Ressortforschungsberichte zur kerntechnischen Sicherheit ... - DORIS
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<strong>Ressortforschungsberichte</strong> <strong>zur</strong><br />
<strong>kerntechnischen</strong> <strong>Sicherheit</strong> und<br />
zum Strahlenschutz<br />
Fachliche Unterstützung des BfS bei der Erstellung von<br />
Referenzbiosphärenmodellen für den radiologischen<br />
Langzeitsicherheitsnachweis von Endlagern - Biosphären-<br />
Szenarioanalyse für potentielle Endlagerstandorte<br />
- Vorhaben 3609S50004<br />
Bd. 3 Konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre in<br />
den Referenzregionen in Nord- und Süddeutschland für<br />
mögliche zukünftige Klimazustände<br />
Auftragnehmer:<br />
Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit (GRS) mbH, Köln<br />
F. Van Dorp<br />
C. Fahrenholz<br />
U. Noseck<br />
Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />
(BMU) und im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) durchgeführt.
Dieser Band enthält einen Ergebnisbericht eines vom Bundesamt für Strahlenschutz im<br />
Rahmen der Ressortforschung des BMU (UFOPLAN) in Auftrag gegebenen<br />
Untersuchungsvorhabens. Verantwortlich für den Inhalt sind allein die Autoren. Das BfS<br />
übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben<br />
sowie die Beachtung privater Rechte Dritter. Der Auftraggeber behält sich alle Rechte vor.<br />
Insbesondere darf dieser Bericht nur mit seiner Zustimmung ganz oder teilweise vervielfältigt<br />
werden.<br />
Der Bericht gibt die Auffassung und Meinung des Auftragnehmers wieder und muss nicht mit<br />
der des BfS übereinstimmen.<br />
BfS-RESFOR-77/13-Bd.3<br />
Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende URN:<br />
urn:nbn:de: 0221-2013041110504<br />
Salzgitter, April 2013
Gesellschaft für Anlagen<br />
und Reaktorsicherheit<br />
(GRS) mbH<br />
Fachliche Unterstützung<br />
des BfS bei der Erstellung<br />
von Referenzbiosphärenmodellen<br />
für den radiologischen<br />
Langzeitsicherheitsnachweis<br />
von Endlagern<br />
– Biosphären-<br />
Szenarioanalyse für potentielle<br />
Endlagerstandorte<br />
AP 4, 5 und 6: Konzeptuelle<br />
Modelle für die physikalische<br />
Biosphäre in den Referenzregionen<br />
in Nord- und<br />
Süddeutschland für mögliche<br />
zukünftige Klimazustände<br />
GRS – A – 3645
Gesellschaft für Anlagen<br />
und Reaktorsicherheit<br />
(GRS) mbH<br />
Fachliche Unterstützung des<br />
BfS bei der Erstellung von<br />
Referenzbiosphärenmodellen<br />
für den radiologischen Langzeitsicherheitsnachweis<br />
von<br />
Endlagern – Biosphären-<br />
Szenarioanalyse für potentielle<br />
Endlagerstandorte<br />
AP 4, 5 und 6: Konzeptuelle<br />
Modelle für die physikalische<br />
Biosphäre in den Referenzregionen<br />
in Nord- und Süddeutschland<br />
für mögliche zukünftige<br />
Klimazustände<br />
F. Van Dorp<br />
C. Fahrenholz<br />
U. Noseck<br />
Auftrags-Nr. 3609S50004<br />
Braunschweig, den 15. Februar 2012<br />
Anmerkung:<br />
…………………<br />
…………………<br />
Dieser Bericht ist von der GRS<br />
im Auftrag des Bundesamtes für<br />
Strahlenschutz (BfS) im Rahmen<br />
des Vorhabens 3609S50004 erstellt<br />
worden. Der Auftraggeber<br />
behält sich alle Rechte vor. Insbesondere<br />
darf dieser Bericht<br />
nur mit seiner Zustimmung zitiert,<br />
ganz oder teilweise vervielfältigt<br />
bzw. Dritten zugänglich<br />
gemacht werden.<br />
Der Bericht gibt die Auffassung<br />
und Meinung des Auftragnehmers<br />
wieder und muss nicht mit<br />
der Meinung des Auftraggebers<br />
übereinstimmen.<br />
GRS - A - 3645
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung und Aufgabenstellung ................................................................................................... 1<br />
2 Heutige Situation ........................................................................................................................... 5<br />
2.1 Vorhandene Naturräume ............................................................................................................ 5<br />
2.2 Warmgemäßigtes Klima (Cfb)..................................................................................................... 8<br />
2.2.1 Geomorphologie ................................................................................................................... 11<br />
2.2.2 Hydrologie/Hydrogeologie ................................................................................................... 11<br />
2.2.3 Böden .................................................................................................................................... 12<br />
2.2.4 Vegetation ............................................................................................................................ 14<br />
2.2.5 Wasser- und Sedimenttransport .......................................................................................... 14<br />
2.2.6 Bewirtschaftung .................................................................................................................... 15<br />
2.2.7 Eintrag von Kontamination ................................................................................................... 15<br />
3 Zu erwartende Klimaentwicklung und mögliche Folgen .............................................................. 15<br />
3.1 Abzuleitende Klimazustände und Klimaübergänge ................................................................... 15<br />
3.2 Mögliche Einflüsse der Klimaentwicklung auf die Naturräume ................................................ 27<br />
3.3 Möglicher Einfluss der diskreten Klimazustände ....................................................................... 27<br />
3.3.1 Sommertrockenen Mittelbreiten (CS) .................................................................................. 27<br />
3.3.1.1 Klima ............................................................................................................................ 27<br />
3.3.1.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 28<br />
3.3.1.3 Hydrogeologie .............................................................................................................. 28<br />
3.3.1.4 Hydrologie .................................................................................................................... 28<br />
3.3.1.5 Böden ........................................................................................................................... 29<br />
3.3.1.6 Vegetation ................................................................................................................... 29<br />
3.3.1.7 Wasser- und Sedimenttransport.................................................................................. 29<br />
3.3.1.8 Bewirtschaftung ........................................................................................................... 30<br />
3.3.1.9 Eintrag von Kontamination .......................................................................................... 30<br />
3.3.2 Kaltgemäßigtes Klima Dfc ..................................................................................................... 30<br />
3.3.2.1 Klima ............................................................................................................................ 30<br />
3.3.2.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 30<br />
3.3.2.3 Hydrologie .................................................................................................................... 31<br />
3.3.2.4 Hydrogeologie .............................................................................................................. 32<br />
3.3.2.5 Böden ........................................................................................................................... 32<br />
3.3.2.6 Vegetation ................................................................................................................... 33<br />
I
3.3.2.7 Wasser- und Sedimenttransport.................................................................................. 33<br />
3.3.2.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung ...................................................................... 34<br />
3.3.2.9 Eintrag von Kontamination .......................................................................................... 34<br />
3.3.3 Subpolares Klima ET ............................................................................................................. 35<br />
3.3.3.1 Klima ............................................................................................................................ 35<br />
3.3.3.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 35<br />
3.3.3.3 Hydrologie .................................................................................................................... 36<br />
3.3.3.4 Hydrogeologie .............................................................................................................. 38<br />
3.3.3.5 Böden ........................................................................................................................... 38<br />
3.3.3.6 Vegetation ................................................................................................................... 39<br />
3.3.3.7 Wasser- und Sedimenttransport.................................................................................. 39<br />
3.3.3.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung ...................................................................... 40<br />
3.3.3.9 Eintrag von Kontamination .......................................................................................... 40<br />
3.3.4 Polares Klima (EF) ................................................................................................................. 40<br />
3.3.4.1 Klima ............................................................................................................................ 40<br />
3.3.4.2 Geomorphologie/Naturräume ..................................................................................... 40<br />
3.3.4.3 Hydrogeologie .............................................................................................................. 41<br />
3.3.4.4 Hydrologie .................................................................................................................... 41<br />
3.3.4.5 Böden ........................................................................................................................... 41<br />
3.3.4.6 Vegetation ................................................................................................................... 41<br />
3.3.4.7 Wasser- /Sedimenttransport ....................................................................................... 41<br />
3.3.4.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung ...................................................................... 41<br />
3.3.4.9 Eintrag Kontamination ................................................................................................. 42<br />
3.3.5 Wintertrockene Mittelbreiten (CW) ..................................................................................... 42<br />
3.3.6 Fazit zu diskreten Klimazuständen ....................................................................................... 42<br />
3.4 Klima-Übergänge ...................................................................................................................... 43<br />
3.4.1 Erwärmung vom Cfb- zum CS-Klima mit Anhebung des Meeresspiegels ............................. 43<br />
3.4.1.1 Nehrung und Delta....................................................................................................... 44<br />
3.4.1.2 Moor ............................................................................................................................ 46<br />
3.4.1.3 Marsch ......................................................................................................................... 48<br />
3.4.2 Abkühlung vom CS-, CW-Klima zum Cfb-Klima ..................................................................... 50<br />
3.4.3 Abkühlung vom Cfb- über das Dfc-/ET- bis zum EF-Klima .................................................... 51<br />
3.4.4 Erwärmung vom EF- über das ET-, Dfc- bis zum Cfb-Klima ................................................... 52<br />
3.4.4.1 Löss .............................................................................................................................. 53<br />
3.4.5 Fazit zu Klimaübergängen ..................................................................................................... 53<br />
II
4 Konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre ................................................................ 54<br />
4.1 Kompartimentmodell für die physikalische Biosphäre .............................................................. 54<br />
4.1.1 Wasser- und Stoffflüsse in den einzelnen Kompartimenten ................................................ 56<br />
