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Ressortforschungsberichte zur kerntechnischen Sicherheit ... - DORIS

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<strong>Ressortforschungsberichte</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>kerntechnischen</strong> <strong>Sicherheit</strong> und<br />

zum Strahlenschutz<br />

Fachliche Unterstützung des BfS bei der Erstellung von<br />

Referenzbiosphärenmodellen für den radiologischen<br />

Langzeitsicherheitsnachweis von Endlagern - Biosphären-<br />

Szenarioanalyse für potentielle Endlagerstandorte<br />

- Vorhaben 3609S50004<br />

Bd. 3 Konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre in<br />

den Referenzregionen in Nord- und Süddeutschland für<br />

mögliche zukünftige Klimazustände<br />

Auftragnehmer:<br />

Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit (GRS) mbH, Köln<br />

F. Van Dorp<br />

C. Fahrenholz<br />

U. Noseck<br />

Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

(BMU) und im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) durchgeführt.


Dieser Band enthält einen Ergebnisbericht eines vom Bundesamt für Strahlenschutz im<br />

Rahmen der Ressortforschung des BMU (UFOPLAN) in Auftrag gegebenen<br />

Untersuchungsvorhabens. Verantwortlich für den Inhalt sind allein die Autoren. Das BfS<br />

übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben<br />

sowie die Beachtung privater Rechte Dritter. Der Auftraggeber behält sich alle Rechte vor.<br />

Insbesondere darf dieser Bericht nur mit seiner Zustimmung ganz oder teilweise vervielfältigt<br />

werden.<br />

Der Bericht gibt die Auffassung und Meinung des Auftragnehmers wieder und muss nicht mit<br />

der des BfS übereinstimmen.<br />

BfS-RESFOR-77/13-Bd.3<br />

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende URN:<br />

urn:nbn:de: 0221-2013041110504<br />

Salzgitter, April 2013


Gesellschaft für Anlagen<br />

und Reaktorsicherheit<br />

(GRS) mbH<br />

Fachliche Unterstützung<br />

des BfS bei der Erstellung<br />

von Referenzbiosphärenmodellen<br />

für den radiologischen<br />

Langzeitsicherheitsnachweis<br />

von Endlagern<br />

– Biosphären-<br />

Szenarioanalyse für potentielle<br />

Endlagerstandorte<br />

AP 4, 5 und 6: Konzeptuelle<br />

Modelle für die physikalische<br />

Biosphäre in den Referenzregionen<br />

in Nord- und<br />

Süddeutschland für mögliche<br />

zukünftige Klimazustände<br />

GRS – A – 3645


Gesellschaft für Anlagen<br />

und Reaktorsicherheit<br />

(GRS) mbH<br />

Fachliche Unterstützung des<br />

BfS bei der Erstellung von<br />

Referenzbiosphärenmodellen<br />

für den radiologischen Langzeitsicherheitsnachweis<br />

von<br />

Endlagern – Biosphären-<br />

Szenarioanalyse für potentielle<br />

Endlagerstandorte<br />

AP 4, 5 und 6: Konzeptuelle<br />

Modelle für die physikalische<br />

Biosphäre in den Referenzregionen<br />

in Nord- und Süddeutschland<br />

für mögliche zukünftige<br />

Klimazustände<br />

F. Van Dorp<br />

C. Fahrenholz<br />

U. Noseck<br />

Auftrags-Nr. 3609S50004<br />

Braunschweig, den 15. Februar 2012<br />

Anmerkung:<br />

…………………<br />

…………………<br />

Dieser Bericht ist von der GRS<br />

im Auftrag des Bundesamtes für<br />

Strahlenschutz (BfS) im Rahmen<br />

des Vorhabens 3609S50004 erstellt<br />

worden. Der Auftraggeber<br />

behält sich alle Rechte vor. Insbesondere<br />

darf dieser Bericht<br />

nur mit seiner Zustimmung zitiert,<br />

ganz oder teilweise vervielfältigt<br />

bzw. Dritten zugänglich<br />

gemacht werden.<br />

Der Bericht gibt die Auffassung<br />

und Meinung des Auftragnehmers<br />

wieder und muss nicht mit<br />

der Meinung des Auftraggebers<br />

übereinstimmen.<br />

GRS - A - 3645


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung und Aufgabenstellung ................................................................................................... 1<br />

2 Heutige Situation ........................................................................................................................... 5<br />

2.1 Vorhandene Naturräume ............................................................................................................ 5<br />

2.2 Warmgemäßigtes Klima (Cfb)..................................................................................................... 8<br />

2.2.1 Geomorphologie ................................................................................................................... 11<br />

2.2.2 Hydrologie/Hydrogeologie ................................................................................................... 11<br />

2.2.3 Böden .................................................................................................................................... 12<br />

2.2.4 Vegetation ............................................................................................................................ 14<br />

2.2.5 Wasser- und Sedimenttransport .......................................................................................... 14<br />

2.2.6 Bewirtschaftung .................................................................................................................... 15<br />

2.2.7 Eintrag von Kontamination ................................................................................................... 15<br />

3 Zu erwartende Klimaentwicklung und mögliche Folgen .............................................................. 15<br />

3.1 Abzuleitende Klimazustände und Klimaübergänge ................................................................... 15<br />

3.2 Mögliche Einflüsse der Klimaentwicklung auf die Naturräume ................................................ 27<br />

3.3 Möglicher Einfluss der diskreten Klimazustände ....................................................................... 27<br />

3.3.1 Sommertrockenen Mittelbreiten (CS) .................................................................................. 27<br />

3.3.1.1 Klima ............................................................................................................................ 27<br />

3.3.1.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 28<br />

3.3.1.3 Hydrogeologie .............................................................................................................. 28<br />

3.3.1.4 Hydrologie .................................................................................................................... 28<br />

3.3.1.5 Böden ........................................................................................................................... 29<br />

3.3.1.6 Vegetation ................................................................................................................... 29<br />

3.3.1.7 Wasser- und Sedimenttransport.................................................................................. 29<br />

3.3.1.8 Bewirtschaftung ........................................................................................................... 30<br />

3.3.1.9 Eintrag von Kontamination .......................................................................................... 30<br />

3.3.2 Kaltgemäßigtes Klima Dfc ..................................................................................................... 30<br />

3.3.2.1 Klima ............................................................................................................................ 30<br />

3.3.2.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 30<br />

3.3.2.3 Hydrologie .................................................................................................................... 31<br />

3.3.2.4 Hydrogeologie .............................................................................................................. 32<br />

3.3.2.5 Böden ........................................................................................................................... 32<br />

3.3.2.6 Vegetation ................................................................................................................... 33<br />

I


3.3.2.7 Wasser- und Sedimenttransport.................................................................................. 33<br />

3.3.2.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung ...................................................................... 34<br />

3.3.2.9 Eintrag von Kontamination .......................................................................................... 34<br />

3.3.3 Subpolares Klima ET ............................................................................................................. 35<br />

3.3.3.1 Klima ............................................................................................................................ 35<br />

3.3.3.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 35<br />

3.3.3.3 Hydrologie .................................................................................................................... 36<br />

3.3.3.4 Hydrogeologie .............................................................................................................. 38<br />

3.3.3.5 Böden ........................................................................................................................... 38<br />

3.3.3.6 Vegetation ................................................................................................................... 39<br />

3.3.3.7 Wasser- und Sedimenttransport.................................................................................. 39<br />

3.3.3.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung ...................................................................... 40<br />

3.3.3.9 Eintrag von Kontamination .......................................................................................... 40<br />

3.3.4 Polares Klima (EF) ................................................................................................................. 40<br />

3.3.4.1 Klima ............................................................................................................................ 40<br />

3.3.4.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 40<br />

3.3.4.3 Hydrogeologie .............................................................................................................. 41<br />

3.3.4.4 Hydrologie .................................................................................................................... 41<br />

3.3.4.5 Böden ........................................................................................................................... 41<br />

3.3.4.6 Vegetation ................................................................................................................... 41<br />

3.3.4.7 Wasser- /Sedimenttransport ....................................................................................... 41<br />

3.3.4.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung ...................................................................... 41<br />

3.3.4.9 Eintrag Kontamination ................................................................................................. 42<br />

3.3.5 Wintertrockene Mittelbreiten (CW) ..................................................................................... 42<br />

3.3.6 Fazit zu diskreten Klimazuständen ....................................................................................... 42<br />

3.4 Klima-Übergänge ...................................................................................................................... 43<br />

3.4.1 Erwärmung vom Cfb- zum CS-Klima mit Anhebung des Meeresspiegels ............................. 43<br />

3.4.1.1 Nehrung und Delta....................................................................................................... 44<br />

3.4.1.2 Moor ............................................................................................................................ 46<br />

3.4.1.3 Marsch ......................................................................................................................... 48<br />

3.4.2 Abkühlung vom CS-, CW-Klima zum Cfb-Klima ..................................................................... 50<br />

3.4.3 Abkühlung vom Cfb- über das Dfc-/ET- bis zum EF-Klima .................................................... 51<br />

3.4.4 Erwärmung vom EF- über das ET-, Dfc- bis zum Cfb-Klima ................................................... 52<br />

3.4.4.1 Löss .............................................................................................................................. 53<br />

3.4.5 Fazit zu Klimaübergängen ..................................................................................................... 53<br />

II


4 Konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre ................................................................ 54<br />

4.1 Kompartimentmodell für die physikalische Biosphäre .............................................................. 54<br />

4.1.1 Wasser- und Stoffflüsse in den einzelnen Kompartimenten ................................................ 56<br />

4.1.2 Kontamination der Nahrungsmittel ...................................................................................... 58<br />

4.1.3 Kontamination des Menschen .............................................................................................. 58<br />

4.1.4 Die Radionuklidkonzentration beeinflussende Prozesse ...................................................... 59<br />

4.2 Konzeptuelle Biosphärenmodelle .............................................................................................. 62<br />

4.2.1 Diskrete Klimazustände ........................................................................................................ 62<br />

4.2.1.1 Warmgemäßigtes Klima (Cfb, heute) ........................................................................... 62<br />

4.2.1.2 Winter- und Sommertrockenen Mittelbreiten (CW / CS) ............................................ 69<br />

4.2.1.3 Kaltgemäßigtes und Subpolares Klima (Dfc / ET) ......................................................... 73<br />

4.2.2 Klima-Übergänge .................................................................................................................. 79<br />

4.2.2.1 Marsch ......................................................................................................................... 80<br />

4.2.2.2 Löss .............................................................................................................................. 81<br />

4.2.2.3 Moor ............................................................................................................................ 82<br />

4.2.3 Gesondert betrachtete Biosphäre-Szenarien ....................................................................... 83<br />

4.2.3.1 Viehwirtschaft .............................................................................................................. 83<br />

4.2.3.2 Rentierwirtschaft ......................................................................................................... 84<br />

4.2.3.3 Quelle ........................................................................................................................... 85<br />

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ................................................................................ 86<br />

5.1 Zusammenfassung der Vorschläge für die Modellierung .......................................................... 86<br />

5.2 Ungewissheiten ......................................................................................................................... 89<br />

5.2.1 Zukünftige Entwicklung des Klimas und Auswirkung auf die Referenzregionen .................. 90<br />

5.2.2 Klimagesteuerte Prozesse in der physikalischen Biosphäre ................................................. 91<br />

5.2.3 Zukünftige Entwicklung der menschlichen Gewohnheiten .................................................. 92<br />

6 Literatur ...................................................................................................................................... 94<br />

III


1 Einleitung und Aufgabenstellung<br />

Bei der Endlagerung wärmeentwickelnder Abfälle in geologischen Formationen ist ein<br />

Langzeitsicherheitsnachweis für den Endlagerstandort zu führen. In diesem Nachweis<br />

ist darzulegen, welche radiologischen Belastungen für Mensch und Umwelt bei einer<br />

Freisetzung von Radionukliden in die Biosphäre auftreten können. Die <strong>Sicherheit</strong>sanforderungen<br />

für die Endlagerung wärmeentwickelnder Abfälle /BMU 10/ empfehlen,<br />

dass für die in einem Nachweiszeitraum von 1 Million Jahre nicht auszuschließenden,<br />

natürlichen Entwicklungen an einem Endlagerstandort realitätsnahe Berechnungen der<br />

potentiellen Strahlenbelastungen durchzuführen sind, um den Schutz von Menschen<br />

und Umwelt beurteilen zu können. In einem solch langen Zeitraum können sich sowohl<br />

die natürlichen Bedingungen, insbesondere die Geologie, die Hydrologie und das Klima,<br />

als auch die Lebensbedingungen der Menschen an einem Endlagerstandort ändern.<br />

Infolge dessen verändern sich auch die Eigenschaften und Prozesse in der Biosphäre,<br />

die die Migration und Exposition von Radionukliden beeinflussen.<br />

Potentielle Strahlenbelastungen für Menschen und Umwelt können daher nicht allein<br />

auf Grundlage der gegenwärtigen Bedingungen ermittelt werden, es bedarf Analysen<br />

der geologischen und klimatischen Veränderungen sowie der daraus resultierenden<br />

Auswirkungen auf die Ökosysteme (Biosphäre) und auf die Migration und Exposition<br />

von Radionukliden. Aufgrund dessen sollen einfache stilisierte Ökosysteme – so genannte<br />

Referenzbiosphären, siehe /BIO 03/ und /KIR 09/ – für die zukünftigen Klimate<br />

entwickelt werden, die die relevante Eigenschaften und Prozesse der Ökosysteme an<br />

einem Endlagerstandort einfach und modellhaft abbilden und eine Berechnung der<br />

Migration und Exposition von Radionukliden ermöglichen.<br />

Im Rahmen des Vorhabens 3609S50004 sollen Referenzbiosphären für den radiologischen<br />

Langzeitsicherheitsnachweis von Endlagern in Deutschland erstellt werden. Ein<br />

Teilprojekt des Vorhabens – die Szenarienanalyse der physikalischen Biosphäre für<br />

potenzielle Endlagerstandorte in Deutschland – wird von der GRS Braunschweig und<br />

ihren Projektpartnern durchgeführt. In Bezug auf die Struktur eines in der Langzeitsicherheitsanalyse<br />

betrachteten Endlagersystems schließen die hier durchgeführten Arbeiten<br />

einerseits direkt an den Radionuklidtransport in der Geosphäre an. Andererseits<br />

sind der Endpunkt dieser Arbeiten konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre,<br />

die die Grundlager <strong>zur</strong> Berechnung von Radionuklid-Konzentrationen in Böden und<br />

Bodenwässern bilden. Eine Dosisberechnung ist nicht Inhalt der hier beschriebenen<br />

1


Arbeiten sondern wird im Rahmen des Teilprojekts „Modellierung des Radionuklidtransports<br />

in Biosphärenobjekten“ behandelt.<br />

Das hier beschriebene Teilprojekt ist wie folgt strukturiert:<br />

AP1: Auswahl geeigneter Referenzregionen,<br />

AP2: Standortspezifische Analysen der physikalische Biosphäre im Quartär,<br />

AP3: Standortspezifische Analysen der Expositionspfade im Quartär,<br />

AP4: Prognose der zukünftigen Entwicklung in der physikalischen Biosphäre,<br />

AP5: Prognose der zukünftigen Entwicklung von expositionsrelevanten Prozessen und<br />

Szenarien,<br />

AP6: Entwicklung standortspezifischer Biosphärenmodelle,<br />

Erstellen des Abschlussberichts<br />

Die Arbeiten zu AP1 bis AP3 sind bereits abgeschlossen und die Ergebnisse in Zwischenberichten<br />

dokumentiert, siehe /FOE 09/ und /FAH 10/.<br />

In AP1 wurde die aktuelle Situation bezüglich der Standortauswahl in Deutschland analysiert.<br />

Im Ergebnis wurden geeignete Regionen in Nord- und in Süddeutschland als<br />

Referenzregionen für die Biosphären-Szenarienanalyse vorgeschlagen /FOE 09/. In<br />

Abstimmung mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wurde daraufhin festgelegt,<br />

dass für Norddeutschland die beiden vorgeschlagenen Referenzregionen „Weser“ und<br />

„Elbe“ in die nachfolgenden Arbeiten einbezogen werden und daraus – wenn möglich –<br />

eine generische Referenzregion für Norddeutschland entwickelt wird. Für Süddeutschland<br />

soll die vorgeschlagene Referenzregion „Ulm“ weiter untersucht werden.<br />

Im AP2 wurde für die drei Referenzregionen eine Naturraumanalyse durchgeführt<br />

/FAH 10/. Es wurden die geowissenschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten in<br />

der Gegenwart und in der Vergangenheit (Quartär) analysiert. Im Ergebnis wurden die<br />

für die physikalische Biosphäre charakteristischen Merkmale, Ereignisse und Prozesse<br />

(FEP 1 ) beschrieben, FEP-Listen erstellt und repräsentative Naturräume (Ökosysteme)<br />

identifiziert. Für die modellhafte Abbildung der Biosphäre(n) und des Stoffaustausches<br />

in der Biosphäre und mit der Umgebung wurden einfache (stilisierte) Modelle entwickelt.<br />

1 FEP: engl. features, events and processes<br />

2


Im AP3 wurden auf der Basis der gegenwärtigen Naturraumanalysen die potentiellen<br />

Expositionspfade für die Referenzregionen ermittelt und beschrieben /FAH 10/. Dazu<br />

wurden auch die gegenwärtigen Lebensgewohnheiten und die Besiedlungsstrukturen<br />

betrachtet und der potentielle Radionuklidtransfer in der Nahrungskette analysiert.<br />

In dem hier vorliegenden Bericht werden die Untersuchungen von AP4, AP5 und AP6<br />

dokumentiert. Gegenstand der Untersuchung ist zunächst die Beschreibung von Klimaszenarien,<br />

die innerhalb der nächsten eine Million Jahre für Deutschland vorstellbar<br />

sind. Dabei werden sowohl die durchlaufenen diskreten Klimazustände als auch die<br />

Klimaübergänge betrachtet. Die Entwicklung im Quartär wird dabei als Referenzentwicklung<br />

zugrunde gelegt. Zusätzlich werden die Ergebnisse von Modellrechnungen internationaler<br />

Projekte, wie z. B. BIOCLIM (/BIO 01a/, /BIO 01b/), und nationaler Studien,<br />

wie z. B. /CED 04/, /AVI 06/, /BRE 08/ in die Überlegungen einbezogen. Dabei<br />

wird insbesondere auf Ergebnisse der Zusammenstellung in /NOS 08/ <strong>zur</strong>ückgegriffen.<br />

Aufbauend auf den Klimaszenarien werden für die Referenzregionen und die verschiedenen<br />

Klimazustände konzeptuelle Modelle für physikalische Biosphären entwickelt<br />

und die in ihnen stattfindenden Sediment- und Wasserbewegungen untersucht. Dabei<br />

werden expositionsrelevante Prozesse und Effekte (Verdünnung, Akkumulation), sowie<br />

ihre Veränderung in Abhängigkeit des Klimas betrachtet. Der Schwerpunkt liegt hier<br />

auf den spezifischen Bedingungen in den Referenzregionen, insofern sind Erfahrungen<br />

von anderen Standorten, an denen heute entsprechende Klimate herrschen (vgl. beispielsweise<br />

/PRO 05/), für die Entwicklung von konzeptuellen Modellen für die physikalische<br />

Biosphäre in den Referenzregionen von untergeordneter Bedeutung. Zum Beispiel<br />

werden die Klimadaten für kältere oder wärmere Klimate an Standorten, wo diese<br />

Klimate heute vorherrschen, nur unter Anpassung an die Randbedingungen der Referenzregionen<br />

übernommen.<br />

Die Nahrungsbeschaffung bzw. landwirtschaftliche Praxis ist an das Klima und die Bodenverhältnisse,<br />

aber auch an die gesellschaftliche Entwicklung und wirtschaftliche<br />

Überlegungen gekoppelt. Die nachfolgenden Arbeiten gehen von der heutigen Entwicklungsstufe<br />

und einer vergleichbaren landwirtschaftlichen Praxis aus. Jedoch wird der<br />

Betrieb von Treibhäusern bisher aus den Überlegungen ausgeschlossen, obwohl diese<br />

heutzutage im Mittelmeerraum häufig <strong>zur</strong> Aufzucht von Tomaten und Gurken genutzt<br />

werden. Für die physikalische Biosphäre, die hier im Vordergrund steht, ist dieses<br />

Thema allerdings von untergeordneter Bedeutung. Es spielt eine wichtigere Rolle für<br />

die Dosisberechnungen. Grundsätzlich könnten Treibhäuser in allen Klimaten einge-<br />

3


setzt werden, um die Produktion durch optimale Wachstumsbedingungen in einer verlängerten<br />

Vegetationszeit zu erhöhen. Eine Kosten-/Nutzen-Analyse könnte Aufschluss<br />

darüber geben, wann und inwieweit ein Betrieb sinnvoll und wirtschaftlich wäre.<br />

Wie oben beschrieben bilden die konzeptuellen Modelle die Basis für die Berechnung<br />

der Radionuklidkonzentrationen in Böden und Bodenwässern. Das Verhältnis der Konzentration<br />

im Boden <strong>zur</strong> Konzentration im Bodenwasser wird durch die Sorption bestimmt.<br />

Für stark sorbierende Radionuklide kann der Anteil im Boden sehr hoch sein.<br />

Für ein Bodensediment mit einer Dichte von 2500 kg/m 3 und einer Porosität von 0.2<br />

beträgt dieser Anteil für einen K d -Wert von 1 m 3 /kg beispielsweise 10 000. Allerdings<br />

werden relativ lange Zeiträume benötigt bis eine solche Akkumulation stattgefunden<br />

hat. Das ist auch ein Grund dafür, dass eine Referenzbiosphäre nicht allein auf dem<br />

Trinkwasserpfad basieren sollte, vgl. auch /BEC 03/.<br />

In Kapitel 2 werden die heutigen, für die physikalische Biosphäre relevanten Eigenschaften<br />

der Referenzregionen beschrieben. Dies betrifft, Klima, Geomorphologie,<br />

Hydrologie, Hydrogeologie, Böden, Vegetation sowie Wasser und Sedimenttransport.<br />

Kapitel 3 beschreibt die möglichen klimatischen Entwicklungen an beiden Standorten<br />

über den Betrachtungszeitraum von 1 Million Jahren. Aus der möglichen zukünftigen<br />

klimatischen Entwicklung werden in einem ersten Schritt diejenigen diskreten Klimazustände<br />

ausgewählt, für die signifikante Änderungen hinsichtlich der physikalischen Biosphäre<br />

erwartet werden. Für diese Klimazustände werden die zu erwartenden, oben<br />

genannten für die physikalische Biosphäre wichtigen Eigenschaften beschrieben. Außerdem<br />

werden relevante Vorgänge, die sich bei Übergängen zwischen diskreten Klimazuständen<br />

ergeben können, diskutiert. In Kapitel 4 werden dann auf Basis der Diskussion<br />

in Kapitel 3 für ausgewählte Szenarien konzeptuelle Modelle für die physikalische<br />

Biosphäre und zugehörige Parametersätze vorgeschlagen. Schließlich erfolgt in<br />

Kapitel 5 eine Zusammenfassung der Ergebnisse und die Diskussion wesentlicher offener<br />

Punkte.<br />

4


2 Heutige Situation<br />

Die in den nord- und süddeutschen Referenzregionen vorkommenden Naturräume und<br />

die in den Biosphärenmodellen berücksichtigten Einträge der Kontamination, die<br />

Transportpfade, Böden und ihre Nutzung sind in Kap. 4.2.1 in Tab. 5 und Tab. 6 aufgelistet.<br />

Sie sind Ausdruck der charakteristischen Merkmale der jeweiligen Referenzregion<br />

und berücksichtigen die gebietsspezifische Geomorphologie, Hydrologie und Hydrogeologie.<br />

Die süddeutsche Referenzregion wird aufgrund ihrer stark unterschiedlichen<br />

Ausprägung in die Schwäbische Alb und das Donautal unterteilt. Kapitel 3.2 enthält<br />

zusätzliche Informationen zu den Sediment- und Wasserflüssen sowie den möglichen<br />

Kontaminationspfaden.<br />

2.1 Vorhandene Naturräume<br />

Eine detaillierte Beschreibung der heutigen Naturräume der Referenzregionen in Nordund<br />

Süddeutschland findet sich in /FAH 10/. Hier werden die relevanten Naturräume<br />

noch einmal zusammengefasst. Durch ihre Entstehungsgeschichte besitzen die Referenzregionen<br />

typische Landschaftsformen. In den norddeutschen Regionen waren vor<br />

allem die quartären Vereisungen prägend, da sie die Landschaft grundlegend umgestaltet<br />

und mächtige Lockersedimente abgelagert haben. Auch der Verlauf des heutigen<br />

Flusssystems entstand im Wesentlichen während dieser Zeit. Der Untergrund der<br />

süddeutschen Region wurde durch das Jura-Meer gestaltet, das z.B. die mächtigen<br />

Kalksteine der Schwäbischen Alb ablagerte. Die Bewegungen der Erdkruste führten zu<br />

einer Schrägstellung der Gesteinsschichten. Abb. 1 zeigt die heutige Naturlandschaft<br />

Deutschlands mit den Referenzregionen.<br />

5


Abb. 1:<br />

Die gegenwärtige deutsche Naturlandschaft /LIE 02/. Die roten Kreise<br />

markieren die Referenzregionen Nord- und Süddeutschlands.<br />

6


Zusammen mit lokalspezifischen Merkmalen wie der Entfernung zum Meer bzw. zum<br />

nächsten Fluss und der Lage im Relief (Höhenlage) bildeten sich in den Referenzregionen<br />

folgende aquatischen und terrestrischen Naturräume aus:<br />

• Alb 1 : Hochebene der Schwäbischen Alb aus jurassischen Kalksteinen<br />

• Moräne: glazigene Ablagerungen unter und vor dem Gletscher<br />

• Schotter/Sande: im Wesentlichen glazigene oder glazifluviatile Ablagerungen<br />

vor dem Gletscher. Nehrungen fallen auch unter diesen<br />

Naturraum.<br />

• Auen/Marschen: insbesondere der großen Flüsse Weser, Elbe und Donau<br />

sowie in der Küstenregion der Nordsee (Fluss-<br />

/Seemarschen). Deltas fallen auch unter<br />

diesen Naturraum.<br />

• Fluss: im Wesentlichen Weser, Elbe, Donau<br />

• See: aus heutiger Sicht kein bestimmter, möglich wäre das Steinhuder Meer<br />

oder der Hämelsee (Tief-/Flachseen)<br />

• Moor: Niedermoor, aus heutiger Sicht kein bestimmtes<br />

• Quelle 1 : Grundwasseraustritt an die Oberfläche aus einer Schichtquelle 2<br />

1<br />

nur Südddeutschland<br />

Die bei der Erwärmung zum CS-Klima angesprochenen sich neu entwickelnden Naturräume<br />

der Nehrung und des Deltas sind hier nicht explizit aufgeführt. Das Delta kann<br />

jedoch mit den Marschen gleich gesetzt werden, da es ähnliche Eigenschaften besitzt.<br />

Die Nehrung fällt unter den Naturraum Schotter/Sande.<br />

2 Bei Schichtquellen befindet sich der Quellaustritt an der oberflächlich ausstreichenden Grenze zwischen<br />

Grundwasserleiter (z. B. Sand) und darunter folgender schlechtdurchlässigen Schichten (z. B. Ton,<br />

Lehm oder Mergel). Die Quellschüttung und deren Variation steht in Abhängigkeit von den lokalen Gegebenheiten<br />

(insb. Einzugsgebiet, Niederschlagsmenge, Möglichkeit der Infiltration) und dem Anteil des<br />

Niederschlags an der Quellschüttung.<br />

7


2.2 Warmgemäßigtes Klima (Cfb)<br />

Die Referenzregionen stehen gegenwärtig unter dem Einfluss eines warmgemäßigten<br />

Klimas. Dieser Klimazustand wird als feuchte Mittelbreiten oder auch kühlgemäßigtes<br />

Klima bezeichnet. Eine ausführlichere Beschreibung des Klimas findet sich in /FAH 10/.<br />

Charakteristisch sind ein deutlicher Jahresgang der Temperatur und eine in der Regel<br />

ganzjährig gleichbleibend hohe Niederschlagverteilung. Unterschiedliche Ausprägungen<br />

sind reliefbedingt oder durch kontinentale bzw. maritime Verhältnisse möglich. So<br />

ist die Referenzregion „Weser“ ein Beispiel für ein maritim geprägtes Klima, während<br />

die Region „Elbe“ deutlich kontinentaler ist, s. auch Abb. 2 und Abb. 3.<br />

Im Folgenden werden die für die physikalische Biosphäre wesentlichen Eigenschaften<br />

der Referenzregionen beschrieben. Die Beschreibungen bilden die Basis für die in Kapitel<br />

4.2 entwickelten konzeptuellen Modelle.<br />

8


Abb. 2: Temperatur- und Niederschlagverteilung im Sommerhalbjahr (Mrz-Sept)<br />

