Ein Herz für Tiere Leseprobe - Das Wunder Hund
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Haustier-Spezial<br />
Es ist ein <strong>Wunder</strong>, über das die<br />
Wissenschaftler sich heute noch<br />
die Köpfe zerbrechen. Klar ist:<br />
„Wie der Herr, so‘s Gescherr“, stimmt<br />
bei Mensch und <strong>Hund</strong> tatsächlich. Und<br />
es war nicht der Mensch, sondern der<br />
<strong>Hund</strong>, der im Lauf seiner langen Geschichte<br />
als Menschenbegleiter die wesentlichen<br />
Schritte auf den Menschen zu<br />
getan hat.<br />
Wer wen zuerst ausspioniert hat, wird sich<br />
nicht mehr klären lassen. Auch nicht, wer<br />
zuerst erkannt hat, dass das andersartige<br />
Lebewesen nebenan nützlich sein könnte.<br />
Doch irgendwann, vor mindestens 16.000<br />
Jahren, vielleicht auch sogar vor 40.000<br />
Jahren, teilten Wolf und Mensch in Ostasien<br />
den gleichen Lebensraum. Und taten<br />
sich zusammen.<br />
Die Menschen, damals noch Höhlenbewohner,<br />
die ihre tierischen Mahlzeiten mit<br />
Steinschleuder und Speer erlegen mussten,<br />
fanden die Beute leichter, wenn sie<br />
den Wölfen folgten. Die Wölfe labten sich<br />
an den Resten des menschlichen Jagderfolgs<br />
und an weiteren Abfällen rund um die<br />
Lager. Aus diesem Leben nebeneinander<br />
wurde, da sind sich die Forscher heute sicher,<br />
sehr schnell ein Miteinander – einmalig<br />
in der Naturgeschichte.<br />
Die <strong>Hund</strong>e erfüllten<br />
immer mehr Wünsche<br />
Während die Wissenschaft noch darüber<br />
grübelt, ob eine oder mehrere Wolfsarten<br />
an der Gründung solcher <strong>Hund</strong>e-Menschen-Rudel<br />
beteiligt waren, sind sich alle<br />
Forscher einig: Den Willen, sich eng<br />
anzuschließen, den Instinkt, zu helfen,<br />
wo Not am Mann ist, das Akzeptieren der<br />
eigenen Rolle innerhalb einer Gruppe und<br />
die Anpassungsfähigkeit an neue Anforderungen<br />
haben unsere <strong>Hund</strong>e von ihren<br />
Vorfahren geerbt.<br />
So, wie sich ohne menschliches Zutun – je<br />
nach äußeren Bedingungen – die Wölfe der<br />
Welt in Körperbau und Verhalten unterschiedlich<br />
entwickelt haben (siehe Kasten),<br />
veränderten sich auch die ersten <strong>Hund</strong>e<br />
in Körperbau und Charakter; diesmal mit<br />
menschlichem Zutun. Denn die Vielfalt der<br />
<strong>Hund</strong>etypen, wie wir sie heute als Rassen<br />
kennen, ist keine Erfindung der Moderne.<br />
Es gab sie schon im Altertum.<br />
Kräftige, wolfsähnliche <strong>Hund</strong>e machten<br />
es den Menschen erst möglich, auch die<br />
Polarregionen zu besiedeln. Sie zogen<br />
die Lasten auf Schlitten, gingen mit auf<br />
Eisbär- oder Robbenjagd.<br />
Tu mir<br />
nicHTs!<br />
Blick voller<br />
Angst<br />
Noch massiger und größer, doch nicht<br />
mehr so schnell, waren die Kriegshunde,<br />
die in der Antike mit und vor den Heeren<br />
den Gegnern Furcht und Schrecken einjagen<br />
sollten. Genauso furchtlos und mächtig<br />
stellten sich – wenige Jahrhunderte<br />
später – die riesigen Herdenschutzhunde<br />
Bär und Wolf entgegen, während ihre<br />
kleineren wendigeren Kollegen die Schafund<br />
Ziegenherden zusammenhielten.<br />
Mit Hetz- und Stöberhunden arbeiteten<br />
die ersten Jäger, die noch keine Schusswaffen<br />
kannten. Überschlank und wind-<br />
irrTum | SchuldbEWuSStS<strong>Ein</strong><br />
missETäTEr<br />
Wenn hunde etwas getan haben, was uns Menschen nicht<br />
passt, glauben wir oft, die Schuld stehe ihnen ins Gesicht geschrieben.<br />
tatsächlich drücken sie auch mit ihrer Körpersprache<br />
oft Angst aus, schauen uns erschreckt an oder versuchen,<br />
uns mit rührenden kindlichen Gesten zu beschwichtigen. Auf uns<br />
wirkt das wie eine Entschuldigung.<br />
<strong>Ein</strong> irrtum. denn was wir sehen, ist kein schlechtes Gewissen,<br />
sondern zeigt einmal mehr, wie gut hunde uns zu lesen wissen.<br />
unser hund erkennt sofort, dass wir sauer sind, das verraten<br />
ihm die Körperhaltung, die Gesichtszüge und der Geruch.<br />
Weil unser blick auf ihn gerichtet ist, weiß er auch genau, dass<br />
