Stadt an Fluss, Straße und Schiene - Bezirk Oberfranken
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aus realitätsnah <strong>an</strong>sehen. Sicherlich hat Gerstäcker die <strong>Stadt</strong><br />
Lichtenfels aber wegen ihrer Bahn<strong>an</strong>bindung zur Kulisse für<br />
seine Karikatur eines Spießbürgers erkoren.<br />
Unbeeindruckt ist der in seiner Ängstlichkeit bef<strong>an</strong>gene<br />
Mahlhuber - gleichsam das Gegenstück zum vielgereisten<br />
Autor - von Sehenswürdigkeiten oder l<strong>an</strong>dschaftlichen<br />
Schönheiten, <strong>und</strong> so findet sich davon keine Spur; lediglich<br />
von „der wirklich recht fre<strong>und</strong>lichen Umgebung“ ist einmal<br />
beiläufig die Rede. Gerstäckers Erzählung, obwohl in Lichtenfels<br />
spielend <strong>und</strong> die benachbarten Bahnstationen Burgkunstadt,<br />
Hochstadt <strong>und</strong> Staffelstein einbeziehend, bietet,<br />
aufs G<strong>an</strong>ze gesehen, spärliches Lokalkolorit.<br />
Freilich spiegeln „Herrn Mahlhubers Reiseabenteuer“, gerade<br />
weil sie von Lichtenfels allein die Bahn herausstellen, den<br />
seinerzeit bedeutsamsten Entwicklungsfaktor der <strong>Stadt</strong>: weithin<br />
war Lichtenfels im 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert nur als wichtiger<br />
Haltepunkt oder als Umsteigebahnhof bek<strong>an</strong>nt.<br />
Überhaupt stellt die Lage <strong>an</strong> Fernverkehrswegen eine, wenn<br />
nicht sogar die Konst<strong>an</strong>te der <strong>Stadt</strong>geschichte dar: Lichtenfels<br />
lag nahe dem Main, der zwar hier kaum schiffbar war, aber<br />
einst zahllose Flöße trug; eine bedeutende L<strong>an</strong>dstraße von<br />
Bamberg nach Kronach <strong>und</strong> weiter nach Mitteldeutschl<strong>an</strong>d<br />
führte durch die <strong>Stadt</strong>, <strong>und</strong> mitten auf dem Marktplatz<br />
zweigte von ihr die L<strong>an</strong>dstraße nach Coburg ab. Da die<br />
Bahnmagistralen zumeist den Flüssen <strong>und</strong> den Hauptstraßen<br />
folgten, verw<strong>und</strong>ert weiterhin der frühe Anschluss der <strong>Stadt</strong><br />
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<strong>an</strong> das neue Verkehrsmittel Eisenbahn nicht: Ab 1846 besaß<br />
Lichtenfels eine Station, ab 1859 war die <strong>Stadt</strong> ein Eisenbahnknoten.<br />
Die <strong>Stadt</strong><strong>an</strong>lage<br />
Aufnahme: WFL-GmbH, Rottendorf<br />
Die Lichtenfelser Innenstadt, 2003. Die mittelalterliche <strong>Stadt</strong><strong>an</strong>lage mit der L<strong>an</strong>dstraße Bamberg - Kronach, die sich zum breiten <strong>Straße</strong>nmarkt<br />
weitet; in ihn mündet die Coburger <strong>Straße</strong>. Den Nordr<strong>an</strong>d des alten <strong>Stadt</strong>kerns beherrschen die Bahn<strong>an</strong>lagen.<br />
Schon ihre Existenz verd<strong>an</strong>kt die <strong>Stadt</strong> wohl nicht zuletzt ihrer<br />
Lage <strong>an</strong> Verkehrswegen. Seit dem Hochmittelalter, als die<br />
Fernstraßen nach <strong>und</strong> nach von den Höhenrücken in die<br />
Täler verlegt wurden, verlief eine Magistrale durch das obere<br />
Maintal. Um aus dem Warenverkehr auf dieser Trasse nutzen<br />
zu schlagen <strong>und</strong> sie zugleich zu sichern, mag die <strong>Stadt</strong> Lichtenfels<br />
gegründet worden sein.<br />
Ihren Namen erhielt sie von einer Burg auf dem Berg südlich<br />
der späteren <strong>Stadt</strong><strong>an</strong>lage, dem Burgberg. Sie mag auf die 1057<br />
ausgestorbenen Grafen von Schweinfurt zurückgehen; erstmals<br />
erwähnt wird sie 1142. Unmittelbar zuvor hatten sowohl<br />
Graf Poppo von Andechs-Plassenberg als auch der Bischof<br />
von Bamberg Anspruch auf die Befestigung erhoben.<br />
Nach kriegerischen Ausein<strong>an</strong>dersetzungen einigten sie sich<br />
in einem komplizierten Vertragswerk, dem sogen<strong>an</strong>nten<br />
Giechburg-Vertrag, dem m<strong>an</strong> die harten Verh<strong>an</strong>dlungen noch<br />
<strong>an</strong>spürt. Die fortdauernde Konfrontation zwischen dem<br />
Bamberger Bischof <strong>und</strong> den Grafen von Andechs wich einem<br />
Mitein<strong>an</strong>der, nachdem 1177 mit Otto II. ein Andechser den<br />
Bischofsstuhl err<strong>an</strong>g. Bis 1242 gehörten mit einer kurzen Un-