9


Abb. 3: Temperatur- und Niederschlagverteilung im Winterhalbjahr (Dez-Feb) (DWD)<br />

10


2.2.1 Geomorphologie<br />

Die nord- und süddeutschen Referenzregionen weisen in ihren Oberflächenformen<br />

große Unterschiede auf. Diese sind das Resultat völlig unterschiedlicher Entwicklungsmuster.<br />

Die Topographie der norddeutschen Regionen ist vor allem durch die quartären Kaltzeiten<br />

geprägt. Die höchsten Erhebungen stellen Reste von Endmoränen dar und erreichen<br />

etwa 169 m.üNN (Wilseder Berg) bzw. 142 m.üNN (Drawehn). Im übrigen Gelände<br />

haben Urstromtäler und Grundmoränen weiträumige Niederungen mit Höhen<br />

zwischen etwa 10 bis 100 m.ü.NN hinterlassen.<br />

Die Topographie der süddeutschen Referenzregion wurde durch die Hebung der Alpen,<br />

die Nutzung der Donauniederung als Urstromtal sowie das Jura-Meer geprägt.<br />

Auf der Schwäbischen Alb kommt zudem die spezifische Entwicklung einer Karstlandschaft<br />

hinzu. Die Geländehöhen belaufen sich in der Regel auf Werte zwischen etwa<br />

450 und 610 mü.NN.<br />

2.2.2 Hydrologie/Hydrogeologie<br />

Aufgrund der ganzjährig vorhandenen Vegetationsdecke und der hohen Infiltrationskapazität<br />

des Bodens erfolgt der Abfluss des Niederschlags in der Regel als Interflow und<br />

geht dann in die Vorfluter oder das Grundwasser über. Ein flaches Oberflächenrelief<br />

verstärkt diesen Prozess noch. Die Flussdichte ist hoch und alle Flüsse sind perennierend<br />

3 . Die Flüsse Elbe, Weser und Donau liegen noch heute in den ehemaligen Urstromtälern.<br />

Aufgrund der im Laufe der Zeit geringer werdenden Abflussmengen und<br />

Sedimentfrachten haben sich die Flüsse jedoch immer weiter eingetieft. Ihr Abfluss erreicht<br />

durch die Schneeschmelze im Frühjahr sein Maximum. In Norddeutschland entstanden<br />

durch Salzablaugungen im Untergrund (vor allem in der Region „Elbe“) oder<br />

durch periglaziale Strukturen, wie Pingos 4 und Toteissenken 5 (vor allem in der Region<br />

„Weser“) häufig Seen. In Flussnähe, an Austritt von Quellen, in abflusslosen Senken<br />

3 perennierend: Fluss mit kontinuierlichem Abfluss<br />

4 Pingo: aufgrund eines Eiskerns entstandene rundliche Bodenerhebung<br />

5 Toteissenke: entsteht durch das Abschmelzen von Gletschereis, das nicht mehr mit dem aktiven Gletscher<br />

in Verbindung steht (Toteis).<br />

11


und flachen Seen bildeten sich durch den hohen Grundwasserspiegel häufig Niedermoore<br />

(s. Anhang A: 3.21).<br />

In den Referenzregionen Nord- und Süddeutschlands gibt es ergiebige Grundwasservorkommen.<br />

In den mächtigen Lockergesteinskörper der ehemaligen Urstromtäler von<br />

Weser, Elbe und der Donau sowie den norddeutschen Schmelzwasserrinnen sind Porengrundwasserleiter,<br />

in den Kalksteinen der Schwäbischen Alb Karstgrundwasserleiter<br />

ausgebildet.<br />

In der süddeutschen Referenzregion sind außerdem zahlreiche Quellen ausgebildet.<br />

Ihre Schüttmenge insgesamt und deren Verlauf im Jahresgang unterscheiden sich je<br />

nach Topographie (Einzugsgebiet) und Hydrogeologie (Grundwasserleitende, stauende<br />

Schichten, unterirdischen Einzugsgebiet) sowie dem Anteil von Niederschlags- bzw.<br />

Grundwasser an der Speisung.<br />

In der norddeutschen Referenzregion kann das Vorkommen einer Quelle nicht ganz<br />

ausgeschlossen werden. Aufgrund der topographischen und hydrogeologischen Verhältnisse<br />

handelt es sich bei ihrem Auftreten jedoch um einen Einzelfall, so dass dieser<br />

Naturraum nicht als typisch für die Referenzregion angesehen wird. Aus diesem Grund<br />

wird sie in der norddeutschen Referenzregion nicht betrachtet.<br />

2.2.3 Böden<br />

Im Wesentlichen nehmen das Oberflächenrelief, die Ausgangsgesteine sowie das Klima<br />

Einfluss auf die Bodenbildung. In Abhängigkeit ihres Alters durchlaufen die Böden<br />

bestimmte Entwicklungsstadien, s. Tab 2. Bodenausgangsgesteine sind in Norddeutschland<br />

und dem Donautal im Wesentlichen die während der quartären Kaltzeit<br />

glazial und glazifluviatil abgelagerten Sedimente der Sande und Mergel sowie die in<br />

der Folgezeit sedimentierten holozänen Auen- und Marschsedimente, im Wesentlichen<br />

Schluffe, Tone und Feinsande. In geschützten Lagen wurden die Sande und Mergel<br />

durch Löss oder Feinsand (z.B. vor den Mittelgebirgen) im Randbereich der Flüsse<br />

durch Auenlehme bzw. Talsande überdeckt. Die Alb wird vor allem durch den jurassischen<br />

Kalkstein geprägt.<br />

In den Böden der Lockergesteine findet in der Regel eine tiefreichende Wasserbewegung<br />

statt, die die bodenbildenden Prozesse (vgl. Tab. 1) der Verbraunung, Lessivierung<br />

und Podsolierung vorantreibt und tiefgründige Böden entstehen lässt. Bei lang<br />

12


anhaltender Vernässung kommt es zum Prozess der Vergleyung. Aufgrund des hohen<br />

Nährstoffumsatzes fällt die Mächtigkeit des Auflagehumus in der Regel gering aus.<br />

Häufiger ist dagegen eine Ansammlung unzersetzter Pflanzenreste (Torf), die unter<br />

Sauerstoffentzug bei der Verlandung von Seen und in Mooren auftritt. Hier bilden sich<br />

Niedermoore (s. Anhang A: 3.21). Durch das Aufbringen von Plaggen entstand aus einem<br />

Podsol eine Plaggenesch (s. Anhang A: 3.10). Auf den Kalksteinen der Alb entstehen<br />

in der Regel flachgründige Böden mit einer geringmächtigen Humusauflage.<br />

Tab. 1:<br />

Bodenbildungsprozesse und typische Böden /LIE 02/ modifiziert<br />

Prozess Merkmale Typische Böden<br />

Auflagehumus/Mullbildung<br />

Verbraunung<br />

Lessivierung<br />

Podsolierung<br />

Vergleyung<br />

Anhäufung zersetzter Pflanzenreste,<br />

Bildung und Akkumulation<br />

von Feinhumus mit Bioturbation<br />

Chemische Verwitterung mit Eisenfreisetzung<br />

und Mineralneubildung<br />

nach Entkalkung<br />

Mobilisierung und Verlagerung<br />

von Tonteilchen aus dem<br />

Oberboden in den Unterboden mit<br />

Bildung von Tonhäutchen in<br />

Tonanreicherungshorizonten<br />

Mobilisierung und Verlagerung<br />

von Eisen-Aluminiumoxiden im<br />

sauren Milieu unter Beteiligung<br />

organischer Säuren mit Ausbildung<br />

von Bleich- und Anreichungshorizonten<br />

Mobilisierung und Immobilisierung<br />

von Eisen- und Manganoxiden<br />

durch Redoxreaktionen bei Vernässung<br />

mit Ausbildung von oxidierten<br />

und reduzierten Phasen in<br />

unterschiedlichen Horizonten<br />

Schwarzerde<br />

(Tschernozem)<br />

(s. Anhang A: 3.8)<br />

Braunerde<br />

(s. Anhang A: 3.4)<br />

Parabraunerde<br />

Fahlerde<br />

(s. Anhang A: 3.5)<br />

Podsol<br />

(s. Anhang A: 3.6)<br />

Gley,<br />

Pseudogley,<br />

Vega (Auenlehm)<br />

(s. Anhang A:<br />

3.7. 3.12, 3.11)<br />

In den norddeutschen Referenzregionen sind vor allem Luvisole (Parabraunerden),<br />

Cambisole (Braunerden) und Podsole verbreitet, wobei auf den ärmeren sandigen<br />

Ausgangsgesteinen der Sander und Dünen vor allem Podsole, auf den nährstoffreicheren<br />

Subtraten der Moränen dagegen Luvisole und Cambisole entstehen. In der süddeutschen<br />

Region dominieren je nach Lage (Hang, Niederung), Durchfeuchtung und<br />

Ausgangsgestein Luvisole, Cambisole, (Para-) Rendzinen, Chernozeme und Kolluvien<br />

(s. Anhang A: 3.9). Im Einflussbereich der Flüsse finden sich in beiden Referenzregionen<br />

vor allem Fluvisole, Gleysole und Histosole /HAA 04/.<br />

13


Tab. 2: Typische Entwicklungsstadien der Böden in Schleswig-Holstein /LAN 06/<br />

Bodenausgangsgestein<br />

Dünensand<br />

modifiziert<br />

Rohboden Übergang I Übergang II Reifestadium<br />

Lockersyrosem<br />

(s. Anhang A:<br />

3.1)<br />

Regosol<br />

(s. Anhang A:<br />

3.2)<br />

Braunerde*<br />

Podsol<br />

Geschiebemergel Lockersyrosem Pararendzina Braunerde Parabraunerde<br />

Marinogener Ton Rohmarsch<br />

(s. Anhang A:<br />

3.15)<br />

Kalkmarsch<br />

(s. Anhang A:<br />

3.16)<br />

Kleimarsch<br />

(s. Anhang<br />

A: 3.17)<br />

* In Dünensanden wird das Braunerdestadium häufig übersprungen<br />

Knickmarsch<br />

(s. Anhang A:<br />

3.18)<br />

Organomarsch<br />

(s. Anhang A:<br />

3.20<br />

Dwogmarsch<br />

(s. Anhang A:<br />

3.19))<br />

2.2.4 Vegetation<br />

In den nord- und süddeutschen Referenzregionen würden sich unter natürlichen Bedingungen<br />

sommergrüne Laub- und Mischwälder (mit sommergrünen Laub- und immergrünen<br />

Nadelbäumen), auf den Kalksteinen der Schwäbischen Alb Kalkmagerrasen<br />

und Wälder aus Trockengebüsch und Gehölzen ausbilden. Diese natürlichen Wälder<br />

werden jedoch heute durch Wirtschaftswälder und die landwirtschaftliche Nutzung<br />

weitgehend <strong>zur</strong>ückgedrängt.<br />

2.2.5 Wasser- und Sedimenttransport<br />

Äolische und fluviatile Erosion und Sedimentation hängen von dem Zusammenspiel<br />

der Faktoren Niederschlag (Abflussmenge insgesamt und pro Zeiteinheit), Vegetation<br />

(Durchwurzelungstiefe/-dichte, Anteil oberirdischen Pflanzenbestandes), Wind (Stärke,<br />

Dauer) und Topographie (Hang, Niederung) ab.<br />

Die Erosionsprozesse sind aufgrund der hohen und ganzjährigen Durchwurzelung sowie<br />

der in der Regel nur geringen Erosionskraft durch Wind und Wasser vor allem in<br />

den norddeutschen Gebieten nur mäßig stark ausgeprägt. Insgesamt ist die süddeutsche<br />

Region gegenüber Erosionsprozessen aufgrund ihrer höheren Reliefenergie anfälliger<br />

als die norddeutschen Gebiete. Der Sedimenttransport kann aufgrund landwirt-<br />

14


schaftlicher Monokulturen (z.B. Mais) oder radikaler Abholzung von Wäldern verstärkt<br />

werden. In den Flussniederungen finden in beiden Regionen vor allem während der<br />

Abflussspitzen im Frühjahr große Materialumlagerungen statt.<br />

2.2.6 Bewirtschaftung<br />

Je nach Naturraum wird Ackerbau und Viehzucht betrieben. Daneben findet sich auch<br />

Fischzucht. Details können im Bericht /FAH 10/ nachgelesen werden.<br />

2.2.7 Eintrag von Kontamination<br />

Die Kontamination kann auf folgenden Wegen in die Böden gelangen:<br />

(1) durch Überschwemmung mit kontaminiertem Grund- oder Flusswasser,<br />

(2) durch kapillaren Aufstieg 6 ,<br />

(3) durch Bewässerung mit Grund- oder Flusswasser und<br />

(4) durch Grundwasserspiegelschwankungen 7 .<br />

3 Zu erwartende Klimaentwicklung und mögliche Folgen<br />

Für die Modellierung der physikalischen Biosphäre werden für die Referenzregionen<br />

relevante Klimazustände und Klimaübergänge abgeleitet und beschrieben. Dies erfolgt<br />

auf der Grundlage der vergangenen Klimaentwicklung der Regionen seit der Elsterbzw.<br />

Mindel-Kaltzeit, da ab diesem Zeitpunkt die meisten Daten vorliegen. Die Erstellung<br />

der konzeptuellen Biosphärenmodelle in Kapitel 4.2 erfolgt auf Basis dieser Arbeiten.<br />

3.1 Abzuleitende Klimazustände und Klimaübergänge<br />

Rekonstruierte Temperaturverläufe zeigen, dass sich in der Vergangenheit Warm- und<br />

Kaltzeiten abwechselten. Eine wichtige Charakteristik ist, dass die Kaltzeiten dabei mit<br />

etwa 100 000 (Weichsel bzw. Würm) bis 360 000 Jahren (Elster bzw. Mindel) erheblich<br />

6 Als kapillarer Aufstieg wird die Eigenschaft des Wassers bezeichnet, gegen die Schwerkraft eine von<br />

Verdunstung, Bodenart, Lagerungsdichte und Sättigungsgrad des Bodens abhängige Distanz zu überwinden..<br />

7 Änderung des Grundwasserspiegels durch jährlichen Niederschlagsgang und damit wechselnden Abflussgang<br />

in den Flüssen und unterschiedliche Menge infiltrierenden Oberflächenwassers.<br />

15


länger andauerten als die Warmzeiten mit nur etwa 20 000 (Eem bzw. Riß/Würm-<br />

Interglazial) bis 30 000 Jahren (Holstein bzw. Mindel/Riß-Interglazial). Die Benennung<br />

der Kalt- und Warmzeiten richtet sich nach regionalen Gegebenheiten (i.d.R. Flussnamen),<br />

weshalb sie sich zwischen Nord- und Süddeutschland unterscheidet. In Tab. 3<br />

sind die Bezeichnungen für Nord- und Süddeutschland gegenüber gestellt.<br />

16


Tab. 3:<br />

Vereinfachte stratigrafische Tabelle für das Quartär im norddeutschen<br />

Tiefland und nördlichen Alpenvorland /HEN 98/<br />

Der in Abb. 4 über eine Million Jahre nachgebildete Verlauf der globalen Durchschnitttemperatur<br />

zeigt, dass<br />

− innerhalb der jeweiligen Warm- und Kaltzeiten z.T. erhebliche Temperaturunterschiede<br />

auftreten,<br />

− die verschiedenen Warmzeiten sowie die Kaltzeiten unterschiedliche maximale<br />

bzw. minimale Temperaturen aufweisen,<br />

− der Übergang von einer Warm- zu einer Kaltzeit relativ schnell erfolgte und lediglich<br />

ein paar hundert Jahre umfasste, während derjenige von einer Kalt- zu einer<br />

Warmzeit wesentlich langsamer erfolgte und einige tausend Jahre benötigte<br />

/KEL 04/.<br />

17


Abb. 4:<br />

Temperaturverlauf der letzten 1 Mio. Jahre, erstellt von Schönwiese et<br />

al. /NOS 08/, sowie Detailausschnitte für die zwei letzten Warmzeiten<br />

(Holstein bzw. Mindel/Riß und Eem bzw. Riß/Würm) nach /BER 04/<br />

Voraussagen zu der klimatischen Entwicklung über sehr lange Zeiträume sind aufgrund<br />

der Anzahl der mitwirkenden Faktoren und ihrem komplexen Zusammenwirken<br />

mit großen Unsicherheiten behaftet. Dennoch gibt es mehrere Arbeitsgruppen, die Modellrechnungen<br />

<strong>zur</strong> Klimaentwicklung über Zeiträume von einigen 100 000 Jahren z.B.<br />

/ARC 05a/, /BIO 01b/ bis sogar 2 Mio. Jahre (z.B. PIK Potsdam) durchführen.<br />

Ehemals angenommene Höhepunkte der nächsten Eiszeit in 10 000 oder<br />

20 000 Jahren, die im Wesentlichen auf einer Analyse von Paläodaten und daraus abgeleiteten<br />

Gesetzmäßigkeiten 8 beruhen, gelten angesichts der hohen CO 2 -<br />

Konzentrationen in der Atmosphäre und der geringen Amplitude der Sonneneinstrahlung<br />

innerhalb der nächsten 50 000 Jahre als nicht sehr wahrscheinlich. Die Aussagen<br />

der meisten neueren Studien stimmen darin überein, dass die heutige Warmzeit in den<br />

nächsten Jahrzehntausenden nicht durch eine Kaltzeit abgelöst wird, wobei die Ausprägung<br />

der Warmzeit in engem Zusammenhang mit der sich in Zukunft entwickelnden<br />

8 im Wesentlichen den Milankovich-Zyklen<br />

18


atmosphärischen CO 2 -Konzentration steht. Wird lediglich von den auf den orbitalen Parametern<br />

beruhenden Einstrahlungsbedingungen, den Milankovich-Zyklen, sowie von<br />

der heutigen CO 2 -Konzentration ausgegangen, so liegt eine Warmzeit vor uns, die<br />

noch weitere 50 000 Jahre anhält und in den kommenden Jahrhunderten zu einer weiteren<br />

Erwärmung in Europa führen wird. Für Szenarien mit höheren anthropogenen<br />

CO 2 -Einträgen in den nächsten Jahrzehnten bis Jahrhunderten ergeben Modellrechnungen<br />

einen Zeitpunkt für den Übergang in die nächsten Kaltzeit erst nach<br />

170 000 Jahren, bei extremen Konzentrationen 9 sogar erst nach 500 000 Jahren, z.B.<br />

/ARC 05a/. Hier existieren aber unterschiedliche Meinungen über die Zeiträume, die<br />

Prozesse benötigen, die zu einer Abnahme des CO 2 in der Atmosphäre führen<br />

/ARC 05b/.<br />

Nach Modellrechnungen <strong>zur</strong> Klimaentwicklung in der näheren Zukunft wäre die Antwort<br />

auf die steigenden globalen Sommer- und Wintertemperaturen bis zum Ende des 21.<br />

Jahrhunderts zum einen die Intensivierung des hydrologischen Kreislaufs mit einem<br />

erhöhten run-off, zum anderen ein verstärkter Frischwasseranfall durch die abschmelzenden<br />

Gletscher. Die global gemittelte Niederschlagsmenge nähme dann um mehr<br />

als 10% zu, Niederschlagsereignisse wären nicht wie bisher vorwiegend durch Frontendurchgänge<br />

mit lang anhaltenden und großräumig verteiltem Regen geprägt, sondern<br />

zunehmend durch konvektive Prozesse, die in Form lokal begrenzter Gewitter mit<br />

intensiven Regenfällen und Hagel niedergehen. Die Temperaturen und Niederschlagsmengen<br />

werden dadurch zunehmend einer regionalen Differenzierung unterliegen.<br />

Innerhalb der warmen Periode werden mehrere kältere Perioden mit einer Temperaturabnahme<br />

von 3°C bis 4°C im Sommer erwartet. Diese können beispielsweise durch<br />

eine Abschwächung des Nordatlantikstroms hervorgerufen werden. Ursache dafür<br />

könnte z.B. eine durch Erwärmung hervorgerufene geringer werdende Dichte des<br />

Oberflächenwassers sein. Ein solches Versiegen der thermohalinen Zirkulation ist jedoch<br />

nicht während der nächsten Jahrzehnte zu erwarten und würde nicht mehr als<br />

1 000 Jahre andauern. Es könnte einen kleinräumigen Eisschild in Skandinavien ermöglichen.<br />

Aufgrund der Dauer der Kälteperioden und ihrer geringen Temperaturerniedrigung<br />

führen sie in Deutschland jedoch weder zu Periglazial- oder gar Glazialbedingungen.<br />

9 bei Verbrennung aller derzeit vorhandenen fossilen Energieträger<br />

19


Die gravierendste Auswirkung auf die Biosphären der norddeutschen Referenzregionen<br />

würde im Verlauf der derzeitigen Warmzeit bei weiterer Erwärmung eine Meerestransgression<br />

darstellen, die zu einer Überflutung der Regionen führt. Seit der letzten<br />

Kaltzeit stieg der Meeresspiegel innerhalb der letzten ca. 20 000 Jahre um 120 m, s.<br />

Abb. 5. Der Meeresspiegelanstieg, erfolgte mit einer Rate von 1 m bis maximal 4 m pro<br />

Jahrhundert. Die Anhebung des Meeresspiegels hatte jedoch nicht nur Einfluss auf die<br />

überschwemmten Regionen und die neuen Küstengebiete, sondern durch Rückstau<br />

der in die Nordsee entwässernden Flüsse auch auf das daran angrenzende Hinterland.<br />

Abb. 5: Veränderung des Meeresspiegels ab etwa 20 000 Jahre v.h. /BER 04/<br />

Das Ausmaß eines weiteren Meeresspiegelanstiegs ist davon abhängig, welche der<br />

derzeit vorhandenen Gletscher abschmelzen. Schmelzen alle Inlandgletscher, sowie<br />

der Grönland-Gletscher und diejenigen der Westantarktis ab, ist dadurch und durch die<br />

Ausdehnung des Wassers aufgrund der Erwärmung ein Anstieg um 30 m gegenüber<br />

dem heutigen Niveau zu erwarten. Ein nach heutigem Kenntnisstand nicht sehr wahrscheinliches<br />

Abschmelzen des gesamten Antarktis-Gletschers würde einen Meeresspiegelanstieg<br />

um etwa 60 m /KEL 02/ bis 73 m /BER 04/ hervorrufen. Dies hätte eine<br />

20


nahezu vollständige Überflutung der norddeutschen Tiefebene <strong>zur</strong> Folge /KEL 02/, vgl.<br />

Abb. 6. Von der Überflutung ausgenommen wären lediglich kleinere Gebiete in der<br />

Lüneburger Heide und in Brandenburg, die im Wesentlichen aus Endmoränenzügen<br />

der Weichsel-Kaltzeit bestehen /KEL 02/.<br />

Aufgrund der geringen Geländehöhe der norddeutschen Referenzregionen zwischen<br />

15 m.ü.NN und 76 m.ü.NN /DUP 83/ und der räumlichen Nähe der norddeutschen<br />

Regionen zu den Vorflutern Elbe und Weser mit direkter Verbindung <strong>zur</strong> Nordsee, wird<br />

für dieses Szenario ein maximaler Meeresspiegel von etwa 50 m über der heutigen<br />

Geländeoberfläche erwartet /BUH 08/. Eine Überschwemmung der Norddeutschen<br />

Tiefebene hat zuletzt während der Holstein-Warmzeit stattgefunden und dauerte etwa<br />

3 000 bis 4 000 Jahre lang an. Für die süddeutsche Referenzregion Ulm ist das Szenario<br />

der Meerestransgression nicht von Bedeutung.<br />

Abb. 6:<br />

Mögliche Meerestransgression nach Abschmelzen aller heute weltweit<br />

vorhandenen Gletscher /KEL 02/<br />

Bei der nächsten Kaltzeit wird erwartet, dass deren Ausmaß gleich oder geringer als<br />

während der Weichsel- bzw. Würm-Kaltzeit sein wird. Durch den Aufbau kontinentaler<br />

Eisschilde würde sich der Meeresspiegel um etwa 60 m /BIO 04/ absenken. Die Küs-<br />

21


tenlinie würde sich in Folge um bis zu 600 km <strong>zur</strong>ückziehen, so dass die norddeutschen<br />

Referenzregionen wieder einem kontinentaleren Klima ausgesetzt sein würden.<br />

Vergletscherungen sind in den Referenzregionen nicht zu erwarten, Permafrost-<br />

Bedingungen dagegen sehr wahrscheinlich. In Abhängigkeit der Sedimente wird die<br />

Tiefe der Bodengefrornis in Norddeutschland etwa 40 m bis 140 m /KLI 07/ betragen;<br />

vgl. Abb. 7. Flüsse und große Seen bleiben wahrscheinlich wie in der Weichsel- bzw.<br />

Würm-Kaltzeit /DEL 98/ frei von Permafrost und bilden Taliki. Während dieser Zeit<br />

würde sich zunächst ein boreales Klima später ein periglaziales Tundren-Klima ausbilden.<br />

Am Ende der Kaltzeit könnten die Elbe- und Donauniederungen wieder als Urstromtäler<br />

dienen und als Folge würden in den Referenzregionen Elbe und Ulm wieder<br />

verstärkt glazifluviatile Sedimente abgelagert werden.<br />

Abb. 7:<br />

Berechnete Tiefen des Permafrosts im Raum Gorleben während der<br />

Weichsel-Kaltzeit /KLI 07/<br />

Über Klimaveränderungen jenseits von 200 000 Jahren liegen nur sehr wenige Untersuchungen<br />

vor. Sofern es nicht zu einem extrem hohen Eintrag von CO 2 , während der<br />

nächsten Jahrhunderte kommt, ist eine plausible Annahme, dass über solche Zeiträume<br />

wieder ähnliche Glazial/Interglazial-Zyklen wie im Quartär auftreten, also Kaltzeiten<br />

von etwa 100 000 Jahren und Warmzeiten von etwa 10 000 Jahren Dauer. Damit werden<br />

auch Vergletscherungen von ähnlichem Ausmaß wie der Elster- und Saale-Kaltzeit<br />

wieder möglich. In den norddeutschen Regionen könnte somit wieder eine Gletscher-<br />

22


überdeckung stattfinden, in der süddeutschen Referenzregion ist diese eher unwahrscheinlich<br />

/VAN 94/, s. Abb. 9. In allen Referenzregionen hätte die Vergletscherung jedoch<br />

gravierende Auswirkungen auf die <strong>zur</strong>zeit bestehenden Landschaftsformen und<br />

den Wasserhaushalt. In den norddeutschen Regionen wäre zudem eine Neuanlage<br />

subglazialer Rinnensysteme bzw. deren Reaktivierung nicht auszuschließen, s. Abb. 8.<br />

Abb. 8:<br />

Rinnensysteme und Ausdehnungen der Eisbedeckung in Norddeutschland<br />

während des jüngeren Quartärs<br />

23


.<br />

Abb. 9<br />

Ausdehnung des Inlandeises im Zentralteil der Alpen (oberes Bild,<br />

/VAN 94/), Maximale Ausdehnung der Eisgrenzen während der Rißzeit<br />

und Ausdehnung der Moränen der Würm- und Rißzeit (unteres Bild).<br />

24


Aufgrund der vergangenen Klimaentwicklung ergeben sich in den norddeutschen Referenzregionen<br />

für die Warm- und Kaltzeiten sowie Klimaübergänge folgende diskrete<br />

Klimazustände: für die Kaltzeiten das polare und subpolare Klima (EF/ET), für die<br />

Warmzeiten das warmgemäßigte Klima (CS, Cfb, CW) und für die Übergänge zwischen<br />

den Warm- und Kaltzeiten und kaltgemäßigte Klima (Dfc), s. Tab. 4. Die semiariden<br />

Trockenklimate (BSh 10 und BSk 11 ) werden nicht explizit betrachtet. Begründet<br />

wird dies mit der Annahme, dass es als sehr unwahrscheinlich gilt, dass sich diese<br />

Klimate als Verschärfung des CS-Klimas ausbilden werden.<br />

Für die süddeutsche Region werden das polare Klima EF mit Gletscherüberdeckung<br />

und das warmgemäßigte Klima CS mit Meerwasserüberflutung ausgeschlossen, da<br />

diese Szenarien als sehr unwahrscheinlich angesehen werden (s.o.). In Tab. 4 sind die<br />

möglichen Klimate, die bei der Entwicklung konzeptueller Modelle für die physikalischen<br />