gleich ein donnerwetter folgt. deshalb zeigt er Angst oder<br />
versucht, das Übel doch noch abzuwenden.<br />
Wir sinD uns äHnlicH<br />
Wie ein altes Ehepaar wird sich ein eingespieltes<br />
<strong>Hund</strong>-Mensch-Team mit den Jahren immer ähnlicher. Der <strong>Hund</strong> zieht beinahe<br />
menschliche Grimassen und nimmt „Menschen“-Haltung an<br />
schnell die einen, wetterfest und zielstrebig<br />
die anderen. Sie alle lebten mit den<br />
Menschen eng zusammen, akzeptierten<br />
ihre Rolle und boten sich immer wieder<br />
für neue Aufgaben an.<br />
Menschen entdeckten<br />
wieder neue Talente<br />
Die Entdeckung des Schießpulvers<br />
machte den <strong>Hund</strong> als Jagdbegleiter nämlich<br />
keineswegs arbeitslos. Sie forderte<br />
ihm nur wieder einmal andere Qualitäten<br />
ab. Und auch diese Herausforderung nahmen<br />
die <strong>Hund</strong>e an.<br />
Sie liefen den Reitern voraus, auf der<br />
Meutejagd nach Hase und Wildschwein.<br />
Sie trieben Fuchs und Dachs aus ihren<br />
Bauen. Sie folgten den Spuren angeschossenen<br />
Wildes. Sie apportierten<br />
erlegte Vögel aus dem Wasser und in<br />
steilen Felsen. Sie erschnüffelten Fährten<br />
in flachem Land, bergigem Gelände,<br />
tief im Wald und im Sumpf. Kälteresistente<br />
<strong>Hund</strong>e holten Fischernetze aus<br />
eisigen Gewässern, hitzeunempfindliche<br />
verfolgten mit Reiter und Falken<br />
Wüstentiere.<br />
Als Kolumbus Amerika entdeckte, waren<br />
die <strong>Hund</strong>e schon da – möglicherweise in<br />
der Vorzeit über die Beringstraße mit den<br />
Menschen aus Asien nach Nordamerika<br />
eingewandert.<br />
Rassen gab es noch nicht. Alle <strong>Hund</strong>e,<br />
große wie kleine, schnelle wie behäbige,<br />
Arbeits- wie Schoßhunde, hatten sich<br />
mit Menschenhilfe oder durch Zufall zu<br />
ihrem Typ entwickelt. Über Vererbung<br />
BEjuBElTE sTars<br />
Im Mittelalter verdiente<br />
das fahrende<br />
Volk sich ein Zubrot<br />
durch Zirkushunde.<br />
Die begleiteten die<br />
Karren und zeigten<br />
auf Märkten viel<br />
bestaunte und<br />
bejubelte Tricks wie<br />
Rechnen, Lesen,<br />
Tanzen und Gegenstände-Erkennen<br />
rETTEr | Die HelDen<br />
DEr HEiligE HunD<br />
Viele Sagen und historische Berichte<br />
zeugen von <strong>Hund</strong>en, die ihre Menschen<br />
verteidigt, dabei ihr leben riskiert und<br />
oft auch verloren haben. einer dieser<br />
<strong>Hund</strong>e gilt sogar als Heiliger und<br />
Schutzpatron der Kinder.<br />
Guignefort, ein französischer Windhund,<br />
lebte im Mittelalter in neuville<br />
bei lyon auf einem Schloss. Als eines<br />
Tages die Besitzer auswärts weilten<br />
und die Amme das Baby des Hauses<br />
unbeaufsichtigt im Garten gelassen<br />
hatte, näherte sich eine giftige Schlange<br />
der Wiege. Guignefort, der neben<br />
dem kleinen Jungen wachte, griff die<br />
Schlange an, die ihm überall böse Wunden<br />
beibrachte. Während des Kampfes<br />
der beiden kippte die Wiege um, und<br />
das Baby kullerte heraus.<br />
Die zurückgekehrte Amme sah den<br />
erschöpften, mit Blut besudelten <strong>Hund</strong><br />
und daneben das ebenfalls mit Schlangenblut<br />
benetzte Kind. im Glauben,<br />
der <strong>Hund</strong> hätte das Baby getötet, rief<br />
sie den Schlossherrn, der das Schwert<br />
zückte und Guignefort enthauptete.<br />
erst danach sah er, dass sein Sohn<br />
friedlich schlummerte, und entdeckte<br />
die zerfetzte Schlange daneben.<br />
<strong>Das</strong> Schloss gibt es nicht mehr, wohl<br />
aber einen Gedenkstein, der vom<br />
heiligen Windhund am Wald von Saint-<br />
Guignefort erzählt.<br />
machten sich weder Jäger, noch Schäfer,<br />
weder der Hochadel noch das Bürgertum<br />
Gedanken. <strong>Hund</strong>e, die alle Anforderungen<br />
in Aussehen, Arbeitskraft und<br />
Charakter erfüllten, durften sich paaren,<br />
und aus den Würfen wählten die Besitzer<br />
ihre Wunschtiere.<br />
BITTE BLäTTERn sIE uM<br />
18 <strong>Ein</strong> HErz für TiErE April 2011<br />
April 2011 <strong>Ein</strong> HErz für TiErE 19