Stadt an Fluss, Straße und Schiene - Bezirk Oberfranken

60er Jahre. Das namhafteste Unternehmen der Branche, die
auf das Jahr 1871 zurückgehende Aktiengesellschaft für
Korbwaren- und Kinderwagen-Industrie Hourdeaux-Bergmann,
brach damals zusammen. Eine Reihe von ehemaligen
Korbhandelshäusern konnte nur durch Umstrukturierungen
überleben: durch die Umstellung auf Möbelproduktion oder
auf den Import von Korbwaren aus Niedriglohnländern.
Trotz solcher Umwälzungen trägt die Stadt ihren Beinamen
mit Recht. Sie ist nach wie vor Sitz der Staatlichen Fachschule
für Korbflechterei, der einzigen Einrichtung dieser Art in
Deutschland, die im Mai 2004 ihr hundertjähriges Bestehen
feiern kann; hinzu kam 1995 das Innovations- und Technologiezentrum
des Deutschen Flechthandwerks. In der Öffentlichkeit
wird über Franken hinaus insonderheit der „Korbmarkt“
wahrgenommen, ein Straßenfest mit Korbwarenverkauf,
das seit 1980 jeweils an einem September-Wochenende
stattfindet.
Stadt und Straße in der Gegenwart
Bestimmend für die sichtbare Stadtentwicklung der letzten
Jahrzehnte war und ist die Verkehrssituation, die mit der
Entstehung der Stadt ursächlich zusammenhängt. Noch um
1970 verliefen zwei Bundesstraßen, die B 173 (Bamberg -
Kronach - Hof; bis zur deutschen Teilung weiter nach
Zwickau und Dresden) und die B 289 (Untersiemau bei Coburg
- Kulmbach - Münchberg - Rehau), über den Marktplatz.
Der anschwellende Straßenverkehr bewog schon 1938 den
Bürgermeister, die Kreuzigungsgruppe, die am Rathaus
stand, vor die Pfarrkirche versetzen zu lassen; freilich mögen
dabei ideologische Gründe mitgespielt haben. 1975 wurden
zwei alte Bürgerhäuser - darunter das Geburtshaus von Tho-
Die ältere Literatur ist zusammengestellt in:
Dippold, Günter: Lichtenfels. Korb- und Eisenbahnerstadt am oberen
Main, Stuttgart 1997 (Bayerische Städtebilder. Franken).
Seither sind zur Stadtgeschichte erschienen:
Dippold, Günter: Die Städtegründungen der Andechs-Meranier in
Franken. In: Die Andechs-Meranier in Franken. Europäisches
Fürstentum im Hochmittelalter, Mainz 1998, S. 183-195.
ders.: Die Ausbildung von Frauen an der Korbfachschule Lichtenfels.
In: Vom Main zum Jura, Heft 8 (1998), S. 45-56.
ders.: Die Revolution auf dem Lande - das Beispiel des Landgerichts
Lichtenfels. In: Dippold, Günter - Wirz, Ulrich (Hg.): Die Revolution
von 1848/49 in Franken. 2. Aufl., Bayreuth 1999 (Schriften
zur Heimatpflege in Oberfranken I, 2), S. 193-247.
ders.: Die jüdischen Friedhöfe in der Umgebung von Burgkunstadt.
In: Motschmann, Josef - Rudolph, Siegfried: „Guter Ort“ über
dem Maintal. Der jüdische Friedhof bei Burgkunstadt, Lichtenfels
1999 (CHW-Monographien 1), S. 129-144.
ders.: 90 Jahre Museum Lichtenfels. Ein Beitrag zur Geschichte des
Museumswesens in Oberfranken. In: Frankenland 51 (1999), S.
453-463.
ders.: Hausindustrien in Oberfranken. Entstehung und Entwicklung
bis zum Ersten Weltkrieg. In: Becker, Hans (Hrsg.): Beiträge zur
Landeskunde Oberfrankens. Festschrift zum 65. Geburtstag von
Bezirkstagspräsidenten Edgar Sitzmann, Bamberg 2000 (Bamberger
Geographische Schriften, Sonderfolge 6), S. 41- 62.
ders.: Das Land am Obermain im Prisma von Jahrhundertwenden,
Lichtenfels 2000 (Fränkische Heimat am Obermain 37).
ders.: Eisenbahn und Kleinstadt. Auswirkungen des Knotenpunktes
auf Lichtenfels im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Bayreuth 2001
80
mas Dehler (1897-1967) - abgebrochen, da sie die Einmündung
der Coburger Straße (B 289) in den Marktplatz verengten.