Biosphäre zu betrachten sind, zusammengefasst. Die Abschnitte, in denen das<br />

jeweilige Klima und deren Auswirkungen auf die Naturräume in den Referenzregionen<br />

beschrieben werden, sind ebenfalls angegeben.<br />

Tab. 4: Für die Referenzregionen zu erwartende Klimate<br />

Klimazone<br />

Bezeichnung Besonderheiten<br />

Bearbeitung<br />

(Köppen und<br />

in Kapitel<br />

Geiger)<br />

Warmgemäßigte Klimate Cfb-Klima Küstennah/-fern 2.2<br />

CS-Klima Küstennah, ggf. mit Meerestransgression,<br />

3.3.1<br />

sommer-<br />

trocken<br />

CW-Klima warm, wintertrocken 3.3.5<br />

Kaltgemäßigtes Klima Dfc-Klima mit/ohne Permafrost, borealer<br />

3.3.2<br />

Nadelwald<br />

Subpolares Klima ET-Klima Schnee, gletschernah/- 3.3.3<br />

fern, Tundra, mit/ohne<br />

Permafrost<br />

Polares Klima EF-Klima Schnee, Gletscherüberbedeckung,<br />

Permafrost<br />

3.3.4<br />

10 Das heiße Trockenklima (BSh) ist durch eine Dornstrauchsavanne geprägt und ist eine Ökozone der<br />

Tropen. Die Trockenzeit beträgt 7 bis 10 Monate, der jährliche Niederschlag 200mm bis 500mm.<br />

11 Das semiaride kalte Trockenklima (BSk) unterscheidet sich vom CS-Klima vor allem in einer weiteren<br />

Verringerung der jährlichen Niederschlagsmenge (Rom (CS): ~750mm, Alicante (BSk): ~350mm).<br />

25


Als Klimaübergänge ergeben sich damit:<br />

• für eine Erwärmung ausgehend vom heutigen Klima: Cfb => CS<br />

• für eine Abkühlung ausgehend vom Etesienklima: CS => Cfb => Dfc => ET => EF<br />

• für eine Erwärmung ausgehend vom polaren Klima:EF => ET => Dfc => Cfb => CS<br />

Kurzzeitige Temperaturänderungen innerhalb der Warm- und Kaltzeiten nehmen aufgrund<br />

ihrer kurzen Laufzeit nur wenig Einfluss auf das langsam reagierende Biosphärensystem<br />

und werden daher vernachlässigt.<br />

Zu bedenken ist, dass das in vielen Bereichen nur träge Reagieren des Biosphärensystems<br />

(z.B. Vegetation, Boden, Permafrost) eine gewisse Bandbreite an Ausprägungsmerkmalen<br />

innerhalb eines diskreten Klimazustands zulässt. Während des Dfc-Klimas<br />

kann sich z.B. der Permafrostboden in seiner Mächtigkeit und der Häufigkeit seines<br />

Auftretens verändern (sporadischer, diskontinuierlicher und kontinuierlicher Permafrost)<br />

oder auch völlig fehlen. Im EF-Klima können entweder Gletscher vorhanden sein<br />

oder sich im Aufbau bzw. Abbau befinden, wodurch eine gletschernahe oder –ferne<br />

Lage der Referenzregionen möglich ist. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Ausbildung<br />

und Ausprägung des Permafrostbodens sondern auf vielfältige Erosions- und<br />

Sedimentationsprozesse. Auch während des ET-Klimas kann der Gletscher vorrücken<br />

oder sich <strong>zur</strong>ückziehen, so dass die Referenzregionen gletschernah oder -fern liegen<br />

können. Bei den norddeutschen Referenzregionen kann es im CS-Klima durch das vorrückende<br />

oder sich <strong>zur</strong>ückziehende Meer zu eher küstenfernen/kontinentalen bzw.<br />

küstennahen/maritimen Klimaverhältnissen kommen.<br />

Zudem wird sich die Ausprägung ein und desselben Klimazustands je nachdem, ob es<br />

sich um eine Erwärmung oder Abkühlung handelt unterschiedlich sein. Zum Beispiel<br />

wird es sich bei den Böden eines ET-Klimas ausgehend vom EF-Klima im Wesentlichen<br />

um Rohböden handeln, während bei einem vorherigen Dfc-Klima vor allem ausgebildete<br />

Böden vorherrschen werden.<br />

Innerhalb eines Klimazustands können somit durchaus verschiedene Eigenschaften<br />

der Biosphären angetroffen werden.<br />

26


3.2 Mögliche Einflüsse der Klimaentwicklung auf die Naturräume<br />

Eine Veränderung des Klimas hat immer auch Auswirkungen auf die bestehenden Naturräume.<br />

Dabei ist anzunehmen dass die meisten Naturräume auch bei einer Klimaänderung<br />

weiterhin in den Referenzregionen zu finden sein werden, wenn vielleicht<br />

auch mit anderer Ausprägung (z.B. verändertem Flächenanteil) oder an anderer Stelle.<br />

Ändert der Fluss beispielsweise sein Flussbett, so werden die heutigen Flussauen/Marschen<br />

vielleicht zunächst zu Seen oder Mooren werden und später trockenfallen.<br />

An anderer Stelle werden jedoch aus den bestehenden Naturräumen der Moränen<br />

oder Schotter/Sande der Naturraum Flussauen/Marschen entstehen. Insbesondere<br />

extreme Klimaveränderungen könnten zum Verlorengehen bestimmter Naturräume<br />

führen. So wären im Extremfall einer Meerestransgression alle Naturräume vorübergehend<br />

von einem Meer, bei einer Vergletscherung von einer mächtigen Eisschicht überdeckt.<br />

Bei einer Erwärmung wäre eine Verlandung der Moore und flachen Seen wahrscheinlich<br />

und niederschlagsgespeiste Quellen könnten versiegen. Im Fall der Quellen<br />

wird jedoch im Folgenden für die süddeutsche Referenzregion eine pessimistische Annahme<br />

getroffen und von einer Schicht- oder Verengungsquelle ausgegangen. Diese<br />

ist im Wesentlichen grundwassergespeist und weist daher eine beständige Schüttung<br />

auf, deren Menge sich jedoch dem jahreszeitlichen Verlauf etwas anpasst. Es wird angenommen,<br />

dass diese Quelle auch bei einer Klimaänderung (Erwärmung oder Abkühlung)<br />

bestehen bleibt und sich lediglich die Schüttmenge den klimatischen Verhältnissen<br />

anpasst.<br />

3.3 Möglicher Einfluss der diskreten Klimazustände<br />

3.3.1 Sommertrockenen Mittelbreiten (CS)<br />

3.3.1.1 Klima<br />

Dieser Klimatyp wird als winterfeuchte Subtropen bzw. mediterrane Subtropen bezeichnet<br />

und ist vor allem im küstennahen Bereich vertreten. Temperatur und Niederschlag<br />

weisen einen deutlichen jahreszeitlichen Gang auf. Im Sommer herrscht Trockenheit,<br />

während des Winters kommt es zu frontengebundenen Niederschlägen. Längere<br />

Frostperioden gibt es kaum. Die durchschnittlichen Monatstemperaturen übersteigen<br />

in den meisten Regionen während mindestens vier Monaten einen Wert von 18°C.<br />

27


Die winterlichen Temperaturen erreichen im Mittel Werte von über 5°C. Die Vegetationsperiode<br />

wird nicht von der Temperatur, sondern vom Niederschlag limitiert. Die<br />

besten Wachstumsbedingungen sind im Frühjahr und Herbst, außerhalb der sommerlichen<br />

Trockenzeit.<br />

3.3.1.2 Geomorphologie/Naturräume<br />

Für die norddeutschen und süddeutschen Referenzregionen wird zunächst keine nennenswerte<br />

Änderung der Landschaftsformen gegenüber der heutigen erwartet. Die Naturräume<br />

der Moränen und Schotter/Sande bzw. Alb bleiben erhalten. Die der Seen,<br />

Moore, Auen und kleineren Flüsse können aufgrund der verringerten Niederschläge an<br />

Größe abnehmen und zum Teil verlanden.<br />

Durch das zunehmende Abschmelzen der Gletscher wird der Meeresspiegel jedoch<br />

ansteigen. Zum einen verschiebt sich dadurch die Küstenlinie, so dass die Referenzregionen<br />

zunehmend unter maritimen Einfluss gelangen. Zum anderen werden die ins<br />

Meer entwässernden Flüsse Weser und Elbe aufgestaut, so dass sie breiter werden<br />

und sich der Naturraum der Auen verschiebt. In den Referenzregionen könnten die Naturräume<br />

der Marsch, Nehrung und Delta neu hinzukommen. Ihre Beschreibung erfolgt<br />

in Kapitel 3.4.1<br />

3.3.1.3 Hydrogeologie<br />

In den norddeutschen und süddeutschen Referenzregionen unterscheidet sich der<br />

Aufbau des Untergrunds nicht wesentlich von dem der Klimazone Cfb.<br />

3.3.1.4 Hydrologie<br />

In den norddeutschen und süddeutschen Referenzregionen ist eine Abnahme der jährlichen<br />

Niederschlagsmenge zu verzeichnen. Die Flüsse weisen deutliche jahreszeitliche<br />

Differenzen im Abflussgang auf. Nach der Sommerdürre zu Beginn der Regenzeit<br />

werden die großen Flüsse zu reißenden Strömen werden und eine hohe Transportenergie<br />

(häufig > 50 kg/m 3 ) erreichen /SCH 02/. Dadurch kommt es vermehrt zu<br />

großräumigen Überschwemmungen. Während der Sommerzeit führen sie dagegen<br />

wenig Wasser und kleineren Flüsse können versiegen.<br />

28


In der Schwäbischen Alb fließt das Oberflächenwasser weiterhin im Karst ab, die Täler<br />

trocknen zunehmend aus oder führen nur periodisch Wasser. Durch die abnehmende<br />

Niederschlagsmenge kann die Schüttung der Quellen je nach Anteil des Niederschlags<br />

zeitweise abnehmen.<br />

3.3.1.5 Böden<br />

In der norddeutschen Referenzregion sind Eutric Cambisol (Braunerde)und Luvisole<br />

(Parabraunerden) stark vertreten. In Küstennähe und im Bereich der Weser und Elbe<br />

kommt es vermehrt zu der Bildung von Gleysolen (Gleyen) und Fluvisolen (Auenböden,<br />

Marschen). Auf den sandigen Standorten werden weiterhin Regosole (Lockersyroseme)<br />

und Podzole (Podsole) vorkommen. In der süddeutschen Referenzregion bilden<br />

sich der Chromic Cambisol (Terra fusca, Terra rossa) und Luvisol (Parabraunerden)<br />

sowie der Eutric Cambisol (Braunerde). In den Referenzregionen können vermehrt<br />

Histosole (Moor- und Torfböden) aus verlandeten Seen und Mooren hinzukommen.<br />

3.3.1.6 Vegetation<br />

Die Vegetation wird in den Referenzregionen artenreich und häufig endemisch 12 sein.<br />

Unter natürlichen Bedingungen werden immergrüne Hartlaubwälder dominieren. Es ist<br />

jedoch anzunehmen, dass diese durch anthropogene Eingriffe weitgehend in Hartlaub-<br />

Strauchformationen übergehen werden.<br />

3.3.1.7 Wasser- und Sedimenttransport<br />

Die hohen Winterniederschläge werden aufgrund der geringen und auch nicht flächendeckenden<br />

Vegetationsdichte und damit Durchwurzelung zu fluviatiler Erosion führen.<br />

Besonders stark ausgeprägt wird die Erosion in Hanglage und auf flachgründigen Böden<br />

sein, die nur über eine geringe Infiltration verfügen. Eine weitere Erosion geht von<br />

den Flüssen aus. Mit Abnahme der Fließgeschwindigkeit kommt es <strong>zur</strong> Sedimentation<br />

der erodierten Fracht in Form von Schotter- oder Schwemmkegeln etc..<br />

12 endemisch: Auftreten von Pflanzen und Tieren in einem eng umgrenzten Gebiet<br />

29


Die Erosion kann weiterhin durch anthropogen bedingte Effekte wie z.B. Überweidung<br />

oder auch in den Sommermonaten verstärkt auftretende Brände verstärken werden.<br />

3.3.1.8 Bewirtschaftung<br />

Landwirtschaftlich ist vor allem der Anbau von Wintergetreide und Obst (z.B. Oliven,<br />

Zitrusfrüchte, Reben) zu erwarten. Gemüseanbau ist nur mit Bewässerung wirtschaftlich.<br />

Dann jedoch ist eine deutlich höhere Produktion möglich. Viehwirtschaft ist ohne<br />

Bewässerung nur extensiv möglich.<br />

3.3.1.9 Eintrag von Kontamination<br />

Die Kontamination kann auf folgenden Wegen in die Böden gelangen:<br />

(1) durch Überschwemmung mit kontaminiertem Grund- oder Flusswasser,<br />

(2) durch kapillaren Aufstieg und<br />

(3) durch Bewässerung mit Grund- oder Flusswasser.<br />

3.3.2 Kaltgemäßigtes Klima Dfc<br />

3.3.2.1 Klima<br />

Die Vegetationsperiode beläuft sich in der Regel auf 4 bis 5, maximal 6 Monate<br />

/SCH 95/. Ausnahmen können hochkontinentale Lagen sein. Durchschnittliche Temperaturen<br />

≥ 10°C treten in 1 bis 3, selten 4 Monaten auf. In der süddeutschen Referenzregion<br />

können, wie beim heutigen Klima, höhere Niederschlagsmengen im Vergleich<br />

zu Norddeutschland erwartet werden.<br />

3.3.2.2 Geomorphologie/Naturräume<br />

Die landschaftlichen Gegebenheiten richten sich danach, ob das Klima nach einer Abkühlung<br />

unseres heutigen Zustands oder nach einer vorherigen Vergletscherung im<br />

Zuge einer Erwärmung erreicht wird. Zwar handelt es sich in beiden Fällen um eine<br />

glazial beeinflusste Landschaft, doch ist das Oberflächenrelief direkt nach einer Vergletscherung<br />

ausgeprägter (sichtbar an den Unterschieden in den heutigen Alt- und<br />

30


Jungmoränengebieten). Unabhängig davon werden frostdynamische Prozesse und<br />

Materialumlagerungen in Form von Solifluktion vorherrschen.<br />

Tritt der Klimazustand im Anschluss an die heutige Warmzeit ein, so wird angenommen,<br />

dass die gegenwärtigen Naturräume weiterhin in den Referenzregionen vorhanden<br />

sein werden. Die Landschaft wird der heutigen ähnlich sein, jedoch mit deutlich<br />

mehr Seen und Mooren. Je nach Wasserführung der Flüsse und Vegetationsdichte<br />

könnte in den Auen ein höherer Anteil an Feinmaterial (Auenlehmen) abgelagert werden.<br />

Tritt der Klimazustand im Anschluss an eine Vergletscherung, wie es in Norddeutschland<br />

möglich ist, ein, so wird angenommen, dass die heutige Landschaft stark überprägt<br />

sein wird. Die Ausbildung der Landschaftsformen hängt vor allem von dem Verlauf<br />

der Vergletscherung und seiner maximalen Ausdehnung ab, da diese Faktoren<br />

maßgeblichen Einfluss auf die vorhandenen oberflächennahen Sedimente und die<br />

Ausbildung des Oberflächenreliefs haben. Generell kann davon ausgegangen werden,<br />

dass die heutigen Sedimente großräumig mit neuen Ablagerungen überdeckt werden.<br />

Die Naturräume werden jedoch bis auf die Auen/Marschen, die sich erst allmählich im<br />

Verlauf des Klimazustands wieder bilden, weiterhin vorhanden sein. Es ist jedoch anzunehmen,<br />

dass sich ihre räumliche Anordnung und Ausdehnung von der heutigen unterscheiden<br />

wird. Vielerorts bilden sich in den Ebenen und Flussläufen Seen und Moore,<br />

hervorgerufen durch den hohen Grundwasserstand sowie den durch die niedrigen<br />

Temperaturen reduzierten Abbau pflanzlichen Materials.<br />

3.3.2.3 Hydrologie<br />

Die Anzahl der Seen wird sich erhöhen. Die übrigen hydraulischen Gegebenheiten<br />

richten sich danach, ob das Klima nach einer Abkühlung unseres heutigen Zustands<br />

oder nach einer vorherigen Vergletscherung im Zuge einer Erwärmung erreicht wird.<br />

Tritt der Klimazustand nach einer Vergletscherung ein, so wird angenommen, dass ein<br />

zuvor während des ET-Klimas gebildeter Permafrostboden zunächst weiterhin erhalten<br />

bleibt. Mit fortschreitender Erwärmung in Richtung Dfc-Klima wird er jedoch degradieren<br />

und von einem kontinuierlichen zu einem diskontinuierlichen und schließlich sporadischen<br />

zerfallen, bis er schließlich ganz aufgetaut ist. Die jeweilige Ausprägung hängt<br />

auch von dem Sediment ab.<br />

31


Die Landschaft wird durch eine große Flussebene vom Typ „braided river“ geprägt<br />

sein. Die Abflussspitzen der Flüsse liegen im Frühjahr, wenn der gesamte Schnee innerhalb<br />

weniger Wochen schmilzt /SCH 95/.<br />

Tritt der Klimazustand im Anschluss an die heutige Warmzeit ein, so wird angenommen,<br />

dass nicht unbedingt Permafrostböden ausgebildet werden. Dadurch werden sich<br />

weniger Seen und Moore ausbilden. Das Flusssystem wird sich nicht nennenswert<br />

verändern.<br />

In der süddeutschen Referenzregion sind Schichtquellen vorhanden und passen sich in<br />

ihrer Schüttmenge den klimatischen Gegebenheiten an.<br />

3.3.2.4 Hydrogeologie<br />

In den norddeutschen Referenzregionen wird unabhängig davon ob der Klimazustand<br />

nach einer Erwärmung oder Abkühlung erreicht wird, der Untergrund weiterhin durch<br />

den Wechsel wasserdurchlässiger und schlecht durchlässiger Schichten geprägt sein.<br />

Der genaue Aufbau und die Mächtigkeit der Deckschichten hängt im Wesentlichen davon<br />

ab, ob vorher eine Vergletscherung stattgefunden hat und wenn dies der Fall war,<br />

ob die Gletscherstirn vor, in oder hinter der Referenzregion lag. In der Regel ist es<br />

dann zu einer erheblichen Ablagerung von Sedimenten gekommen und damit zu einer<br />

Überdeckung der bisherigen Schichten. Die Mächtigkeit der Deckschicht wird sich<br />

dann in der Regel erhöht haben. Vor der Gletscherstirn wird die Endmoräne aufgestaucht,<br />

dahinter sedimentieren Schotter und Sande, beim Abschmelzen des Gletschers<br />

wird im Bereich der Vergletscherung die Grundmoräne abgelagert.<br />

Für die süddeutsche Referenzregion wird angenommen, dass das Donautal mit weiteren<br />

Schottern und Sanden aufgefüllt wird. Die Schwäbische Alb bleibt im Wesentlichen<br />

unberührt, so dass weiterhin Karst auf schlecht durchlässigere Schichten vorhanden<br />

ist. Es könnte jedoch <strong>zur</strong> verstärkten Frostverwitterung des Gesteins kommen.<br />

3.3.2.5 Böden<br />

Aufgrund der langwierigen Zersetzung des anfallenden Streus in Form von Koniferennadeln<br />

und anderem Hartlaub, sowie ihre hohe Acidität und der im Jahresverlauf lang<br />

anhaltenden Kälte und Nässe kommt es zu einem nur geringen Stoffumsatz. Die Folge<br />

ist der Aufbau mächtiger nährstoffarmer und saurer Streuschichten, wie Torf oder Roh-<br />

32


humus. Als typische Böden bilden sich im Bereich der Schotter und Sande Podzole<br />

(Podsole), auf staunassen, schlecht drainierten Standorten wie sie häufig auf Grundmoränen<br />

oder über Permafrost vorkommen Gleysole (Gleye) oder Histosole (Moor-,<br />

Torfböden). Am Hangfuß kann es zu der Ausbildung von Kolluvien kommen. Auf der<br />

Schwäbischen Alb entstehen hauptsächlich Leptosole (Rendzina).<br />

Die Eigenschaften der Böden, wie die Mächtigkeit der Bodenhorizonte (insbesondere<br />

der Humusauflage), das Gefüge sowie die Lage der Anreichungshorizonte von z.B. Eisen,<br />

Mangan oder Ton sind auch von ihrem Alter abhängig und damit von dem zuvor<br />

herrschendem Klima. Im Anschluss an eine Vergletscherung werden sehr junge Böden<br />

vorhanden sein, die sich aus den neuen Sedimenten entwickelt haben. Im Zuge einer<br />

Abkühlung sind die tiefgründigen Böden weiterhin vorhanden und werden durch die<br />

neuen Klimabedingungen überprägt.<br />

3.3.2.6 Vegetation<br />

Unter natürlichen Bedingungen dominieren boreale Nadel-, gelegentlich auch<br />

Mischwälder. Bei einer Entwicklung in Richtung ET-Klima bilden sich Waldtundren, ansonsten<br />

eine Taiga oder offene Flechtenwälder. Kleinräumige Differenzierungen sind<br />

an die Bodenfeuchte und den Lichteinfall geknüpft. In den Flussebenen gibt es nur wenig<br />

Bewuchs. Permafrost limitiert die Durchwurzelungstiefe.<br />

Wenigstens zu Beginn des Klimazustands richtet sich die Entwicklung der Vegetation<br />

nach dem zuvor vorhandenen Klima bzw. den Bodenverhältnissen. Die Vegetation auf<br />

frisch abgelagerten Sedimenten wird sich erst langsam entwickeln und weniger dicht<br />

sein als diejenige auf schon vorhandenen weiter entwickelten und tiefgründigeren Böden.<br />

3.3.2.7 Wasser- und Sedimenttransport<br />

Erosionsprozesse finden vor allem in den weiten Flussebenen statt, wie sie nach einer<br />

Vereisung entstehen. Während der Abflussspitzen der Flüsse im Frühjahr kommt es zu<br />

großen fluviatilen Materialumlagerungen. Im Sommer findet in den trocken gefallenen<br />

Bereichen in Abhängigkeit der Vegetationsdichte verstärkt Winderosion statt, bei der<br />

Feinsand und Schluff ausgeweht werden. Diese werden andernorts als Düne oder flä-<br />

33


chige Lössdecke abgelagert. Außerhalb der Flusssysteme ist der Wasser- und Sedimenttransport<br />

eher gering. Am häufigsten finden sich hier Solifluktionsprozesse.<br />

Auf der Schwäbischen Alb kommt es in Abhängigkeit der Vegetationsdichte und in Folge<br />

der verstärkten Frostverwitterung zu Winderosion und Gesteinsabbrüchen.<br />

3.3.2.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung<br />

Sowohl in Nord- als auch in Süddeutschland ist eine intensive Landwirtschaft nicht zu<br />

erwarten. Möglich wäre z.B. Rentierwirtschaft, das Sammeln von natürlichen Produkten<br />

(Beeren, Pilzen), das Jagen von Wildtieren und Fischfang. Zu berücksichtigen ist, dass<br />

die Produktionsrate gering ist. Dies bedeutet, dass für die Ernährung einer Person ein<br />

viel größeres Gebiet benötigt wird als im heutigen Klima und Wildtiere weiträumige<br />

Weideräume besitzen und sich daher nur kurze Zeit in den Referenzregionen aufhalten<br />

werden.<br />

3.3.2.9 Eintrag von Kontamination<br />

Die Kontamination kann in den Boden eingetragen werden durch:<br />

(1) Überschwemmung mit kontaminiertem Wasser aus Flüssen, Seen und Grundwasser,<br />

(2) Kapillaraufstieg aus dem Grundwasser (wegen tiefer Temperaturen eher gering)<br />

und<br />

(3) Ablagerung von kontaminiertem und durch Winderosion verfrachtetem Schluff und<br />

Sand aus kontaminierten Flussebenen.<br />

Auf der Schwäbischen Alb ist die Freisetzung von Kontamination aus einer Schichtquelle<br />

möglich.<br />

34


3.3.3 Subpolares Klima ET<br />

3.3.3.1 Klima<br />

Der Klimazustand ET wird als Frostschuttzone oder Tundrenzone bezeichnet /SCH<br />

95/. In ihr finden vielfältige Prozesse statt, die sich auf die Biosphäre auswirken. Vor allem<br />

die Frostwechsel bewirken durch den wechselnden Wassergehalt im Boden auf<br />

z.T. gefrorenem Untergrund durch Spannungsänderungen und Volumenwechsel vielfältige<br />

frostdynamische Prozesse. Deren Einfluss auf die Abtragung und Formung der<br />

Landschaft ist groß und drückt sich in charakteristischen Oberflächenformen und einer<br />

Angleichung des Reliefs (Kryoplanation) aus. Wichtige Ausprägungsmerkmale sind das<br />

Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines Permafrostbodens sowie die Entfernung<br />

zum Gletscher, denn diese haben maßgeblichen Einfluss auf die Intensität und<br />

Art der geomorphologischen Prozesse, die Grundwasserneubildung, aber auch die<br />

Bodenentwicklung.<br />

In der Regel liegt die Mitteltemperatur im wärmsten Monat zwischen +6°C und +10°C<br />

/SCH 95/. Die Wachstumsperiode, in der ausreichend Niederschlag fällt und die mittlere<br />

Temperatur über 5°C liegt beträgt drei, selten vier Monate. Die jährlichen Niederschläge<br />

mit Werten unter 200 mm bis 300 mm fallen meist als Schnee.<br />

3.3.3.2 Geomorphologie/Naturräume<br />

Die landschaftlichen Gegebenheiten richten sich danach, ob das Klima nach einer Abkühlung<br />

unseres heutigen Zustands oder nach einer vorherigen Vergletscherung im<br />

Zuge einer Erwärmung erreicht wird. Unabhängig davon werden frostdynamische Prozesse<br />

und Materialumlagerungen in Form von Solifluktion vorherrschen.<br />

Tritt der Klimazustand im Anschluss an eine Vergletscherung, wie es in Norddeutschland<br />

möglich ist, ein, so wird angenommen, dass die heutige Landschaft stark überprägt<br />

sein wird. Die Ausbildung der Landschaftsformen hängt vor allem von dem Verlauf<br />

der Vergletscherung und seiner maximalen Ausdehnung ab, da diese Faktoren<br />

maßgeblichen Einfluss auf die vorhandenen oberflächennahen Sedimente und die<br />

Ausbildung des Oberflächenreliefs haben. Erreicht der Gletscher die Referenzregion,<br />

bilden die Höhenzüge der Endmoräne die dominierenden Oberflächenformen. Kommt<br />

der Gletscher vorher zum Stehen und liegt die Referenzregion außerhalb der Endmo-<br />

35


änenzüge, so bilden Sanderflächen und Urstromtal eine weiträumige Ebene mit Schottern<br />

und Sanden, dem dominierenden Naturraum. Durch lokal begrenztes Gefrieren<br />

von Wasser im Untergrund können sich durch die Volumenzunahme sogenannte Aufeishügel<br />

bilden, die mit unterschiedlicher Höhe aus der Ebene ragen /SCH 95/. Die<br />

kleinsten von maximal 0,5 m Höhe werden Thufure oder auch Erdbülten genannt,<br />

Palsas ragen steil bis zu 10 m auf, Pingos erreichen sogar eine Höhe von bis zu 100 m<br />

Höhe. Aus der Grundmoräne ausgewehte Feinsande bilden Dünen. Kleinräumig können<br />

vor Erhebungen Schluffe in Form von Löss abgelagert werden. Wird die Referenzregion<br />

vom Gletscher überfahren, so bildet die <strong>zur</strong>ückbleibende Grundmoräne eine<br />

weiträumige Ebene und den dominierenden Naturraum. Erhebungen bilden Kames,<br />

Oser oder Nunataker. Auch Toteishügel sind direkt nach der Vergletscherung noch<br />

vorhanden und bilden beim Abtauen flache Geländedepressionen. Subglazial gebildete<br />

Schmelzwasserrinnen können ebenfalls vorhanden sein und erst im Laufe des ET-<br />

Klimas aufgefüllt werden.<br />

Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die heutigen Sedimente großräumig<br />

mit neuen Ablagerungen überdeckt werden. Die Naturräume werden jedoch bis auf die<br />

Auen/Marschen weiterhin vorhanden sein. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich ihre<br />

räumliche Anordnung und Ausdehnung von der heutigen unterscheiden wird. Vielerorts<br />

bilden sich in den Ebenen und Flussläufen Seen, hervorgerufen durch den hohen<br />

Grundwasserstand und die verminderte Infiltration.<br />

Tritt der Klimazustand im Anschluss an die heutige Warmzeit ein, so wird angenommen,<br />

dass die gegenwärtigen Naturräume weiterhin in den Referenzregionen vorhanden<br />

sein werden. Die Landschaft wird der heutigen ähnlich sein, jedoch mit deutlich<br />

mehr Seen. Je nach Wasserführung der Flüsse und Vegetationsdichte könnte in den<br />

Auen ein höherer Anteil an Feinmaterial (Auenlehmen) abgelagert werden.<br />

Die Landschaftsformen der Schwäbischen Alb bleiben im Wesentlichen unverändert.<br />