4.1.2 Kontamination der Nahrungsmittel ...................................................................................... 58<br />
4.1.3 Kontamination des Menschen .............................................................................................. 58<br />
4.1.4 Die Radionuklidkonzentration beeinflussende Prozesse ...................................................... 59<br />
4.2 Konzeptuelle Biosphärenmodelle .............................................................................................. 62<br />
4.2.1 Diskrete Klimazustände ........................................................................................................ 62<br />
4.2.1.1 Warmgemäßigtes Klima (Cfb, heute) ........................................................................... 62<br />
4.2.1.2 Winter- und Sommertrockenen Mittelbreiten (CW / CS) ............................................ 69<br />
4.2.1.3 Kaltgemäßigtes und Subpolares Klima (Dfc / ET) ......................................................... 73<br />
4.2.2 Klima-Übergänge .................................................................................................................. 79<br />
4.2.2.1 Marsch ......................................................................................................................... 80<br />
4.2.2.2 Löss .............................................................................................................................. 81<br />
4.2.2.3 Moor ............................................................................................................................ 82<br />
4.2.3 Gesondert betrachtete Biosphäre-Szenarien ....................................................................... 83<br />
4.2.3.1 Viehwirtschaft .............................................................................................................. 83<br />
4.2.3.2 Rentierwirtschaft ......................................................................................................... 84<br />
4.2.3.3 Quelle ........................................................................................................................... 85<br />
5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ................................................................................ 86<br />
5.1 Zusammenfassung der Vorschläge für die Modellierung .......................................................... 86<br />
5.2 Ungewissheiten ......................................................................................................................... 89<br />
5.2.1 Zukünftige Entwicklung des Klimas und Auswirkung auf die Referenzregionen .................. 90<br />
5.2.2 Klimagesteuerte Prozesse in der physikalischen Biosphäre ................................................. 91<br />
5.2.3 Zukünftige Entwicklung der menschlichen Gewohnheiten .................................................. 92<br />
6 Literatur ...................................................................................................................................... 94<br />
III
1 Einleitung und Aufgabenstellung<br />
Bei der Endlagerung wärmeentwickelnder Abfälle in geologischen Formationen ist ein<br />
Langzeitsicherheitsnachweis für den Endlagerstandort zu führen. In diesem Nachweis<br />
ist darzulegen, welche radiologischen Belastungen für Mensch und Umwelt bei einer<br />
Freisetzung von Radionukliden in die Biosphäre auftreten können. Die <strong>Sicherheit</strong>sanforderungen<br />
für die Endlagerung wärmeentwickelnder Abfälle /BMU 10/ empfehlen,<br />
dass für die in einem Nachweiszeitraum von 1 Million Jahre nicht auszuschließenden,<br />
natürlichen Entwicklungen an einem Endlagerstandort realitätsnahe Berechnungen der<br />
potentiellen Strahlenbelastungen durchzuführen sind, um den Schutz von Menschen<br />
und Umwelt beurteilen zu können. In einem solch langen Zeitraum können sich sowohl<br />
die natürlichen Bedingungen, insbesondere die Geologie, die Hydrologie und das Klima,<br />
als auch die Lebensbedingungen der Menschen an einem Endlagerstandort ändern.<br />
Infolge dessen verändern sich auch die Eigenschaften und Prozesse in der Biosphäre,<br />
die die Migration und Exposition von Radionukliden beeinflussen.<br />
Potentielle Strahlenbelastungen für Menschen und Umwelt können daher nicht allein<br />
auf Grundlage der gegenwärtigen Bedingungen ermittelt werden, es bedarf Analysen<br />
der geologischen und klimatischen Veränderungen sowie der daraus resultierenden<br />
Auswirkungen auf die Ökosysteme (Biosphäre) und auf die Migration und Exposition<br />
von Radionukliden. Aufgrund dessen sollen einfache stilisierte Ökosysteme – so genannte<br />
Referenzbiosphären, siehe /BIO 03/ und /KIR 09/ – für die zukünftigen Klimate<br />
entwickelt werden, die die relevante Eigenschaften und Prozesse der Ökosysteme an<br />
einem Endlagerstandort einfach und modellhaft abbilden und eine Berechnung der<br />
Migration und Exposition von Radionukliden ermöglichen.<br />
Im Rahmen des Vorhabens 3609S50004 sollen Referenzbiosphären für den radiologischen<br />
Langzeitsicherheitsnachweis von Endlagern in Deutschland erstellt werden. Ein<br />
Teilprojekt des Vorhabens – die Szenarienanalyse der physikalischen Biosphäre für<br />
potenzielle Endlagerstandorte in Deutschland – wird von der GRS Braunschweig und<br />
ihren Projektpartnern durchgeführt. In Bezug auf die Struktur eines in der Langzeitsicherheitsanalyse<br />
betrachteten Endlagersystems schließen die hier durchgeführten Arbeiten<br />
einerseits direkt an den Radionuklidtransport in der Geosphäre an. Andererseits<br />
sind der Endpunkt dieser Arbeiten konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre,<br />
die die Grundlager <strong>zur</strong> Berechnung von Radionuklid-Konzentrationen in Böden und<br />
Bodenwässern bilden. Eine Dosisberechnung ist nicht Inhalt der hier beschriebenen<br />
1
Arbeiten sondern wird im Rahmen des Teilprojekts „Modellierung des Radionuklidtransports<br />
in Biosphärenobjekten“ behandelt.<br />
Das hier beschriebene Teilprojekt ist wie folgt strukturiert:<br />
AP1: Auswahl geeigneter Referenzregionen,<br />
AP2: Standortspezifische Analysen der physikalische Biosphäre im Quartär,<br />
AP3: Standortspezifische Analysen der Expositionspfade im Quartär,<br />
AP4: Prognose der zukünftigen Entwicklung in der physikalischen Biosphäre,<br />
AP5: Prognose der zukünftigen Entwicklung von expositionsrelevanten Prozessen und<br />
Szenarien,<br />
AP6: Entwicklung standortspezifischer Biosphärenmodelle,<br />
Erstellen des Abschlussberichts<br />
Die Arbeiten zu AP1 bis AP3 sind bereits abgeschlossen und die Ergebnisse in Zwischenberichten<br />
dokumentiert, siehe /FOE 09/ und /FAH 10/.<br />
In AP1 wurde die aktuelle Situation bezüglich der Standortauswahl in Deutschland analysiert.<br />
Im Ergebnis wurden geeignete Regionen in Nord- und in Süddeutschland als<br />
Referenzregionen für die Biosphären-Szenarienanalyse vorgeschlagen /FOE 09/. In<br />
Abstimmung mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wurde daraufhin festgelegt,<br />
dass für Norddeutschland die beiden vorgeschlagenen Referenzregionen „Weser“ und<br />
„Elbe“ in die nachfolgenden Arbeiten einbezogen werden und daraus – wenn möglich –<br />
eine generische Referenzregion für Norddeutschland entwickelt wird. Für Süddeutschland<br />
soll die vorgeschlagene Referenzregion „Ulm“ weiter untersucht werden.<br />
Im AP2 wurde für die drei Referenzregionen eine Naturraumanalyse durchgeführt<br />
/FAH 10/. Es wurden die geowissenschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten in<br />
der Gegenwart und in der Vergangenheit (Quartär) analysiert. Im Ergebnis wurden die<br />
für die physikalische Biosphäre charakteristischen Merkmale, Ereignisse und Prozesse<br />
(FEP 1 ) beschrieben, FEP-Listen erstellt und repräsentative Naturräume (Ökosysteme)<br />
identifiziert. Für die modellhafte Abbildung der Biosphäre(n) und des Stoffaustausches<br />
in der Biosphäre und mit der Umgebung wurden einfache (stilisierte) Modelle entwickelt.<br />
1 FEP: engl. features, events and processes<br />
2
Im AP3 wurden auf der Basis der gegenwärtigen Naturraumanalysen die potentiellen<br />
Expositionspfade für die Referenzregionen ermittelt und beschrieben /FAH 10/. Dazu<br />
wurden auch die gegenwärtigen Lebensgewohnheiten und die Besiedlungsstrukturen<br />
betrachtet und der potentielle Radionuklidtransfer in der Nahrungskette analysiert.<br />
In dem hier vorliegenden Bericht werden die Untersuchungen von AP4, AP5 und AP6<br />
dokumentiert. Gegenstand der Untersuchung ist zunächst die Beschreibung von Klimaszenarien,<br />
die innerhalb der nächsten eine Million Jahre für Deutschland vorstellbar<br />
sind. Dabei werden sowohl die durchlaufenen diskreten Klimazustände als auch die<br />
Klimaübergänge betrachtet. Die Entwicklung im Quartär wird dabei als Referenzentwicklung<br />
zugrunde gelegt. Zusätzlich werden die Ergebnisse von Modellrechnungen internationaler<br />
Projekte, wie z. B. BIOCLIM (/BIO 01a/, /BIO 01b/), und nationaler Studien,<br />
wie z. B. /CED 04/, /AVI 06/, /BRE 08/ in die Überlegungen einbezogen. Dabei<br />
wird insbesondere auf Ergebnisse der Zusammenstellung in /NOS 08/ <strong>zur</strong>ückgegriffen.<br />
Aufbauend auf den Klimaszenarien werden für die Referenzregionen und die verschiedenen<br />
Klimazustände konzeptuelle Modelle für physikalische Biosphären entwickelt<br />
und die in ihnen stattfindenden Sediment- und Wasserbewegungen untersucht. Dabei<br />
werden expositionsrelevante Prozesse und Effekte (Verdünnung, Akkumulation), sowie<br />
ihre Veränderung in Abhängigkeit des Klimas betrachtet. Der Schwerpunkt liegt hier<br />
auf den spezifischen Bedingungen in den Referenzregionen, insofern sind Erfahrungen<br />
von anderen Standorten, an denen heute entsprechende Klimate herrschen (vgl. beispielsweise<br />
/PRO 05/), für die Entwicklung von konzeptuellen Modellen für die physikalische<br />
Biosphäre in den Referenzregionen von untergeordneter Bedeutung. Zum Beispiel<br />
werden die Klimadaten für kältere oder wärmere Klimate an Standorten, wo diese<br />
Klimate heute vorherrschen, nur unter Anpassung an die Randbedingungen der Referenzregionen<br />
übernommen.<br />
Die Nahrungsbeschaffung bzw. landwirtschaftliche Praxis ist an das Klima und die Bodenverhältnisse,<br />
aber auch an die gesellschaftliche Entwicklung und wirtschaftliche<br />
Überlegungen gekoppelt. Die nachfolgenden Arbeiten gehen von der heutigen Entwicklungsstufe<br />
und einer vergleichbaren landwirtschaftlichen Praxis aus. Jedoch wird der<br />
Betrieb von Treibhäusern bisher aus den Überlegungen ausgeschlossen, obwohl diese<br />
heutzutage im Mittelmeerraum häufig <strong>zur</strong> Aufzucht von Tomaten und Gurken genutzt<br />
werden. Für die physikalische Biosphäre, die hier im Vordergrund steht, ist dieses<br />
Thema allerdings von untergeordneter Bedeutung. Es spielt eine wichtigere Rolle für<br />
die Dosisberechnungen. Grundsätzlich könnten Treibhäuser in allen Klimaten einge-<br />
3
setzt werden, um die Produktion durch optimale Wachstumsbedingungen in einer verlängerten<br />
Vegetationszeit zu erhöhen. Eine Kosten-/Nutzen-Analyse könnte Aufschluss<br />
darüber geben, wann und inwieweit ein Betrieb sinnvoll und wirtschaftlich wäre.<br />
Wie oben beschrieben bilden die konzeptuellen Modelle die Basis für die Berechnung<br />
der Radionuklidkonzentrationen in Böden und Bodenwässern. Das Verhältnis der Konzentration<br />
im Boden <strong>zur</strong> Konzentration im Bodenwasser wird durch die Sorption bestimmt.<br />
Für stark sorbierende Radionuklide kann der Anteil im Boden sehr hoch sein.<br />
Für ein Bodensediment mit einer Dichte von 2500 kg/m 3 und einer Porosität von 0.2<br />
beträgt dieser Anteil für einen K d -Wert von 1 m 3 /kg beispielsweise 10 000. Allerdings<br />
werden relativ lange Zeiträume benötigt bis eine solche Akkumulation stattgefunden<br />
hat. Das ist auch ein Grund dafür, dass eine Referenzbiosphäre nicht allein auf dem<br />
Trinkwasserpfad basieren sollte, vgl. auch /BEC 03/.<br />
In Kapitel 2 werden die heutigen, für die physikalische Biosphäre relevanten Eigenschaften<br />
der Referenzregionen beschrieben. Dies betrifft, Klima, Geomorphologie,<br />
Hydrologie, Hydrogeologie, Böden, Vegetation sowie Wasser und Sedimenttransport.<br />
Kapitel 3 beschreibt die möglichen klimatischen Entwicklungen an beiden Standorten<br />
über den Betrachtungszeitraum von 1 Million Jahren. Aus der möglichen zukünftigen<br />
klimatischen Entwicklung werden in einem ersten Schritt diejenigen diskreten Klimazustände<br />
ausgewählt, für die signifikante Änderungen hinsichtlich der physikalischen Biosphäre<br />
erwartet werden. Für diese Klimazustände werden die zu erwartenden, oben<br />
genannten für die physikalische Biosphäre wichtigen Eigenschaften beschrieben. Außerdem<br />
werden relevante Vorgänge, die sich bei Übergängen zwischen diskreten Klimazuständen<br />
ergeben können, diskutiert. In Kapitel 4 werden dann auf Basis der Diskussion<br />