Bereits 1971 war für die B 173 eine neue Trasse an der damaligen
Peripherie der Stadt geschaffen worden. Diese Straße
wurde innerhalb des Stadtgebiets 1999/2000 auf vier Spuren
erweitert, nachdem sie bereits seit Mitte der 80er Jahre in dieser
Weise von Bamberg bis an den Ortsrand von Lichtenfels
ausgebaut war. 1986 entstand ferner eine zentrumsnahe Umgehungsstraße
für die B 289.
Die Verlegung beider Bundesstraßen ermöglichte es, in großen
Teilen des Stadtkerns eine Verkehrsberuhigung durchzuführen.
Um die Fußgängerzone zu beleben, bemühte sich
die Stadt um Ansiedlung eines Kaufhauses, das schließlich
1998 eröffnet wurde. Dem Kaufhausbau am Unteren Tor
wurde ein solches Gewicht zugemessen, dass nicht nur alte
städtebauliche Strukturen beseitigt, sondern auch ein Bürgerhaus
des 16. Jahrhunderts und, schon im Vorfeld, die im Wesentlichen
aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammenden
Betriebsgebäude einer stillgelegten Exportbrauerei
abgebrochen wurden. Die zweite große Braustätte in der
Stadt war bereits 1986 für den Bau eines Parkhauses abgerissen
worden.
In den kommenden Jahren werden die Erfordernisse des
Straßenverkehrs rund um Lichtenfels erhebliche Eingriffe in
die Kulturlandschaft verursachen: Da die Verbindungen nach
Thüringen aus wirtschaftlicher Sicht nicht leistungsfähig genug
sind, wird 2004 bei Lichtenfels mit dem Bau des letzten
Teilstücks der A 73 durch den Thüringer Wald nach Erfurt
begonnen. Sie wird den vom Benediktinerkloster Banz geprägten
Landstrich und den Lichtenfelser Forst durchschneiden.
Wenige Kilometer entfernt soll überdies die neue, ICEtaugliche
Bahntrasse Nürnberg - Erfurt verlaufen.
(Heimatbeilage zum Oberfränkischen Schulanzeiger 281).
ders.: Der Gewerbeverein Lichtenfels 1902-1934. In: Das Handwerk
im Landkreis Lichtenfels 1902-2002. 100 Jahre Handwerksorganisation
Lichtenfels, Lichtenfels 2003, S. 15-38.
ders.: Leistungen und Nöte des Lichtenfelser Stadttürmers Sigmund
Kerling. Zum kleinstädtischen Musikleben im frühen 19. Jahrhundert.
In: Schönere Heimat 92 (2003), S. 190-192.
Dippold, Günter (Hg.): Bayerische Justiz am Obermain. Festgabe
zur 100-Jahr-Feier des Amtsgerichts Lichtenfels, Lichtenfels 2003
(CHW-Monographien 4).
Hambrecht, Rainer: Die Hakenkreuzfahne auf dem Staffelberg. Der
Aufstieg der NSDAP am Obermain. In: Vom Main zum Jura,
Heft 12 (2003), S. 10-45.
Hößel, Karlheinz: Lichtenfels in den 20er Jahren. Zwischen Revolution
und Weltwirtschaftskrise, Lichtenfels 1999 (Lichtenfelser
Hefte zur Heimatgeschichte 3).
Messingschlager, Martin: Die Entwicklung der Kronacher Straße in
Lichtenfels 1900-1914. Von der Verkehrs- zur Ämter- und Repräsentationsstraße,
Lichtenfels 2002 (Fränkische Heimat am Obermain
39).
Scherbaum, Jochen: Frühe Siedlungsbefestigungen in Lichtenfels und
Bayreuth-Altenstadt. In: Die Andechs-Meranier in Franken. Europäisches
Fürstentum im Hochmittelalter, Mainz 1998, S. 197-
200.
Die Schneyer Porzellansammlung Wilhelm Lipfert. Katalog zur Sonderausstellung,
Lichtenfels 2000 (Lichtenfelser Hefte zur Heimatgeschichte,
Sonderheft 1).
Wolf, Hannes: Wirtschaftswunder am Obermain. Lichtenfels in den
50er Jahren, Lichtenfels 2002 (Lichtenfelser Hefte zur Heimatgeschichte
4).