3.3.3.3 Hydrologie<br />

Durch die sommerliche Schneeschmelze fallen 80 bis 90% des jährlichen Niederschlags<br />

innerhalb weniger Wochen im Juni oder Juli, wodurch es in den Flüssen zu<br />

extremen Hochwässern kommt /SCH 95/. Permafrost verstärkt den Prozess, da der gefrorene<br />

Untergrund eine nur geringe Grundwasserneubildung zulässt, der größte Teil<br />

oberirdisch abfließt und ohne Verzögerung in die Flüsse gelangt. Unter sehr breiten<br />

36


und tiefen Flüssen, die auch über einen ganzjährig hohen Wasserumsatz verfügen, bilden<br />

sich sogenannte Taliki 13 aus. Diese stellen eine Verbindung zwischen dem oberflächennahen<br />

Grundwasserleiter und dem Tiefengrundwasserleiter her. Auch unter<br />

Seen und im Bereich salzhaltigem Grundwasser können Taliki gegebenenfalls zeitweise<br />

erhalten bleiben.<br />

Nach einer Vergletscherung bildet sich durch den extremen Wechsel in der Wasserführung<br />

ein sogenannter „braided-river“ aus. Sein Verlauf orientiert sich im Wesentlichen<br />

an dem zuvor gestalteten Urstromtal, das nicht zwangsläufig im Bereich der heutigen<br />

Flüsse liegen muss. Elbe und Weser könnten jedoch aufgrund des sehr ebenen Geländes<br />

leichter ihr Flussbett verlegen als die Donau, die zwischen Schwäbischer Alb<br />

und Tertiärhügelland eingeengt ist.<br />

Ausgehend von einem Dfc-Klima werden die Flüsse zwar auch ähnliche Eigenschaften<br />

wie ein „braided-river“ aufweisen, allerdings wird es sich bei den mitgeführten und abgelagerten<br />

Sedimenten eher um feinkörnigeres Material wie Schluffe und Sande handeln.<br />

Die Landschaft ist reich an Seen. Diese entstehen durch das Auftauen oberflächennaher<br />

Bodenschichten und die durch den tieferen Permafrost behinderte Infiltration von<br />

Oberflächenwasser oder auch durch die Volumenzunahme im Bereich von Eiskeilen,<br />

die wassergefüllte Depressionen von 10 bis 40 m Durchmesser verursachen /SCH 95/.<br />

Nach einer Vereisung können zudem auch durch das Auftauen von Aufeishügeln und<br />

Toteisblöcken sogenannte Abschmelzhohlformen (Kryo-, Thermokarst) von einigen<br />

hundert bis maximal 1000 m Durchmesser entstehen, in denen Seen von meist weniger<br />

als 1 m bis 4 m Tiefe entstehen (Thermokarstsee) /SCH 95/. Während einer vorherigen<br />

Vereisung kann zudem durch Schmelzwasser eine subglaziale Tiefenerosion<br />

stattgefunden haben. In diesen sogenannten Schmelzwasserrinnen bilden sich keine<br />

Flüsse aus, weil die Rinnenbasis in der Regel kein Gefälle aufweist /SCH 95/. Durch<br />

die unter dem Grundwasserspiegel befindliche Lage bilden sich jedoch vielfach Seen<br />

aus.<br />

Auf der Schwäbischen Alb fließt das Oberflächenwasser weiter ungehindert in den<br />

Karst ab. Schichtquellen sind vorhanden und passen sich in ihrer Schüttmenge den<br />

klimatischen Gegebenheiten an.<br />

13 Talik: ungefrorener Untergrund<br />

37


3.3.3.4 Hydrogeologie<br />

Die hydrogeologischen Gegebenheiten unterscheiden sich je nachdem ob es sich um<br />

eine Erwärmung oder Abkühlung handelt nicht wesentlich von dem zuvor vorhandenen<br />

Dfc- bzw. ET-Klima. Durch die Materialumlagerung durch (glazio)fluviatile oder äolische<br />

Prozesse sowie Solifluktion oder Steinschläge/Erdrutsche, kann sich jedoch in<br />

Oberflächennähe eine geringfügige Veränderung des Schichtenaufbaus ergeben.<br />

3.3.3.5 Böden<br />

Auf schwach geneigten, vegetationsarmen Flächen bilden sich sogenannte Frostmuster-<br />

oder Strukturböden, in denen durch die Frostwechsel eine vertikale und horizontale<br />

Materialsortierung stattfindet und sich in Steinringen, -polygonen, -inseln oder streifen<br />

ausdrückt. Der Humusabbau und damit die Freisetzung der darin enthaltenen mineralischen<br />

Nährstoffe, wie auch die Tonmineralbildung erfolgen äußerst langsam, wodurch<br />

es zu erheblichen Humusanreicherungen kommt.<br />

Im Bereich von Permafrostgebieten beschränken sich die bodenbildenden Prozesse in<br />

der Regel auf die einen Meter tiefe sommerliche Auftauschicht und laufen nur während<br />

weniger Monate im Jahr ab. Der verbleibende Permafrost verhindert ein Versickern des<br />

Schmelz- und Regenwassers, so dass es zu Vernässungen kommt. Durch die reduzierenden<br />

Bedingungen werden die chemische und biologische Umsetzung und dadurch<br />

auch die Bodenbildung gehemmt. Es bilden sich Histosole oder Gleysole.<br />

Im Anschluss an eine Vergletscherung in Norddeutschland sind die Böden noch sehr<br />

flachgründig. Es dominieren grobkörnige Sedimente wie Schotter/Sande oder auch<br />

Moränenmaterial, aus denen Regosole entstehen. Sie besitzen keinen Auflagehumus<br />

und sind alkalischen bis schwach sauer /SCH 95/.<br />

Während einer Abkühlung bleiben die tiefgründigen Böden des Dfc-Klimas weitgehend<br />

bestehen. Am Hangfuß kommt es vermehrt zu der Bildung von Kolluvien.<br />

Auf der Schwäbischen Alb dominieren Rendzinen, die je nach Klimaverlauf aus einer<br />

mehr oder weniger mächtigen unverwitterten Lockermaterialdecke bestehen /SCH95/.<br />

38


3.3.3.6 Vegetation<br />

Aufgrund der kurzen Vegetationsperioden, der vernässten Böden sowie der Umlagerung<br />

der Böden durch Kryoturbation können nur wenige Pflanzenarten existieren<br />

/SCH 95/. Die Vegetation besteht aus artenarmen Gesellschaften, wie Gräsern, Moosen<br />

und Flechten. Ihre Wurzeltiefe ist vor allem unter Permafrostbedingungen gering<br />

und beträgt im Extremfall nur wenige mm (Flechten). In Tundren kann die Pflanzendecke<br />

nahezu geschlossen sein oder sich saisonal bedingt nur auf begünstigten Standorten<br />

halten.<br />

3.3.3.7 Wasser- und Sedimenttransport<br />

In gletschernahen Gebieten dominiert aufgrund des hohen Schmelzwasseranfalls die<br />

fluviatile Erosion und es kommt besonders im Frühjahr zu einer erheblichen Erosion.<br />

Bei nachlassender Fließgeschwindigkeit erfolgt eine Sedimentation von Schottern und<br />

Sanden, großen Geröllen und Feinmaterial (Sand, Schluff, Ton). In den Sommermonaten<br />

kommt es zu dem Austrag von Feinsand und Schluff durch Winderosion. Diese<br />

werden andernorts als Düne oder Lössdecke abgelagert.<br />

Außerhalb der Flusssysteme ist der Wasser- und Sedimenttransport geringer. Am häufigsten<br />

sind hier Solifluktionsprozesse, die durch die stoßweise anfallenden Abflussspenden<br />

im Sommer hervorgerufen werden und deren Abtragungsrate in den meisten<br />

Fällen bei einigen Zentimetern pro Jahr liegt /SCH 95/. Wann die Solifluktion einsetzt<br />

und wie schnell sie voranschreitet ist in starkem Maße vom Wassergehalt des Substrates<br />

und vom Substrat an sich sowie dem Aufbau des Untergrunds abhängig. In Permafrostgebieten<br />

werden aufgrund der herabgesetzten Reibung schon bei Hängen ab ca.<br />

2° Neigung Fließbewegungen möglich /EHL 11/. Hier werden Abtragungsraten von bis<br />

zu 10 cm pro Jahr erreicht /ZEP 08/. Insgesamt ist die Erosion aufgrund der geringere<br />

Vegetationsdichte und Durchwurzelungstiefe größer als im Dfc-Klima.<br />

Auf der Schwäbischen Alb kommt es in Abhängigkeit der Vegetationsdichte und in Folge<br />

der verstärkten Frostverwitterung zu Winderosion und Gesteinsabbrüchen. In Ebenen<br />

bilden sich z.B. Frostschuttfelder, am Fuß von Hängen Frostschutthalden aus<br />

/SCH 95/.<br />

39


3.3.3.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung<br />

Die Bewirtschaftung unterscheidet sich nicht wesentlich vom Dfc-Klima. Die Produktionsrate<br />

verringert sich jedoch durch die kürzere Vegetationsperiode.<br />

3.3.3.9 Eintrag von Kontamination<br />

Kontamination kann im Boden eingetragen werden durch:<br />

(1) Freisetzung von kontaminiertem Grundwasser über Taliki und Überschwemmung<br />

mit kontaminiertem Wasser aus Flüssen, Seen und Grundwasser,<br />

(2) Kapillaraufstieg aus Grundwasser (wegen tiefer Temperaturen eher gering) und<br />

(3) Ablagerung von äolisch transportiertem Material (Löss und Sand) aus kontaminiertem<br />

Gebiet.<br />

Der Eintrag der Kontamination unterscheidet sich nicht wesentlich von dem unter Dfc-<br />

Klima. In der Süddeutschen Referenzregion kann eine Freisetzung über Schichtquellen<br />

stattfinden.<br />

3.3.4 Polares Klima (EF)<br />

Eine Gletscherüberdeckung hat in der quartären Vergangenheit nur die norddeutschen<br />

Referenzregionen betroffen. Daher wird dieser Klimazustand für die süddeutsche Referenzregion<br />

nicht betrachtet.<br />

3.3.4.1 Klima<br />

Der Klimazustand EF wird auch als polare Eiswüste bezeichnet, in der die Referenzregionen<br />

ganzjährig mit Eis bedeckt sind /SCH 95/.<br />

3.3.4.2 Geomorphologie/Naturräume<br />

Das Eis bedeckt die Referenzregionen vollkommen und überdeckt somit die früheren<br />

Landschaftsformen.<br />

40


3.3.4.3 Hydrogeologie<br />

Der Untergrund wird zunächst weiträumig durch den vorrückenden Gletscher erodiert.<br />

Der Abtrag ist jedoch nicht überall gleich hoch, sondern ist von der Topographie und<br />

dem Untergrund abhängig. Ein Extrem stellt die Erosion subglazialer Schmelzwasserrinnen<br />

dar, die bis in Tiefen von etwa 400m erfolgt.<br />

3.3.4.4 Hydrologie<br />

In das Gletschereis sickernde Niederschläge bzw. Schmelzwässer strömen subglazial<br />

ab und treten zum großen Teil an der Gletscherstirn wieder aus.<br />

3.3.4.5 Böden<br />

Vor der Gletscherüberdeckung vorhandene Böden werden von dem einsickernden<br />

Schmelzwasser durchspült, im Bereich der Schmelzwasserrinne abgetragen oder<br />

durch die glazigene Erosion gekappt.<br />

3.3.4.6 Vegetation<br />

Eine Vegetation ist so gut wie nicht vorhanden.<br />

3.3.4.7 Wasser- /Sedimenttransport<br />

Es findet ausschließlich Erosion statt. Diese wird durch den Gletscher (glazigen) oder<br />

das Schmelzwasser (glaziofluviatil) hervorgerufen. Möglich ist auch eine subglaziale<br />

Tiefenersoion.<br />

3.3.4.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung<br />

Eine Bewirtschaftung ist nicht möglich.<br />

41


3.3.4.9 Eintrag Kontamination<br />

In Folge der weitgehenden Entkopplung von Geosphäre und Biosphäre kann davon<br />

ausgegangen werden, dass eine Kontamination in der Geosphäre verbleiben würde.<br />

Es ist anzunehmen, dass durch die großen Schmelzwassermengen eine erhebliche<br />

Verdünnung einsetzt. Möglich ist, dass während eines vorherigen Klimas kontaminiertes<br />

Material äolisch (Löss und Sand) oder mit Wasser (Fluss- und Seesedimente) in<br />

andere Gebiete transportiert wird.<br />

3.3.5 Wintertrockene Mittelbreiten (CW)<br />

Der Klimazustand ist vergleichbar mit dem im Abschnitt 2.2 beschriebenen. Der Niederschlag<br />

wäre bedeutend geringer. Grundwassertransport und Fließraten der Flüsse<br />

könnten je nach großräumiger Topographie geringer ausfallen. Abhängig von der Vegetationsdichte<br />

und der Intensität der Niederschläge sind Erosion und Sedimentation<br />

zu erwarten. Während trockener Perioden kommt es <strong>zur</strong> Winderosion. Landwirtschaft<br />

ist nur mit Bewässerung möglich.<br />

3.3.6 Fazit zu diskreten Klimazuständen<br />

Aus den Beschreibungen der Klimazustände geht hervor, dass es zwischen einzelnen<br />

Klimazuständen große Ähnlichkeiten gibt. Aus diesem Grund wird folgende Auswahl<br />

für die Entwicklung konzeptueller Modelle für die physikalische Biosphäre, vorgeschlagen:<br />

Zu betrachten sind<br />

• das heutige Cfb-Klima,<br />

• ein kälteres Klima, das die Eigenschaften des ET- und Dfc-Klimas abdeckt,<br />

• ein wärmeres Klima, entsprechend dem CS-Klima, mit dem auch die Eigenschaften<br />

des CW-Klima abgedeckt sind sowie<br />

• ein spezielles Szenario, das die Besonderheiten einer durch eine Schichtquelle<br />

gespeisten Landwirtschaft berücksichtigt.<br />

Auch bei den diskreten Klimazuständen kann es <strong>zur</strong> Veränderung von Naturräumen<br />

kommen, wie beispielsweise <strong>zur</strong> Trockenlegung eines Moores und dessen anschlie-<br />

42


ßender landwirtschaftlicher Nutzung. Da solche Übergänge aber aufgrund von Klimaveränderungen<br />

verstärkt auftreten, werden sie erst im folgenden Kapitel 0 behandelt.<br />

3.4 Klima-Übergänge<br />

Im Folgenden werden die Klimaübergänge beschrieben und hinsichtlich ihrer Relevanz<br />

für den Radionuklidtransport diskutiert. Ziel ist es Szenarien zu identifizieren, die bisher<br />

nicht in den diskreten Klimazuständen beschrieben worden sind, aber zu hohen oder<br />

höheren Belastungen führen können.<br />

3.4.1 Erwärmung vom Cfb- zum CS-Klima mit Anhebung des Meeresspiegels<br />

Eine Erwärmung hat neben höheren Temperaturen auch eine Änderung der Niederschlagsmenge<br />

und Verteilung, eine erhöhte Verdunstung, eine steigende Erosion und<br />

eine Veränderung der Landwirtschaft <strong>zur</strong> Folge. Eine Erwärmung könnte zudem durch<br />

das Abschmelzen sämtlicher heute vorhandener Gletscher der Erde eine Überflutung<br />

der norddeutschen Referenzregion mit Meerwasser <strong>zur</strong> Folge haben. Während einer<br />

Meerwasserüberflutung würden die Radionuklide beim Austritt aus der Geosphäre in<br />

das Meerwasser eintreten, in dem dann eine hohe Verdünnung der Konzentrationen<br />

erfolgt. Die Aufnahme der Radionuklide in die Nahrungskette (Fische, Krebse, Algen,<br />

etc.) sowie in den Schlick am Meeresgrund werden zu weit geringeren Dosisraten führen<br />

als Szenarien ohne Meerestransgression.<br />

Wichtiger sind Szenarien in denen die Meeresküste direkt an die Referenzregion heranreicht,<br />

denn hier könnten mit Nehrungen, Deltas und Marschen neue Naturräume<br />

entstehen. Eine detaillierte Beschreibung der Prozesse und der daraus resultierenden<br />

Naturräume sind in /VOS 11/ nachzulesen. Die Nutzung dieser Naturräume als landwirtschaftliche<br />

Flächen richtet sich im Wesentlichen nach dem Salzgehalt im Grundwasser<br />

und Boden und damit nach der Verdünnung mit Süßwasser, das durch Niederschläge<br />

und Flüsse in das Gebiet eingebracht wird. Weiterhin sind die Verlandung von<br />

Seen und die Degeneration von Mooren relevant. Derartige Szenarien treten auch<br />

während der diskreten Klimazustände auf, sind aber verstärkt bei einer Erwärmung<br />

vom Cfb zum CS-Klima zu erwarten und werden deshalb hier beschrieben.<br />

Im Folgenden werden die für die Naturräume wichtigsten Punkte beschrieben.<br />

43


3.4.1.1 Nehrung und Delta<br />

Eine Nehrung besteht im Wesentlichen aus Feinsand, ein Delta besitzt zusätzlich einen<br />

hohen Schluffanteil. Der Stand der Bodenbildung, die Lage des Standortes (Hang,<br />

Ebene, Schutz vor Wind, Gischt, Überschwemmungshäufigkeit) und der Einfluss des<br />

salzhaltigen Grundwassers bzw. die Lage der Süßwasserlinse bestimmen die landwirtschaftlichen<br />

Nutzungsmöglichkeiten. In jedem Fall ist das Sammeln von Naturprodukten<br />

möglich. Die Nutzung in Form von Viehwirtschaft richtet sich nach der Trittfestigkeit<br />

des Bodens und setzt den Schutz vor Gischt und eine Aussüßung der obersten Bodenschicht<br />

voraus, damit Gras gedeihen kann.<br />

Auf Grund des Aufbaus und der Lage zum Meer bestehen große Ähnlichkeiten des<br />

Deltas mit einer Marsch, s. Kapitel 3.4.1.3. Durch den hohen Schluffanteil kann auch<br />

hier durch Trockenlegung der oberen Bodenschichten (z.B. Eindeichung, Drainage)<br />

sehr fruchtbares Land entstehen.<br />

Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports sind folgende<br />

Prozesse zu berücksichtigen:<br />

• Niederschlag und Evapotranspiration:<br />

Es ist eine große Bandbreite möglich.<br />

• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs:<br />

Auf regelmäßig überschwemmten Flächen ist höchstens Viehwirtschaft möglich.<br />

Dort wachsen im Wesentlichen salztolerante und -liebende Pflanzen. Die Eignung<br />

für landwirtschaftliche Flächen richtet sich nach dem Grundwasserflurabstand der<br />

Süßwasserlinse und dem Schutz vor Gischt und Wind.<br />

• Bodenwasser:<br />

Wegen des hohen Grundwasserspiegels und der regelmäßigen Überschwemmungen<br />

sowie der nur lokal vorhandenen Süßwasserlinse ist die Wasserbewegung gering.<br />

• Grundwassertransport:<br />

Durch den hohen Grundwasserspiegel und geringen Gradienten ist der Grundwassertransport<br />

eingeschränkt.<br />

• Erosion und Sedimentation:<br />

Erosion und Sedimentation sind hoch und stark von der Lokalität abhängig. An ei-<br />

44


nigen Stellen überwiegt die Erosion, an anderen die Sedimentation. Bei dem Übergang<br />

von Süß- zu Salzwasser kann sich die Sedimentationsrate im Wasser erhöhen.<br />

• Entwicklung von neuen Böden:<br />

Aus den schluffhaltigen Sedimenten eines Deltas bilden sich Salz-, Kalk-, Klei-,<br />

Knick, Moormarschen. Auf den sandigen Sedimenten der Nehrung vor allem Podsole.<br />

Die Abfolge der Böden ist in Abb.10 veranschaulicht.<br />

Abb. 10: Bodengroßlandschaft im Bereich der tidebeeinflussten Küste /BOD 05/<br />

• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässern:<br />

Flüsse bringen Süßwasser in das Gebiet. Zusätzlich werden durch die Flüsse und<br />

das Meer Sedimente eingetragen.<br />

• Entwicklung der Naturräume:<br />

Meeresfern gelegene Teile des Deltas entwickeln sich durch natürliche Vorgänge<br />

zu landwirtschaftlich nutzbaren Flächen oder werden durch Eindeichen/Drainage in<br />

fruchtbares Ackerland umgewandelt (siehe Kapitel 3.4.1.3).<br />

Nehrungen sind meerwärts immer in Bewegung. in Richtung Festland entwickeln<br />

sich zunächst Moore, Marschen. Die Marschen wiederum können durch Eindeichen/Drainage<br />

in fruchtbares Ackerland umgewandelt werden. Auch Salzgewinnung<br />

ist möglich.<br />

Für die Modellierung relevant ist die Verdünnung durch den großen Wasser- und Sedimentumsatz.<br />

Um die Kontamination von Marschen und Mooren in Meeresnähe zu<br />

45


erechnen und abzuschätzen in welcher Größenordnung die Verdünnung gegenüber<br />

relevanten Oberflächengewässern liegt, ist es sinnvoll ein Delta in Meeresnähe genauer<br />

zu betrachten. Für die Abschätzung wurden Angaben aus Kappenberg & Fanger<br />

über die Elbemündung berücksichtigt /KAP 07/. Für die Elbemündung wird ein Wasserdurchfluss<br />

von 10 10 m 3 /a und ein Sedimentfluss von 0,34 Mt/a angegeben. Nimmt<br />

man ein betroffenes Gebiet von 100 km 2 an, führt dies zu einer Ablagerung von 3,4 mm<br />

Sediment pro Jahr. Zur Abschätzung des Wasservolumens können die Überlegungen<br />

für ein typisches Gezeitendelta herangezogen werden. Nimmt man eine Gezeitendifferenz<br />

von 2 m, eine mittlere Höhe der Überschwemmung von 1 m, und eine Oberfläche<br />

von 100 km 2 an, von der 30 % bei Hochwasser überschwemmt werden, so ergibt sich<br />

daraus ein Wasservolumen von 3·10 07 m 3 . Nimmt man weiter an, dass die Überschwemmung<br />

entsprechend der Gezeiten zweimal pro Tag stattfindet, ergibt sich ein<br />

pro Jahr bewegtes Wasservolumen von ca. 2·10 10 m 3 /a. In der Größenordnung ist dies<br />

vergleichbar mit dem Abfluss der Elbe von 10 10 m 3 /a.<br />

Ersichtlich ist, dass die Verdünnung bedeutend größer ist als diejenige, die in einem<br />

Biosphären-Aquifer stattfindet dessen Wasserfluss üblicherweise in einer Größenordnung<br />

von 10 04 bis 5·10 06 m 3 /a liegt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass, sofern diese<br />

Marschen und Moore regelmäßig überschwemmt werden bzw. generell einen hohen<br />

Grundwasserspiegel aufweisen, sie nur für Viehzucht verwendet werden können.<br />

In den nächsten Abschnitten werden die für die Landwirtschaftlich wichtigsten Naturräume<br />

Moor und Marsch, welche sich in einer Nehrung oder einem Delta bilden können,<br />

besprochen.<br />

3.4.1.2 Moor<br />

Moore entwickeln sich nur unter Süßwasserbedingungen aus stets vernässten Flächen<br />

oder aus Seen, die zunehmend verlanden. Ohne Entwässerung sind Moore nur für die<br />

Viehwirtschaft geeignet.<br />

Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports sind dann folgende<br />

Prozesse zu berücksichtigen:<br />

• Niederschlag und Evapotranspiration:<br />

Es ist eine große Bandbreite möglich. Wegen dem hohen Grundwasserspiegel gibt<br />

es keine Bewässerung.<br />

46


• Landwirtschaft und Pflanzenbewuchs:<br />

Wegen des hohen Grundwasserspiegels und der geringen mechanischen Belastbarkeit<br />

des Moores ist kaum Landwirtschaft möglich, höchstens Viehwirtschaft.<br />

• Bodenwasser:<br />

Wegen des hohen Grundwasserspiegels ist der Wassertransport gering.<br />

• Grundwassertransport:<br />

Durch den hohem Grundwasserspiegel und geringen Gradienten ist der Grundwassertransport<br />

eingeschränkt.<br />

• Erosion und Sedimentation:<br />

Lokal ist Erosion möglich, ansonsten findet vor allem Sedimentation statt.<br />

• Entwicklung von Böden:<br />

Torfschichten wachsen an.<br />

• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässern:<br />

Flüsse können Süßwasser und Sedimente in das Gebiet bringen.<br />

• Bildung und Umwandlung von Naturräumen:<br />

Die Torfschichten wachsen mit der Zeit aus dem grundwasserbeeinflussten Bereich<br />

hinaus. Das Niedermoor wandelt sich dann in ein Hochmoor um.<br />

Wenn der Grundwasserspiegel absinkt, ist auch Gemüseanbau und im weiteren Verlauf<br />

ab etwa einen halben Meter Flurabstand ist auch Ackerbau möglich. Zu beachten<br />

ist, dass eine Senkung des Grundwasserspiegels den Abbau des organischen Materials<br />

beschleunigt und die Fruchtbarkeit des Moores ohne Düngung schnell abnehmen<br />

lässt. Das Moor kann auch für den Abbau von Torf (z.B. als Material für Bodenverbesserung<br />

oder als Brennstoff) genutzt werden. Bei der Beschreibung der Naturräume und<br />

des Radionuklidtransports sind folgende Prozesse zu berücksichtigen:<br />

• Niederschlag & Evapotranspiration:<br />

Die Niederschlagsmenge ist wichtig für das Pflanzenwachstum. Ein Defizit kann<br />

durch Bewässerung kompensiert werden. Diese Wasserströme bestimmen auch<br />

den Radionuklidtransport aus dem Moor heraus.<br />

• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs, Primärproduktion:<br />

Die Böden des Moores sind zunächst fruchtbar und die landwirtschaftliche Produktion<br />

hoch. Bewässerung kann nötig sein. Die mechanische Belastbarkeit des Bodens<br />

ist gering.<br />

47


• Bodenwasser:<br />

Niederschlag, der nicht verdunstet oder oberflächlich abfließt, wird in das Grundwasser<br />

infiltrieren. Während der trockenen und warmen Sommermonate kann ein<br />

kapillarer Wasseraufstieg möglich sein.<br />

• Grundwassertransport:<br />

Wegen der flachen Topographie sind der Gradient im Grundwasser und die<br />

Grundwasserbewegung gering.<br />

• Erosion und Sedimentation:<br />

Wegen der flachen Topographie ist die Erosion gering.<br />

• Entwicklung von Böden:<br />

Bei Entwässerung sackt der Moorboden in sich zusammen und vererdet bei entsprechend<br />

hohem Niederschlag. Ansonsten trocknet der Boden aus und es entstehen<br />

Risse.<br />

Wird ein Moor häufiger mit Salzwasser überschwemmt stirbt es ab und die Torfschichten<br />

saugen sich mit dem Wasser voll. Durch dessen Verdunstung reichert sich das<br />

Salz im Torf an. Die Konzentration ist so groß, dass Salzgewinnung möglich ist.<br />

Für die Modellierung ist ein Moor vor und nach Entwässerung zu betrachten. Kontamination<br />

kann während der Bildung eines Niedermoors stattfinden. In dieser Phase ist<br />

nur Viehwirtschaft möglich. Ein entwässertes Moor ist auch für Ackerbau geeignet. Ohne<br />

Bewässerung findet keine Kontamination mehr statt und es ist nur eine bestehende<br />

Kontamination zu berücksichtigen.<br />

3.4.1.3 Marsch<br />

Marschen in Meeresnähe werden bei Flut mit Salz- oder Brackwasser überschwemmt.<br />

Direkt am Fluss gelegen werden sie regelmäßig mit Süßwasser überschwemmt. In solchen<br />

Gebieten können verschiedene nicht landwirtschaftliche Produkte gesammelt<br />

werden und auch bestimmte Arten von Landwirtschaft sind möglich (z.B. Viehwirtschaft).<br />

Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports sind folgende<br />

Prozesse zu berücksichtigen:<br />

• Niederschlag und Evapotranspiration:<br />

Es ist eine große Bandbreite möglich.<br />

48


• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs, Primärproduktion:<br />

Es ist vor allem eine natürliche Vegetation zu erwarten, die an Salz- oder Brackwasser<br />

angepasst ist. Solange der Boden salzhaltig ist, ist er für die Landwirtschaft<br />

ungeeignet oder nur sehr eingeschränkt nutzbar.<br />

• Bodenwasser:<br />

Durch den hohen Grundwasserspiegel und die regelmäßige Überschwemmung ist<br />

die Wasserbewegung eher gering.<br />

• Grundwassertransport:<br />

Durch den hohen Grundwasserspiegel und den geringen Gradienten ist der<br />

Grundwassertransport eingeschränkt.<br />

• Erosion und Sedimentation:<br />

Lokal ist Erosion möglich, sonst vor allem Sedimentation. Bei dem Übergang von<br />