in Kapitel 3 für ausgewählte Szenarien konzeptuelle Modelle für die physikalische<br />
Biosphäre und zugehörige Parametersätze vorgeschlagen. Schließlich erfolgt in<br />
Kapitel 5 eine Zusammenfassung der Ergebnisse und die Diskussion wesentlicher offener<br />
Punkte.<br />
4
2 Heutige Situation<br />
Die in den nord- und süddeutschen Referenzregionen vorkommenden Naturräume und<br />
die in den Biosphärenmodellen berücksichtigten Einträge der Kontamination, die<br />
Transportpfade, Böden und ihre Nutzung sind in Kap. 4.2.1 in Tab. 5 und Tab. 6 aufgelistet.<br />
Sie sind Ausdruck der charakteristischen Merkmale der jeweiligen Referenzregion<br />
und berücksichtigen die gebietsspezifische Geomorphologie, Hydrologie und Hydrogeologie.<br />
Die süddeutsche Referenzregion wird aufgrund ihrer stark unterschiedlichen<br />
Ausprägung in die Schwäbische Alb und das Donautal unterteilt. Kapitel 3.2 enthält<br />
zusätzliche Informationen zu den Sediment- und Wasserflüssen sowie den möglichen<br />
Kontaminationspfaden.<br />
2.1 Vorhandene Naturräume<br />
Eine detaillierte Beschreibung der heutigen Naturräume der Referenzregionen in Nordund<br />
Süddeutschland findet sich in /FAH 10/. Hier werden die relevanten Naturräume<br />
noch einmal zusammengefasst. Durch ihre Entstehungsgeschichte besitzen die Referenzregionen<br />
typische Landschaftsformen. In den norddeutschen Regionen waren vor<br />
allem die quartären Vereisungen prägend, da sie die Landschaft grundlegend umgestaltet<br />
und mächtige Lockersedimente abgelagert haben. Auch der Verlauf des heutigen<br />
Flusssystems entstand im Wesentlichen während dieser Zeit. Der Untergrund der<br />
süddeutschen Region wurde durch das Jura-Meer gestaltet, das z.B. die mächtigen<br />
Kalksteine der Schwäbischen Alb ablagerte. Die Bewegungen der Erdkruste führten zu<br />
einer Schrägstellung der Gesteinsschichten. Abb. 1 zeigt die heutige Naturlandschaft<br />
Deutschlands mit den Referenzregionen.<br />
5
Abb. 1:<br />
Die gegenwärtige deutsche Naturlandschaft /LIE 02/. Die roten Kreise<br />
markieren die Referenzregionen Nord- und Süddeutschlands.<br />
6
Zusammen mit lokalspezifischen Merkmalen wie der Entfernung zum Meer bzw. zum<br />
nächsten Fluss und der Lage im Relief (Höhenlage) bildeten sich in den Referenzregionen<br />
folgende aquatischen und terrestrischen Naturräume aus:<br />
• Alb 1 : Hochebene der Schwäbischen Alb aus jurassischen Kalksteinen<br />
• Moräne: glazigene Ablagerungen unter und vor dem Gletscher<br />
• Schotter/Sande: im Wesentlichen glazigene oder glazifluviatile Ablagerungen<br />
vor dem Gletscher. Nehrungen fallen auch unter diesen<br />
Naturraum.<br />
• Auen/Marschen: insbesondere der großen Flüsse Weser, Elbe und Donau<br />
sowie in der Küstenregion der Nordsee (Fluss-<br />
/Seemarschen). Deltas fallen auch unter<br />
diesen Naturraum.<br />
• Fluss: im Wesentlichen Weser, Elbe, Donau<br />
• See: aus heutiger Sicht kein bestimmter, möglich wäre das Steinhuder Meer<br />
oder der Hämelsee (Tief-/Flachseen)<br />
• Moor: Niedermoor, aus heutiger Sicht kein bestimmtes<br />
• Quelle 1 : Grundwasseraustritt an die Oberfläche aus einer Schichtquelle 2<br />
1<br />
nur Südddeutschland<br />
Die bei der Erwärmung zum CS-Klima angesprochenen sich neu entwickelnden Naturräume<br />
der Nehrung und des Deltas sind hier nicht explizit aufgeführt. Das Delta kann<br />
jedoch mit den Marschen gleich gesetzt werden, da es ähnliche Eigenschaften besitzt.<br />
Die Nehrung fällt unter den Naturraum Schotter/Sande.<br />
2 Bei Schichtquellen befindet sich der Quellaustritt an der oberflächlich ausstreichenden Grenze zwischen<br />
Grundwasserleiter (z. B. Sand) und darunter folgender schlechtdurchlässigen Schichten (z. B. Ton,<br />
Lehm oder Mergel). Die Quellschüttung und deren Variation steht in Abhängigkeit von den lokalen Gegebenheiten<br />
(insb. Einzugsgebiet, Niederschlagsmenge, Möglichkeit der Infiltration) und dem Anteil des<br />
Niederschlags an der Quellschüttung.<br />
7
2.2 Warmgemäßigtes Klima (Cfb)<br />
Die Referenzregionen stehen gegenwärtig unter dem Einfluss eines warmgemäßigten<br />
Klimas. Dieser Klimazustand wird als feuchte Mittelbreiten oder auch kühlgemäßigtes<br />
Klima bezeichnet. Eine ausführlichere Beschreibung des Klimas findet sich in /FAH 10/.<br />
Charakteristisch sind ein deutlicher Jahresgang der Temperatur und eine in der Regel<br />
ganzjährig gleichbleibend hohe Niederschlagverteilung. Unterschiedliche Ausprägungen<br />
sind reliefbedingt oder durch kontinentale bzw. maritime Verhältnisse möglich. So<br />
ist die Referenzregion „Weser“ ein Beispiel für ein maritim geprägtes Klima, während<br />
die Region „Elbe“ deutlich kontinentaler ist, s. auch Abb. 2 und Abb. 3.<br />
Im Folgenden werden die für die physikalische Biosphäre wesentlichen Eigenschaften<br />
der Referenzregionen beschrieben. Die Beschreibungen bilden die Basis für die in Kapitel<br />
4.2 entwickelten konzeptuellen Modelle.<br />
8
Abb. 2: Temperatur- und Niederschlagverteilung im Sommerhalbjahr (Mrz-Sept)<br />
9
Abb. 3: Temperatur- und Niederschlagverteilung im Winterhalbjahr (Dez-Feb) (DWD)<br />
10
2.2.1 Geomorphologie<br />
Die nord- und süddeutschen Referenzregionen weisen in ihren Oberflächenformen<br />
große Unterschiede auf. Diese sind das Resultat völlig unterschiedlicher Entwicklungsmuster.<br />
Die Topographie der norddeutschen Regionen ist vor allem durch die quartären Kaltzeiten<br />
geprägt. Die höchsten Erhebungen stellen Reste von Endmoränen dar und erreichen<br />
etwa 169 m.üNN (Wilseder Berg) bzw. 142 m.üNN (Drawehn). Im übrigen Gelände<br />
haben Urstromtäler und Grundmoränen weiträumige Niederungen mit Höhen<br />
zwischen etwa 10 bis 100 m.ü.NN hinterlassen.<br />
Die Topographie der süddeutschen Referenzregion wurde durch die Hebung der Alpen,<br />
die Nutzung der Donauniederung als Urstromtal sowie das Jura-Meer geprägt.<br />
Auf der Schwäbischen Alb kommt zudem die spezifische Entwicklung einer Karstlandschaft<br />
hinzu. Die Geländehöhen belaufen sich in der Regel auf Werte zwischen etwa<br />
450 und 610 mü.NN.<br />
2.2.2 Hydrologie/Hydrogeologie<br />
Aufgrund der ganzjährig vorhandenen Vegetationsdecke und der hohen Infiltrationskapazität<br />
des Bodens erfolgt der Abfluss des Niederschlags in der Regel als Interflow und<br />
geht dann in die Vorfluter oder das Grundwasser über. Ein flaches Oberflächenrelief<br />
verstärkt diesen Prozess noch. Die Flussdichte ist hoch und alle Flüsse sind perennierend<br />
3 . Die Flüsse Elbe, Weser und Donau liegen noch heute in den ehemaligen Urstromtälern.<br />
Aufgrund der im Laufe der Zeit geringer werdenden Abflussmengen und<br />
Sedimentfrachten haben sich die Flüsse jedoch immer weiter eingetieft. Ihr Abfluss erreicht<br />
durch die Schneeschmelze im Frühjahr sein Maximum. In Norddeutschland entstanden<br />
durch Salzablaugungen im Untergrund (vor allem in der Region „Elbe“) oder<br />
durch periglaziale Strukturen, wie Pingos 4 und Toteissenken 5 (vor allem in der Region<br />
„Weser“) häufig Seen. In Flussnähe, an Austritt von Quellen, in abflusslosen Senken<br />
3 perennierend: Fluss mit kontinuierlichem Abfluss<br />
4 Pingo: aufgrund eines Eiskerns entstandene rundliche Bodenerhebung<br />
5 Toteissenke: entsteht durch das Abschmelzen von Gletschereis, das nicht mehr mit dem aktiven Gletscher<br />
in Verbindung steht (Toteis).<br />
11
und flachen Seen bildeten sich durch den hohen Grundwasserspiegel häufig Niedermoore<br />
(s. Anhang A: 3.21).<br />
In den Referenzregionen Nord- und Süddeutschlands gibt es ergiebige Grundwasservorkommen.<br />
In den mächtigen Lockergesteinskörper der ehemaligen Urstromtäler von<br />
Weser, Elbe und der Donau sowie den norddeutschen Schmelzwasserrinnen sind Porengrundwasserleiter,<br />
in den Kalksteinen der Schwäbischen Alb Karstgrundwasserleiter<br />
ausgebildet.<br />
In der süddeutschen Referenzregion sind außerdem zahlreiche Quellen ausgebildet.<br />
Ihre Schüttmenge insgesamt und deren Verlauf im Jahresgang unterscheiden sich je<br />
nach Topographie (Einzugsgebiet) und Hydrogeologie (Grundwasserleitende, stauende<br />
Schichten, unterirdischen Einzugsgebiet) sowie dem Anteil von Niederschlags- bzw.<br />
Grundwasser an der Speisung.<br />
In der norddeutschen Referenzregion kann das Vorkommen einer Quelle nicht ganz<br />
ausgeschlossen werden. Aufgrund der topographischen und hydrogeologischen Verhältnisse<br />
handelt es sich bei ihrem Auftreten jedoch um einen Einzelfall, so dass dieser<br />
Naturraum nicht als typisch für die Referenzregion angesehen wird. Aus diesem Grund<br />
wird sie in der norddeutschen Referenzregion nicht betrachtet.<br />
2.2.3 Böden<br />
Im Wesentlichen nehmen das Oberflächenrelief, die Ausgangsgesteine sowie das Klima<br />
Einfluss auf die Bodenbildung. In Abhängigkeit ihres Alters durchlaufen die Böden<br />
bestimmte Entwicklungsstadien, s. Tab 2. Bodenausgangsgesteine sind in Norddeutschland<br />
und dem Donautal im Wesentlichen die während der quartären Kaltzeit<br />
glazial und glazifluviatil abgelagerten Sedimente der Sande und Mergel sowie die in<br />
der Folgezeit sedimentierten holozänen Auen- und Marschsedimente, im Wesentlichen<br />
Schluffe, Tone und Feinsande. In geschützten Lagen wurden die Sande und Mergel<br />
durch Löss oder Feinsand (z.B. vor den Mittelgebirgen) im Randbereich der Flüsse<br />
durch Auenlehme bzw. Talsande überdeckt. Die Alb wird vor allem durch den jurassischen<br />
Kalkstein geprägt.<br />
In den Böden der Lockergesteine findet in der Regel eine tiefreichende Wasserbewegung<br />
statt, die die bodenbildenden Prozesse (vgl. Tab. 1) der Verbraunung, Lessivierung<br />
und Podsolierung vorantreibt und tiefgründige Böden entstehen lässt. Bei lang<br />
12
anhaltender Vernässung kommt es zum Prozess der Vergleyung. Aufgrund des hohen<br />
Nährstoffumsatzes fällt die Mächtigkeit des Auflagehumus in der Regel gering aus.<br />
Häufiger ist dagegen eine Ansammlung unzersetzter Pflanzenreste (Torf), die unter<br />
Sauerstoffentzug bei der Verlandung von Seen und in Mooren auftritt. Hier bilden sich<br />
Niedermoore (s. Anhang A: 3.21). Durch das Aufbringen von Plaggen entstand aus einem<br />
Podsol eine Plaggenesch (s. Anhang A: 3.10). Auf den Kalksteinen der Alb entstehen<br />
in der Regel flachgründige Böden mit einer geringmächtigen Humusauflage.<br />
Tab. 1:<br />
Bodenbildungsprozesse und typische Böden /LIE 02/ modifiziert<br />
Prozess Merkmale Typische Böden<br />
Auflagehumus/Mullbildung<br />
Verbraunung<br />
Lessivierung<br />
Podsolierung<br />
Vergleyung<br />
Anhäufung zersetzter Pflanzenreste,<br />
Bildung und Akkumulation<br />
von Feinhumus mit Bioturbation<br />
Chemische Verwitterung mit Eisenfreisetzung<br />
und Mineralneubildung<br />
nach Entkalkung<br />
Mobilisierung und Verlagerung<br />
von Tonteilchen aus dem<br />
Oberboden in den Unterboden mit<br />
Bildung von Tonhäutchen in<br />
Tonanreicherungshorizonten<br />
Mobilisierung und Verlagerung<br />
von Eisen-Aluminiumoxiden im<br />
sauren Milieu unter Beteiligung<br />
organischer Säuren mit Ausbildung<br />
von Bleich- und Anreichungshorizonten<br />
Mobilisierung und Immobilisierung<br />
von Eisen- und Manganoxiden<br />
durch Redoxreaktionen bei Vernässung<br />
mit Ausbildung von oxidierten<br />
und reduzierten Phasen in<br />
unterschiedlichen Horizonten<br />
Schwarzerde<br />
(Tschernozem)<br />
(s. Anhang A: 3.8)<br />
Braunerde<br />
(s. Anhang A: 3.4)<br />
Parabraunerde<br />
Fahlerde<br />
(s. Anhang A: 3.5)<br />
Podsol<br />
(s. Anhang A: 3.6)<br />
Gley,<br />
Pseudogley,<br />
Vega (Auenlehm)<br />
(s. Anhang A:<br />
3.7. 3.12, 3.11)<br />
In den norddeutschen Referenzregionen sind vor allem Luvisole (Parabraunerden),<br />
Cambisole (Braunerden) und Podsole verbreitet, wobei auf den ärmeren sandigen<br />
Ausgangsgesteinen der Sander und Dünen vor allem Podsole, auf den nährstoffreicheren<br />
Subtraten der Moränen dagegen Luvisole und Cambisole entstehen. In der süddeutschen<br />
Region dominieren je nach Lage (Hang, Niederung), Durchfeuchtung und<br />
Ausgangsgestein Luvisole, Cambisole, (Para-) Rendzinen, Chernozeme und Kolluvien<br />
(s. Anhang A: 3.9). Im Einflussbereich der Flüsse finden sich in beiden Referenzregionen<br />
vor allem Fluvisole, Gleysole und Histosole /HAA 04/.<br />
13
Tab. 2: Typische Entwicklungsstadien der Böden in Schleswig-Holstein /LAN 06/<br />
Bodenausgangsgestein<br />
Dünensand<br />
modifiziert<br />
Rohboden Übergang I Übergang II Reifestadium<br />
Lockersyrosem<br />
(s. Anhang A:<br />
3.1)<br />
Regosol<br />
(s. Anhang A:<br />
3.2)<br />
Braunerde*<br />
Podsol<br />
Geschiebemergel Lockersyrosem Pararendzina Braunerde Parabraunerde<br />
Marinogener Ton Rohmarsch<br />
(s. Anhang A:<br />
3.15)<br />
Kalkmarsch<br />
(s. Anhang A:<br />
3.16)<br />
Kleimarsch<br />
(s. Anhang<br />
A: 3.17)<br />
* In Dünensanden wird das Braunerdestadium häufig übersprungen<br />
Knickmarsch<br />
(s. Anhang A:<br />
3.18)<br />
Organomarsch<br />
(s. Anhang A:<br />
3.20<br />
Dwogmarsch<br />
(s. Anhang A:<br />
3.19))<br />
2.2.4 Vegetation<br />
