Stadt an Fluss, Straße und Schiene - Bezirk Oberfranken
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Villa <strong>und</strong> Geschäftshaus des Spediteurs Philipp Gutm<strong>an</strong>n (Bamberger <strong>Straße</strong> 19), errichtet 1899 nach Plänen des Bamberger Architekten<br />
Chrysostomus Martin. Später gehörte das Gebäude dem Korbhändler Joseph Bamberger. S. 78 unten: Seiten<strong>an</strong>sicht.<br />
Mitgliedern war zwischen 1919 <strong>und</strong> 1933 durchgehend der<br />
jeweilige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde. Sie<br />
ging auf das 13. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück, best<strong>an</strong>d ununterbrochen<br />
seit den 1660er Jahren <strong>und</strong> zählte 1925 74 Mitglieder.<br />
Die Zeit des Nationalsozialismus hinterließ wenige sichtbare<br />
Spuren in der <strong>Stadt</strong>: Die Bahn<strong>an</strong>lagen wurden erweitert, eine<br />
Bahnunterführung gebaut, eine größeren Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhaussiedlung<br />
<strong>an</strong>gelegt. Ein während der Kriegsjahre vorbereitetes<br />
Großprojekt wurde nicht ausgeführt, nämlich der<br />
Main-Werra-K<strong>an</strong>al, der ein Schiffshebewerk ungeheuren<br />
Ausmaßes nahe Lichtenfels erfordert hätte.<br />
Die örtlichen Parteipotentaten wüteten, reichsweite Vorgaben<br />
bereitwillig aufnehmend, gegen die jüdische Gemeinde.<br />
Korbh<strong>an</strong>delshäuser, die in jüdischer H<strong>an</strong>d waren, wurden<br />
nach der mit größter Brutalität durchgeführten Pogromnacht,<br />
die zwei Todesopfer forderte, „arisiert“; der jüdische<br />
Friedhof wurde geschändet - nur fünf der einstmals weit über<br />
h<strong>und</strong>ert Grabsteine sind erhalten -, schließlich wurden 1942<br />
vierzehn Menschen in Vernichtungslager deportiert.<br />
Während des Zweiten Weltkriegs erl<strong>an</strong>gte ein örtliches Unternehmen,<br />
die 1921 gegründete Lederwarenfabrik Striwa<br />
GmbH, durch die Herstellung von Fliegermonturen für die<br />
Luftwaffe erhebliche Bedeutung, die sie nach 1945 mit Produkten<br />
für die zivile K<strong>und</strong>schaft noch ausbauen konnte. Ihre<br />
Firmengebäude von 1955 <strong>und</strong> 1959/60 beherrschen den<br />
Bahnhofsplatz; das Unternehmen beschäftigte in dieser Zeit<br />
bis zu 1200 Menschen. Seit Mitte der 70er Jahre mehrmals<br />
von Krisen geschüttelt, verlagerte die Striwa ihre Produktion<br />
nach <strong>und</strong> nach ins Ausl<strong>an</strong>d. Im Frühjahr 2000 wurde das In-<br />
solvenzverfahren eröffnet <strong>und</strong> der Betrieb vollends eingestellt.<br />
Die Ansiedlung des Luftfahrtgerätewerks Hakenfelde,<br />
einer Berliner Siemens-Tochter, in Lichtenfels während der<br />
letzten Kriegsjahre war nur vorübergehend, doch ließen sich<br />
im nahegelegenen Redwitz 1942 das Bakelit-Presswerk <strong>und</strong><br />
eine Porzell<strong>an</strong>fabrik der Siemens-Schuckert-Werke auf Dauer<br />
nieder. Das Dorf ist in der Folge bis heute ein wichtiger Industriest<strong>an</strong>dort<br />
geblieben.<br />
In Lichtenfels entst<strong>an</strong>den, von der Firma Striwa <strong>und</strong> einigen<br />
mittelständischen Betrieben abgesehen, in den 50er <strong>und</strong> 60er<br />
Jahren kaum Unternehmen industriellen Charakters. Ein<br />
Gr<strong>und</strong> hierfür mag im weiterhin starken Gewicht der Korbindustrie<br />
zu suchen sein, ein weiterer in den beschränkten<br />
<strong>und</strong> ungünstig gelegenen Flächen der <strong>Stadt</strong>gemarkung. Die<br />
deshalb schon in den 1920er Jahren als unverzichtbar <strong>an</strong>gestrebten<br />
Eingemeindungen kleinerer Nachbarkommunen gel<strong>an</strong>gen<br />
sehr l<strong>an</strong>ge nicht. Lediglich Burgberg, ein g<strong>an</strong>z vom<br />
<strong>Stadt</strong>gebiet eingeschlossenes Dörfchen, verst<strong>an</strong>d sich 1929<br />
zum Anschluss <strong>an</strong> Lichtenfels. Mit großem zeitlichen Abst<strong>an</strong>d<br />
folgten 1959 die Gemeinden Ober- <strong>und</strong> Unterwallenstadt,<br />
<strong>und</strong> erst von 1972 bis 1978 glückte es, weitere 17 Gemeinden<br />
dem <strong>Stadt</strong>gebiet einzugliedern, das seither 134 km 2<br />
umfasst. Nun erst gel<strong>an</strong>g es, Baugebiete <strong>und</strong> Gewerbeflächen<br />
in größerem Stil auszuweisen, wobei das Maintal, der vielbeschworene<br />
„Gottesgarten“ zwischen B<strong>an</strong>z <strong>und</strong> Vierzehnheiligen,<br />
stark in Anspruch genommen wurde.<br />
Das städtische Selbstverständnis blieb geprägt durch das Bild<br />
der „deutschen Korbstadt“ - so ein Slog<strong>an</strong> der 1920er Jahre.<br />
Es überdauerte die Krisenzeiten der Flechterei seit Mitte der<br />
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