Süß- zu Salzwasser kann sich die Sedimentationsrate erhöhen.<br />

• Entwicklung von neuen Böden:<br />

Es kommt <strong>zur</strong> Bildung von Salz-, Kalk-, Klei-, Knick, Moormarschen.<br />

• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässern:<br />

Einerseits bringen die Flüsse Süßwasser in das Gebiet, anderseits besteht durch<br />

Ebbe- und Flut ein intensiver Austausch mit salzhaltigem Meerwasser. In küstennahen<br />

Bereichen findet ein sehr großer Umsatz von Feststoffen statt.<br />

• Bildung und Umwandlung von Naturräumen:<br />

Marschen lassen sich auf natürliche Art oder durch Eindeichen in fruchtbares<br />

Ackerland umwandeln (siehe Kapitel 3.4.1.3).<br />

Wenn die Überschwemmungen verhindert werden und der Grundwasserspiegel genügend<br />

abgesenkt ist, ist in der Regel auch Ackerbau möglich. Marschland ist in der Regel<br />

ein sehr fruchtbares Land. Bedingung ist, dass ein genügend hoher Grundwasserflurabstand<br />

vorhanden ist. Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports<br />

sind folgende Prozesse zu berücksichtigen:<br />

• Niederschlag & Evapotranspiration:<br />

Die Niederschlagsmenge ist wichtig für das Pflanzenwachstum. Ein Defizit kann<br />

durch Bewässerung kompensiert werden. Die Wasserströme bestimmen auch den<br />

Radionuklidtransport aus dem Marschland hinaus.<br />

49


• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs, Primärproduktion:<br />

Die Böden der Marsch sind fruchtbar und die landwirtschaftliche Produktion hoch.<br />

• Bodenwasser:<br />

Niederschlag, welcher nicht verdunstet oder oberflächlich abfließt, wird in das<br />

Grundwasser infiltrieren. Während der trockenen und warmen Sommermonate<br />

kann ein kapillarer Wasseraufstieg möglich sein. Weil die Böden im Marschland<br />

stark ton- und lehmhaltig sind, ist in der Regel eine Entwässerung (Drainage) nötig.<br />

• Grundwassertransport:<br />

Wegen der flachen Topographie sind die Gradienten im Grundwasser und die<br />

Grundwasserbewegung gering.<br />

• Erosion und Sedimentation:<br />

Wegen der flachen Topographie ist die Erosion gering. Bleiben die Überschwemmungen<br />

aus, wird die Sedimentation vernachlässigbar klein.<br />

• Entwicklung von Böden:<br />

Im Allgemeinen ist ein toniger oder lehmiger Boden zu erwarten.<br />

• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässer:<br />

Die Geomorphologie in der Region und stromaufwärts sowie Klima und Vegetation<br />

bestimmen die Größe der Wasser- und Feststoffflüsse in den Oberflächengewässern.<br />

Für die Biosphärenmodellierung ist, solange die Kontamination noch stattfindet, wegen<br />

der Überschwemmungen und dem hohen Grundwasserspiegel höchstens Viehwirtschaft<br />

möglich. Erst nach Entwässerung können Ackerbau und weiter landwirtschaftliche<br />

Aktivitäten erfolgen. Für die Biosphärenmodellierung ist dann von einer bestehenden<br />

Kontamination auszugehen. Durch den Abtransport mit Wasser nehmen die Konzentrationen<br />

mit der Zeit ab.<br />

3.4.2 Abkühlung vom CS-, CW-Klima zum Cfb-Klima<br />

Bei Rückzug des Meeres könnten sich verstärkt neue Naturräume wie z.B. Nehrungen<br />

und Deltas entwickeln, s. Kapitel 3.4.1.1. Eine Rückkehr von einem wärmeren zum<br />

heutigen Klima verursacht vor allem einen Temperaturrückgang. Auch die Niederschlagsmenge<br />

und die Verteilung über das Jahr ändern sich. Im Allgemeinen wird weniger<br />

Bewässerung nötig sein und die landwirtschaftliche Produktion könnte wegen der<br />

50


niedrigeren Temperaturen abnehmen. Mögliche Naturräume wurden bereits erwähnt.<br />

Darüber hinaus gibt es keine speziellen Szenarien.<br />

3.4.3 Abkühlung vom Cfb- über das Dfc-/ET- bis zum EF-Klima<br />

Die Übergänge zeichnen sich aus durch:<br />

• sinkende Temperaturen,<br />

• geringeren Niederschlag,<br />

• geringeres Pflanzenwachstum und dadurch geringere Ernteerträge,<br />

• langsameren Abbau von organischem Material und dadurch verstärkte Entwicklung<br />

von Mooren.<br />

Aufgrund der Meeresnähe wird davon ausgegangen, dass Norddeutschland unter den<br />

kalt-ozeanischen Typ der Klimazone fallen wird. In ihm bleiben die Sommer etwas kühler<br />

und die Winter wesentlich milder. Die Jahresmitteltemperaturen liegen etwa bei 0°C.<br />

Die Übergänge zu den kälteren Klimaten können wie folgt zusammengefasst werden:<br />

• Cfb => Dfc:<br />

heutiges Klima => Übergangsklima ohne Permafrost:<br />

Zu betrachten ist die maximale Konzentration aus den Berechnungen für das heutige<br />

Klima in einem Rentier-Szenario.<br />

• Dfc => ET:<br />

Übergangsklima ohne Permafrost => Kaltzeit mit Permafrost:<br />

Es kann die maximale Konzentration aus den Berechnungen für das heutige Klima<br />

in einem Rentier-Szenario betrachtet werden.<br />

• ET => EF:<br />

Kaltzeit mit Permafrost zu Kaltzeit mit Gletscherüberdeckung:<br />

Weil sich keine Menschen dauerhaft in einem solchen Klima aufhalten, muss dieser<br />

Übergang nicht betrachtet werden.<br />

Die Radionuklid-Konzentration ist in den Pflanzen und den lokal gehaltenen Tieren unter<br />

kälteren Bedingungen größer als in der heutigen intensiven Landwirtschaft. Grund<br />

dafür ist die Tatsache, dass ein natürliches System immer darauf ausgelegt ist, die<br />

51


Nährstoffe optimal auszunutzen und Verluste gering zu halten. Dies bedeutet, dass unter<br />

eher kargen, kälteren Bedingungen, die Nährstoffe effizienter im Boden <strong>zur</strong>ückgehalten<br />

und von der Pflanze genutzt werden und den Nährstoffen chemisch ähnliche<br />

Radionuklidkationen aus diesem Grund in größeren Mengen in die Pflanze gelangen.<br />

Eine geringere Produktivität bedeutet dabei, dass ein entsprechend größeres Gebiet<br />

nötig ist um die gleiche Anzahl von Personen zu ernähren. Weil eine Aufkonzentrierung<br />

der Radionuklide während der Übergänge nicht zu erwarten ist, kann die maximale<br />

Konzentration vom Cfb-Klima für die Berechnungen angenommen werden.<br />

3.4.4 Erwärmung vom EF- über das ET-, Dfc- bis zum Cfb-Klima<br />

In und am Ende einer Kaltzeit mit Gletscherüberdeckung finden große Materialumlagerungen<br />

statt, welche auch eine große Verdünnung einer vorhandenen Kontamination<br />

verursachen. Ein Spezialfall ist die früher erwähnte Tiefenerosion durch Schmelzwasserrinnen.<br />

Hierbei könnten Radionuklide auf relativ kurzem Wege aus dem Wirtsgestein<br />

freigesetzt werden. Die Folge der Bildung einer subglazialen Rinne würde zwar<br />

zu einem großen Feststoffabtrag führen und damit auch zu einem Abtransport eventuell<br />

im Untergrund vorhandener Radionuklide, jedoch hätte dies eine große Verdünnung<br />

der Radionuklid-Konzentration <strong>zur</strong> Folge. Wäre die Rinne auch nach dem Abschmelzen<br />

des Gletschers noch nicht vollständig mit Sedimenten verfüllt, so würde in ihr aufgrund<br />

der unter dem Grundwasserspiegel befindlichen Tiefenlage ein See vorhanden<br />

sein. Auf kurzem Weg freigesetzte Radionuklide würden sich in diesem akkumulieren<br />

und bei der Verfüllung der Rinne, die zumindest zu einem Teil noch während der Kaltzeit<br />

stattfindet, mit Sedimenten verdünnt werden.<br />

Im Zuge einer Biosphärenmodellierung konnte von einer bestehenden Konzentration<br />

ausgegangen und als Beginn eines periglazialen Szenarios betrachtet werden. Mögliche<br />

Szenarios wären:<br />

(1) Ein eiszeitlicher See, der mit der Zeit verlandet,<br />

(2) Eine Flussaue, die periodisch überschwemmt wird<br />

Eine Freisetzung von Radionukliden unter periglazialen Bedingungen mit Permafrost<br />

würde hauptsächlich in Taliki stattfinden. Ohne Permafrost wäre ein Freisetzungsszenario<br />

wie es für das heutige Klima betrachtet wurde möglich. Eine Akkumulation der<br />

Radionuklide wäre vor allem in bindungsstarken Sedimenten wie Flussauen, Mooren<br />

und Löss zu erwarten. Wie oben erwähnt ist unter periglazialen Bedingungen eine Ver-<br />

52


lagerung der Kontamination durch Wasser- und Winderosion sowie Solifluktion möglich.<br />

Die Biosphären-Berechnungen würden mit einer Anfangskonzentration in den Naturräumen<br />

beginnen. Es können sowohl die Rentier-Wirtschaft als auch eine landwirtschaftliche<br />

Nutzung wie in den diskreten Klimazuständen berücksichtigt werden.<br />

3.4.4.1 Löss<br />

Löss entsteht unter periglazialen Bedingungen durch Windverfrachtung. Kontamination<br />

von Lössböden kann wie folgt stattfinden: (1) durch Bewässerung mit kontaminiertem<br />

Wasser (ist unter den „normalen“ Biosphärenszenarien zu betrachten) oder (2) durch<br />

Winderosion von Sedimenten aus einer kontaminierten Flussebene unter periglazialen<br />

Bedingungen. Weil Lössablagerungen im Allgemeinen eine Mächtigkeit von mehreren<br />

Metern haben, ist Kapillaraufstieg als Kontaminationsweg eher unbedeutend.<br />

3.4.5 Fazit zu Klimaübergängen<br />

In diesem Abschnitt wurden die zu erwartenden Ausprägungen und Nutzungen der Naturräume<br />

und die dazugehörigen Prozesse beschrieben, die sich aus den Klimaübergängen<br />

ergeben können. Diese Beschreibungen stellen die Grundlage für die in Kapitel<br />

4.2 entwickelten konzeptuellen Modelle der physikalischen Biosphäre dar. Szenarien,<br />

die eine höhere Verdünnung bzw. eine geringere Dosis erwarten lassen wurden jedoch<br />

nicht weiter betrachtet. Die Naturräume Marsch, Moor und Quelle sowie Löss, die in<br />

verschiedenen diskreten Klimazuständen auftreten können, werden unter den Klimaübergängen<br />

in Kapitel 0 betrachtet. Spezielle landwirtschaftliche Praktiken wie Rentier-<br />

Wirtschaft und Vieh-Wirtschaft werden im Folgenden als gesonderte Szenarien bezeichnet.<br />

Es ist aber generell vorstellbar, dass alle hier ausgewählten Szenarien auch<br />

während eines Klimazustands auftreten können und nicht auf Klimaübergänge beschränkt<br />

sind.<br />

53


4 Konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre<br />

4.1 Kompartimentmodell für die physikalische Biosphäre<br />

In diesem Kapitel werden konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre der Referenzregionen<br />

erstellt. Diese werden für die verschiedenen Naturräume und Klimabedingungen<br />

unter Berücksichtigung expositionsrelevanter Prozesse dargestellt. Sie bilden<br />

die Basis für Modellrechnungen, die insbesondere folgende Fragen beantworten<br />

sollen:<br />

−<br />

−<br />

Wie entwickeln sich der Transport, die Freisetzung und die Akkumulation der Radionuklide<br />

in den verschiedenen Naturräumen?<br />

Wie entwickelt sich die Konzentration von Radionukliden, welche bereits in den Naturräumen<br />

akkumuliert wurden?<br />

Dazu müssen die relevanten Transportpfade mitsamt ihrer Massenbewegungen abgebildet<br />

werden. In einem ersten Schritt werden daher für alle Klimazustände eines Naturraums<br />

konzeptuelle Modelle der physikalischen Biosphäre in Form von Blockbildern<br />

erstellt. Hierzu wird die ausführliche Beschreibung eines jeden Klimazustands und<br />

Klimaübergangs aus Kapitel 2 und 3 herangezogen. In einem zweiten Schritt werden<br />

die Massenbewegungen quantifiziert. Dies erfolgt entweder auf der Grundlage von Untersuchungen<br />

und Messungen in den Referenzregionen oder es werden Stoffbilanzen<br />

aus heutigen Naturräumen gleicher Klimate herangezogen.<br />

Zur Illustration der konzeptuellen Modelle werden Kompartimentmodelle wie in Abb. 11<br />

verwendet. Sie bestehen aus jeweils vier Kompartimenten: Dem Biosphärenaquifer,<br />

dem Boden (terrestrisch), den Oberflächengewässern (aquatisch) und der Atmosphäre.<br />

54


Atmosphäre<br />

Abfluss<br />

Solifluktion<br />

Sedimentation<br />

Boden<br />

Unterboden<br />

Oberflächengewässer<br />

Fluss im<br />

Biosphären-Aquifer<br />

Feststoffe<br />

Wasser<br />

Schadstoffe<br />

Biosphärenaquifer<br />

Beitrag aus<br />

Geosphären-Aquifer<br />

Zufluss<br />

Abb. 11:<br />

Kompartimentmodell für die Darstellung der physikalischen Biosphäre, einschließlich<br />

expositionsrelevanter Austauschprozesse<br />

Die Ein- und Austräge sowie die Austauschprozesse innerhalb des Biosphärensystems<br />

werden durch Pfeile zwischen den Kompartimenten dargestellt. Dabei zeigen blaue<br />

Pfeile den Transport von Wasser, schwarze Pfeile den Transport von Feststoff und rote<br />

Pfeile den möglichen Transport von Radionukliden an. Obwohl der Feststofftransport in<br />

der Regel an den Wasserpfad (fluvial/glazifluviatil) geknüpft ist, ist auch eine Verlagerung<br />

durch Winderosion, Erdrutsche/Steinschläge bzw. glazigene Verfrachtung möglich.<br />

Radionuklide können im Wasser gelöst oder an Feststoffe adsorbiert sein. Ihr<br />

Transport ist damit zum größten Teil an den Wasser- und Feststofftransport gebunden.<br />

Der gasförmige Transport von Radionukliden nimmt in der Regel einen nur untergeordneten<br />

Stellenwert ein, wenn er auch für bestimmte Radionuklide wie z.B. C-14<br />

durchaus als relevant eingestuft werden kann. Zusätzlich können Radionuklide auch<br />

als Aerosole transportiert werden. Der Transport von Wasser ist in Form von flüssigem<br />

Wasser, Schnee oder in der Gasphase möglich.<br />

Je nach Klimazustand und Entwicklung verstärken sich die transportrelevanten Prozesse<br />

oder werden abgeschwächt. Die Pfeilspitze gibt die Transportrichtung an. Prozesse,<br />

die eine geringere Relevanz haben, sind durch gestrichelte Pfeile dargestellt.<br />

55


4.1.1 Wasser- und Stoffflüsse in den einzelnen Kompartimenten<br />

Das Kompartiment Oberflächengewässer umfasst die aquatischen Naturräume See,<br />

Fluss, Quelle und Moor. Ein Zustrom von Wasser erfolgt in Form von Niederschlägen,<br />

Flüssen aber auch durch Interflow oder den Geosphärenaquifer, ein Austrag durch<br />

Flüsse und Evaporation.<br />

Ein Feststoffeintrag erfolgt durch Sedimentation von (glazi)fluviatil, glazigen oder äolisch<br />

transportiertem Material. Radionuklide werden im Wesentlichen über die Wasserund<br />

Transportpfade ein- und ausgetragen.<br />

Das Kompartiment Boden ist die wesentliche Komponente der terrestrischen Naturräume<br />

Schotter/Sande, Moränen, Auen und Marschen sowie der Alb. Es berücksichtigt<br />

den Ober- und den Unterboden. Obwohl zwischen einem phasenweise ungesättigten<br />

Oberboden und einem gesättigten Unterboden zu unterscheiden ist, wird angenommen,<br />

dass der Austausch von Feststoff und Wasser weitgehend ungehindert 14 erfolgt<br />

und der Radionuklidtransport in beiden Richtungen stattfinden kann. Beim Austausch<br />

von Feststoffen und Radionukliden zwischen den Bodenschichten spielen natürliche<br />

Prozesse wie die Bioturbation, aber auch anthropogene Prozesse wie das Pflügen eine<br />

wichtige Rolle.<br />

Wasser wird durch Niederschlag, Überschwemmungen, aufsteigendes Grundwasser,<br />

Grundwasserspiegelschwankungen, Interflow oder aktive Bewässerung eingetragen.<br />

Ein Austrag erfolgt durch Interflow, Versickerung, Evaporation, Aufnahme durch die<br />

Pflanzen und Wasserentnahme durch einen Brunnen. Feststoffe werden auf denselben<br />

Transportwegen ein- und ausgetragen. Zusätzlich kann ein Austrag durch fluviatile<br />

Erosion erfolgen. Zu bedenken ist weiterhin, dass Pflanzen zu der Akkumulation von<br />

Äolisch oder (glazio)fluviatil transportierten Feststoffen beitragen können. Zusätzlich<br />

kann der anthropogene Eingriff durch z.B. Abholzung oder Brandrodung, die Bodenbearbeitung<br />

oder die Fruchtfolge bzw. das Brachliegen der Flächen vor allem den Austrag<br />

von Feststoffen verstärken.<br />

Der Ein- und Austrag von Radionukliden ist im Wesentlichen an den zuvor beschriebenen<br />

Wasser- und Feststoffpfad gebunden und findet statt durch:<br />

14 Von möglicherweise gebildeten Konkretionen in Form von z.B. Raseneisenstein oder ausgefälltem Kalk,<br />

die Radionuklide mitfällen und wieder freisetzen könnten, wird an dieser Stelle kein Kredit genommen.<br />

56


−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Überschwemmung 15 mit kontaminiertem Grund- oder Oberflächenwasser,<br />

Bewässerung 16 mit kontaminiertem Grund- oder Oberflächenwasser.<br />

Erdrutsche von kontaminiertem Material<br />

Winderosion und Ablagerung von kontaminiertem Material<br />

Kapillarer Aufstieg von Grundwasser<br />

Grundwasserspiegelschwankungen<br />

Dieser kann jedoch durch Pflanzen modifiziert werden. Durch Aufnahme in ober- und<br />

unterirdische Pflanzenteile und anschließendes Absterben können sie den Eintrag erhöhen<br />

und vor allem durch Humus- oder Torflagen auch zu deren Akkumulation beitragen.<br />

Umgekehrt können sie jedoch auch zu dessen Austrag beitragen, indem sie Radionuklide<br />

aus dem Boden aufnehmen und im Anschluss durch Tierfraß oder Ernte aus<br />

dem System der physikalischen Biosphäre entfernt werden. Üblicherweise wird in der<br />

Modellierung aber als pessimistische Annahme die Entfernung von Radionuklide durch<br />

Pflanzen aus Boden vernachlässigt. Unter landwirtschaftlichen Bedingungen werden<br />

evtl. auch Radionuklide aus Mist und Gülle, bei fehlender Kanalisation und niedrigem<br />

gesellschaftlichen Entwicklungsstand auch durch das Abwasser, in den Boden eingebracht.<br />

Das Kompartiment Atmosphäre stellt hauptsächlich den Austausch von Wasser zwischen<br />

Atmosphäre und Oberflächengewässer sowie dem Boden dar. Die Atmosphäre<br />

kann aber auch für die Exposition des Menschen eine Rolle spielen. Radionuklide können<br />

über Aerosole oder Staub, die aus kontaminierten Gewässern, bzw. Böden stammen,<br />

vom Menschen aufgenommen werden. Wenige Radionuklide, wie C-14 können<br />

auch über den Gaspfad freigesetzt werden und vom Menschen direkt über die Atemluft<br />

aufgenommen werden.<br />

15 Bei Überschwemmungen kann das Wasser neben gelösten Radionukliden auch Feststoffe mit daran<br />

adsorbierten Radionukliden enthalten.<br />

16 Bewässerungswasser kann neben gelösten Radionukliden auch Feststoffe mit daran adsorbierten Radionukliden<br />

enthalten.<br />

57


4.1.2 Kontamination der Nahrungsmittel<br />

Unter Nahrungsmittel sind Pflanzen und Tiere sowie Tierprodukte wie z.B. Eier und<br />

Milch zu verstehen.<br />

Tiere nehmen Radionuklide über das Tränkwasser, die Nahrung, an der Nahrung haftenden<br />

Boden, den Boden an sich und in Form von Aerosolen über die Inhalation auf.<br />

Pflanzen nehmen Radionuklide aus dem Bodenwasser, über das auf die Blätter fallende<br />

kontaminierte Regen- oder Bewässerungswasser und durch Assimilation aus der<br />

Luft (z.B. C-14) auf.<br />

Die Radionuklide werden zum Teil wieder ausgeschieden (Mist, Gülle) oder gehen in<br />

tierische Produkte wie z.B. Milch, Fleisch und Eier über. Mit der Zeit können sich somit<br />

erhebliche Mengen akkumulieren. Am Ende der Nahrungskette stehende fleischfressende<br />

Tiere weisen dadurch meist besonders hohe Radionuklidkonzentrationen auf.<br />

4.1.3 Kontamination des Menschen<br />

Die Aufnahme von Radionukliden durch den Menschen erfolgt in der Regel über die<br />

Aufnahme pflanzlicher und tierischer Produkte, über das Trinkwasser, die Inhalation<br />

von Aerosolen sowie die externe Strahlung (Boden, Wasser) und die Aufnahme von<br />

Erde. Die letztere kann ungewollt über die pflanzliche Nahrung aufgenommen werden<br />

(insbesondere bei Wurzelgemüse), kann aber auch gewollt sein. Insbesondere von<br />

Kindern können auch weitere Feststoffe aufgenommen werden, die Radionuklide enthalten<br />

können wie insbesondere Erde. Ein weiterer, meist vernachlässigter Expositionspfad<br />

stellt die Nutzung kontaminierten Materials für Gebrauchsgegenstände, Gebäudeputz/Mauersteine,<br />

Brennstoff, Salzgewinnung usw. dar (Materialnutzung).<br />

Je nach Klima und damit vorhandenen Nahrungsquellen und bevorzugten Kontaminationspfaden<br />

ändert sich die Konzentration der Radionuklide in den verschiedenen<br />

Kompartimenten, der Übergang in die Nahrungsmittel und damit die Relevanz bestimmter<br />

Kontaminationsquellen und -pfade.<br />

Abb. 12 zeigt die Kontaminationspfade einzelner pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel<br />

des Menschen über die Kompartimente Boden (Naturraum Schotter/Sande, Moräne,<br />

Auen/Marsch), Oberflächenwasser (Naturraum Fluss, See, Quelle, Moor), dem<br />

Biosphärenaquifer (Brunnen, aufsteigendes Grundwasser), der Atmosphäre und der<br />

58


Materialnutzung. Eine genauere Beschreibung der Expositionspfade befindet sich in<br />

/FAH 10/. Die Berechnung der Dosen für die in Abb. 12 dargestellten Expositionspfade<br />

ist nicht Gegenstand dieses Berichtes.<br />

Je nach Definition der „representative exposed person“ wird angenommen, dass der<br />

gesamte Bedarf oder nur ein Teil des Nahrungsbedarfs aus der kontaminierten Referenzregion<br />

bezogen wird und dass diese Person oder die Personen sich immer oder<br />

nur zeitweise dort aufhalten. Die Annahmen können auf der Grundlage der Wachstums-<br />

und Produktionsbedingungen der Pflanzen, der Lebensgewohnheiten der Tiere<br />

(z.B. Aufsuchen verschiedener Weidegründe) und den Verzehrgewohnheiten der Menschen<br />

(z.B. Trinkwasserbedarf) in Abhängigkeit der klimatischen Verhältnisse getroffen<br />

werden. Die Annahmen können jedoch auch von den jeweils pessimistischsten Gegebenheiten<br />

ausgehen.<br />

Exposition von Menschen<br />

Externe Strahlung<br />

Inhalation<br />

Ingestion<br />

Atmosphäre<br />

Nutztiere<br />

Wildtiere<br />

Tierprodukte<br />

Fisch<br />

Material<br />

nutzung<br />

Gras Getreide Gemüse Früchte<br />

Trinkwasser<br />

Moränen<br />

Schotter/Sande<br />

Auen/Marsch<br />

Biosphärenaquifer<br />

Fluss<br />

See<br />

Moor<br />

Abb. 12:<br />

Potentielle Expositionspfade für den Menschen<br />

4.1.4 Die Radionuklidkonzentration beeinflussende Prozesse<br />

Die Menge der entlang der verschiedenen Expositionspfade transportierten Radionuklide<br />

sowie die daraus resultierende Konzentration in den verschiedenen Kompartimenten<br />

(Boden, Wasser, Luft) der unterschiedlichen Naturräume sowie den pflanzlichen<br />

und tierischen Erzeugnissen innerhalb der Referenzregionen hängt von den klimati-<br />

59


schen Bedingungen, dem gesellschaftlichen Entwicklungsstand und den Ernährungsgewohnheiten<br />

des Menschen ab.<br />

Die klimatischen Bedingungen nehmen insbesondere Einfluss auf die Vegetationsperiode<br />

und Produktivität. Dies erfolgt direkt durch den Tages- bzw. Jahresgang der Temperatur<br />

und der Verteilung des jährlichen Niederschlags. Indirekt werden dadurch die<br />

Verdunstung, der Wasserfluss im Biosphären- und Geosphärenaquifer, der Grundwasserstand,<br />

kapillarer Aufstieg, der Wasser- und Sedimenttransport im sowie die Überschwemmungshäufigkeit<br />

des aquatischen System (Fluss, See) sowie die Erosion und<br />

Sedimentation des bzw. die Bioturbation, Verlagerung und Anreicherung im terrestrischen<br />

System und damit die Bodenfruchtbarkeit beeinflusst.<br />

Je nach Klima werden somit in bestimmten Zeitfenstern optimale Wachstumsbedingungen<br />

für eine klimaangepasste Vegetation erreicht. Nach ihr richten sich die Populationsdichte<br />

der klimaangepassten Tierwelt und deren Wanderbewegung auf der Suche<br />

nach Nahrung. Im Ergebnis geben die klimatischen Bedingungen somit vor, in welchen<br />

Kompartimenten der verschiedenen Naturräume sowie pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen<br />

eine An- oder Abreicherung von Radionukliden stattfindet.<br />

Beispiele sind<br />

• eine Kontamination des Bodens durch<br />

−<br />

−<br />

kapillaren Aufstieg des Grundwassers bei günstigen Bodeneigenschaften<br />

(kleine bis mittlere Poren)und einem hohem Grundwasserspiegel wie er beispielsweise<br />

verstärkt in kalten Klimaten (ET/Dfc) auftritt.<br />

Überschwemmung kontaminierten Oberflächenwassers, insbesondere bei<br />

Frühjahrhochwässern (Cfb/Dfc) oder einem Aufstau von Flüssen (CS).<br />

• eine Verdünnung der Radionuklidkonzentration durch Wasser<br />

−<br />

−<br />

bei Freisetzung aus einer Quelle in Abhängigkeit von der Speisung durch Niederschlagswasser.<br />

im Biosphären-Aquifer in Abhängigkeit vom Grundwasserfluss und dem Austausch<br />

mit dem Geosphären-Aquifer.<br />

Eine Verdünnung der Radionuklidkonzentration kann jedoch auch durch Erosion und<br />

Sedimentation hervorgerufen werden, denn die Erosion kann sowohl einen kontaminierten<br />

als auch einen unkontaminierten Boden betreffen. Daher kann der Prozess eine<br />

60


Verdünnung oder auch eine Akkumulation von Radionukliden bewirken. Niedrige Erosions-<br />

und Sedimentationsraten sind daher nicht in jedem Fall pessimistische Annahmen.<br />

Das Ausmaß der Erosion hängt von der Topographie, dem Pflanzenbewuchs und<br />

der Niederschlagsintensität ab.<br />

Die Ernährungsgewohnheiten des Menschen richten sich je nach gesellschaftlichem<br />

Entwicklungsstand mehr oder weniger nach den natürlichen klimatischen Vorgaben.<br />

Bei einer den klimatischen Gegebenheiten angepassten landwirtschaftlichen Praxis<br />

könnte in der Regel der gesamte Bedarf an Nahrungsmitteln und Trinkwasser aus dem<br />

kontaminierten Gebiet bezogen werden. Eine Ausnahme stellt das EF-Klima des permanenten<br />