In den nord- und süddeutschen Referenzregionen würden sich unter natürlichen Bedingungen<br />
sommergrüne Laub- und Mischwälder (mit sommergrünen Laub- und immergrünen<br />
Nadelbäumen), auf den Kalksteinen der Schwäbischen Alb Kalkmagerrasen<br />
und Wälder aus Trockengebüsch und Gehölzen ausbilden. Diese natürlichen Wälder<br />
werden jedoch heute durch Wirtschaftswälder und die landwirtschaftliche Nutzung<br />
weitgehend <strong>zur</strong>ückgedrängt.<br />
2.2.5 Wasser- und Sedimenttransport<br />
Äolische und fluviatile Erosion und Sedimentation hängen von dem Zusammenspiel<br />
der Faktoren Niederschlag (Abflussmenge insgesamt und pro Zeiteinheit), Vegetation<br />
(Durchwurzelungstiefe/-dichte, Anteil oberirdischen Pflanzenbestandes), Wind (Stärke,<br />
Dauer) und Topographie (Hang, Niederung) ab.<br />
Die Erosionsprozesse sind aufgrund der hohen und ganzjährigen Durchwurzelung sowie<br />
der in der Regel nur geringen Erosionskraft durch Wind und Wasser vor allem in<br />
den norddeutschen Gebieten nur mäßig stark ausgeprägt. Insgesamt ist die süddeutsche<br />
Region gegenüber Erosionsprozessen aufgrund ihrer höheren Reliefenergie anfälliger<br />
als die norddeutschen Gebiete. Der Sedimenttransport kann aufgrund landwirt-<br />
14
schaftlicher Monokulturen (z.B. Mais) oder radikaler Abholzung von Wäldern verstärkt<br />
werden. In den Flussniederungen finden in beiden Regionen vor allem während der<br />
Abflussspitzen im Frühjahr große Materialumlagerungen statt.<br />
2.2.6 Bewirtschaftung<br />
Je nach Naturraum wird Ackerbau und Viehzucht betrieben. Daneben findet sich auch<br />
Fischzucht. Details können im Bericht /FAH 10/ nachgelesen werden.<br />
2.2.7 Eintrag von Kontamination<br />
Die Kontamination kann auf folgenden Wegen in die Böden gelangen:<br />
(1) durch Überschwemmung mit kontaminiertem Grund- oder Flusswasser,<br />
(2) durch kapillaren Aufstieg 6 ,<br />
(3) durch Bewässerung mit Grund- oder Flusswasser und<br />
(4) durch Grundwasserspiegelschwankungen 7 .<br />
3 Zu erwartende Klimaentwicklung und mögliche Folgen<br />
Für die Modellierung der physikalischen Biosphäre werden für die Referenzregionen<br />
relevante Klimazustände und Klimaübergänge abgeleitet und beschrieben. Dies erfolgt<br />
auf der Grundlage der vergangenen Klimaentwicklung der Regionen seit der Elsterbzw.<br />
Mindel-Kaltzeit, da ab diesem Zeitpunkt die meisten Daten vorliegen. Die Erstellung<br />
der konzeptuellen Biosphärenmodelle in Kapitel 4.2 erfolgt auf Basis dieser Arbeiten.<br />
3.1 Abzuleitende Klimazustände und Klimaübergänge<br />
Rekonstruierte Temperaturverläufe zeigen, dass sich in der Vergangenheit Warm- und<br />
Kaltzeiten abwechselten. Eine wichtige Charakteristik ist, dass die Kaltzeiten dabei mit<br />
etwa 100 000 (Weichsel bzw. Würm) bis 360 000 Jahren (Elster bzw. Mindel) erheblich<br />
6 Als kapillarer Aufstieg wird die Eigenschaft des Wassers bezeichnet, gegen die Schwerkraft eine von<br />
Verdunstung, Bodenart, Lagerungsdichte und Sättigungsgrad des Bodens abhängige Distanz zu überwinden..<br />
7 Änderung des Grundwasserspiegels durch jährlichen Niederschlagsgang und damit wechselnden Abflussgang<br />
in den Flüssen und unterschiedliche Menge infiltrierenden Oberflächenwassers.<br />
15
länger andauerten als die Warmzeiten mit nur etwa 20 000 (Eem bzw. Riß/Würm-<br />
Interglazial) bis 30 000 Jahren (Holstein bzw. Mindel/Riß-Interglazial). Die Benennung<br />
der Kalt- und Warmzeiten richtet sich nach regionalen Gegebenheiten (i.d.R. Flussnamen),<br />
weshalb sie sich zwischen Nord- und Süddeutschland unterscheidet. In Tab. 3<br />
sind die Bezeichnungen für Nord- und Süddeutschland gegenüber gestellt.<br />
16
Tab. 3:<br />
Vereinfachte stratigrafische Tabelle für das Quartär im norddeutschen<br />
Tiefland und nördlichen Alpenvorland /HEN 98/<br />
Der in Abb. 4 über eine Million Jahre nachgebildete Verlauf der globalen Durchschnitttemperatur<br />
zeigt, dass<br />
− innerhalb der jeweiligen Warm- und Kaltzeiten z.T. erhebliche Temperaturunterschiede<br />
auftreten,<br />
− die verschiedenen Warmzeiten sowie die Kaltzeiten unterschiedliche maximale<br />
bzw. minimale Temperaturen aufweisen,<br />
− der Übergang von einer Warm- zu einer Kaltzeit relativ schnell erfolgte und lediglich<br />
ein paar hundert Jahre umfasste, während derjenige von einer Kalt- zu einer<br />
Warmzeit wesentlich langsamer erfolgte und einige tausend Jahre benötigte<br />
/KEL 04/.<br />
17
Abb. 4:<br />
Temperaturverlauf der letzten 1 Mio. Jahre, erstellt von Schönwiese et<br />
al. /NOS 08/, sowie Detailausschnitte für die zwei letzten Warmzeiten<br />
(Holstein bzw. Mindel/Riß und Eem bzw. Riß/Würm) nach /BER 04/<br />
Voraussagen zu der klimatischen Entwicklung über sehr lange Zeiträume sind aufgrund<br />
der Anzahl der mitwirkenden Faktoren und ihrem komplexen Zusammenwirken<br />
mit großen Unsicherheiten behaftet. Dennoch gibt es mehrere Arbeitsgruppen, die Modellrechnungen<br />
<strong>zur</strong> Klimaentwicklung über Zeiträume von einigen 100 000 Jahren z.B.<br />
/ARC 05a/, /BIO 01b/ bis sogar 2 Mio. Jahre (z.B. PIK Potsdam) durchführen.<br />
Ehemals angenommene Höhepunkte der nächsten Eiszeit in 10 000 oder<br />
20 000 Jahren, die im Wesentlichen auf einer Analyse von Paläodaten und daraus abgeleiteten<br />
Gesetzmäßigkeiten 8 beruhen, gelten angesichts der hohen CO 2 -<br />
Konzentrationen in der Atmosphäre und der geringen Amplitude der Sonneneinstrahlung<br />
innerhalb der nächsten 50 000 Jahre als nicht sehr wahrscheinlich. Die Aussagen<br />
der meisten neueren Studien stimmen darin überein, dass die heutige Warmzeit in den<br />
nächsten Jahrzehntausenden nicht durch eine Kaltzeit abgelöst wird, wobei die Ausprägung<br />
der Warmzeit in engem Zusammenhang mit der sich in Zukunft entwickelnden<br />
8 im Wesentlichen den Milankovich-Zyklen<br />
18
atmosphärischen CO 2 -Konzentration steht. Wird lediglich von den auf den orbitalen Parametern<br />
beruhenden Einstrahlungsbedingungen, den Milankovich-Zyklen, sowie von<br />
der heutigen CO 2 -Konzentration ausgegangen, so liegt eine Warmzeit vor uns, die<br />
noch weitere 50 000 Jahre anhält und in den kommenden Jahrhunderten zu einer weiteren<br />
Erwärmung in Europa führen wird. Für Szenarien mit höheren anthropogenen<br />
CO 2 -Einträgen in den nächsten Jahrzehnten bis Jahrhunderten ergeben Modellrechnungen<br />
einen Zeitpunkt für den Übergang in die nächsten Kaltzeit erst nach<br />
170 000 Jahren, bei extremen Konzentrationen 9 sogar erst nach 500 000 Jahren, z.B.<br />
/ARC 05a/. Hier existieren aber unterschiedliche Meinungen über die Zeiträume, die<br />
Prozesse benötigen, die zu einer Abnahme des CO 2 in der Atmosphäre führen<br />
/ARC 05b/.<br />
Nach Modellrechnungen <strong>zur</strong> Klimaentwicklung in der näheren Zukunft wäre die Antwort<br />
auf die steigenden globalen Sommer- und Wintertemperaturen bis zum Ende des 21.<br />
Jahrhunderts zum einen die Intensivierung des hydrologischen Kreislaufs mit einem<br />
erhöhten run-off, zum anderen ein verstärkter Frischwasseranfall durch die abschmelzenden<br />
Gletscher. Die global gemittelte Niederschlagsmenge nähme dann um mehr<br />
als 10% zu, Niederschlagsereignisse wären nicht wie bisher vorwiegend durch Frontendurchgänge<br />
mit lang anhaltenden und großräumig verteiltem Regen geprägt, sondern<br />
zunehmend durch konvektive Prozesse, die in Form lokal begrenzter Gewitter mit<br />
intensiven Regenfällen und Hagel niedergehen. Die Temperaturen und Niederschlagsmengen<br />
werden dadurch zunehmend einer regionalen Differenzierung unterliegen.<br />
Innerhalb der warmen Periode werden mehrere kältere Perioden mit einer Temperaturabnahme<br />
von 3°C bis 4°C im Sommer erwartet. Diese können beispielsweise durch<br />
eine Abschwächung des Nordatlantikstroms hervorgerufen werden. Ursache dafür<br />
könnte z.B. eine durch Erwärmung hervorgerufene geringer werdende Dichte des<br />
Oberflächenwassers sein. Ein solches Versiegen der thermohalinen Zirkulation ist jedoch<br />
nicht während der nächsten Jahrzehnte zu erwarten und würde nicht mehr als<br />
1 000 Jahre andauern. Es könnte einen kleinräumigen Eisschild in Skandinavien ermöglichen.<br />
Aufgrund der Dauer der Kälteperioden und ihrer geringen Temperaturerniedrigung<br />
führen sie in Deutschland jedoch weder zu Periglazial- oder gar Glazialbedingungen.<br />
9 bei Verbrennung aller derzeit vorhandenen fossilen Energieträger<br />
19
Die gravierendste Auswirkung auf die Biosphären der norddeutschen Referenzregionen<br />
würde im Verlauf der derzeitigen Warmzeit bei weiterer Erwärmung eine Meerestransgression<br />
darstellen, die zu einer Überflutung der Regionen führt. Seit der letzten<br />
Kaltzeit stieg der Meeresspiegel innerhalb der letzten ca. 20 000 Jahre um 120 m, s.<br />
Abb. 5. Der Meeresspiegelanstieg, erfolgte mit einer Rate von 1 m bis maximal 4 m pro<br />
Jahrhundert. Die Anhebung des Meeresspiegels hatte jedoch nicht nur Einfluss auf die<br />
überschwemmten Regionen und die neuen Küstengebiete, sondern durch Rückstau<br />
der in die Nordsee entwässernden Flüsse auch auf das daran angrenzende Hinterland.<br />
Abb. 5: Veränderung des Meeresspiegels ab etwa 20 000 Jahre v.h. /BER 04/<br />
Das Ausmaß eines weiteren Meeresspiegelanstiegs ist davon abhängig, welche der<br />
derzeit vorhandenen Gletscher abschmelzen. Schmelzen alle Inlandgletscher, sowie<br />
der Grönland-Gletscher und diejenigen der Westantarktis ab, ist dadurch und durch die<br />
Ausdehnung des Wassers aufgrund der Erwärmung ein Anstieg um 30 m gegenüber<br />
dem heutigen Niveau zu erwarten. Ein nach heutigem Kenntnisstand nicht sehr wahrscheinliches<br />
Abschmelzen des gesamten Antarktis-Gletschers würde einen Meeresspiegelanstieg<br />
um etwa 60 m /KEL 02/ bis 73 m /BER 04/ hervorrufen. Dies hätte eine<br />
20
nahezu vollständige Überflutung der norddeutschen Tiefebene <strong>zur</strong> Folge /KEL 02/, vgl.<br />
Abb. 6. Von der Überflutung ausgenommen wären lediglich kleinere Gebiete in der<br />
Lüneburger Heide und in Brandenburg, die im Wesentlichen aus Endmoränenzügen<br />
der Weichsel-Kaltzeit bestehen /KEL 02/.<br />
Aufgrund der geringen Geländehöhe der norddeutschen Referenzregionen zwischen<br />
15 m.ü.NN und 76 m.ü.NN /DUP 83/ und der räumlichen Nähe der norddeutschen<br />
Regionen zu den Vorflutern Elbe und Weser mit direkter Verbindung <strong>zur</strong> Nordsee, wird<br />
für dieses Szenario ein maximaler Meeresspiegel von etwa 50 m über der heutigen<br />
Geländeoberfläche erwartet /BUH 08/. Eine Überschwemmung der Norddeutschen<br />
Tiefebene hat zuletzt während der Holstein-Warmzeit stattgefunden und dauerte etwa<br />
3 000 bis 4 000 Jahre lang an. Für die süddeutsche Referenzregion Ulm ist das Szenario<br />
der Meerestransgression nicht von Bedeutung.<br />
Abb. 6:<br />
Mögliche Meerestransgression nach Abschmelzen aller heute weltweit<br />
vorhandenen Gletscher /KEL 02/<br />
Bei der nächsten Kaltzeit wird erwartet, dass deren Ausmaß gleich oder geringer als<br />
während der Weichsel- bzw. Würm-Kaltzeit sein wird. Durch den Aufbau kontinentaler<br />
Eisschilde würde sich der Meeresspiegel um etwa 60 m /BIO 04/ absenken. Die Küs-<br />
21
tenlinie würde sich in Folge um bis zu 600 km <strong>zur</strong>ückziehen, so dass die norddeutschen<br />
Referenzregionen wieder einem kontinentaleren Klima ausgesetzt sein würden.<br />
Vergletscherungen sind in den Referenzregionen nicht zu erwarten, Permafrost-<br />
Bedingungen dagegen sehr wahrscheinlich. In Abhängigkeit der Sedimente wird die<br />
Tiefe der Bodengefrornis in Norddeutschland etwa 40 m bis 140 m /KLI 07/ betragen;<br />
vgl. Abb. 7. Flüsse und große Seen bleiben wahrscheinlich wie in der Weichsel- bzw.<br />
Würm-Kaltzeit /DEL 98/ frei von Permafrost und bilden Taliki. Während dieser Zeit<br />
würde sich zunächst ein boreales Klima später ein periglaziales Tundren-Klima ausbilden.<br />
Am Ende der Kaltzeit könnten die Elbe- und Donauniederungen wieder als Urstromtäler<br />
dienen und als Folge würden in den Referenzregionen Elbe und Ulm wieder<br />
verstärkt glazifluviatile Sedimente abgelagert werden.<br />
Abb. 7:<br />
Berechnete Tiefen des Permafrosts im Raum Gorleben während der<br />
Weichsel-Kaltzeit /KLI 07/<br />
Über Klimaveränderungen jenseits von 200 000 Jahren liegen nur sehr wenige Untersuchungen<br />
vor. Sofern es nicht zu einem extrem hohen Eintrag von CO 2 , während der<br />
nächsten Jahrhunderte kommt, ist eine plausible Annahme, dass über solche Zeiträume<br />
wieder ähnliche Glazial/Interglazial-Zyklen wie im Quartär auftreten, also Kaltzeiten<br />
von etwa 100 000 Jahren und Warmzeiten von etwa 10 000 Jahren Dauer. Damit werden<br />
auch Vergletscherungen von ähnlichem Ausmaß wie der Elster- und Saale-Kaltzeit<br />
wieder möglich. In den norddeutschen Regionen könnte somit wieder eine Gletscher-<br />
22
überdeckung stattfinden, in der süddeutschen Referenzregion ist diese eher unwahrscheinlich<br />
/VAN 94/, s. Abb. 9. In allen Referenzregionen hätte die Vergletscherung jedoch<br />
gravierende Auswirkungen auf die <strong>zur</strong>zeit bestehenden Landschaftsformen und<br />
