftlich unmittelbar relevantes Eingreifen handelt, ist<br />

die Manipulation ein politischer Akt. Das ist in der Bewußtseinsindustrie prinzipiell der Fall.<br />

Jeder Gebrauch der Medien setzt also Manipulation voraus. Ein unmanipuliertes Schreiben,<br />

Filmen und Senden gibt es nicht. Die Frage ist daher nicht, ob die Medien manipuliert werden<br />

oder nicht, sondern wer sie manipuliert." (S. 271.)<br />

Enzensberger fordert, die Bedürfnisse der Zuschauer ernst zu nehmen "Die elektronischen<br />

Medien verdanken ihre Unwiderstehlichkeit nicht irgendeinem abgefeimten Trick, sondern<br />

der elementaren Kraft tiefer gesellschaftlicher Bedürfnisse, die selbst in der heutigen<br />

depravierten Verfassung dieser Medien durchschlagen. Ein 'massenhaftes Bedürfnis nach<br />

immaterieller Vielfalt' und Mobilität' werde durch – so der Begriff Lefebvres – das spectacle<br />

permanent inszeniert. Als rauschhafter Konsum von Wegwerfsendungen und<br />

Wegwerfprodukten könnte zusammengefasst werden, was Enzensberger hier in einem<br />

analytisch konzisen kulturpsychologischen Abschnitt formuliert. Der Konsum als Fest, als<br />

Erfüllung des Versprechens der Abschaffung von Mangel, als Ästhetik die über das<br />

"Kunstschöne" hinaus geht.<br />

Hier setzt generell Baudrillards Kritik an. Bereits 1972 prognostiziert er im Grunde, dass die<br />

Steigerung der Sendeinhalte zu einer Null-Kommunikation führt, bei der 'Aufmerksamkeit' zu<br />

einer heiß umkämpften und begehrten Ware wird. Er wirft Brecht und Enzensberger einen<br />

Denkfehler vor:<br />

"Wenn Brecht und Enzensberger behaupten, die Wandlung der Medien in ein wirkliches<br />

Kommunikationsmedium sei technisch überhaupt kein Problem, dann ist das in der Tat so zu<br />

verstehen, dass das überhaupt kein technisches Problem ist." (283/4)<br />

Es fällt also gar nicht in den Bereich der Technik, denn, so die Überzeugung Baudrillards,<br />

Massenmedien dienen nicht der inhaltlichen Kommunikation, also dem Austauschs, von ihm

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!