Eises dar. Dieses Klima wurde jedoch aufgrund der unwirtlichen Bedingungen<br />

für Mensch und Tier bereits ausgeschlossen, da angenommen wird, dass bei einem<br />

solchen Klima alle Lebewesen in wärmere Gegenden abwandern. Während des<br />

ET- und Dfc-Klimas muss gegebenenfalls auf weitere Weidegründe außerhalb des Gebietes<br />

ausgewichen werden. Zu bedenken ist, dass innerhalb der Referenzregion erlegte<br />

Wildtiere von außerhalb zugewandert sein könnten (z.B. Lachse) und damit eine<br />

geringere bis keine Kontamination in sich tragen.<br />

Da vom heutigen Entwicklungsstand des Menschen ausgegangen wird, erfolgt jedoch<br />

eine Überprägung dieses natürlichen Gleichgewichts. Konkret bedeutet dies, dass aktiv<br />

in das System eingegriffen wird, um die Produktivität der pflanzlichen Nahrungsmittel<br />

zu erhöhen 17 . Dies kann z.B. durch den Einsatz von Düngemitteln erfolgen, aber auch<br />

durch eine Verlängerung der Vegetationsperiode mit Hilfe von Bewässerung. Auch ein<br />

Gemüseanbau auf Nährlösung wäre denkbar.<br />

17 Für die tierischen Produkte wird die heute gängige Landwirtschaft angenommen.<br />

61


4.2 Konzeptuelle Biosphärenmodelle<br />

Die Erstellung der konzeptuellen Biosphäremodellen erfolgte auf der Grundlage möglichst<br />

realistischer Annahmen der Wachstumsbedingungen der Pflanzen und Verzehrgewohnheiten<br />

der Tiere und des Menschen. So wurde beispielsweise für den Fall eines<br />

hohen Grundwasserspiegels nur Viehwirtschaft oder während des ET-/Dfc-Klimas<br />

eine nahezu ausschließliche Ernährung des Menschen durch Rentiere angenommen.<br />

Im Zweifelsfall erhielten die pessimistischeren Annahmen den Vorzug.<br />

Die in den folgenden Abschnitten aufgeführten Parameterwerte sind als erste Schätzungen<br />

zu verstehen. Für die Langzeitsicherheitsanalyse eines konkreten Endlagers<br />

könnten standortspezifische Untersuchungen durchgeführt und fundiertere Zahlen zusammen<br />

getragen werden. Zu berücksichtigen ist, dass der Zeitraum, den die Modellierung<br />

abdecken muss, sehr groß ist. Deswegen müssen auch für genau ermittelte Parameterwerte<br />

in der Modellierung entsprechende Ungewissheiten in Form von Bandbreiten<br />

berücksichtigt werden. Für eine Abschätzung, welche Parameter die Resultate<br />

am stärksten bestimmen, wird empfohlen, eine Sensitivitätsanalyse anhand von Parametervariationen<br />

durchzuführen.<br />

Im Folgenden werden für jedes ausgewählte Szenario der Modellansatz und die vorgeschlagenen<br />

Parameter beschrieben.<br />

4.2.1 Diskrete Klimazustände<br />

4.2.1.1 Warmgemäßigtes Klima (Cfb, heute)<br />

Dieses Klima und die relevanten Naturräume wurden detailliert in Kapitel 2 beschrieben.<br />

In Abb. 13 sind die wesentlichen Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer<br />

und den aquatischen und terrestrischen Naturräumen für Norddeutschland abgebildet.<br />

Ausführliche Beschreibungen dazu finden sich in /FAH 10/. Die Parameter für die mit<br />

den Pfeilen illustrierten Austauschprozesse werden im Folgenden beschrieben.<br />

In Norddeutschland liegen beim heutigen Klima Niederschlag und potentielle Evapotranspiration<br />

jeweils bei etwa 600 mm/a. Die Verteilung über das Jahr ist aber so,<br />

dass vor allem auf sandigen Böden während der Vegetationsperiode Defizite entstehen<br />

62


können. Daher wird angenommen, dass eine Bewässerung von 200 mm/a für die<br />

Landwirtschaft von Nutzen ist.<br />

In Auen und Marschen ist eine Bewässerung eher unwahrscheinlich. Hier ist ein Eintrag<br />

von Wasser durch Überschwemmung die Regel und es wird angenommen, dass<br />

so 100 mm/a Wasser in den Boden gelangt. Demgegenüber kann mit einem Eintrag<br />

von Grundwasser über Kapillaraufstieg oder durch Grundwasserspiegelschwankungen<br />

von 100 mm/a gerechnet werden. Diese Prozesse werden in den nachfolgenden Tabellen<br />

unter dem Begriff „Grundwasser“ zusammengefasst. Die Erosionsrate ist im Allgemeinen<br />

gering und wird auf weniger als 0,1 kg/(m 2·.a) geschätzt. Sedimentation findet<br />

bei Überschwemmung statt und wird auch auf weniger als 0,1 kg/(m 2·a) geschätzt.<br />

Entsprechende Annahmen werden auch für die Moore gemacht.<br />

Für den Wasserfluss im Biosphärenaquifer wird eine Durchlässigkeit von 3·10 04 m/a<br />

(~10 -03 m/s) angenommen. Mit einem Gradienten von 0,01 m/m und einem Querschnitt<br />

des Aquifers von 5000 m 2 ergibt sich ein Wasserfluss von ca. 2·10 06 m 3 /a. Für den<br />

Wasser- und Sedimenttransport im Fluss werden als Mittelwerte für Elbe und Weser<br />

ein Wasserfluss von 10 10 m 3 /a und ein Sedimenttransport von 3·10 08 kg/a angenommen.<br />

Atmosphäre<br />

(semi)terrestrisch<br />

Moränen<br />

Schotter/Sande<br />

Auen / Marsch<br />

Fluss<br />

See<br />

Moor<br />

Biosphärenaquifer<br />

Aquatisch<br />

Direkt Feststoff<br />

Direkt Wasser<br />

Indirekt Wasser<br />

Abb. 13:<br />

Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und terrestrischen<br />

Naturräumen und der Atmosphäre in Norddeutschland – heutiges<br />

Klima (Cfb)<br />

63


Bei der Nutzung der aquatischen Naturräume als Trink-/Tränkwasser sowie für die Bewässerung<br />

wird jeweils die pessimistischste Annahme getroffen. Dies bedeutet, dass<br />

für das Trink-/Tränkwasser und die Bewässerung nur aus einem Brunnen gefördertes<br />

Grundwasser eingesetzt wird. Die Seen werden nur <strong>zur</strong> Fischzucht verwendet werden.<br />

Für den Fischfang wird vorgeschlagen, aufgrund der gegenüber den hier betrachteten<br />

Flüssen geringeren Verdünnung einen See zu betrachten, in dem Fischzucht stattfindet.<br />

Zufluss von Oberflächenwasser und Verdunstung sind zu berücksichtigen. Dies<br />

stellt einen Teilpfad des Szenarios Landwirtschaft Nord- bzw. Süddeutschland dar.<br />

In Abb. 14 sind die wesentlichen Austauschprozesse zwischen dem Biosphärenaquifer<br />

und den aquatischen und terrestrischen Naturräumen für Süddeutschland dargestellt.<br />

Ausführliche Beschreibungen dazu finden sich in /FAH 10/.<br />

In Süddeutschland sind Niederschlag und potentielle Evapotranspiration höher als in<br />

Norddeutschland. Auf der Alb muss mit 1000 mm/a Niederschlag und 600 mm/a potentieller<br />

Evapotranspiration gerechnet werden. Bewässerung ist dort eher unwahrscheinlich,<br />

aber in kleinen Gebieten muss eventuell mit Überschwemmungen (max. 100<br />

mm/a) gerechnet werden. Der Kapillaraufstieg könnte bis 100 mm/a betragen. In der<br />

Donauebene ist der Niederschlag mit 700 mm/a geringer und die potentielle Evapotranspiration<br />

mit ebenfalls 700 mm/a höher. Wegen der saisonalen Verteilung des<br />

Niederschlags kann die Bewässerung für die Landwirtschaft auf einigen Flächen von<br />

Nutzen sein. Für die Schotter wird deshalb eine Bewässerung von 200 mm/a vorgeschlagen.<br />

In den Auen findet eher keine Bewässerung statt. Es muss aber mit Überschwemmungen<br />

(100 mm/a) gerechnet werden.<br />

Erosion ist vor allem auf der Alb möglich. Hier wird ein Wert von 2 kg/(m 2 .a) vorgeschlagen.<br />

In der Donauebene wird die Erosion geringer sein, so dass ein Wert von<br />

0,2 kg/(m 2 .a) vorgeschlagen wird. Sedimentation findet hauptsächlich in Auen statt: Die<br />

Sedimentation wird auf der Alb auf 2 kg/(m 2·a) und in der Donauebene auf<br />

0,5 kg/(m 2·a) geschätzt.<br />

64


Austauschpfade Gegenwart<br />

Süddeutschland - Alb<br />

Atmosphäre<br />

(semi)terrestrisch<br />

Schotter<br />

Alb<br />

Aue<br />

Fluss<br />

Quelle<br />

Biosphärenaquifer (Karstaquifer)<br />

Moor<br />

Aquatisch<br />

Direkt Feststoff<br />

Direkt Wasser<br />

Indirekt Wasser<br />

Tiefer Karst<br />

Austauschpfade Gegenwart<br />

Süddeutschland - Donautal<br />

Atmosphäre<br />

(semi)terrestrisch<br />

Alb<br />

Schotter<br />

Aue<br />

Fluss<br />

Quelle<br />

Biosphärenaquifer (Talaquifer)<br />

Moor<br />

Aquatisch<br />

Direkt Feststoff<br />

Direkt Wasser<br />

Indirekt Wasser<br />

Tiefer Karst<br />

Abb. 14:<br />

Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquiferen und Naturräumen in der<br />

Referenzregion Süd – gemäßigtes Klima (Cfb)<br />

65


Für die Donauebene wird eine Durchlässigkeit von 3·10 04 m/a (~10 -03 m/s) wie für<br />

Norddeutschland angenommen, der Gradient auf 0,01 m/m und der Querschnitt des<br />

Aquifers auf 1000 m 2 geschätzt. Das ergibt in dem Biosphären-Aquifer einen Wasserfluss<br />

von 3·10 05 m 3 /a. Auf der Alb kann die Durchlässigkeit der Talfüllung je nach Material<br />

sehr große Schwankungen aufweisen. Hier wird pessimistisch eine Durchlässigkeit<br />

von 3·10 03 m/a (entsprechend ca. 10 -04 m/s) angenommen. Bei einem Querschnitt von<br />

50 m 2 und einem Gradienten von 0,1 m/m ergibt das einen Wasserfluss von<br />

2·10 04 m 3 /a.<br />

Für den Wasserfluss in der Donau werden 3·10 09 m 3 /a und für den Sedimentfluss<br />

10 08 kg/a vorgeschlagen. Auf der Alb würde ein Einzugsgebiet von 2 km 2 , wenn 50 %<br />

des Niederschlags in den Fluss gelangt einen Wasserfluss von 10 06 m 3 /a liefern. Bei<br />

gleichem Sedimentgehalt wie in der Donau entspräche das einem von 3·10 04 kg/a.<br />

Es wird angenommen, dass sich die Eigenschaften der Moore nicht von denen in<br />

Norddeutschland unterscheiden. Neben der bereits oben geschilderten Behandlung<br />

der aquatischen Naturräume Fluss und See wird in Süddeutschland zusätzlich eine<br />

Quelle angenommen. Diese wird in Abschnitt 4.2.3.3 beschrieben. Es wird davon ausgegangen,<br />

dass die Quellschüttung auf der Alb und in den Donau-Schottern erfolgen<br />

kann.<br />

Die Böden, die mögliche landwirtschaftliche Nutzung sowie die wesentlichen Prozesse,<br />

die zu Wasserhaushalt, Feststofftransport und Radionuklideintrag beitragen, sind für alle<br />

Naturräume in Tab. 5 und Tab. 6 zusammengefasst.<br />

Die Spalte „Bodenwasserhaushalt“ bezieht sich auf die wesentlichen Faktoren, die den<br />

Wasserhaushalt im Boden beeinflussen. In Klammern sind Faktoren gesetzt, die selten<br />

zum Einsatz kommen und/oder nur geringfügige Wassermengen bewegen, wie z.B.<br />

Überschwemmung im Bereich der Gleysole/Planosole im Naturraum Schotter/Sande<br />

oder nur eine geringe Kontamination enthalten, wie z.B. der niederschlagsgespeiste Interflow.<br />

In der Spalte „Modellierung“ ist das jeweils zu betrachtende physikalische Biosphärenmodell<br />

angegeben. Norddeutschland, Süddeutschland Alb, bzw. Süddeutschland Donau<br />

bezeichnen dabei die Standard-Biosphärenmodelle für die jeweilige Region, bei<br />

der für den gegebenen Naturraum die Parameter jeweils anzupassen sind.<br />

66


Tab. 5: Nord-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des warmgemäßigten Klimas (Cfb)<br />

Naturräume Böden Nutzung Bodenwasserhaushalt<br />

Moräne Cambisol, Luvisol Landwirtschaft,<br />

Viehwirtschaft<br />

Schotter,<br />

Sande<br />

Auen, Marschen<br />

Planosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

(Grundwasser e )<br />

Mit Lössauflage: Cambisol, Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Luvisol, Chernozem (Viehwirtschaft b ) Grundwasser, Bewässerung<br />

Podsol, Cambisol Landwirtschaft, Niederschlag, Verdunstung,<br />

Viehwirtschaft Bewässerung<br />

Gleysol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung, Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Mit Lössauflage:<br />

Cambisol<br />

Anthrosol (Plaggenesch)<br />

Fluvisol, Gleysol<br />

Landwirtschaft<br />

(Viehwirtschaft b )<br />

Landwirtschaft<br />

(Viehwirtschaft)<br />

Viehwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft d )<br />

Feststofftransport<br />

Haupteintrag<br />

Kontamination<br />

Niederschlag, Verdunstung, gering Grundwasser,<br />

Interflow c<br />

Grundwasser e , (Bewässerung),<br />

Bewässerung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung, Grundwasser<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser, Überschwemmung<br />

Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser, (Überschwemmung)<br />

a<br />

b<br />

d<br />

relevant für Sedimentation/Erosion<br />

nur in unzugänglichen Lagen<br />

nur bei genügendem Grundwasserflurabstand<br />

c<br />

e<br />

Modellierung<br />

Norddeutschland<br />

heute, (Vieh)<br />

gering<br />

Grundwasser<br />

(sehr gering)<br />

Vieh<br />

gering<br />

Grundwasser, Norddeutschland<br />

Bewässerung heute, (Vieh)<br />

gering Bewässerung Norddeutschland<br />

heute, Vieh<br />

gering<br />

Grundwasser, Vieh<br />

(Überschwemmung)<br />

gering<br />

Bewässerung, Norddeutschland<br />

Grundwasser heute, Löss, Vieh<br />

gering Bewässerung Norddeutschland<br />

heute, Vieh<br />

Hoch durch Grundwasser, Vieh,<br />

Überschwemmunmung)<br />

(Überschwem-<br />

Marsch,<br />

Norddeutschland<br />

Gering durch<br />

Überschwemmung<br />

seitlich zufließendes Grundwasser<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

heute<br />

Vieh,<br />

Moor<br />

beinhaltet Kapillaraufstieg und Grundwasserschwankungen<br />

67


Tab. 6:<br />

Süd-Deutschland: Charakteristika der Naturräume der Schwäbischer Alb und dem Donautal des warmgemäßigten Klimas Cfb<br />

Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt Feststofftransport<br />

Haupteintrag<br />

Kontamination<br />

Modellierung<br />

Alb<br />

In der Höhe:<br />

Leptosol<br />

Viehwirtschaft<br />

(Landwirtschaft)<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Interflow<br />

Hoch durch Erosion sehr gering Vieh,<br />

(Süddeutschland<br />

Alb heute)<br />

Niederung:<br />

Cambisol, Luvisol<br />

Landwirtschaft,<br />

Viehwirtschaft<br />

Donau-<br />

Schotter<br />

Niederung:<br />

Fluvisol, Gleysol<br />

Viehwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft d )<br />

Niederschlag , Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Leptosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Überschwemmung<br />

Mit Lössauflage:<br />

Cambisol, Luvisol<br />

Landwirtschaft,<br />

Viehwirtschaft<br />

Donau-Auen Fluvisol, Gleysol Viehwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft d )<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung, (Grundwasser)<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

Donau-Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B. Erdrutsche,<br />

(Überschwemmung)<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B. Erdrutsche,<br />

(Überschwemmung)<br />

Hoch durch Erosion, Sedimentation<br />

durch Erdrutsche<br />

usw.<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B. Erdrutsche,<br />

Überschwemmung<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B. Erdrutsche,<br />

(Überschwemmung)<br />

Gering durch Überschwemmung<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Bewässerung,<br />

(Grundwasser)<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung),<br />

Quelle<br />

Süddeutschland<br />

Alb heute,<br />

Vieh,<br />

Quelle<br />

Vieh,<br />

(Süddeutschland<br />

Alb heute)<br />

Vieh,<br />

Quelle<br />

Überschwemmung,<br />

Quelle<br />

Süddeutschland<br />

Donau<br />

heute, Vieh<br />

Vieh,<br />

(Süddeutschland<br />

Donau<br />

heute)<br />

Vieh,<br />

Moor<br />

68


4.2.1.2 Winter- und Sommertrockenen Mittelbreiten (CW / CS)<br />

Die Modellierung basiert im Wesentlichen auf der für das heutige Klima. Deshalb sind<br />

die in Abb. 13 und Abb. 14 dargestellten Schemata auch hier gültig. Allerdings sind<br />

einzelne Parameter zu verändern, beispielsweise muss die Bewässerungsrate erhöht<br />

werden. Andere Parameter, Andere Parameter können gleich bleiben, wie die landwirtschaftliche<br />

Produktion. Diese könnte mit genügend Bewässerung allerdings höher sein,<br />

was in einer Parametervariation berücksichtigt werden kann. Einen Überblick über die<br />

relevanten Charakteristika der Naturräume für diesen Klimazustand geben Tab. 7und<br />

Tab. 8..<br />

Der Niederschlag insgesamt wird etwa wie bei dem heutigen Klima bei 600 mm/a bleiben,<br />

aber die Verteilung würde sich über das Jahr verschieben. Die Verdunstung wäre<br />

wegen der höheren Temperaturen höher und damit je nach saisonaler Verteilung des<br />

Niederschlags auch die Bewässerung. Für Norddeutschland und Süddeutschland Donau<br />

werden 1000 mm/a, für Süddeutschland Alb 800 mm/a angenommen. Entsprechend<br />

wird für die Bewässerung für die Naturräume in Norddeutschland 600 mm/a, für<br />

Süddeutschland-Alb 300 mm/a und für Süddeutschland-Donau 400 mm/a vorgeschlagen.<br />

Auen werden dagegen nicht bewässert. In der Nähe von Flüssen (Auen und Mooren)<br />

ist mit einem Eintrag durch Überschwemmung zu rechnen. Auch für die Alb kann<br />

eine Überschwemmung nicht ausgeschlossen werden. Für eine obere Bodenschicht<br />

von 30 cm Mächtigkeit mit einem Porenvolumen von 40 % könnte, unter der Annahme<br />

dass sich 50 % dieses Volumens bei einer Überschwemmung mit Wasser füllt, ungefähr<br />

60 mm Überschwemmungswasser in den Boden eindringen. Bei zweimaliger<br />

Überschwemmung pro Jahr ergäbe dies 120 mm/a. Es wird ein Wert von 100 mm/a<br />

vorgeschlagen. Für diese tiefliegenden Gebiete ist auch mit einem hohen Grundwasserspiegel<br />

zu rechnen. Ein Kapillaraufstieg könnte 100 mm/a betragen. Die Erosionsraten<br />

könnten bei einem wärmeren Klima mit mehr Starkniederschlägen höher sein als<br />

heute. Die Unterschiede zwischen den Naturräumen blieben aber groß. Gemäß Gündra<br />

et al. /GÜN 95/ und Stumpf et al. /STU 06/, können Werte von 1 t/(ha·a) (entsprechend<br />

0,1 kg/(m 2·a)) als niedrig betrachtet werden, Werte von 50 t/(ha·a) sind eher<br />

hoch. Für Norddeutschland werden Erosionsraten von 0,2 kg/(m 2·a), für Süddeutschland<br />

Donau von 2 kg/(m 2·a) und für Süddeutschland Alb 5 kg/(m 2·a) angenommen. Eine<br />

vergleichbare Abstufung wird für die Sedimentationsrate vorgeschlagen: für Nord-<br />

69


deutschland 0,2 kg/(m 2·a), für Süddeutschland Donau von 1 kg/(m 2·a) und für Süddeutschland<br />

Alb 2 kg/(m 2·a). Es wird erwartet, dass sich die Bedingungen für den<br />

Wasserfluss im Biosphären-Aquifer bei einem wärmeren Klima nicht signifikant ändern.<br />

Der Grundwasserspiegel könnte sich geringfügig absenken und damit den Querschnitt<br />

des Aquifers verringern. Die Flüsse würden weniger Wasser führen aber die Sedimentfracht<br />

könnte durch höhere Erosion ansteigen (vor allem durch Starkniederschläge). Es<br />

wird deshalb vorgeschlagen, einen um den Faktor 10 reduzierten Wasserfluss, aber<br />

den gleichen Sedimentfluss wie beim heutigen Klima zu verwenden. Für die Alb wären<br />

höhere Erosions- und Sedimentationsraten möglich, diese würden eine höhere Verdünnung<br />

der Kontamination verursachen, deswegen werden pessimistisch die gleichen<br />

Bedingungen wie heute angesetzt.<br />

Es ist anzunehmen, dass im Wesentlichen die gleichen Bodenarten wie während des<br />

Cfb-Klimas vorhanden sind. Jedoch ist davon auszugehen, dass sich ihr Flächenanteil<br />

verändern wird. Lediglich der Anthrosol (die Plaggenesch) wird für das CS-Klima und<br />

auch für die kälteren Klimate nicht mehr betrachtet. Grund dafür ist die Tatsache, dass<br />

er im Wesentlichen während des Mittelalters durch das Auftragen von Oberboden<br />

(vermischt mit Gülle und Mist) entstand und seitdem eine Degradierung einsetzte. Von<br />

dieser wird erwartet, dass sie in der sich an das Cfb-Klima anschließenden Klimabedingung<br />

wieder zu der Bildung eines Podsols führt.<br />

70


Tab. 7:<br />

Nord-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des Klimas winter- und sommertrockene Mittelbreiten (CW, CS)<br />

Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt<br />

Moräne Cambisol, Luvisol Landwirtschaft,<br />

Viehwirtschaft<br />

Schotter,<br />

Sande<br />

Auen, Marschen<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung,<br />

Grundwasser<br />

Planosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung<br />

Mit Lössauflage: Cambisol, Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Luvisol, Chernozem (Viehwirtschaft) Bewässerung,<br />

Podsol, Cambisol<br />

Leptosol<br />

Landwirtschaft,<br />

Viehwirtschaft<br />

Viehwirtschaft,<br />

Landwirtschaft<br />

Grundwasser<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung,<br />

(Überschwemmung)<br />

Gleysol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser<br />

Mit Lössauflage:<br />

Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Cambisol<br />

(Viehwirtschaft) Grundwasser,<br />

Fluvisol, Gleysol<br />

Viehwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft<br />

d )<br />

Bewässerung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung,<br />

(Bewässerung)<br />

Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

Feststofftransport<br />

mäßig - hoch<br />

mäßig - hoch<br />

gering<br />

Haupteintrag<br />

Kontamination<br />

Bewässerung,<br />

Grundwasser<br />

Bewässerung<br />

Grundwasser<br />

Modellierung<br />

Norddeutschland wärmer,<br />

Vieh<br />

Vieh<br />

Norddeutschland wärmer,<br />

Vieh<br />

gering Bewässerung Norddeutschland wärmer,<br />

Vieh<br />

gering Bewässerung, Vieh,<br />

(Überschwemmung) Norddeutschland wärmer<br />

gering Grundwasser Vieh<br />

gering<br />

Hoch durch<br />

Überschwemmung<br />

Gering durch<br />

Überschwemmung<br />

Bewässerung,<br />

Grundwasser<br />

Grundwasser,<br />

(Bewässerung,<br />

Überschwemmung)<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Norddeutschland wärmer,<br />

Löss , Vieh<br />

Vieh, Marsch,<br />

Norddeutschland wärmer,<br />

Vieh,<br />

Moor<br />

71


Tab. 8:<br />

Süd-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des Klimas winter- und sommertrockene Mittelbreiten (CW, CS)<br />

Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt<br />

Alb<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Donau-<br />

Schotter<br />

In der Höhe:<br />

Leptosol<br />

Niederung:<br />

Cambisol<br />

Niederung:<br />

Fluvisol, Gleysol<br />

Viehwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft)<br />

Landwirtschaft,<br />

Viehwirtschaft<br />

Viehwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft)<br />

Niederschlag, Verdunstung<br />

Bewässerung<br />

Niederschlag , Verdunstung,<br />

Bewässerung, Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Leptosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Überschwemmung<br />

Mit Lössauflage:<br />

Cambisol<br />

Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Bewässerung,<br />

(Überschwemmung)<br />

Donau-Auen Fluvisol, Gleysol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser, Überschwemmung<br />

Donau-Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser, Überschwemmung<br />

Feststoff-<br />

Haupteintrag<br />

transport<br />

Kontamination<br />

Modellierung<br />

Hoch durch Erosion Bewässerung Süddeutschland-Alb<br />

wärmer,<br />

Vieh<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

Bewässerung, Süddeutschland-Alb<br />

durch z.B. Grundwasser, wärmer,<br />

Erdrutsche, (Überschwemmungmung)<br />

(Überschwem-<br />

Vieh,<br />

Quelle<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B.<br />

Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B.<br />

Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B.<br />

Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />

Hoch durch Sedimentation<br />

durch z.B.<br />

Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />

Gering durch Überschwemmung<br />

Quelle,<br />

Überschwemmung<br />

Bewässerung,<br />

(Überschwemmung)<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

Grundwasser,<br />

(Überschwemmung)<br />

Vieh,<br />

Süddeutschland Donau<br />

wärmer<br />

Vieh,<br />

Quelle<br />

Süddeutschland Donau<br />

wärmer<br />

Löss<br />

Vieh,<br />

(Süddeutschland Donau<br />

wärmer)<br />

Vieh,<br />

Moor<br />

72


4.2.1.3 Kaltgemäßigtes und Subpolares Klima (Dfc / ET)<br />

Die Blockschemata für die Übergänge zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und<br />

terrestrischen Naturräumen bei Auftreten von Permafrost sind in Abb. 15 für Norddeutschland<br />

und in Abb. 16 für Süddeutschland dargestellt. Ausführliche Beschreibungen<br />

dazu finden sich in /FAH 10/.<br />

Atmosphäre<br />

(semi)terrestrisch<br />

Moränen<br />

Schotter/Sande<br />

Auen / Marsch<br />

Fluss<br />

See<br />

Biosphärenaquifer<br />

Direkt Feststoff<br />

Direkt Wasser<br />

Indirekt Wasser<br />

Moor<br />

Aquatisch<br />

Abb. 15:<br />

Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und terrestrischen<br />

Naturräumen in Norddeutschland – Abkühlung mit Permafrost<br />

73


Austauschpfade Kaltzeit mit Permafrost<br />

Süddeutschland - Alb<br />

Atmosphäre<br />

(semi)terrestrisch<br />

Schotter<br />

Alb<br />

Aue<br />

Fluss<br />

Quelle<br />

Moor<br />

Biosphärenaquifer (Karstaquifer)<br />

Aquatisch<br />

Direkt Feststoff<br />

Direkt Wasser<br />

Indirekt Wasser<br />

Tiefer Karst<br />

Austauschpfade Kaltzeit mit Permafrost<br />

Süddeutschland - Donautal<br />

Atmosphäre<br />

(semi)terrestrisch<br />

Alb<br />

Schotter<br />

Aue<br />

Fluss<br />

Quelle<br />

Moor<br />

Biosphärenaquifer (Talaquifer)<br />

Aquatisch<br />

Direkt Feststoff<br />

Direkt Wasser<br />

Indirekt Wasser<br />

Tiefer Karst<br />

Abb. 16:<br />

Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und terrestrischen<br />

Naturräumen in der Referenzregion Süd – Abkühlung mit<br />

Permafrost<br />

74


Die Böden, die mögliche landwirtschaftliche Nutzung sowie die wesentlichen Prozesse,<br />

die zu Wasserhaushalt, Feststofftransport und Eintrag der Kontamination beitragen,<br />

sind für alle Naturräume für Norddeutschland in Tab. 9 und für Süddeutschland in<br />