den Wasserhaushalt. In den norddeutschen Regionen wäre zudem eine Neuanlage<br />
subglazialer Rinnensysteme bzw. deren Reaktivierung nicht auszuschließen, s. Abb. 8.<br />
Abb. 8:<br />
Rinnensysteme und Ausdehnungen der Eisbedeckung in Norddeutschland<br />
während des jüngeren Quartärs<br />
23
.<br />
Abb. 9<br />
Ausdehnung des Inlandeises im Zentralteil der Alpen (oberes Bild,<br />
/VAN 94/), Maximale Ausdehnung der Eisgrenzen während der Rißzeit<br />
und Ausdehnung der Moränen der Würm- und Rißzeit (unteres Bild).<br />
24
Aufgrund der vergangenen Klimaentwicklung ergeben sich in den norddeutschen Referenzregionen<br />
für die Warm- und Kaltzeiten sowie Klimaübergänge folgende diskrete<br />
Klimazustände: für die Kaltzeiten das polare und subpolare Klima (EF/ET), für die<br />
Warmzeiten das warmgemäßigte Klima (CS, Cfb, CW) und für die Übergänge zwischen<br />
den Warm- und Kaltzeiten und kaltgemäßigte Klima (Dfc), s. Tab. 4. Die semiariden<br />
Trockenklimate (BSh 10 und BSk 11 ) werden nicht explizit betrachtet. Begründet<br />
wird dies mit der Annahme, dass es als sehr unwahrscheinlich gilt, dass sich diese<br />
Klimate als Verschärfung des CS-Klimas ausbilden werden.<br />
Für die süddeutsche Region werden das polare Klima EF mit Gletscherüberdeckung<br />
und das warmgemäßigte Klima CS mit Meerwasserüberflutung ausgeschlossen, da<br />
diese Szenarien als sehr unwahrscheinlich angesehen werden (s.o.). In Tab. 4 sind die<br />
möglichen Klimate, die bei der Entwicklung konzeptueller Modelle für die physikalischen<br />
Biosphäre zu betrachten sind, zusammengefasst. Die Abschnitte, in denen das<br />
jeweilige Klima und deren Auswirkungen auf die Naturräume in den Referenzregionen<br />
beschrieben werden, sind ebenfalls angegeben.<br />
Tab. 4: Für die Referenzregionen zu erwartende Klimate<br />
Klimazone<br />
Bezeichnung Besonderheiten<br />
Bearbeitung<br />
(Köppen und<br />
in Kapitel<br />
Geiger)<br />
Warmgemäßigte Klimate Cfb-Klima Küstennah/-fern 2.2<br />
CS-Klima Küstennah, ggf. mit Meerestransgression,<br />
3.3.1<br />
sommer-<br />
trocken<br />
CW-Klima warm, wintertrocken 3.3.5<br />
Kaltgemäßigtes Klima Dfc-Klima mit/ohne Permafrost, borealer<br />
3.3.2<br />
Nadelwald<br />
Subpolares Klima ET-Klima Schnee, gletschernah/- 3.3.3<br />
fern, Tundra, mit/ohne<br />
Permafrost<br />
Polares Klima EF-Klima Schnee, Gletscherüberbedeckung,<br />
Permafrost<br />
3.3.4<br />
10 Das heiße Trockenklima (BSh) ist durch eine Dornstrauchsavanne geprägt und ist eine Ökozone der<br />
Tropen. Die Trockenzeit beträgt 7 bis 10 Monate, der jährliche Niederschlag 200mm bis 500mm.<br />
11 Das semiaride kalte Trockenklima (BSk) unterscheidet sich vom CS-Klima vor allem in einer weiteren<br />
Verringerung der jährlichen Niederschlagsmenge (Rom (CS): ~750mm, Alicante (BSk): ~350mm).<br />
25
Als Klimaübergänge ergeben sich damit:<br />
• für eine Erwärmung ausgehend vom heutigen Klima: Cfb => CS<br />
• für eine Abkühlung ausgehend vom Etesienklima: CS => Cfb => Dfc => ET => EF<br />
• für eine Erwärmung ausgehend vom polaren Klima:EF => ET => Dfc => Cfb => CS<br />
Kurzzeitige Temperaturänderungen innerhalb der Warm- und Kaltzeiten nehmen aufgrund<br />
ihrer kurzen Laufzeit nur wenig Einfluss auf das langsam reagierende Biosphärensystem<br />
und werden daher vernachlässigt.<br />
Zu bedenken ist, dass das in vielen Bereichen nur träge Reagieren des Biosphärensystems<br />
(z.B. Vegetation, Boden, Permafrost) eine gewisse Bandbreite an Ausprägungsmerkmalen<br />
innerhalb eines diskreten Klimazustands zulässt. Während des Dfc-Klimas<br />
kann sich z.B. der Permafrostboden in seiner Mächtigkeit und der Häufigkeit seines<br />
Auftretens verändern (sporadischer, diskontinuierlicher und kontinuierlicher Permafrost)<br />
oder auch völlig fehlen. Im EF-Klima können entweder Gletscher vorhanden sein<br />
oder sich im Aufbau bzw. Abbau befinden, wodurch eine gletschernahe oder –ferne<br />
Lage der Referenzregionen möglich ist. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Ausbildung<br />
und Ausprägung des Permafrostbodens sondern auf vielfältige Erosions- und<br />
Sedimentationsprozesse. Auch während des ET-Klimas kann der Gletscher vorrücken<br />
oder sich <strong>zur</strong>ückziehen, so dass die Referenzregionen gletschernah oder -fern liegen<br />
können. Bei den norddeutschen Referenzregionen kann es im CS-Klima durch das vorrückende<br />
oder sich <strong>zur</strong>ückziehende Meer zu eher küstenfernen/kontinentalen bzw.<br />
küstennahen/maritimen Klimaverhältnissen kommen.<br />
Zudem wird sich die Ausprägung ein und desselben Klimazustands je nachdem, ob es<br />
sich um eine Erwärmung oder Abkühlung handelt unterschiedlich sein. Zum Beispiel<br />
wird es sich bei den Böden eines ET-Klimas ausgehend vom EF-Klima im Wesentlichen<br />
um Rohböden handeln, während bei einem vorherigen Dfc-Klima vor allem ausgebildete<br />
Böden vorherrschen werden.<br />
Innerhalb eines Klimazustands können somit durchaus verschiedene Eigenschaften<br />
der Biosphären angetroffen werden.<br />
26
3.2 Mögliche Einflüsse der Klimaentwicklung auf die Naturräume<br />
Eine Veränderung des Klimas hat immer auch Auswirkungen auf die bestehenden Naturräume.<br />
Dabei ist anzunehmen dass die meisten Naturräume auch bei einer Klimaänderung<br />
weiterhin in den Referenzregionen zu finden sein werden, wenn vielleicht<br />
auch mit anderer Ausprägung (z.B. verändertem Flächenanteil) oder an anderer Stelle.<br />
Ändert der Fluss beispielsweise sein Flussbett, so werden die heutigen Flussauen/Marschen<br />
vielleicht zunächst zu Seen oder Mooren werden und später trockenfallen.<br />
An anderer Stelle werden jedoch aus den bestehenden Naturräumen der Moränen<br />
oder Schotter/Sande der Naturraum Flussauen/Marschen entstehen. Insbesondere<br />
extreme Klimaveränderungen könnten zum Verlorengehen bestimmter Naturräume<br />
führen. So wären im Extremfall einer Meerestransgression alle Naturräume vorübergehend<br />
von einem Meer, bei einer Vergletscherung von einer mächtigen Eisschicht überdeckt.<br />
Bei einer Erwärmung wäre eine Verlandung der Moore und flachen Seen wahrscheinlich<br />
und niederschlagsgespeiste Quellen könnten versiegen. Im Fall der Quellen<br />
wird jedoch im Folgenden für die süddeutsche Referenzregion eine pessimistische Annahme<br />
getroffen und von einer Schicht- oder Verengungsquelle ausgegangen. Diese<br />
ist im Wesentlichen grundwassergespeist und weist daher eine beständige Schüttung<br />
auf, deren Menge sich jedoch dem jahreszeitlichen Verlauf etwas anpasst. Es wird angenommen,<br />
dass diese Quelle auch bei einer Klimaänderung (Erwärmung oder Abkühlung)<br />
bestehen bleibt und sich lediglich die Schüttmenge den klimatischen Verhältnissen<br />
anpasst.<br />
3.3 Möglicher Einfluss der diskreten Klimazustände<br />
3.3.1 Sommertrockenen Mittelbreiten (CS)<br />
3.3.1.1 Klima<br />
Dieser Klimatyp wird als winterfeuchte Subtropen bzw. mediterrane Subtropen bezeichnet<br />
und ist vor allem im küstennahen Bereich vertreten. Temperatur und Niederschlag<br />
weisen einen deutlichen jahreszeitlichen Gang auf. Im Sommer herrscht Trockenheit,<br />
während des Winters kommt es zu frontengebundenen Niederschlägen. Längere<br />
Frostperioden gibt es kaum. Die durchschnittlichen Monatstemperaturen übersteigen<br />
in den meisten Regionen während mindestens vier Monaten einen Wert von 18°C.<br />
27
Die winterlichen Temperaturen erreichen im Mittel Werte von über 5°C. Die Vegetationsperiode<br />
wird nicht von der Temperatur, sondern vom Niederschlag limitiert. Die<br />
besten Wachstumsbedingungen sind im Frühjahr und Herbst, außerhalb der sommerlichen<br />
Trockenzeit.<br />
3.3.1.2 Geomorphologie/Naturräume<br />
Für die norddeutschen und süddeutschen Referenzregionen wird zunächst keine nennenswerte<br />
Änderung der Landschaftsformen gegenüber der heutigen erwartet. Die Naturräume<br />
der Moränen und Schotter/Sande bzw. Alb bleiben erhalten. Die der Seen,<br />
Moore, Auen und kleineren Flüsse können aufgrund der verringerten Niederschläge an<br />
Größe abnehmen und zum Teil verlanden.<br />
Durch das zunehmende Abschmelzen der Gletscher wird der Meeresspiegel jedoch<br />
ansteigen. Zum einen verschiebt sich dadurch die Küstenlinie, so dass die Referenzregionen<br />
zunehmend unter maritimen Einfluss gelangen. Zum anderen werden die ins<br />
Meer entwässernden Flüsse Weser und Elbe aufgestaut, so dass sie breiter werden<br />
und sich der Naturraum der Auen verschiebt. In den Referenzregionen könnten die Naturräume<br />
der Marsch, Nehrung und Delta neu hinzukommen. Ihre Beschreibung erfolgt<br />
in Kapitel 3.4.1<br />
3.3.1.3 Hydrogeologie<br />
In den norddeutschen und süddeutschen Referenzregionen unterscheidet sich der<br />
Aufbau des Untergrunds nicht wesentlich von dem der Klimazone Cfb.<br />
3.3.1.4 Hydrologie<br />
In den norddeutschen und süddeutschen Referenzregionen ist eine Abnahme der jährlichen<br />
Niederschlagsmenge zu verzeichnen. Die Flüsse weisen deutliche jahreszeitliche<br />
Differenzen im Abflussgang auf. Nach der Sommerdürre zu Beginn der Regenzeit<br />
werden die großen Flüsse zu reißenden Strömen werden und eine hohe Transportenergie<br />
(häufig > 50 kg/m 3 ) erreichen /SCH 02/. Dadurch kommt es vermehrt zu<br />
großräumigen Überschwemmungen. Während der Sommerzeit führen sie dagegen<br />
wenig Wasser und kleineren Flüsse können versiegen.<br />
28
In der Schwäbischen Alb fließt das Oberflächenwasser weiterhin im Karst ab, die Täler<br />
trocknen zunehmend aus oder führen nur periodisch Wasser. Durch die abnehmende<br />
Niederschlagsmenge kann die Schüttung der Quellen je nach Anteil des Niederschlags<br />
zeitweise abnehmen.<br />
3.3.1.5 Böden<br />
In der norddeutschen Referenzregion sind Eutric Cambisol (Braunerde)und Luvisole<br />
(Parabraunerden) stark vertreten. In Küstennähe und im Bereich der Weser und Elbe<br />
kommt es vermehrt zu der Bildung von Gleysolen (Gleyen) und Fluvisolen (Auenböden,<br />
Marschen). Auf den sandigen Standorten werden weiterhin Regosole (Lockersyroseme)<br />
und Podzole (Podsole) vorkommen. In der süddeutschen Referenzregion bilden<br />
sich der Chromic Cambisol (Terra fusca, Terra rossa) und Luvisol (Parabraunerden)<br />
sowie der Eutric Cambisol (Braunerde). In den Referenzregionen können vermehrt<br />
Histosole (Moor- und Torfböden) aus verlandeten Seen und Mooren hinzukommen.<br />
3.3.1.6 Vegetation<br />
Die Vegetation wird in den Referenzregionen artenreich und häufig endemisch 12 sein.<br />
Unter natürlichen Bedingungen werden immergrüne Hartlaubwälder dominieren. Es ist<br />
jedoch anzunehmen, dass diese durch anthropogene Eingriffe weitgehend in Hartlaub-<br />
Strauchformationen übergehen werden.<br />
3.3.1.7 Wasser- und Sedimenttransport<br />
Die hohen Winterniederschläge werden aufgrund der geringen und auch nicht flächendeckenden<br />
Vegetationsdichte und damit Durchwurzelung zu fluviatiler Erosion führen.<br />
Besonders stark ausgeprägt wird die Erosion in Hanglage und auf flachgründigen Böden<br />
sein, die nur über eine geringe Infiltration verfügen. Eine weitere Erosion geht von<br />
den Flüssen aus. Mit Abnahme der Fließgeschwindigkeit kommt es <strong>zur</strong> Sedimentation<br />
der erodierten Fracht in Form von Schotter- oder Schwemmkegeln etc..<br />
12 endemisch: Auftreten von Pflanzen und Tieren in einem eng umgrenzten Gebiet<br />
29
Die Erosion kann weiterhin durch anthropogen bedingte Effekte wie z.B. Überweidung<br />
oder auch in den Sommermonaten verstärkt auftretende Brände verstärken werden.<br />
3.3.1.8 Bewirtschaftung<br />
Landwirtschaftlich ist vor allem der Anbau von Wintergetreide und Obst (z.B. Oliven,<br />
Zitrusfrüchte, Reben) zu erwarten. Gemüseanbau ist nur mit Bewässerung wirtschaftlich.<br />
Dann jedoch ist eine deutlich höhere Produktion möglich. Viehwirtschaft ist ohne<br />
Bewässerung nur extensiv möglich.<br />
3.3.1.9 Eintrag von Kontamination<br />
Die Kontamination kann auf folgenden Wegen in die Böden gelangen:<br />
(1) durch Überschwemmung mit kontaminiertem Grund- oder Flusswasser,<br />
(2) durch kapillaren Aufstieg und<br />
(3) durch Bewässerung mit Grund- oder Flusswasser.<br />
3.3.2 Kaltgemäßigtes Klima Dfc<br />
3.3.2.1 Klima<br />
Die Vegetationsperiode beläuft sich in der Regel auf 4 bis 5, maximal 6 Monate<br />
/SCH 95/. Ausnahmen können hochkontinentale Lagen sein. Durchschnittliche Temperaturen<br />
≥ 10°C treten in 1 bis 3, selten 4 Monaten auf. In der süddeutschen Referenzregion<br />
können, wie beim heutigen Klima, höhere Niederschlagsmengen im Vergleich<br />
zu Norddeutschland erwartet werden.<br />
3.3.2.2 Geomorphologie/Naturräume<br />
Die landschaftlichen Gegebenheiten richten sich danach, ob das Klima nach einer Abkühlung<br />
unseres heutigen Zustands oder nach einer vorherigen Vergletscherung im<br />
Zuge einer Erwärmung erreicht wird. Zwar handelt es sich in beiden Fällen um eine<br />
glazial beeinflusste Landschaft, doch ist das Oberflächenrelief direkt nach einer Vergletscherung<br />
ausgeprägter (sichtbar an den Unterschieden in den heutigen Alt- und<br />
