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Stadt an Fluss, Straße und Schiene - Bezirk Oberfranken

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nachmals Vorst<strong>an</strong>d der Obersten Baubehörde, <strong>an</strong> der Kronacher<br />

<strong>Straße</strong> errichtet. Abgewickelt wurde dieses Bauprojekt<br />

im staatlichen Auftrag durch den Gewerbeverein Lichtenfels,<br />

der 1903 als Sprachrohr des örtlichen H<strong>an</strong>dwerks gegründet<br />

worden war.<br />

Durch den Zuzug vieler Bahnbeamter war der Wunsch nach<br />

einer höheren Schule laut geworden. Durch private Initiative<br />

wurde 1907 eine vierklassige Privatrealschule ins Leben gerufen,<br />

die in einem Neubau weit vor der <strong>Stadt</strong> <strong>an</strong> der Kronacher<br />

<strong>Straße</strong> den Unterricht aufnahm. Aus ihr entwickelte sich in<br />

mehreren Schritten das heutige Mer<strong>an</strong>ier-Gymnasium.<br />

In der gleichen <strong>Straße</strong>, in der m<strong>an</strong>cher damals „Neu-Lichtenfels“<br />

entstehen sah, entst<strong>an</strong>d 1908 das Forstamt, <strong>und</strong> während<br />

des Ersten Weltkriegs verlegte das <strong>Bezirk</strong>samt sein Domizil<br />

von der <strong>Stadt</strong>mitte hierher. Korbhändler <strong>und</strong> Bauunternehmer<br />

ließen sich ebenfalls hier nieder. Kurz, die ökonomische<br />

Blütezeit zwischen 1890 <strong>und</strong> 1914 hinterließ in diesem<br />

<strong>Straße</strong>nzug ihre bauliche Spur.<br />

Bei aller Modernität, die Lichtenfels in diesem <strong>Straße</strong>nzug<br />

ausstrahlte, erwies sich die <strong>Stadt</strong> in technischer Hinsicht doch<br />

als rückständig. Zwar besaß sie seit 1864 ein Gaswerk <strong>und</strong> eine<br />

davon gespeiste <strong>Straße</strong>nbeleuchtung, <strong>und</strong> auch <strong>an</strong>s Telefonnetz<br />

war sie seit 1897 <strong>an</strong>geschlossen. Doch erst 1900, zehn<br />

Jahre nach der kleineren Nachbarstadt Staffelstein, erhielt<br />

Lichtenfels eine Wasserleitung, <strong>und</strong> eine flächendeckende<br />

Stromversorgung ließ bis nach dem Ersten Weltkrieg auf sich<br />

warten - m<strong>an</strong>ches Nachbardorf war der <strong>Stadt</strong> hierin über ein<br />

Jahrzehnt voraus. Das Amtsgericht hielt sogar bis 1928 am<br />

Gaslicht fest.<br />

Die <strong>Stadt</strong> im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Der Erste Weltkrieg brachte der Korbindustrie einen Aufschwung,<br />

produzierte sie doch - wie auch im Zweiten Weltkrieg<br />

- mit Munitionskörben eine gefragte <strong>und</strong> gut bezahlte<br />

Ware. So meldete Ende 1914 der Vorst<strong>an</strong>d des <strong>Bezirk</strong>samts <strong>an</strong><br />

78<br />

die Regierung von Oberfr<strong>an</strong>ken: „Der Arbeitsverdienst ist<br />

allgemein gut, bei Korbmachern für Geschosskörbe oft nur<br />

zu gut, von einer Not ist keine Rede.“<br />

Um so schwerer war nach den Entbehrungen des Kriegs die<br />

Lage des dominierenden Gewerbes in der <strong>Stadt</strong>. Das Militär<br />

als K<strong>und</strong>e fiel weg, die hergestellten Geschosskörbe waren<br />

nicht mehr abzusetzen, <strong>und</strong> die exportorientierte Industrie<br />

konnte ihre ausländischen K<strong>und</strong>en aus Vorkriegszeiten,<br />

wenn überhaupt, nur sehr zögerlich wiedergewinnen. Zwar<br />

herrschte um 1920 durchaus Aufbruchsstimmung in Lichtenfels,<br />

doch die damals gegründeten Unternehmen überst<strong>an</strong>den<br />

die Hyperinflation des Jahres 1923 nicht. Krisenhaftes Klima<br />

herrschte in den 20er <strong>und</strong> beginnenden 30er Jahren vor. Als<br />

Indiz hierfür mögen die Zw<strong>an</strong>gsvollstreckungen gelten: Für<br />

das Jahr 1900 verzeichnete der Gerichtsvollzieher 284 in seinem<br />

Dienstregister, 1913 d<strong>an</strong>n 661. Im Jahr 1924 zählte m<strong>an</strong><br />

schon 1267, 1925 waren es 2112. Im ersten Jahr der Weltwirtschaftskrise,<br />

1929, stieg die Zahl auf 3214, <strong>und</strong> 1930 erreichte<br />

m<strong>an</strong> nach einem Dreivierteljahr schon 3332.<br />

Am Silvestertag des Jahres 1929 berichtete der <strong>Bezirk</strong>samtsvorst<strong>an</strong>d<br />

nach Bayreuth: „Mit der Ablieferung der Weihnachtsaufträge<br />

sind die Heimarbeiter in der Korbindustrie zu<br />

ca. 80 % arbeitslos geworden <strong>und</strong> am hiesigen Arbeitsamt<br />

war dieser Tage eine erschreckende Zunahme der Fürsorge<strong>an</strong>meldungen<br />

wahrzunehmen, sodaß ... zur Aufrechterhaltung<br />

der Ordnung beim Arbeitsamt die Gendarmerie eingreifen<br />

mußte.“ 1931 brachen zwei renommierte Korbh<strong>an</strong>delshäuser<br />

zusammen.<br />

Trotz dieser Lage gew<strong>an</strong>n die NSDAP, die seit 1922 durch eine<br />

Ortsgruppe in Lichtenfels präsent war, weniger stark <strong>an</strong><br />

Boden als in m<strong>an</strong>chen Nachbarstädten, die von der Wirtschaftskrise<br />

nicht so schwer betroffen waren. Bis zum März<br />

1933 blieb die Bayerische Volkspartei mit über 40 Prozent die<br />

stärkste politische Kraft in der <strong>Stadt</strong>. Der Liberalismus spielte<br />

bei Parlamentswahlen zwar kaum eine Rolle, behielt aber seine<br />

traditionell starke Stellung im <strong>Stadt</strong>rat; unter den liberalen

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