Tab. 10 zusammengefasst.<br />

Der terrestrische Naturraum Alb ist noch vorhanden, wird aber nicht kontaminiert, da<br />

keine Bewässerung stattfindet und auch kein anderer Kontaminationspfad aktiv ist. Er<br />

verliert daher an Bedeutung. Eine neue Kontamination wird nur tiefliegende Bereiche<br />

durch Grundwasser über Taliki (Nord- und Süddeutschland) und oberirdisch durch<br />

Schichtquellen, welche auch unter Permafrost-Bedingungen nicht versiegen erreichen.<br />

Es wird daher vorgeschlagen sowohl für Nord- als auch für Süddeutschland ein<br />

Feuchtgebiet, z.B. Moor oder Auen/Marschen, zu betrachten, die mit kontaminiertem<br />

Wasser in Kontakt stehen. Von dort gelangen die Radionuklide in die Pflanzen und<br />

über das Sammeln und Essen von Beeren und Pilzen in die Nahrungskette. Auch in<br />

der Region weidende Rentiere nehmen über die Pflanzen Radionuklide auf. Zu berücksichtigen<br />

ist jedoch, dass Wildtiere (z.B. Rentiere) und Fische (z.B. Lachse) in das<br />

Gebiet migrieren und eine geringere bis gar keine Kontamination aufweisen können.<br />

Landwirtschaft ist nur in sehr geringem Umfang möglich, eingeschränkt wäre z.B. der<br />

Anbau von Kartoffeln denkbar. Dieser würde jedoch in trockeneren Lagen und nicht in<br />

den tiefgelegenen, kontaminierten Gebieten stattfinden.<br />

Aufgrund der genannten Aspekte wird vorgeschlagen für die kälteren Klimate sowohl<br />

für Norddeutschland als auch für Süddeutschland das Szenario Rentierwirtschaft anzuwenden.<br />

Alle Parameter sind in Kapitel 4.2.3.2 beschrieben.<br />

75


Tab. 9:<br />

Nord-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des kaltgemäßigten (Dfc) und subpolaren Klimas (ET)<br />

Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt<br />

Moräne<br />

Schotter,<br />

Sande<br />

Auen, Marschen<br />

Planosol,<br />

Staunasse Böden durch<br />

Permafrost<br />

Cambisol, Luvisol<br />

Mit Lössauflage:<br />

Cambisol, Luvisol<br />

Podsol, Cambisol<br />

Regosol<br />

Gleysol<br />

Mit Lössauflage:<br />

Cambisol<br />

Fluvisol, Gleysol<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft)<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft)<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft)<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft *<br />

Moor Histosol Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Überschwemmung,<br />

(Grundwasser)<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Überschwemmung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Überschwemmung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser , Überschwemmung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Grundwasser, Überschwemmung<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Überschwemmung, Grundwasser<br />

Feststofftransport<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Haupteintrag<br />

Kontamination<br />

Grundwasser<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung)<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung)<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung)<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

wird nicht kontaminiert<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Modellierung<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

(Norddeutschland<br />

heute)<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier,<br />

Marsch<br />

Vieh,<br />

Rentier,<br />

Moor<br />

76


Tab. 10:<br />

Süd-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des kaltgemäßigten Klimas (Dfc) und subpolaren Klimas (ET)<br />

Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt Feststofftransport<br />

Haupteintrag<br />

Kontamination<br />

Modellierung<br />

Alb<br />

In der Höhe:<br />

Leptosol<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft,<br />

(Landwirtschaft)<br />

Niederschlag, Verdunstung Hoch durch Erosion sehr gering Vieh,<br />

Rentier,<br />

(Süddeutschland<br />

Alb)<br />

Niederung:<br />

Cambisol, Luvisol<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Niederschlag, Verdunstung<br />

Überschwemmung<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Donau-<br />

Schotter<br />

Niederung:<br />

Fluvisol, Gleysol<br />

Leptosol<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Mit Lössauflage, Landwirtschaft<br />

als Kolluvium: Luvisol,<br />

Cambisol<br />

Donau-Auen Fluvisol, Gleysol Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Donau-Moor Histosol Viehwirtschaft,<br />

Rentierwirtschaft<br />

Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung,<br />

Grundwasser<br />

Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung<br />

Niederschlag, Verdunstung, Grundwasser<br />

Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung,<br />

Grundwasser<br />

Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung,<br />

Grundwasser<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion ,<br />

Sedimentation durch<br />

Erdrutsche usw.<br />

Hoch durch Erosion ,<br />

Sedimentation durch<br />

Erdrutsche usw.<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Hoch durch Erosion,<br />

Sedimentation<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Grundwasser<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Grundwasser,<br />

Überschwemmung<br />

(sehr gering durch<br />

große Verdünnung<br />

Vieh,<br />

Rentier,<br />

Quelle<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier,<br />

Quelle<br />

Rentier, Löss,<br />

Quelle<br />

Vieh,<br />

Rentier<br />

Vieh,<br />

Rentier,<br />

Moor<br />

77


4.2.2 Klima-Übergänge<br />

Es soll überprüft werden, ob Klimaübergänge zu neuen Eigenschaften der Naturräume<br />

und Prozessen führen können, die in den diskreten Klimazuständen nicht berücksichtigt<br />

wurden und die evtl. zu höheren Akkumulationen bzw. Freisetzungen und dadurch<br />

bedingt höheren Strahlenexpositionen führen können. Wichtige Beiträge <strong>zur</strong> Akkumulation<br />

von Radionukliden können dabei die folgenden Prozesse liefern:<br />

• Festlegung von Radionukliden durch Sorption:<br />

Radionuklide können an Bodenbestandteilen, See-, Fluss- und Meeres-<br />

Sedimenten sorbiert werden. Vor allem organisches Material hat für viele Radionuklide<br />

ein hohes Sorptionspotential.<br />

• Aus- / Mitfällung und Freisetzung von Radionukliden:<br />

Durch Variationen der Zusammensetzung der Bodenlösung kann es <strong>zur</strong> Aus- oder<br />

Mitfällung von Radionukliden aber auch zu deren Wiederauflösung kommen,<br />

• Veränderung der geochemischen Bedingungen:<br />

Die Veränderung der geochemischen Bedingungen, z.B. des pH-Werts, des Redoxpotentials<br />

oder der Ionenstärke der Lösung können die Mobilität der Radionuklide<br />

erheblich verändern, da sie sowohl die Sorption als auch die Ausfällung / Wiederauflösung<br />

von Radionukliden bestimmen.<br />

• Aufkonzentrierung von Radionukliden im Boden durch Verdunstung:<br />

Dies kann das Oberflächenwasser betreffen und somit bei der Verlandung von<br />

Seen und Flüssen zum Tragen kommen oder das Bodenwasser in wasserbeeinflussten<br />

Böden (Gleysole, Planosole und Histosole) bzw. durch kapillaren Aufstieg<br />

in die obere Bodenschicht befördertes Bodenwasser betreffen.<br />

Prozesse wie die Sorption treten in allen Klimaten auf und sind genauso bei den diskreten<br />

Klimazuständen zu berücksichtigen. Eine durch veränderte geochemische Bedingungen<br />

bedingte Erhöhung der Mobilität von Radionukliden kann bei einer Veränderung<br />

von Naturräumen auftreten. Eine Erhöhung des Redoxpotentials beispielsweise,<br />

die bei Trockenlegung eines Moores oder Verlandung eines Sees auftreten kann und<br />

bei nachfolgender landwirtschaftlicher Nutzung relevant ist, wird bei einer vorangegangenen<br />

Kontamination von Moor bzw. Seesediment zu einer erheblich erhöhten Mobilität<br />

redoxsensitiver Radionuklide führen (s.u.). Die Prozesse der Aufkonzentrierung<br />

durch erhöhte Verdunstung und der übermäßigen Bewässerung sind eher bei wärme-<br />

79


en Klimaten von Bedeutung und sollten auch für das CS/CW-Klima betrachtet werden.<br />

Die Prozesse Ausfällung / Wiederauflösung von Radionukliden und Veränderung der<br />

geochemischen Bedingungen wurden in bisherigen <strong>Sicherheit</strong>sanalysen nicht berücksichtigt.<br />

In Kapitel 3.4 wurden bereits entsprechende Szenarien für Marschen, Löss und Moore<br />

identifiziert. Bei den diskreten Klimazuständen werden diese Naturräume und die relevanten<br />

Kontaminationsprozesse, dort, wo sie auftreten, berücksichtigt. Möglich ist aber,<br />

dass bei Klimaübergängen solche Naturräume neu aus schon vorher kontaminiertem<br />

Material gebildet werden oder umgewandelt werden. Marsche und Moore sind in ihrem<br />

Ursprungszustand für die Landwirtschaft nur eingeschränkt nutzbar und bestimmen unter<br />

den modellierten diskreten Klimazuständen die berechneten Dosen nicht. Lössablagerungen<br />

werden in den diskreten Szenarien unter Parabraunerden / Luvisolen in<br />

gewissem Umfang berücksichtigt (Eintrag der Kontamination durch Bewässerung). In<br />

den folgenden Abschnitten werden Marsche, Lössgebiete und Moore berücksichtigt,<br />

welche während eines vorherigen Klimas kontaminiert wurden. Prozesse, welche die<br />

Auswaschung oder Verdünnung erhöhen werden dabei vernachlässigt. Bei deutlichen<br />

Veränderungen der geochemischen Bedingungen (z.B. Erhöhung des Redoxpotentials)<br />

kann eine Vorkontamination für manche Radionuklide zu einer erhöhten Freisetzung<br />

im Bodenwasser und als Folge davon zu einer erhöhten Aufnahme von Radionukliden<br />

in die Pflanze führen, da viele redoxsensitive Elemente, wie z.B. Se, Tc, U<br />

und Np im oxidierten Zustand mobiler sind. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass dabei<br />

das Redoxsysteme von Mn und Fe beeinflusst wird und es <strong>zur</strong> Ausfällung von<br />

Fe(III)-Hydroxiden kommen kann, die viele Kationen stark sorbieren. Dieser Prozess<br />

wirkt der erhöhten Mobilität der Radionuklide entgegen. Entsprechende Vorgänge sind<br />

bei Trockenlegung eines Moores oder Sedimenten in landwirtschaftlich nutzbar gemachtem<br />

Marschland denkbar.<br />

4.2.2.1 Marsch<br />

Bei den betrachteten Flächen handelt es sich zunächst um den tidebeeinflussten Bereich<br />

zwischen Festland und Watt (Seemarsch) bzw. angrenzende Uferflächen im Unterlauf<br />

von Weser und Elbe (Flussmarsch). Aufgebaut wird die Marsch vor allem durch<br />

schluffreiches Material. Auf ähnliche Weise können in Flussarmen und Seen Sedimente<br />

abgelagert werden. Hier wäre kein Salz- oder Brackwasser aber Süßwasser im<br />

Spiel. Dieses Marschland kann auf folgenden Wegen kontaminiert werden:<br />

80


(1) durch Überschwemmung, wodurch kontaminiertes Material transportiert und als<br />

Sediment abgelagert wird,<br />

(2) durch Kapillaraufstieg/Grundwasserspiegelschwankungen, wodurch Radionuklide<br />

in den Boden eingetragen werden<br />

Durch den hohen Grundwasserstand und in Meeresnähe durch den hohen Salzgehalt<br />

im Boden ist die Marsch zunächst nur für die Viehwirtschaft, aber nicht für die Landwirtschaft<br />

geeignet. Eine landwirtschaftliche Nutzung tritt erst ein, nachdem ein ausreichender<br />

Grundwasserflurabstand erreicht wurde. Dies erfolgt anthropogen durch Drainage<br />

oder unter natürlichen Bedingungen durch Herauswachsen aus dem grundwasserbeeinflussten<br />

Bereich. Bewässerung wäre zu einem späteren Zeitpunkt möglich,<br />

wird bei der Modellierung aber vernachlässigt, da es die Auswaschung von Radionukliden<br />

aus dem Boden erhöhen würde.<br />

Für dieses Szenario wird ein auf 1 km 2 normiertes Gebiet im Tiefland angenommen.<br />

Die Kontamination hat während einer früheren Phase stattgefunden. Es wird angenommen,<br />

dass der Niederschlag 600 mm/a und die Evapotranspiration 600 mm/a betragen.<br />

Für den Kapillaraufstieg werden 100 mm/a vorgeschlagen. Bewässerung wäre<br />

zu einem späteren Zeitpunkt möglich, wird bei der Modellierung aber vernachlässigt,<br />

da es die Auswaschung von Radionukliden aus dem Boden erhöhen würde. Alle Werte<br />

sind den heutigen Klimabedingungen angepasst.<br />

Die Situation in einem Delta oder bei der Verlandung eines Sees, die dann landwirtschaftlich<br />

genutzt werden, ist vergleichbar.<br />

4.2.2.2 Löss<br />

Löss entsteht unter periglazialen Bedingungen. Infolge von Winderosion werden vor allem<br />

Schluffe aus den frisch abgelagerten Schottern ausgeblasen und anderswo abgelagert.<br />

Eine Kontamination von Lössböden kann wie folgt stattfinden:<br />

(1) durch Winderosion von kontaminierten Sedimenten unter periglazialen Bedingungen,<br />

(2) durch Kapillaraufstieg<br />

81


Bewässerung wird hier bei der Modellierung ebenfalls vernachlässigt, da es die Auswaschung<br />

von Radionukliden erhöhen würde. Sowohl für Nord- und Süd-Deutschland<br />

wird ein auf 1 km 2 normiertes Gebiet, das topographisch relativ tief gelegen ist, angenommen.<br />

Die Kontamination hat während einer früheren Phase durch Deposition nach<br />

Winderosion stattgefunden. Es wird angenommen, dass der Niederschlag 600 mm/a<br />

und die Evapotranspiration 600 mm/a betragen. Der Kapillaraufstieg könnte 100 mm/a<br />

betragen. Bewässerung wäre zu einem späteren Zeitpunkt möglich, wird bei der Modellierung<br />

aber vernachlässigt, da es die Auswaschung von Radionukliden aus dem<br />

Boden erhöhen würde. Alle Werte sind den heutigen Klimabedingungen angepasst.<br />

4.2.2.3 Moor<br />

Moore können unter sehr vielen Klimabedingungen entstehen, wenn in einer aquatischen<br />

Umgebung der Abbau von pflanzlichem und anderem organischen Material eingeschränkt<br />

ist, z. B. aufgrund von niedrigen Temperaturen oder einem Mangel an Sauerstoff.<br />

Dies kann im Bereich von Seen, Nehrungen, abgeschnittenen Flussarmen oder<br />

allgemein bei sehr hohem Grundwasserspiegel der Fall sein. Das organische Material<br />

in einem Moor kann Radionuklide durch Sorption gut akkumulieren. Ohne Entwässerung<br />

ist ein Moor nur sehr beschränkt landwirtschaftlich nutzbar. Nach Entwässerung<br />

ist es aber sehr gut geeignet für viele landwirtschaftliche Kulturen, insbesondere Gemüseanbau.<br />

Auch wird organisches Material aus Mooren für die Bodenverbesserung<br />

oder als Substrat für Zier- und andere Pflanzen verwendet. Gerade beim Übergang<br />

vom Moor in ein landwirtschaftliche genutztes Land ist vorstellbar, das Radionuklide,<br />

die unter wassergesättigten, stark reduzierenden Bedingungen wenig mobil sind, durch<br />

Pflügen und Belüftung des Bodens und einer damit einhergehenden Erhöhung des<br />

Redoxpotentials in eine mobilere Form überführt werden. Wie oben beschrieben, können<br />

aber gleichzeitig auftretende Prozesse, wie die Ausfällung von Fe(III)-Hydroxiden<br />

trotzdem zu einer starken Sorption einiger Radionuklide führen. Beide Prozesse, Erhöhung<br />

und Erniedrigung der Mobilität, müssen bei der Radionuklidaufnahme durch<br />

Pflanzen und bei dem Austrag im Boden- und Grundwasser berücksichtigt werden.<br />

Sowohl für Nord- und Süd-Deutschland wird ein auf 1 km 2 normiertes Gebiet im Tiefland<br />

angenommen. Die Kontamination hat während einer früheren Phase stattgefunden.<br />

Es wird angenommen, dass der Niederschlag 600 mm/a und die Evapotranspiration<br />

600 mm/a betragen. Der Kapillaraufstieg könnte 200 mm/a betragen. Bei den Szenarien<br />

für die diskreten Klimazustände wird bewässert. Weil hier von einer bestehen-<br />

82


den Kontamination ausgegangen wird, wird Bewässerung vernachlässigt, da es zu einer<br />

höheren Verdünnung führen würde. Alle Werte sind den heutigen Klimabedingungen<br />

angepasst.<br />

4.2.3 Gesondert betrachtete Biosphäre-Szenarien<br />

Bei einigen Klimaten und Klimaübergänge können Situationen auftreten die nicht mit<br />

den bisherigen Naturräumen und Biosphären-Szenarien behandelt werden können.<br />

Bei kälteren Klimaten z.B. unter periglazialen Bedingungen ist keine Landwirtschaft,<br />

wie sie heute in Deutschland üblich ist, möglich. Möglich wäre eine Bevölkerung, die<br />

eine Rentierzucht betreibt, wilde Beeren und Pilze sammelt und Wildtiere jagt. Dies<br />

wird im Kapitel Rentierwirtschaft beschrieben.<br />

Wenn sich nach einer Meerestransgression das Meer wieder <strong>zur</strong>ückzieht, sind neue<br />

Naturräume zu betrachten. Oben wurden<br />

(1) Marsch,<br />

(2) Sedimente in einer Nehrung oder einem Delta und<br />

(3) Moorbildung in einer Nehrung oder einem Delta beschrieben.<br />

Als solche sind diese für die Landwirtschaft nur beschränkt nutzbar und werden daher<br />

im Wesentlichen für Viehwirtschaft eingesetzt. Nach Rückzug des Meeres können sie<br />

allerdings für die Landwirtschaft kultiviert werden. Ebenso wird auf Marschen und Böden<br />

in Gebieten mit hohem Grundwasserspiegel eher Viehwirtschaft betrieben, da diese<br />

für Ackerbau ungeeignet sind. Auch Moore sind ohne Entwässerung nicht ohne weiteres<br />

für Ackerbau geeignet; Viehwirtschaft mit Weiden oder vielleicht nur Heuland wären<br />

dort eher möglich.<br />

4.2.3.1 Viehwirtschaft<br />

Unter bestimmten Bedingungen ist keine Landwirtschaft mit Ackerbau möglich sondern<br />

nur Viehwirtschaft. Auch kann es vorkommen, dass das Vieh nicht auf das Feld kann<br />

und dass nur Heu oder ähnliches für die Fütterung verwendet werden kann. Dies ist<br />

der Fall wenn<br />

• der Boden zu nass ist (bei hohem Grundwasserspiegel oder regelmäßiger Überschwemmung),<br />

83


• Der Boden durch die ungünstige Korngrößenverteilung (bei hohem Schluffgehalt)<br />

nicht trittfest ist,<br />

• der Boden zu salzhaltig (in Meeresnähe),<br />

• das Klima ungeeignet ist (zu kalt, oder zu trocken während der Vegetationsperiode)<br />

oder<br />

• die Hänge zu steil sind<br />

Diese Situationen können unter allen der oben beschriebenen Klimate vorkommen.<br />

Wenn die Kontamination ausschließlich auf den Gebieten, die nur für Viehwirtschaft<br />

geeignet sind, auftritt, wird nur ein Teil der Nahrungsmittel der Menschen kontaminiert.<br />

Ein spezielles Viehwirtschafts-Szenario ist das in Abschnitt 4.2.3.2 beschriebene Rentier-Szenario.<br />

Ein Viehwirtschafts Szenario könnte wie folgt aussehen: Die Kontamination hat in einer<br />

früherer Phase stattgefunden. Es wird ein normiertes Gebiet von 1 km 2 betrachtet. Sowohl<br />

Niederschlag als auch Evapotranspiration betragen 600 mm/a (entsprechend den<br />

heutigen Bedingungen von Nord-Deutschland). Die jährliche Bewässerung beträgt<br />

100 mm/a, der Kapillaraufstieg ebenfalls 100 mm/a.<br />

4.2.3.2 Rentierwirtschaft<br />

Ein Rentier-Szenario kann wie folgt beschrieben werden:<br />

• Die Radionuklide werden von der (spärlichen) Vegetation aufgenommen.<br />

• Rentiere fressen kontaminierte aber auch nicht kontaminierte Vegetation.<br />

• Rentierprodukte werden vom Menschen als Nahrung genutzt.<br />

• Menschen und Rentiere trinken kontaminiertes Wasser<br />

• Menschen konsumieren auch kontaminierte Pilze, Früchte und Wildtiere.<br />

• Die Produktivität ist gering im Vergleich zu der heutigen Landwirtschaft.<br />

Für die Rentier-Wirtschaft werden folgende Parameter vorgeschlagen, die sich für<br />

Nord- und Süddeutschland nicht unterscheiden: Der Niederschlag beträgt 400 mm/a<br />

und die Verdunstung 300 mm/a. Es wird angenommen, dass in einem auf 1 km 2 nor-<br />

84


mierten Gebiet im Tiefland 10 000 m 3 kontaminiertes Wasser pro Jahr aus einem Geosphären-Aquifer<br />

austritt und über den Boden fließt. Dies entspricht 10 mm/a Wasser.<br />

Die Vegetation wird kontaminiert und von Rentieren gefressen. Es wird angenommen,<br />

dass der Niederschlag 400 mm/a und die Evapotranspiration 300 mm/a betragen. Für<br />

den Kapillaraufstieg wird 50 mm/a vorgeschlagen. Es wird angenommen, dass keine<br />

Erosion stattfindet und die Sedimentationsrate mit 0,1 kg/(m 2·a) gering ist. Höhere Sedimentations-<br />

und Erosionsraten können nicht ausgeschlossen werden, würden aber<br />

zu höherer Verdünnung führen.<br />

4.2.3.3 Quelle<br />

Ausgangspunkt ist eine Schichtquelle, die im Wesentlichen aus dem Grundwasser gespeist<br />

wird und eine Schüttung von 10 000 m 3 /a aufweist. Dieses Quellwasser wird als<br />

Trinkwasser von Mensch und Tier sowie für die Bewässerung eines Einzelbauernhofs<br />

auf der Alb oder am Rande der Donauebene genutzt. Die Gebietsgröße wird auf<br />

10 000 m 2 (1 ha) normiert. Niederschlag und Evapotranspiration betragen 600 mm/a.<br />

Es wird reichlich bewässert mit 400 mm/a aus der kontaminierten Quelle.<br />

85


5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen<br />

5.1 Zusammenfassung der Vorschläge für die Modellierung<br />

Die in diesem Bericht beschriebenen Studien betreffen die Entwicklung von konzeptuellen<br />

Modellen für die physikalische Biosphäre. Diese physikalische Biosphäre beschreibt<br />

den Transport von Feststoffen und Wasser als Basis für die Berechnung des<br />

Radionuklidtransports. In der Reihe von Teilmodellen für das Endlagersystem, die in<br />

einer <strong>Sicherheit</strong>sanalyse berücksichtigt werden, folgen diese Arbeiten auf die Beschreibung<br />

der Nahfeldfreisetzung und den Geosphärentransport der Radionuklide aus<br />

einem Endlager. Die Resultate dieser Studien stellen die Grundlage dar, um Radionuklid-Konzentrationen<br />

als Funktion der Zeit in Böden, Wasser (Flüsse, Seen, Grundwasser)<br />

und gegebenenfalls in der Luft zu berechnen, die dann als Quelle für die Pflanzenaufnahme,<br />

bzw. das Trinkwasser für Mensch und Tier und Bewässerung dienen.<br />

Die Resultate der in diesem Bericht beschriebenen Studien werden im Rahmen eines<br />

anderen Vorhabens für die Berechnung von Strahlendosen über ausgewählte Expositionspfade<br />

verwendet.<br />

In Kap. 2 und 3 wurden das heutige Klima und die möglichen Klimaentwicklungen für<br />

die Referenzregionen in Nord- und Süd-Deutschland beschrieben. Es wurde aufgezeigt,<br />

wie sich für die physikalische Biosphäre wesentliche Eigenschaften unter den<br />

verschiedenen Klimaten entwickeln. Aus diesen Beschreibungen wurden in Kap. 4 Ansätze<br />

für die Modellierung erstellt. Dabei konnten einige der betrachteten Klimazustände<br />

in einem gemeinsamen Ansatz für die Modellierung zusammengefasst werden.<br />

Der Zustand der Biosphäre, wie sie unter dem heutigen Klima existiert, ist der Ausgangspunkt<br />

der Betrachtungen. Eine ausführliche Beschreibung dafür und eine Konzeptualisierung<br />

der Naturräume und der Austauschprozesse zwischen den Naturräumen<br />

mit dem Biosphärenaquifer wurden bereits im Bericht /FAH 10/ beschrieben. In<br />

dem hier vorgelegten Bericht wurden nun entsprechende Parameterwerte für die Referenzregionen<br />

in Nord- und Süd-Deutschland vorgeschlagen. Davon ausgehend wurden<br />

dann Parametersätze für die physikalische Biosphärenmodelle unter den anderen<br />

Klimabedingungen und auch für speziell zu betrachtende Szenarien abgeleitet. Die Parameter<br />

für die jeweiligen Klimate und speziellen Szenarien sind in Tab. 11 aufgeführt.<br />

86


Tab. 11:<br />

Vorgeschlagene Parameter für die Modellansätze zu den jeweiligen Szenarien (n.a. = nicht anwendbar)<br />

Parameter Norddeutschland Süddeutschland Alb Süddeutschland Donau Übergang mit Vor-Kontamination Gesondert<br />

Einheit heute wärmer heute wärmer heute wärmer Löss Marsch Moor Vieh Rentier Quelle<br />

Niederschlag mm/a 600 600 1000 600 700 600 600 600 600 600 400 600<br />

Verdunstung (pot. Evapotranspiration) mm/a 600 1000 600 800 700 1000 600 600 600 600 300 600<br />

Bewässerung<br />

Alb mm/a n.a. n.a. 0 300 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 0 n.a.<br />

Auen/Marsche mm/a 0 0 n.a. n.a. 0 0 n.a. 0 n.a. n.a. 0 n.a.<br />

Moräne mm/a 200 600 n.a. n.a. n.a n.a. 0 n.a. n.a. n.a. 0 n.a.<br />

Schotter/Sande mm/a 200 600 n.a. n.a. 200 400 0 n.a. n.a. n.a. 0 n.a.<br />

Moor mm/a 0 0 n.a. n.a. 0 0 n.a. n.a. 0 n.a. 0 n.a.<br />

Eintrag durch Überschwemmung 1<br />

Alb mm/a n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />

Auen/Marsche mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />

Schotter/Sande mm/a 0 0 n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />

Moor mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />

Grundwasser 1<br />

Alb mm/a n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 50 n.a.<br />

Auen/Marsche mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 100 100 n.a. 100 50 0<br />

Moor mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 100 n.a. 200 100 50 0<br />

Erosionsrate (nach Topographie) 1<br />

Alb kg/(m 2 .a) n.a. n.a. 2 5 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 0 0 0<br />

Moräne kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. n.a. n.a. 0 0 0 0 0 0<br />

Schotter/Sande kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. 0,2 2 0 n.a. 0 0 0 0<br />

Sedimentationsrate 1<br />

Alb kg/(m 2 .a) n.a. n.a. 2 2 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 0,1 0<br />

Auen/Marsche kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. 0,5 1 0 0 0 0 0,1 0<br />

Moor kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. 0,5 1 0 0 0 0 0,1 0<br />

Durchflussrate = D*i*A m 3 /a 2·10 06 2·10 06 2·10 04 2·10 04 3·10 05 3·10 05 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />

Filtergeschwindigkeit (D) m/a 3·10 04 3·10 04 3·10 03 3·10 03 3·10 04 3·10 04 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />

Hydraulischer Gradient (i) m/m 10 -02 10 -02 10 -01 10 -01 10 -02 10 -02 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />

Querschnitt (A) m 2 5·10 03 5·10 03 5·10 01 5·10 01 10 03 10 03 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />

Input Geosphärenaquifer m 3 /a n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 10 04 10 04<br />

Volumenstrom im Fluss m 3 /a 10 10 10 09 10 06 10 06 3·10 09 3·10 08 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />

Sedimentfracht im Fluss kg/a 3·10 08 3·10 08 3·10 04 3·10 04 10 08 10 08 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />

1 für nicht aufgeführte Naturräume sind die Parameterwerte = 0.<br />

87


Es wird vorgeschlagen die kälteren Klimate Dfc und ET hinsichtlich des Modellansatzes<br />

für die physikalische Biosphäre zusammenzufassen und eine Rentierwirtschaft anzunehmen.<br />

Das Tiefland wird oder wurde kontaminiert. Die Bevölkerung lebt von der<br />

Rentierwirtschaft und sammelt z.B. Beeren, Pilze und jagt Wildtiere.<br />

Die Biosphäre unter wärmeren Klimaten wird ähnlich wie die für das heutige Klima behandelt.<br />