30
Jungmoränengebieten). Unabhängig davon werden frostdynamische Prozesse und<br />
Materialumlagerungen in Form von Solifluktion vorherrschen.<br />
Tritt der Klimazustand im Anschluss an die heutige Warmzeit ein, so wird angenommen,<br />
dass die gegenwärtigen Naturräume weiterhin in den Referenzregionen vorhanden<br />
sein werden. Die Landschaft wird der heutigen ähnlich sein, jedoch mit deutlich<br />
mehr Seen und Mooren. Je nach Wasserführung der Flüsse und Vegetationsdichte<br />
könnte in den Auen ein höherer Anteil an Feinmaterial (Auenlehmen) abgelagert werden.<br />
Tritt der Klimazustand im Anschluss an eine Vergletscherung, wie es in Norddeutschland<br />
möglich ist, ein, so wird angenommen, dass die heutige Landschaft stark überprägt<br />
sein wird. Die Ausbildung der Landschaftsformen hängt vor allem von dem Verlauf<br />
der Vergletscherung und seiner maximalen Ausdehnung ab, da diese Faktoren<br />
maßgeblichen Einfluss auf die vorhandenen oberflächennahen Sedimente und die<br />
Ausbildung des Oberflächenreliefs haben. Generell kann davon ausgegangen werden,<br />
dass die heutigen Sedimente großräumig mit neuen Ablagerungen überdeckt werden.<br />
Die Naturräume werden jedoch bis auf die Auen/Marschen, die sich erst allmählich im<br />
Verlauf des Klimazustands wieder bilden, weiterhin vorhanden sein. Es ist jedoch anzunehmen,<br />
dass sich ihre räumliche Anordnung und Ausdehnung von der heutigen unterscheiden<br />
wird. Vielerorts bilden sich in den Ebenen und Flussläufen Seen und Moore,<br />
hervorgerufen durch den hohen Grundwasserstand sowie den durch die niedrigen<br />
Temperaturen reduzierten Abbau pflanzlichen Materials.<br />
3.3.2.3 Hydrologie<br />
Die Anzahl der Seen wird sich erhöhen. Die übrigen hydraulischen Gegebenheiten<br />
richten sich danach, ob das Klima nach einer Abkühlung unseres heutigen Zustands<br />
oder nach einer vorherigen Vergletscherung im Zuge einer Erwärmung erreicht wird.<br />
Tritt der Klimazustand nach einer Vergletscherung ein, so wird angenommen, dass ein<br />
zuvor während des ET-Klimas gebildeter Permafrostboden zunächst weiterhin erhalten<br />
bleibt. Mit fortschreitender Erwärmung in Richtung Dfc-Klima wird er jedoch degradieren<br />
und von einem kontinuierlichen zu einem diskontinuierlichen und schließlich sporadischen<br />
zerfallen, bis er schließlich ganz aufgetaut ist. Die jeweilige Ausprägung hängt<br />
auch von dem Sediment ab.<br />
31
Die Landschaft wird durch eine große Flussebene vom Typ „braided river“ geprägt<br />
sein. Die Abflussspitzen der Flüsse liegen im Frühjahr, wenn der gesamte Schnee innerhalb<br />
weniger Wochen schmilzt /SCH 95/.<br />
Tritt der Klimazustand im Anschluss an die heutige Warmzeit ein, so wird angenommen,<br />
dass nicht unbedingt Permafrostböden ausgebildet werden. Dadurch werden sich<br />
weniger Seen und Moore ausbilden. Das Flusssystem wird sich nicht nennenswert<br />
verändern.<br />
In der süddeutschen Referenzregion sind Schichtquellen vorhanden und passen sich in<br />
ihrer Schüttmenge den klimatischen Gegebenheiten an.<br />
3.3.2.4 Hydrogeologie<br />
In den norddeutschen Referenzregionen wird unabhängig davon ob der Klimazustand<br />
nach einer Erwärmung oder Abkühlung erreicht wird, der Untergrund weiterhin durch<br />
den Wechsel wasserdurchlässiger und schlecht durchlässiger Schichten geprägt sein.<br />
Der genaue Aufbau und die Mächtigkeit der Deckschichten hängt im Wesentlichen davon<br />
ab, ob vorher eine Vergletscherung stattgefunden hat und wenn dies der Fall war,<br />
ob die Gletscherstirn vor, in oder hinter der Referenzregion lag. In der Regel ist es<br />
dann zu einer erheblichen Ablagerung von Sedimenten gekommen und damit zu einer<br />
Überdeckung der bisherigen Schichten. Die Mächtigkeit der Deckschicht wird sich<br />
dann in der Regel erhöht haben. Vor der Gletscherstirn wird die Endmoräne aufgestaucht,<br />
dahinter sedimentieren Schotter und Sande, beim Abschmelzen des Gletschers<br />
wird im Bereich der Vergletscherung die Grundmoräne abgelagert.<br />
Für die süddeutsche Referenzregion wird angenommen, dass das Donautal mit weiteren<br />
Schottern und Sanden aufgefüllt wird. Die Schwäbische Alb bleibt im Wesentlichen<br />
unberührt, so dass weiterhin Karst auf schlecht durchlässigere Schichten vorhanden<br />
ist. Es könnte jedoch <strong>zur</strong> verstärkten Frostverwitterung des Gesteins kommen.<br />
3.3.2.5 Böden<br />
Aufgrund der langwierigen Zersetzung des anfallenden Streus in Form von Koniferennadeln<br />
und anderem Hartlaub, sowie ihre hohe Acidität und der im Jahresverlauf lang<br />
anhaltenden Kälte und Nässe kommt es zu einem nur geringen Stoffumsatz. Die Folge<br />
ist der Aufbau mächtiger nährstoffarmer und saurer Streuschichten, wie Torf oder Roh-<br />
32
humus. Als typische Böden bilden sich im Bereich der Schotter und Sande Podzole<br />
(Podsole), auf staunassen, schlecht drainierten Standorten wie sie häufig auf Grundmoränen<br />
oder über Permafrost vorkommen Gleysole (Gleye) oder Histosole (Moor-,<br />
Torfböden). Am Hangfuß kann es zu der Ausbildung von Kolluvien kommen. Auf der<br />
Schwäbischen Alb entstehen hauptsächlich Leptosole (Rendzina).<br />
Die Eigenschaften der Böden, wie die Mächtigkeit der Bodenhorizonte (insbesondere<br />
der Humusauflage), das Gefüge sowie die Lage der Anreichungshorizonte von z.B. Eisen,<br />
Mangan oder Ton sind auch von ihrem Alter abhängig und damit von dem zuvor<br />
herrschendem Klima. Im Anschluss an eine Vergletscherung werden sehr junge Böden<br />
vorhanden sein, die sich aus den neuen Sedimenten entwickelt haben. Im Zuge einer<br />
Abkühlung sind die tiefgründigen Böden weiterhin vorhanden und werden durch die<br />
neuen Klimabedingungen überprägt.<br />
3.3.2.6 Vegetation<br />
Unter natürlichen Bedingungen dominieren boreale Nadel-, gelegentlich auch<br />
Mischwälder. Bei einer Entwicklung in Richtung ET-Klima bilden sich Waldtundren, ansonsten<br />
eine Taiga oder offene Flechtenwälder. Kleinräumige Differenzierungen sind<br />
an die Bodenfeuchte und den Lichteinfall geknüpft. In den Flussebenen gibt es nur wenig<br />
Bewuchs. Permafrost limitiert die Durchwurzelungstiefe.<br />
Wenigstens zu Beginn des Klimazustands richtet sich die Entwicklung der Vegetation<br />
nach dem zuvor vorhandenen Klima bzw. den Bodenverhältnissen. Die Vegetation auf<br />
frisch abgelagerten Sedimenten wird sich erst langsam entwickeln und weniger dicht<br />
sein als diejenige auf schon vorhandenen weiter entwickelten und tiefgründigeren Böden.<br />
3.3.2.7 Wasser- und Sedimenttransport<br />
Erosionsprozesse finden vor allem in den weiten Flussebenen statt, wie sie nach einer<br />
Vereisung entstehen. Während der Abflussspitzen der Flüsse im Frühjahr kommt es zu<br />
großen fluviatilen Materialumlagerungen. Im Sommer findet in den trocken gefallenen<br />
Bereichen in Abhängigkeit der Vegetationsdichte verstärkt Winderosion statt, bei der<br />
Feinsand und Schluff ausgeweht werden. Diese werden andernorts als Düne oder flä-<br />
33
chige Lössdecke abgelagert. Außerhalb der Flusssysteme ist der Wasser- und Sedimenttransport<br />
eher gering. Am häufigsten finden sich hier Solifluktionsprozesse.<br />
Auf der Schwäbischen Alb kommt es in Abhängigkeit der Vegetationsdichte und in Folge<br />
der verstärkten Frostverwitterung zu Winderosion und Gesteinsabbrüchen.<br />
3.3.2.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung<br />
Sowohl in Nord- als auch in Süddeutschland ist eine intensive Landwirtschaft nicht zu<br />
erwarten. Möglich wäre z.B. Rentierwirtschaft, das Sammeln von natürlichen Produkten<br />
(Beeren, Pilzen), das Jagen von Wildtieren und Fischfang. Zu berücksichtigen ist, dass<br />
die Produktionsrate gering ist. Dies bedeutet, dass für die Ernährung einer Person ein<br />
viel größeres Gebiet benötigt wird als im heutigen Klima und Wildtiere weiträumige<br />
Weideräume besitzen und sich daher nur kurze Zeit in den Referenzregionen aufhalten<br />
werden.<br />
3.3.2.9 Eintrag von Kontamination<br />
Die Kontamination kann in den Boden eingetragen werden durch:<br />
(1) Überschwemmung mit kontaminiertem Wasser aus Flüssen, Seen und Grundwasser,<br />
(2) Kapillaraufstieg aus dem Grundwasser (wegen tiefer Temperaturen eher gering)<br />
und<br />
(3) Ablagerung von kontaminiertem und durch Winderosion verfrachtetem Schluff und<br />
Sand aus kontaminierten Flussebenen.<br />
Auf der Schwäbischen Alb ist die Freisetzung von Kontamination aus einer Schichtquelle<br />
möglich.<br />
34
3.3.3 Subpolares Klima ET<br />
3.3.3.1 Klima<br />
Der Klimazustand ET wird als Frostschuttzone oder Tundrenzone bezeichnet /SCH<br />
95/. In ihr finden vielfältige Prozesse statt, die sich auf die Biosphäre auswirken. Vor allem<br />
die Frostwechsel bewirken durch den wechselnden Wassergehalt im Boden auf<br />
z.T. gefrorenem Untergrund durch Spannungsänderungen und Volumenwechsel vielfältige<br />
frostdynamische Prozesse. Deren Einfluss auf die Abtragung und Formung der<br />
Landschaft ist groß und drückt sich in charakteristischen Oberflächenformen und einer<br />
Angleichung des Reliefs (Kryoplanation) aus. Wichtige Ausprägungsmerkmale sind das<br />
Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines Permafrostbodens sowie die Entfernung<br />
zum Gletscher, denn diese haben maßgeblichen Einfluss auf die Intensität und<br />
Art der geomorphologischen Prozesse, die Grundwasserneubildung, aber auch die<br />
Bodenentwicklung.<br />
In der Regel liegt die Mitteltemperatur im wärmsten Monat zwischen +6°C und +10°C<br />
/SCH 95/. Die Wachstumsperiode, in der ausreichend Niederschlag fällt und die mittlere<br />
Temperatur über 5°C liegt beträgt drei, selten vier Monate. Die jährlichen Niederschläge<br />
mit Werten unter 200 mm bis 300 mm fallen meist als Schnee.<br />
3.3.3.2 Geomorphologie/Naturräume<br />
Die landschaftlichen Gegebenheiten richten sich danach, ob das Klima nach einer Abkühlung<br />
unseres heutigen Zustands oder nach einer vorherigen Vergletscherung im<br />
Zuge einer Erwärmung erreicht wird. Unabhängig davon werden frostdynamische Prozesse<br />
und Materialumlagerungen in Form von Solifluktion vorherrschen.<br />
Tritt der Klimazustand im Anschluss an eine Vergletscherung, wie es in Norddeutschland<br />
möglich ist, ein, so wird angenommen, dass die heutige Landschaft stark überprägt<br />
sein wird. Die Ausbildung der Landschaftsformen hängt vor allem von dem Verlauf<br />
der Vergletscherung und seiner maximalen Ausdehnung ab, da diese Faktoren<br />
maßgeblichen Einfluss auf die vorhandenen oberflächennahen Sedimente und die<br />
Ausbildung des Oberflächenreliefs haben. Erreicht der Gletscher die Referenzregion,<br />
bilden die Höhenzüge der Endmoräne die dominierenden Oberflächenformen. Kommt<br />
der Gletscher vorher zum Stehen und liegt die Referenzregion außerhalb der Endmo-<br />
35
änenzüge, so bilden Sanderflächen und Urstromtal eine weiträumige Ebene mit Schottern<br />
und Sanden, dem dominierenden Naturraum. Durch lokal begrenztes Gefrieren<br />
von Wasser im Untergrund können sich durch die Volumenzunahme sogenannte Aufeishügel<br />
bilden, die mit unterschiedlicher Höhe aus der Ebene ragen /SCH 95/. Die<br />
kleinsten von maximal 0,5 m Höhe werden Thufure oder auch Erdbülten genannt,<br />
Palsas ragen steil bis zu 10 m auf, Pingos erreichen sogar eine Höhe von bis zu 100 m<br />
Höhe. Aus der Grundmoräne ausgewehte Feinsande bilden Dünen. Kleinräumig können<br />
vor Erhebungen Schluffe in Form von Löss abgelagert werden. Wird die Referenzregion<br />
vom Gletscher überfahren, so bildet die <strong>zur</strong>ückbleibende Grundmoräne eine<br />
weiträumige Ebene und den dominierenden Naturraum. Erhebungen bilden Kames,<br />
Oser oder Nunataker. Auch Toteishügel sind direkt nach der Vergletscherung noch<br />
vorhanden und bilden beim Abtauen flache Geländedepressionen. Subglazial gebildete<br />
Schmelzwasserrinnen können ebenfalls vorhanden sein und erst im Laufe des ET-<br />
Klimas aufgefüllt werden.<br />
Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die heutigen Sedimente großräumig<br />
mit neuen Ablagerungen überdeckt werden. Die Naturräume werden jedoch bis auf die<br />
Auen/Marschen weiterhin vorhanden sein. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich ihre<br />
räumliche Anordnung und Ausdehnung von der heutigen unterscheiden wird. Vielerorts<br />
bilden sich in den Ebenen und Flussläufen Seen, hervorgerufen durch den hohen<br />
Grundwasserstand und die verminderte Infiltration.<br />
Tritt der Klimazustand im Anschluss an die heutige Warmzeit ein, so wird angenommen,<br />
dass die gegenwärtigen Naturräume weiterhin in den Referenzregionen vorhanden<br />
sein werden. Die Landschaft wird der heutigen ähnlich sein, jedoch mit deutlich<br />
mehr Seen. Je nach Wasserführung der Flüsse und Vegetationsdichte könnte in den<br />
Auen ein höherer Anteil an Feinmaterial (Auenlehmen) abgelagert werden.<br />
Die Landschaftsformen der Schwäbischen Alb bleiben im Wesentlichen unverändert.<br />
3.3.3.3 Hydrologie<br />
Durch die sommerliche Schneeschmelze fallen 80 bis 90% des jährlichen Niederschlags<br />
innerhalb weniger Wochen im Juni oder Juli, wodurch es in den Flüssen zu<br />
extremen Hochwässern kommt /SCH 95/. Permafrost verstärkt den Prozess, da der gefrorene<br />
Untergrund eine nur geringe Grundwasserneubildung zulässt, der größte Teil<br />
oberirdisch abfließt und ohne Verzögerung in die Flüsse gelangt. Unter sehr breiten<br />
36
und tiefen Flüssen, die auch über einen ganzjährig hohen Wasserumsatz verfügen, bilden<br />
sich sogenannte Taliki 13 aus. Diese stellen eine Verbindung zwischen dem oberflächennahen<br />
Grundwasserleiter und dem Tiefengrundwasserleiter her. Auch unter<br />
Seen und im Bereich salzhaltigem Grundwasser können Taliki gegebenenfalls zeitweise<br />
erhalten bleiben.<br />
Nach einer Vergletscherung bildet sich durch den extremen Wechsel in der Wasserführung<br />
ein sogenannter „braided-river“ aus. Sein Verlauf orientiert sich im Wesentlichen<br />
an dem zuvor gestalteten Urstromtal, das nicht zwangsläufig im Bereich der heutigen<br />
Flüsse liegen muss. Elbe und Weser könnten jedoch aufgrund des sehr ebenen Geländes<br />
leichter ihr Flussbett verlegen als die Donau, die zwischen Schwäbischer Alb<br />
und Tertiärhügelland eingeengt ist.<br />
Ausgehend von einem Dfc-Klima werden die Flüsse zwar auch ähnliche Eigenschaften<br />
wie ein „braided-river“ aufweisen, allerdings wird es sich bei den mitgeführten und abgelagerten<br />
Sedimenten eher um feinkörnigeres Material wie Schluffe und Sande handeln.<br />
Die Landschaft ist reich an Seen. Diese entstehen durch das Auftauen oberflächennaher<br />
Bodenschichten und die durch den tieferen Permafrost behinderte Infiltration von<br />
Oberflächenwasser oder auch durch die Volumenzunahme im Bereich von Eiskeilen,<br />
die wassergefüllte Depressionen von 10 bis 40 m Durchmesser verursachen /SCH 95/.<br />
Nach einer Vereisung können zudem auch durch das Auftauen von Aufeishügeln und<br />
Toteisblöcken sogenannte Abschmelzhohlformen (Kryo-, Thermokarst) von einigen<br />
hundert bis maximal 1000 m Durchmesser entstehen, in denen Seen von meist weniger<br />
als 1 m bis 4 m Tiefe entstehen (Thermokarstsee) /SCH 95/. Während einer vorherigen<br />
Vereisung kann zudem durch Schmelzwasser eine subglaziale Tiefenerosion<br />
stattgefunden haben. In diesen sogenannten Schmelzwasserrinnen bilden sich keine<br />
Flüsse aus, weil die Rinnenbasis in der Regel kein Gefälle aufweist /SCH 95/. Durch<br />
die unter dem Grundwasserspiegel befindliche Lage bilden sich jedoch vielfach Seen<br />
aus.<br />
Auf der Schwäbischen Alb fließt das Oberflächenwasser weiter ungehindert in den<br />
Karst ab. Schichtquellen sind vorhanden und passen sich in ihrer Schüttmenge den<br />
klimatischen Gegebenheiten an.<br />
13 Talik: ungefrorener Untergrund<br />
37
3.3.3.4 Hydrogeologie<br />
Die hydrogeologischen Gegebenheiten unterscheiden sich je nachdem ob es sich um<br />
eine Erwärmung oder Abkühlung handelt nicht wesentlich von dem zuvor vorhandenen<br />
Dfc- bzw. ET-Klima. Durch die Materialumlagerung durch (glazio)fluviatile oder äolische<br />
Prozesse sowie Solifluktion oder Steinschläge/Erdrutsche, kann sich jedoch in<br />
Oberflächennähe eine geringfügige Veränderung des Schichtenaufbaus ergeben.<br />
3.3.3.5 Böden<br />
Auf schwach geneigten, vegetationsarmen Flächen bilden sich sogenannte Frostmuster-<br />
oder Strukturböden, in denen durch die Frostwechsel eine vertikale und horizontale<br />
Materialsortierung stattfindet und sich in Steinringen, -polygonen, -inseln oder streifen<br />
ausdrückt. Der Humusabbau und damit die Freisetzung der darin enthaltenen mineralischen<br />
Nährstoffe, wie auch die Tonmineralbildung erfolgen äußerst langsam, wodurch<br />
es zu erheblichen Humusanreicherungen kommt.<br />
Im Bereich von Permafrostgebieten beschränken sich die bodenbildenden Prozesse in<br />
der Regel auf die einen Meter tiefe sommerliche Auftauschicht und laufen nur während<br />
weniger Monate im Jahr ab. Der verbleibende Permafrost verhindert ein Versickern des<br />
Schmelz- und Regenwassers, so dass es zu Vernässungen kommt. Durch die reduzierenden<br />
Bedingungen werden die chemische und biologische Umsetzung und dadurch<br />
auch die Bodenbildung gehemmt. Es bilden sich Histosole oder Gleysole.<br />
Im Anschluss an eine Vergletscherung in Norddeutschland sind die Böden noch sehr<br />
flachgründig. Es dominieren grobkörnige Sedimente wie Schotter/Sande oder auch<br />
Moränenmaterial, aus denen Regosole entstehen. Sie besitzen keinen Auflagehumus<br />
und sind alkalischen bis schwach sauer /SCH 95/.<br />
Während einer Abkühlung bleiben die tiefgründigen Böden des Dfc-Klimas weitgehend<br />
bestehen. Am Hangfuß kommt es vermehrt zu der Bildung von Kolluvien.<br />
Auf der Schwäbischen Alb dominieren Rendzinen, die je nach Klimaverlauf aus einer<br />
mehr oder weniger mächtigen unverwitterten Lockermaterialdecke bestehen /SCH95/.<br />
38
3.3.3.6 Vegetation<br />
Aufgrund der kurzen Vegetationsperioden, der vernässten Böden sowie der Umlagerung<br />
der Böden durch Kryoturbation können nur wenige Pflanzenarten existieren<br />
/SCH 95/. Die Vegetation besteht aus artenarmen Gesellschaften, wie Gräsern, Moosen<br />
und Flechten. Ihre Wurzeltiefe ist vor allem unter Permafrostbedingungen gering<br />
und beträgt im Extremfall nur wenige mm (Flechten). In Tundren kann die Pflanzendecke<br />
nahezu geschlossen sein oder sich saisonal bedingt nur auf begünstigten Standorten<br />
halten.<br />
3.3.3.7 Wasser- und Sedimenttransport<br />
In gletschernahen Gebieten dominiert aufgrund des hohen Schmelzwasseranfalls die<br />
fluviatile Erosion und es kommt besonders im Frühjahr zu einer erheblichen Erosion.<br />
Bei nachlassender Fließgeschwindigkeit erfolgt eine Sedimentation von Schottern und<br />
Sanden, großen Geröllen und Feinmaterial (Sand, Schluff, Ton). In den Sommermonaten<br />
kommt es zu dem Austrag von Feinsand und Schluff durch Winderosion. Diese<br />
werden andernorts als Düne oder Lössdecke abgelagert.<br />
Außerhalb der Flusssysteme ist der Wasser- und Sedimenttransport geringer. Am häufigsten<br />
sind hier Solifluktionsprozesse, die durch die stoßweise anfallenden Abflussspenden<br />
im Sommer hervorgerufen werden und deren Abtragungsrate in den meisten<br />
Fällen bei einigen Zentimetern pro Jahr liegt /SCH 95/. Wann die Solifluktion einsetzt<br />
und wie schnell sie voranschreitet ist in starkem Maße vom Wassergehalt des Substrates<br />
und vom Substrat an sich sowie dem Aufbau des Untergrunds abhängig. In Permafrostgebieten<br />
werden aufgrund der herabgesetzten Reibung schon bei Hängen ab ca.<br />
2° Neigung Fließbewegungen möglich /EHL 11/. Hier werden Abtragungsraten von bis<br />
zu 10 cm pro Jahr erreicht /ZEP 08/. Insgesamt ist die Erosion aufgrund der geringere<br />
Vegetationsdichte und Durchwurzelungstiefe größer als im Dfc-Klima.<br />
Auf der Schwäbischen Alb kommt es in Abhängigkeit der Vegetationsdichte und in Folge<br />
der verstärkten Frostverwitterung zu Winderosion und Gesteinsabbrüchen. In Ebenen<br />
bilden sich z.B. Frostschuttfelder, am Fuß von Hängen Frostschutthalden aus<br />
/SCH 95/.<br />
39
3.3.3.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung<br />
Die Bewirtschaftung unterscheidet sich nicht wesentlich vom Dfc-Klima. Die Produktionsrate<br />
verringert sich jedoch durch die kürzere Vegetationsperiode.<br />
3.3.3.9 Eintrag von Kontamination<br />
Kontamination kann im Boden eingetragen werden durch:<br />
(1) Freisetzung von kontaminiertem Grundwasser über Taliki und Überschwemmung<br />
mit kontaminiertem Wasser aus Flüssen, Seen und Grundwasser,<br />
(2) Kapillaraufstieg aus Grundwasser (wegen tiefer Temperaturen eher gering) und<br />
(3) Ablagerung von äolisch transportiertem Material (Löss und Sand) aus kontaminiertem<br />
Gebiet.<br />
Der Eintrag der Kontamination unterscheidet sich nicht wesentlich von dem unter Dfc-<br />
Klima. In der Süddeutschen Referenzregion kann eine Freisetzung über Schichtquellen<br />
stattfinden.<br />
3.3.4 Polares Klima (EF)<br />
Eine Gletscherüberdeckung hat in der quartären Vergangenheit nur die norddeutschen<br />
Referenzregionen betroffen. Daher wird dieser Klimazustand für die süddeutsche Referenzregion<br />
nicht betrachtet.<br />
3.3.4.1 Klima<br />
Der Klimazustand EF wird auch als polare Eiswüste bezeichnet, in der die Referenzregionen<br />
ganzjährig mit Eis bedeckt sind /SCH 95/.<br />
3.3.4.2 Geomorphologie/Naturräume<br />
Das Eis bedeckt die Referenzregionen vollkommen und überdeckt somit die früheren<br />
Landschaftsformen.<br />
40
3.3.4.3 Hydrogeologie<br />
Der Untergrund wird zunächst weiträumig durch den vorrückenden Gletscher erodiert.<br />
Der Abtrag ist jedoch nicht überall gleich hoch, sondern ist von der Topographie und<br />
dem Untergrund abhängig. Ein Extrem stellt die Erosion subglazialer Schmelzwasserrinnen<br />
dar, die bis in Tiefen von etwa 400m erfolgt.<br />
3.3.4.4 Hydrologie<br />
In das Gletschereis sickernde Niederschläge bzw. Schmelzwässer strömen subglazial<br />
ab und treten zum großen Teil an der Gletscherstirn wieder aus.<br />
3.3.4.5 Böden<br />
Vor der Gletscherüberdeckung vorhandene Böden werden von dem einsickernden<br />
Schmelzwasser durchspült, im Bereich der Schmelzwasserrinne abgetragen oder<br />
durch die glazigene Erosion gekappt.<br />
3.3.4.6 Vegetation<br />
Eine Vegetation ist so gut wie nicht vorhanden.<br />
3.3.4.7 Wasser- /Sedimenttransport<br />
Es findet ausschließlich Erosion statt. Diese wird durch den Gletscher (glazigen) oder<br />
das Schmelzwasser (glaziofluviatil) hervorgerufen. Möglich ist auch eine subglaziale<br />
Tiefenersoion.<br />
3.3.4.8 Bewirtschaftung/Nahrungsbeschaffung<br />
Eine Bewirtschaftung ist nicht möglich.<br />
41
3.3.4.9 Eintrag Kontamination<br />
In Folge der weitgehenden Entkopplung von Geosphäre und Biosphäre kann davon<br />
ausgegangen werden, dass eine Kontamination in der Geosphäre verbleiben würde.<br />
Es ist anzunehmen, dass durch die großen Schmelzwassermengen eine erhebliche<br />
Verdünnung einsetzt. Möglich ist, dass während eines vorherigen Klimas kontaminiertes<br />
Material äolisch (Löss und Sand) oder mit Wasser (Fluss- und Seesedimente) in<br />
andere Gebiete transportiert wird.<br />
3.3.5 Wintertrockene Mittelbreiten (CW)<br />
Der Klimazustand ist vergleichbar mit dem im Abschnitt 2.2 beschriebenen. Der Niederschlag<br />
wäre bedeutend geringer. Grundwassertransport und Fließraten der Flüsse<br />
könnten je nach großräumiger Topographie geringer ausfallen. Abhängig von der Vegetationsdichte<br />
und der Intensität der Niederschläge sind Erosion und Sedimentation<br />
zu erwarten. Während trockener Perioden kommt es <strong>zur</strong> Winderosion. Landwirtschaft<br />
ist nur mit Bewässerung möglich.<br />
3.3.6 Fazit zu diskreten Klimazuständen<br />
Aus den Beschreibungen der Klimazustände geht hervor, dass es zwischen einzelnen<br />
Klimazuständen große Ähnlichkeiten gibt. Aus diesem Grund wird folgende Auswahl<br />
für die Entwicklung konzeptueller Modelle für die physikalische Biosphäre, vorgeschlagen:<br />
Zu betrachten sind<br />
• das heutige Cfb-Klima,<br />
• ein kälteres Klima, das die Eigenschaften des ET- und Dfc-Klimas abdeckt,<br />
• ein wärmeres Klima, entsprechend dem CS-Klima, mit dem auch die Eigenschaften<br />
des CW-Klima abgedeckt sind sowie<br />
• ein spezielles Szenario, das die Besonderheiten einer durch eine Schichtquelle<br />
gespeisten Landwirtschaft berücksichtigt.<br />
Auch bei den diskreten Klimazuständen kann es <strong>zur</strong> Veränderung von Naturräumen<br />
kommen, wie beispielsweise <strong>zur</strong> Trockenlegung eines Moores und dessen anschlie-<br />
42
ßender landwirtschaftlicher Nutzung. Da solche Übergänge aber aufgrund von Klimaveränderungen<br />
verstärkt auftreten, werden sie erst im folgenden Kapitel 0 behandelt.<br />
3.4 Klima-Übergänge<br />
Im Folgenden werden die Klimaübergänge beschrieben und hinsichtlich ihrer Relevanz<br />
für den Radionuklidtransport diskutiert. Ziel ist es Szenarien zu identifizieren, die bisher<br />
nicht in den diskreten Klimazuständen beschrieben worden sind, aber zu hohen oder<br />
höheren Belastungen führen können.<br />
3.4.1 Erwärmung vom Cfb- zum CS-Klima mit Anhebung des Meeresspiegels<br />
Eine Erwärmung hat neben höheren Temperaturen auch eine Änderung der Niederschlagsmenge<br />
und Verteilung, eine erhöhte Verdunstung, eine steigende Erosion und<br />
eine Veränderung der Landwirtschaft <strong>zur</strong> Folge. Eine Erwärmung könnte zudem durch<br />
das Abschmelzen sämtlicher heute vorhandener Gletscher der Erde eine Überflutung<br />
der norddeutschen Referenzregion mit Meerwasser <strong>zur</strong> Folge haben. Während einer<br />
Meerwasserüberflutung würden die Radionuklide beim Austritt aus der Geosphäre in<br />
das Meerwasser eintreten, in dem dann eine hohe Verdünnung der Konzentrationen<br />
erfolgt. Die Aufnahme der Radionuklide in die Nahrungskette (Fische, Krebse, Algen,<br />
etc.) sowie in den Schlick am Meeresgrund werden zu weit geringeren Dosisraten führen<br />