Auch hier wird vorgeschlagen, die Klimate CS und CW hinsichtlich der Modellierung<br />

zusammenzufassen. Die Schemata (Kompartimente und Austauschprozesse)<br />

sind die gleichen wie für Nord- und Süd-Deutschland unter dem heutigen Klima, aber<br />

folgende Parameterwerte sind anzupassen:<br />

• Niederschlag und Evapotranspiration<br />

• Bewässerung<br />

• Eintrag von Kontamination<br />

• Landwirtschaftliche Produkte<br />

Unter wärmeren Klimaten könnte der Meeresspiegel steigen und in den Referenzregionen<br />

könnte eine Situation wie an der heutigen Nordseeküste auftreten. Wasser- und<br />

Sedimentflüsse wären größer als in den heutigen Referenzregionen und würden zu einer<br />

höheren Verdünnung der Radionuklide führen. Wenn das modellierte Gebiet versalzen<br />

ist oder einen hohen Grundwasserspiegel aufweist, ist es nicht für eine vollwertige<br />

Landwirtschaft sondern nur für die Viehwirtschaft geeignet. Dies gilt z.B. für die<br />

Marsch (mit Salz- und Süßwasser) und für das Moor (nur Süßwasser).<br />

Als weitere spezielle Szenarien werden vorgeschlagen:<br />

• Marsch:<br />

Für die Landwirtschaft nutzbar gemachtes Marschland oder Land im Bereich ehemaliger<br />

Flussläufe und Seen. Eine Vorkontamination ist vorhanden. Landwirtschaft<br />

wird wie in unserem heutigen Klima betrieben.<br />

• Moor:<br />

Auch für die Landwirtschaft nutzbar gemachtes Moor kann in Flussläufen und Seen<br />

entstanden sein. Eine Vorkontamination ist vorhanden. Landwirtschaft wird wie in<br />

unserem heutigen Klima betrieben. Ein Spezialfall könnte hier der Gemüseanbau<br />

sein.<br />

88


• Löss:<br />

Löss wurde an anderer Stelle abgetragen, mit dem Wind transportiert und in der<br />

Referenzregion flächig abgelagert. Eine Vorkontamination ist vorhanden. Landwirtschaft<br />

wird wie in unserem heutigen Klima betrieben.<br />

• Quelle:<br />

Eine Schichtquelle mit kontaminiertem Grundwasser wird als Trinkwasser für<br />

Mensch und Tier für einen einzelnen Bauernhof sowie für die Bewässerung genutzt.<br />

Die Parameterwerte, die für die Modellierung vorgeschlagen werden, sind erste Schätzungen,<br />

die durch weitere Studien verbessert werden sollten. Die für spezielle Szenarien<br />

abgeleiteten Parameterwerte beruhen auf dem heutigen Klima. Eine Anpassung<br />

an andere Klimate stellt wenig Aufwand dar. In Abschnitt 4.1 wurde beschrieben, welche<br />

Parameter insbesondere aufgrund von Erfahrungen in den bisherigen <strong>Sicherheit</strong>sanalysen<br />

relevant sind. Durch Parametervariationen und Sensitivitätsanalysen können<br />

diese Aussagen für die verschiedenen, in diesem Bericht beschriebenen Szenarien<br />

verfeinert werden.<br />

5.2 Ungewissheiten<br />

Ungewissheiten ergeben sich aus einer eingeschränkten Kenntnis<br />

• der Entwicklung des langfristigen Klimas,<br />

• der klimatischen Auswirkung auf die Referenzregionen,<br />

• der klimagesteuerten Prozesse in der physikalischen Biosphäre,<br />

• der zukünftigen menschlichen Gewohnheiten.<br />

Die Ungewissheiten sind dabei von unterschiedlicher Relevanz. Solche die durch hohe<br />

Verdünnungen, z.B. große Wasser- oder Sedimentationsumlagerungen gekennzeichnet<br />

sind, bedürfen in der Regel keiner weiteren Untersuchung, da sie zu geringeren<br />

Expositionen führen. Diejenigen jedoch, die möglicherweise eine Akkumulation / Aufkonzentrierung<br />

der Radionuklide hervorrufen, sollten detailliert untersucht werden. Prozesse,<br />

die zu einer Akkumulation führen könnten, werden in den folgenden Kapiteln<br />

kurz skizziert. Unter diesen Prozessen gibt es einige, wie z.B. eine erhöhte Radionuklidfreisetzung<br />

hervorgerufen durch veränderte geochemische Bedingungen, die die bis<br />

jetzt in <strong>Sicherheit</strong>sanalysen nur z.T. betrachtet werden.<br />

89


Eine Möglichkeit, mit den Unsicherheiten umzugehen, ist eine möglichst umfassende<br />

Beschreibung von Veränderungen der Referenzregionen sowie eine Auflistung des<br />

möglichen Einflusses auf die physikalische Biosphäre. Dies wurde zu einem gewissen<br />

Teil in dieser Arbeit durchgeführt und in Kapitel 3 beschrieben. In einigen Fällen, insbesondere<br />

bei aus Klimaveränderungen resultierenden Vorgängen in der physikalischen<br />

Biosphäre, wäre eine vertiefte Bearbeitung dieser Prozesse sowie ihre Auswirkungen<br />

auf die Kontaminationspfade wünschenswert. Hinsichtlich der Abhängigkeit<br />

des Radionuklidverhaltens von den geochemischen Bedingungen könnten auch Parametervariationen<br />

zum Verständnis beitragen. Ebenso sollte eine genauere Betrachtung<br />

erfolgen, inwieweit die menschlichen Gewohnheiten Einfluss auf die klimagesteuerten<br />

Prozesse im Boden, insbesondere die chemischen Randbedingungen haben können.<br />

Ein weiteres Thema, das einer vertieften Betrachtung bedarf, ist die Ermittlung von effektiven<br />

Durchschnittswerten aus Daten von spontanen, kurzfristigen, aber sehr intensiv<br />

ablaufenden Prozessen. Konkret betrifft dies Prozesse der Erosion und Sedimentation,<br />

Überschwemmungen etc. Eine Abschätzung sollte ebenso für die durchschnittliche<br />

Radionuklidakkumulation im Boden durch die Bewässerung erfolgen, da nicht alle<br />

Pflanzen die gleiche Wassermenge benötigen und nicht alle Böden gleich bewässert<br />

werden.<br />

5.2.1 Zukünftige Entwicklung des Klimas und Auswirkung auf die Referenzregionen<br />

Ungewissheiten sind insbesondere der nicht im Detail bekannten Kenntnis der Klimaentwicklung<br />

geschuldet. Die Vergangenheit zeigt, dass die Ausprägung und Länge der<br />

diskreten Klimazustände und die Geschwindigkeit der Klimaübergänge wichtige Randbedingungen<br />

für die Ausprägung und Entwicklung der physikalischen Biosphäre in den<br />

Referenzregionen sind. Ebenso sollte die Richtung der Klimaentwicklung, also die Tatsache<br />

ob es sich um eine Abkühlung oder eine Erwärmung handelt, einen wichtigen<br />

Faktor darstellen. Selbst wenn die Klimaentwicklung genau bekannt wäre, blieben jedoch<br />

ihre Auswirkungen auf die Referenzregionen nicht in allen Details vorhersehbar<br />

und ihr Einfluss auf die physikalische Biosphäre vielfältig. Beispiele hierfür sind Fragen<br />

nach der:<br />

• Niederschlagsmenge und –verteilung,<br />

• der Bodenentwicklung,<br />

• dem Einfluss salzhaltigen Wassers (Küsten- und Flussnähe)<br />

90


• der Überschwemmungshäufigkeit und –dauer<br />

• dem Wasseraustausch zwischen dem Geosphären- und dem Biosphärenaquifer<br />

• der Wassermenge, die bei Grundwasserspiegelschwankungen bewegt wird.<br />

• Reliefbildung<br />

• Ablagerung neuer Sedimente (Moränen, Schotter, Sande)<br />

• Entwicklung der vorhandenen Naturräume<br />

• Pflanzensukzession<br />

5.2.2 Klimagesteuerte Prozesse in der physikalischen Biosphäre<br />

In der physikalischen Biosphäre laufen in Abhängigkeit des Klimas vielfältige Prozesse<br />

ab. Diese können den Transportpfad der in die physikalische Biosphäre freigesetzten<br />

Radionuklide, deren Transportgeschwindigkeit und auftretende Konzentrationen verändern.<br />

Beispiele hierfür sind z.B.<br />

• Festlegung/Freisetzung von Radionukliden durch Adsorption/Desorption bzw. Erosion/Sedimentation<br />

(u.a. abhängig vom chemischen Milieu und Substrat )<br />

• Aus-/Mitfällung und Freisetzung von Radionukliden<br />

(Veränderung der geochemischen Bedingungen wie pH-Wert, Redoxpotential, Ionenstärke)<br />

• Aufkonzentrierung von Radionukliden im Boden durch Verdunstung (in Gewässern<br />

und Böden) und Bewässerung (in Böden)<br />

Diese Prozesse treten verstärkt während einer Klimaänderung und damit Veränderung<br />

von Naturräumen auf, werden aber zusätzlich durch menschliche Eingriffe (z.B. Pflügen,<br />

Düngung) beeinflusst. Eine Erhöhung des Redoxpotentials bewirkt für redoxsensitive<br />

Radionuklide wie z.B. Se, Tc, U und Np je nach Substrat eine erhöhte Mobilität im<br />

Bodenwasser und als Folge z.T. eine erhöhte Aufnahme in die Pflanze. Gleichzeitig<br />

sind aber auch die Redoxsysteme von Fe oder Mn beeinflusst und es kann <strong>zur</strong> Ausfällung<br />

von Fe(III)-Hydroxiden kommen. Dabei könnten Kationen mitgefällt, bzw. stark<br />

sorbiert werden. Dieser Prozess würde damit der erhöhten Mobilität der Radionuklide<br />

entgegen wirken. Eine Erhöhung des Redoxpotentials könnte insbesondere bei signifikanten<br />

Veränderungen der geochemischen Bedingungen, die z.B. bei Trockenlegung<br />

eines Moores oder Verlandung eines Sees zu erwarten sind und besonders bei nachfolgender<br />

landwirtschaftlicher Nutzung relevant sind, können bei einer vorangegangenen<br />

Kontamination von Moor bzw. Seesediment zu einer erhöhten Freisetzung von<br />

91


Radionukliden führen. Derartige Prozesse spielen auch in bevorzugten Bodenhorizonten<br />

(Go/Gr, Raseneisenstein, ton bzw. schluffreichen bzw. stark organischen Horizonten)<br />

aber auch beim Eindringen von sauerstoffreiche Gletscherwasser eine Rolle.<br />

Die Prozesse der Aufkonzentrierung durch erhöhte Verdunstung und/oder übermäßige<br />

Bewässerung sind für das CS/CW-Klima bedeutsam. Aber nur dann, wenn nicht auch<br />

gleichzeitig eine Versalzung eintritt, die das Land unfruchtbar werden lässt.<br />

Wie sich die Entwicklung von Permafrost auf die Freisetzung von Radionukliden ins<br />

Grundwasser auswirkt, ist unsicher. Generell gibt es sehr wenige natürliche Situationen,<br />

die als Analoga herangezogen werden können. Nur für Se und As wurden und<br />

werden entsprechend Studien durchgeführt (siehe auch Diskussionen in den internationalen<br />

Projekten BIOMOVS, BIOMASS und BIOPROTA, s. z.B. /BIO 91/, /SMI 09/).<br />

5.2.3 Zukünftige Entwicklung der menschlichen Gewohnheiten<br />

Die Ungewissheit bezüglich der menschlichen Gewohnheiten umfasst die landwirtschaftliche<br />

Praxis (Trockenlegung von Mooren, Marschen, Pflügen, Düngen) und die<br />

Ernährungsgewohnheiten. Im Hinblick auf die physikalische Biosphäre hat das<br />

menschliche Handeln vor allem Einfluss auf den Oberboden und den in diesem stattfindenden<br />

Prozessen, wie z.B. Bodenentwicklung, chemische/physikalische Eigenschaften<br />

von Bodensubstrat und Bodenlösung.<br />

Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Aspekt ist die Änderung der Transferfaktoren<br />

durch Veränderung der landwirtschaftlichen Bearbeitung. Verschiedene Untersuchungen<br />

weisen darauf hin, dass natürliche Systeme höhere Transferfaktoren für Radionuklide<br />

vom Boden in die Pflanze aufweisen, als eine technologische Landwirtschaft (mit<br />

Kunstdünger und hohen Erträgen). Eine Erklärung dafür ist, dass in natürlichen Systemen<br />

ein Mangel an wichtigen Nährstoffen wie Kalium, Phosphor und Stickstoff herrscht<br />

und das System darauf ausgelegt ist, Verluste von diesen zu minimieren. Dabei werden<br />

z.B. die chemisch ähnlichen Isotope von Cäsium und Strontium effizienter im<br />

Nährstoffkreislauf erhalten bleiben. Ob diese Prozesse auch für andere Radionuklide<br />

auftreten ist unsicher. Vertiefte Untersuchungen fehlen hier jedoch noch.<br />

92


6 Literatur<br />

/ARC 05a/ Archer, D.; Ganopolski, A.: A movable trigger: Fossil fuel CO 2 and the onset<br />

of the next glaciation. Geochem. Geophys. Geosys. 6, Q05003,<br />

doi:10.1029/2004GC000891, 2005.<br />

/ARC 05b/ Archer, D.: Fate of fossil fuel CO2 in geologic time. J. Geophys Res.<br />

doi:10.1029/2004JC002625, 2005.<br />

/AVI 06/<br />

Avila, R.; Kautsky; U.; Ekström, P.A.: Modeling the long-term transport and<br />

accumulation of radionuclides in the landscape for derivation of dose conversion<br />

factors. Ambio, 35, 513-523, 2006.<br />

/BAY 12/<br />

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft. /www.lfl.bayern.de/ 15. Februar<br />

2012.<br />

/BEC 03/<br />

Becker, A.: Beitrag <strong>zur</strong> Erstellung einer Referenzbiosphäre <strong>zur</strong> Berechnung<br />

der in der Nachbetriebsphase eines Endlagers für radioaktive Stoffe hervorgerufenen<br />

potentiellen Strahlenexposition unter Berücksichtigung des<br />

Einflusses des Klimas. BMU (Ed.), Schriftenreihe Reaktorsicherheit und<br />

Strahlenschutz, BMU-2003-623, 2003.<br />

/BER 04/<br />

Berner, U.; Streif, H.J. (Eds.): Klimafakten, Der Rückblick – Ein Schlüssel<br />

für die Zukunft. BGR, GGA, NLfB, 4. Auflage,. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung,<br />

Stuttgart 2004.<br />

/BIO 01a/ BIOCLIM: Modelling sequential biosphere systems under climate change<br />

for radioactive waste disposal. Environmental change analysis. Deliverable<br />

D1, 2001.<br />

/BIO 01b/ BIOCLIM: Global climatic features over the next million years and recommendation<br />

for specific situations to be considered. Deliverable D3, 2001.<br />

/BIO 04/<br />

BIOCLIM: Development and Application of a Methodology for Taking<br />

Climate-Driven Environmental Change into Account in Performance<br />

Assessments. Deliverable D10-12. 2004.<br />

94


BIO 91/<br />

BIOMOVS - Biospheric Model Validation Study (1991): Multiple Model<br />

Testing using Chernobyl Fallout Data of I-131 in Forage and Milk and Cs-<br />

137 in Forage, Milk, Beef and Grain. (H. Köhler, S.-R. Peterson, and F.O.<br />

Hoffman, eds.). Swedish Radiation Protection Institute, Stockholm,<br />

BIOMOVS Technical Report 13, Vol. I-II.<br />

/BMU 10/ Bundesministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit: <strong>Sicherheit</strong>sanforderungen<br />

an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver<br />

Abfälle. Stand 30. September 2010.<br />

/BOD 05/<br />

Bodenkundliche Kartieranleitung KA5, BGR, S. 324, Schweizerbart’sche<br />

Verlagsbuchhandlung, 2005.<br />

/BRE 08/ Brennwald, M.S.; van Dorp, F.: Biosphärenmodellierung in den<br />

sicherheitstechnischen Betrachtungen für die Vororientierung zum<br />

Sachplan geologische Tiefenlager. NAGRA Arbeitsbericht NAB 08-01,<br />

Wettingen, Mai 2008.<br />

/BUH 08/<br />

Buhmann, Keller, S.; Krone, J.; Lommerzheim, A.; D.; Mönig, J.; Mrugalla,<br />

S.; Weber, J.; Wolf, J.: FEP catalogue for a repository site for HLW in the<br />

host rock salt. Version 01. Joint report by DBE TECHNOLOGY GmbH,<br />

BGR, and GRS. Peine, Hannover, Braunschweig, April 2008.<br />

/CED 04/<br />

Cedecreutz, J.: Future climate scenarios for Olkiluoto with emphasis on<br />

permafrost. Posiva 2004-06, December 2004.<br />

/DEL 98/<br />

Delisle, G.: Numerical simulation of permafrost growth and decay. Journal<br />

of Quarternary Science 13 (4), 325-333, 1998.<br />

/DUP 83/<br />

Duphorn, K.; Schneider, U.: Zur Geologie und Geomorphologie des<br />

Naturparks Elbufer-Drawehn. erschienen in Abh. Naturwiss. Ver. (NF) 25:<br />

Mittelelbe und Drawehn-Lebensräume, Flora und Fauna im Hannoverschen<br />

Wendland (Kreis Lüchow-Dannenberg). S. 9-40, Verlag Paul Parey,<br />

Hamburg 1983.<br />

/EHL 11/<br />

Ehlers, J.: Das Eiszeitalter, ISBN 978-3-8274-2326-9, S. 195, Spektrum-<br />

Verlag, 2011.<br />

95


FAH 10/<br />

Fahrenholz, Ch.; Förster B.; Noseck, U. Müller-Lyda, I.; van Dorp, F.:<br />

Fachliche Unterstützung des BfS bei der Erstellung von Referenzbiosphärenmodellen<br />

für den radiologischen Langzeitsicherheitsnachweis<br />

von Endlagern – Biosphären-Szenarioanalyse für potentielle Endlagerstandorte.<br />

AP 1: Analyse der physikalischen Biosphäre in den Referenzregionen<br />

in Nord- und Süddeutschland. Gesellschaft für Anlagen und<br />

Reaktorsicherheit (GRS) mbH, GRS - A – 3538, Braunschweig, 2010.<br />

/FOE 09/<br />

Förster, B.; Noseck, U.; Mönig J.: Fachliche Unterstützung des Bundesamtes<br />

für Strahlenschutz bei der Erstellung von Referenzbiosphärenmodellen<br />

für den radiologischen Langzeitsicherheitsnachweis von Endlagern<br />

– Biosphären-Szenarioanalyse für potentielle Endlagerstandorte: AP<br />

1: Auswahl geeigneter Referenzregionen. Gesellschaft für Anlagen- und<br />

Reaktorsicherheit (GRS) mbH. GRS-A-3504: Braunschweig 2009.<br />

/GÜN 95/ Gündra, H., Jäger, S., Schroeder, M., Dikau, R.: Bodenerosionsatlas<br />

Baden-Württemberg, Agrarfroschung in Baden-Württemberg, Band 24,<br />

Verlag Eugen Ulmer Stuttgard, 1995, ISBN 3-8001-8684-5.<br />

/HAA 04/<br />

Haakh, F.; Lang, U.; Keim, B.; Eisele, W.; Schneck, A.; Emment, M.; Kopp,<br />

A.; Sanzenbacher, J.; Maier, A.: Optimierung des Gebietswasserhaushalts<br />

in Wassergewinnungsgebieten. Zweckverband Landesversorgung;<br />

Ingenieurgesellschaft Kobus und Partner, Stuttgart 2004.<br />

/HEN 98/ Hennigsen, D.; Katzung, G.: Einführung in die Geologie Deutschlands. 3.<br />

neu bearbeitete Auflage. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1998.<br />

/KAP 07/<br />

Kappenberg, I., Fanger, H.-U.: Sedimenttransportgeschehen in der<br />

tidebeeinflussten Elbe, der Deutschen Bucht und in der Nordsee. Helmholtz<br />

Gemeinschaft, GKSS_Forschungszentrum Geesthacht GmbH, Geesthacht,<br />

GKSS 2007/20 , ISSN 0344-9629, 2007.<br />

/KEL 04/<br />

Keller, S.: F+E Endlagerung, Ermittlung und Analyse von Szenarien für<br />

Endlagerstandorte mit unterschiedlichen Wirtsgesteinen (Deutschland)-<br />

Zeitliche Aspekte bei der Analyse von Szenarien (Beispiel Morphologie), 4.<br />

Zwischenbericht, Hannover 2004.<br />

96


KEL 02/<br />

Keller, S.: Ermittlung und Analyse von Szenarien für Endlagerstandorte mit<br />

unterschiedlichen Wirtsgesteinen (Deutschland) – Zusammenstellung von<br />

geologischen, klimatischen und hydrogeologischen ZEP. 1.<br />

Zwischenbericht, BGR, Hannover 2002.<br />

/KLI 07/<br />

Klinge, H., Boehme, J., Grissemann, C., Houben, G., Ludwig, R.-R., Rübel,<br />

A., Schelkes, K., Schildknecht, F. / Suckow, A.: Standortbeschreibung<br />

Gorleben, Teil 1: Die Hydrogeologie des Deckgebirges des Salzstocks<br />

Gorleben. Geologisches Jahrbuch: Reihe C, Hydrogeologie,<br />

Ingenieurgeologie, 71, 147 p., 2007.<br />

/KIR 09/<br />

Kirchner, G.: Use of reference biospheres for proving the long-term safety<br />

of radioactive waste repositories, Journal of Environmental Radioactivity,<br />

100, S. 435-437, 2009.<br />

/LAN 06/<br />

Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein. Die<br />

Böden Schleswig Holsteins – Entstehung, Verbreitung, Nutzung,<br />

Eigenschaften und Gefährdung. Pirwitz Druck & Design, Kiel, April 2006,<br />

ISBN: 3-937937-03-X.<br />

/LIE 02/ Liedtke, H.; Marcinek, J. (Eds.): Physische Geographie Deutschlands. 3.<br />

Überarbeitete Auflage, Klett Perthes Gotha Stuttgart, 2002.<br />

/NAG 02/ Project Opalinus Clay: The long-term safety of a repository for spent fuel,<br />

vitrified high-level waste and long-lived intermediate-level waste sited in the<br />

Opalinus Clay of the Züricher Weinland. Nagra, NTB 02-05, Wettingen,<br />

2002.<br />

/NOS 08/ Noseck, U.; Fahrenholz, Ch.; Flügge, J.; Pröhl, G.; Fein, E.: Impact of<br />

climate change on far-field and biosphere processes for HLW repositories<br />

in rock salt. GRS-241, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />

(GRS) mbH, Braunschweig, August 2008.<br />

97


PRO 05/ Pröhl, G.; Olyslaegers, G.; Kanyar, B.; Pinedo, P.; Bergström, U.; Mobbs,<br />

S.; Eged, K.; Katona, T.; Simon, I.; Hallberg, U.B.; Chen, Q.; Kowe, R. and<br />

Zeevaert T.: Development and comparison of five site-specific biosphere<br />

models for safety assessment of radioactive waste disposal. J. Radiol. Prot.<br />

25, 343-373, 2005.<br />

/SCH 04/ Schwartz, R., Krüger, F., Kozerski, H.-P.:Bilanzierung des<br />

Schwebstoffrückhalts der unteren Mittelelbe in Fluss und Aue. Deuitsche<br />

Gesellschaft für Limnologie (DGL) _ Tagungsbericht (Köln), Berlin, 2004,<br />

239-244.<br />

/SCH 03/<br />

Schwartz, R., Krüger, F., Kozerski, H.P., Gröngröft, A.,Miehlich,G.:<br />

Schwebstoffrückhalt der unteren Mittelelbe in Fluss und Aue. Mitteilungen<br />

der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, 2003, Oldenburg, 101-1, 25-<br />

26.<br />

/SMI 09/<br />

Smith, K.; Sheppard, S.; Albrecht, A.; Coppin, F. Fevrier, L.; Lahdenpera,<br />

A.M.; Keskinen, R.; Marang, L.; Perez, D.; Smith, G.; Thiry, Y.; Thorne M.;<br />

Jackson, D.: Modelling the Abundance of Se-79 in Soils and Plantsfor<br />

Safety Assessments of theUnderground Disposal of Radioactive Waste.<br />

BIOPROTA Report. Version 2.0, 30. November 2009.<br />

/STU 06/<br />

Stumpf, F., Auerswald, K.; Hochaufgelöste Erosionsprognosekarten von<br />

Bayern. WasserWirtschaft 7-8, 2006, 70-74.<br />

/VAN 94/ Van Husen, D.: Die Ostalpen in den Eiszeiten, 24 S, 1994. ISBN 3-900312-<br />

58-3.<br />

/VOS 11/<br />

Vos, P.C., Bazelmans, J., Weerts, H.J.T. & van der Meulen, M.J. (Eds.): Atlas<br />

van Nederland in het Holoceen. Prometheus/ Beret Bakker NL (Niederländisch),<br />

2011.<br />

ZEP 08 Zepp, H.: Geomorphologie, 3. Auflage, UTB Schöningh-Verlag, 2008.<br />

98


Anhang A<br />

Bodenprofile und Beschreibungen für relevante häufig vorkommende<br />

Böden aus /LAN 06/ und /BAY 12//<br />

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Vega (Brauner Auenboden)<br />

Pleinfeld, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen<br />

Bodenschätzung: lS II a 2 53/50<br />

Ah (0-20 cm):<br />

dunkelgraubrauner, humoser,<br />

stark lehmiger Sand;<br />

Krümelgefüge, porös; sehr gute<br />

Durchwurzelung<br />

3.11 Vega (Brauner Auenboden)<br />

Entstehung<br />

Typisches Ausgangsmaterial<br />

und Verbreitung<br />

Das Ausgangsmaterial bilden Flusssedimente in<br />

der regelmäßig überschwemmten Aue. Dabei<br />

handelt es sich überwiegend um andernorts abgetragenes<br />

Braunerdematerial, daher die tiefreichende<br />

braune Farbe und der für einen<br />

Sandboden relativ hohe Humusgehalt im Unterboden.<br />

In den Flusstälern mit sandigen bis lehmigen<br />

Sedimenten, vorherrschend im ufernahen Bereich<br />

aM (20-80 cm):<br />

brauner, graugelb gefleckter,<br />

schwach toniger Sand;<br />

Einzelkorngefüge, schwach kohärent,<br />

stark porös;<br />

im oberen Teil noch gut durchwurzelt<br />

Nutzung, Standorteigenschaften<br />

Gefährdung<br />

Standorteigenschaften des abgebildeten Bodenprofils<br />

LK<br />

[%]<br />

nFK<br />

[%]<br />

nFK<br />

[mm]<br />

Im Überflutungsbereich natürlicher Grünlandstandort,<br />

außerhalb des Überflutungsbereichs<br />

guter Ackerstandort<br />

Gefahr der Verdichtung , Auswaschung<br />

TRG<br />

[g/cm 3 ]<br />

Ton<br />

[%]<br />

Schluff<br />

[%]<br />

Sand<br />

[%]<br />

Ah 16 24 48 1,33 16 18 66<br />

aM 28 14 70 1,37 10 10 80<br />

aM-Go (80-100 cm+):<br />

braungelb gefleckter Sand; Einzelkorngefüge;<br />

stark luft- und wasserdurchlässig;<br />

vereinzelt Konkretionen<br />

aM-Go 39 7 - 1,40 5 3 92<br />

LK Luftkapazität: kennzeichnend für die Durchlüftung des Bodens;<br />

Werte < 5 % im A-Horizont und < 8 % im Unterboden behindern das Wurzelwachstum.<br />

nFK Nutzbare Feldkapazität: kennzeichnend für das pflanzenverfügbar gebundene Bodenwasser;<br />

1 % nFK entspricht 1 mm nFK je 10 cm Bodentiefe im Hauptwurzelraum.<br />

TRG Trockenraumgewicht: Trockengewicht des Bodens in seiner natürlichen Lagerung.<br />

Gebräuchliche Synomyme sind: Trockenraumdichte, Lagerungsdichte, Rohdichte trocken.<br />

TW Totwasser: kennzeichnend für das nicht mehr pflanzenverfügbare Bodenwasser<br />

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118


Verantwortung für Mensch und Umwelt<br />

Kontakt:<br />

Bundesamt für Strahlenschutz<br />

Postfach 10 01 49<br />

38201 Salzgitter<br />

Telefon: + 49 30 18333 - 0<br />

Telefax: + 49 30 18333 - 1885<br />

Internet: www.bfs.de<br />

E-Mail: ePost@bfs.de<br />

Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier.

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