als Szenarien ohne Meerestransgression.<br />
Wichtiger sind Szenarien in denen die Meeresküste direkt an die Referenzregion heranreicht,<br />
denn hier könnten mit Nehrungen, Deltas und Marschen neue Naturräume<br />
entstehen. Eine detaillierte Beschreibung der Prozesse und der daraus resultierenden<br />
Naturräume sind in /VOS 11/ nachzulesen. Die Nutzung dieser Naturräume als landwirtschaftliche<br />
Flächen richtet sich im Wesentlichen nach dem Salzgehalt im Grundwasser<br />
und Boden und damit nach der Verdünnung mit Süßwasser, das durch Niederschläge<br />
und Flüsse in das Gebiet eingebracht wird. Weiterhin sind die Verlandung von<br />
Seen und die Degeneration von Mooren relevant. Derartige Szenarien treten auch<br />
während der diskreten Klimazustände auf, sind aber verstärkt bei einer Erwärmung<br />
vom Cfb zum CS-Klima zu erwarten und werden deshalb hier beschrieben.<br />
Im Folgenden werden die für die Naturräume wichtigsten Punkte beschrieben.<br />
43
3.4.1.1 Nehrung und Delta<br />
Eine Nehrung besteht im Wesentlichen aus Feinsand, ein Delta besitzt zusätzlich einen<br />
hohen Schluffanteil. Der Stand der Bodenbildung, die Lage des Standortes (Hang,<br />
Ebene, Schutz vor Wind, Gischt, Überschwemmungshäufigkeit) und der Einfluss des<br />
salzhaltigen Grundwassers bzw. die Lage der Süßwasserlinse bestimmen die landwirtschaftlichen<br />
Nutzungsmöglichkeiten. In jedem Fall ist das Sammeln von Naturprodukten<br />
möglich. Die Nutzung in Form von Viehwirtschaft richtet sich nach der Trittfestigkeit<br />
des Bodens und setzt den Schutz vor Gischt und eine Aussüßung der obersten Bodenschicht<br />
voraus, damit Gras gedeihen kann.<br />
Auf Grund des Aufbaus und der Lage zum Meer bestehen große Ähnlichkeiten des<br />
Deltas mit einer Marsch, s. Kapitel 3.4.1.3. Durch den hohen Schluffanteil kann auch<br />
hier durch Trockenlegung der oberen Bodenschichten (z.B. Eindeichung, Drainage)<br />
sehr fruchtbares Land entstehen.<br />
Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports sind folgende<br />
Prozesse zu berücksichtigen:<br />
• Niederschlag und Evapotranspiration:<br />
Es ist eine große Bandbreite möglich.<br />
• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs:<br />
Auf regelmäßig überschwemmten Flächen ist höchstens Viehwirtschaft möglich.<br />
Dort wachsen im Wesentlichen salztolerante und -liebende Pflanzen. Die Eignung<br />
für landwirtschaftliche Flächen richtet sich nach dem Grundwasserflurabstand der<br />
Süßwasserlinse und dem Schutz vor Gischt und Wind.<br />
• Bodenwasser:<br />
Wegen des hohen Grundwasserspiegels und der regelmäßigen Überschwemmungen<br />
sowie der nur lokal vorhandenen Süßwasserlinse ist die Wasserbewegung gering.<br />
• Grundwassertransport:<br />
Durch den hohen Grundwasserspiegel und geringen Gradienten ist der Grundwassertransport<br />
eingeschränkt.<br />
• Erosion und Sedimentation:<br />
Erosion und Sedimentation sind hoch und stark von der Lokalität abhängig. An ei-<br />
44
nigen Stellen überwiegt die Erosion, an anderen die Sedimentation. Bei dem Übergang<br />
von Süß- zu Salzwasser kann sich die Sedimentationsrate im Wasser erhöhen.<br />
• Entwicklung von neuen Böden:<br />
Aus den schluffhaltigen Sedimenten eines Deltas bilden sich Salz-, Kalk-, Klei-,<br />
Knick, Moormarschen. Auf den sandigen Sedimenten der Nehrung vor allem Podsole.<br />
Die Abfolge der Böden ist in Abb.10 veranschaulicht.<br />
Abb. 10: Bodengroßlandschaft im Bereich der tidebeeinflussten Küste /BOD 05/<br />
• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässern:<br />
Flüsse bringen Süßwasser in das Gebiet. Zusätzlich werden durch die Flüsse und<br />
das Meer Sedimente eingetragen.<br />
• Entwicklung der Naturräume:<br />
Meeresfern gelegene Teile des Deltas entwickeln sich durch natürliche Vorgänge<br />
zu landwirtschaftlich nutzbaren Flächen oder werden durch Eindeichen/Drainage in<br />
fruchtbares Ackerland umgewandelt (siehe Kapitel 3.4.1.3).<br />
Nehrungen sind meerwärts immer in Bewegung. in Richtung Festland entwickeln<br />
sich zunächst Moore, Marschen. Die Marschen wiederum können durch Eindeichen/Drainage<br />
in fruchtbares Ackerland umgewandelt werden. Auch Salzgewinnung<br />
ist möglich.<br />
Für die Modellierung relevant ist die Verdünnung durch den großen Wasser- und Sedimentumsatz.<br />
Um die Kontamination von Marschen und Mooren in Meeresnähe zu<br />
45
erechnen und abzuschätzen in welcher Größenordnung die Verdünnung gegenüber<br />
relevanten Oberflächengewässern liegt, ist es sinnvoll ein Delta in Meeresnähe genauer<br />
zu betrachten. Für die Abschätzung wurden Angaben aus Kappenberg & Fanger<br />
über die Elbemündung berücksichtigt /KAP 07/. Für die Elbemündung wird ein Wasserdurchfluss<br />
von 10 10 m 3 /a und ein Sedimentfluss von 0,34 Mt/a angegeben. Nimmt<br />
man ein betroffenes Gebiet von 100 km 2 an, führt dies zu einer Ablagerung von 3,4 mm<br />
Sediment pro Jahr. Zur Abschätzung des Wasservolumens können die Überlegungen<br />
für ein typisches Gezeitendelta herangezogen werden. Nimmt man eine Gezeitendifferenz<br />
von 2 m, eine mittlere Höhe der Überschwemmung von 1 m, und eine Oberfläche<br />
von 100 km 2 an, von der 30 % bei Hochwasser überschwemmt werden, so ergibt sich<br />
daraus ein Wasservolumen von 3·10 07 m 3 . Nimmt man weiter an, dass die Überschwemmung<br />
entsprechend der Gezeiten zweimal pro Tag stattfindet, ergibt sich ein<br />
pro Jahr bewegtes Wasservolumen von ca. 2·10 10 m 3 /a. In der Größenordnung ist dies<br />
vergleichbar mit dem Abfluss der Elbe von 10 10 m 3 /a.<br />
Ersichtlich ist, dass die Verdünnung bedeutend größer ist als diejenige, die in einem<br />
Biosphären-Aquifer stattfindet dessen Wasserfluss üblicherweise in einer Größenordnung<br />
von 10 04 bis 5·10 06 m 3 /a liegt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass, sofern diese<br />
Marschen und Moore regelmäßig überschwemmt werden bzw. generell einen hohen<br />
Grundwasserspiegel aufweisen, sie nur für Viehzucht verwendet werden können.<br />
In den nächsten Abschnitten werden die für die Landwirtschaftlich wichtigsten Naturräume<br />
Moor und Marsch, welche sich in einer Nehrung oder einem Delta bilden können,<br />
besprochen.<br />
3.4.1.2 Moor<br />
Moore entwickeln sich nur unter Süßwasserbedingungen aus stets vernässten Flächen<br />
oder aus Seen, die zunehmend verlanden. Ohne Entwässerung sind Moore nur für die<br />
Viehwirtschaft geeignet.<br />
Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports sind dann folgende<br />
Prozesse zu berücksichtigen:<br />
• Niederschlag und Evapotranspiration:<br />
Es ist eine große Bandbreite möglich. Wegen dem hohen Grundwasserspiegel gibt<br />
es keine Bewässerung.<br />
46
• Landwirtschaft und Pflanzenbewuchs:<br />
Wegen des hohen Grundwasserspiegels und der geringen mechanischen Belastbarkeit<br />
des Moores ist kaum Landwirtschaft möglich, höchstens Viehwirtschaft.<br />
• Bodenwasser:<br />
Wegen des hohen Grundwasserspiegels ist der Wassertransport gering.<br />
• Grundwassertransport:<br />
Durch den hohem Grundwasserspiegel und geringen Gradienten ist der Grundwassertransport<br />
eingeschränkt.<br />
• Erosion und Sedimentation:<br />
Lokal ist Erosion möglich, ansonsten findet vor allem Sedimentation statt.<br />
• Entwicklung von Böden:<br />
Torfschichten wachsen an.<br />
• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässern:<br />
Flüsse können Süßwasser und Sedimente in das Gebiet bringen.<br />
• Bildung und Umwandlung von Naturräumen:<br />
Die Torfschichten wachsen mit der Zeit aus dem grundwasserbeeinflussten Bereich<br />
hinaus. Das Niedermoor wandelt sich dann in ein Hochmoor um.<br />
Wenn der Grundwasserspiegel absinkt, ist auch Gemüseanbau und im weiteren Verlauf<br />
ab etwa einen halben Meter Flurabstand ist auch Ackerbau möglich. Zu beachten<br />
ist, dass eine Senkung des Grundwasserspiegels den Abbau des organischen Materials<br />
beschleunigt und die Fruchtbarkeit des Moores ohne Düngung schnell abnehmen<br />
lässt. Das Moor kann auch für den Abbau von Torf (z.B. als Material für Bodenverbesserung<br />
oder als Brennstoff) genutzt werden. Bei der Beschreibung der Naturräume und<br />
des Radionuklidtransports sind folgende Prozesse zu berücksichtigen:<br />
• Niederschlag & Evapotranspiration:<br />
Die Niederschlagsmenge ist wichtig für das Pflanzenwachstum. Ein Defizit kann<br />
durch Bewässerung kompensiert werden. Diese Wasserströme bestimmen auch<br />
den Radionuklidtransport aus dem Moor heraus.<br />
• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs, Primärproduktion:<br />
Die Böden des Moores sind zunächst fruchtbar und die landwirtschaftliche Produktion<br />
hoch. Bewässerung kann nötig sein. Die mechanische Belastbarkeit des Bodens<br />
ist gering.<br />
47
• Bodenwasser:<br />
Niederschlag, der nicht verdunstet oder oberflächlich abfließt, wird in das Grundwasser<br />
infiltrieren. Während der trockenen und warmen Sommermonate kann ein<br />
kapillarer Wasseraufstieg möglich sein.<br />
• Grundwassertransport:<br />
Wegen der flachen Topographie sind der Gradient im Grundwasser und die<br />
Grundwasserbewegung gering.<br />
• Erosion und Sedimentation:<br />
Wegen der flachen Topographie ist die Erosion gering.<br />
• Entwicklung von Böden:<br />
Bei Entwässerung sackt der Moorboden in sich zusammen und vererdet bei entsprechend<br />
hohem Niederschlag. Ansonsten trocknet der Boden aus und es entstehen<br />
Risse.<br />
Wird ein Moor häufiger mit Salzwasser überschwemmt stirbt es ab und die Torfschichten<br />
saugen sich mit dem Wasser voll. Durch dessen Verdunstung reichert sich das<br />
Salz im Torf an. Die Konzentration ist so groß, dass Salzgewinnung möglich ist.<br />
Für die Modellierung ist ein Moor vor und nach Entwässerung zu betrachten. Kontamination<br />
kann während der Bildung eines Niedermoors stattfinden. In dieser Phase ist<br />
nur Viehwirtschaft möglich. Ein entwässertes Moor ist auch für Ackerbau geeignet. Ohne<br />
Bewässerung findet keine Kontamination mehr statt und es ist nur eine bestehende<br />
Kontamination zu berücksichtigen.<br />
3.4.1.3 Marsch<br />
Marschen in Meeresnähe werden bei Flut mit Salz- oder Brackwasser überschwemmt.<br />
Direkt am Fluss gelegen werden sie regelmäßig mit Süßwasser überschwemmt. In solchen<br />
Gebieten können verschiedene nicht landwirtschaftliche Produkte gesammelt<br />
werden und auch bestimmte Arten von Landwirtschaft sind möglich (z.B. Viehwirtschaft).<br />
Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports sind folgende<br />
Prozesse zu berücksichtigen:<br />
• Niederschlag und Evapotranspiration:<br />
Es ist eine große Bandbreite möglich.<br />
48
• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs, Primärproduktion:<br />
Es ist vor allem eine natürliche Vegetation zu erwarten, die an Salz- oder Brackwasser<br />
angepasst ist. Solange der Boden salzhaltig ist, ist er für die Landwirtschaft<br />
ungeeignet oder nur sehr eingeschränkt nutzbar.<br />
• Bodenwasser:<br />
Durch den hohen Grundwasserspiegel und die regelmäßige Überschwemmung ist<br />
die Wasserbewegung eher gering.<br />
• Grundwassertransport:<br />
Durch den hohen Grundwasserspiegel und den geringen Gradienten ist der<br />
Grundwassertransport eingeschränkt.<br />
• Erosion und Sedimentation:<br />
Lokal ist Erosion möglich, sonst vor allem Sedimentation. Bei dem Übergang von<br />
Süß- zu Salzwasser kann sich die Sedimentationsrate erhöhen.<br />
• Entwicklung von neuen Böden:<br />
Es kommt <strong>zur</strong> Bildung von Salz-, Kalk-, Klei-, Knick, Moormarschen.<br />
• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässern:<br />
Einerseits bringen die Flüsse Süßwasser in das Gebiet, anderseits besteht durch<br />
Ebbe- und Flut ein intensiver Austausch mit salzhaltigem Meerwasser. In küstennahen<br />
Bereichen findet ein sehr großer Umsatz von Feststoffen statt.<br />
• Bildung und Umwandlung von Naturräumen:<br />
Marschen lassen sich auf natürliche Art oder durch Eindeichen in fruchtbares<br />
Ackerland umwandeln (siehe Kapitel 3.4.1.3).<br />
Wenn die Überschwemmungen verhindert werden und der Grundwasserspiegel genügend<br />
abgesenkt ist, ist in der Regel auch Ackerbau möglich. Marschland ist in der Regel<br />
ein sehr fruchtbares Land. Bedingung ist, dass ein genügend hoher Grundwasserflurabstand<br />
vorhanden ist. Bei der Beschreibung der Naturräume und des Radionuklidtransports<br />
sind folgende Prozesse zu berücksichtigen:<br />
• Niederschlag & Evapotranspiration:<br />
Die Niederschlagsmenge ist wichtig für das Pflanzenwachstum. Ein Defizit kann<br />
durch Bewässerung kompensiert werden. Die Wasserströme bestimmen auch den<br />
Radionuklidtransport aus dem Marschland hinaus.<br />
49
• Landwirtschaft, Pflanzenbewuchs, Primärproduktion:<br />
Die Böden der Marsch sind fruchtbar und die landwirtschaftliche Produktion hoch.<br />
• Bodenwasser:<br />
Niederschlag, welcher nicht verdunstet oder oberflächlich abfließt, wird in das<br />
Grundwasser infiltrieren. Während der trockenen und warmen Sommermonate<br />
kann ein kapillarer Wasseraufstieg möglich sein. Weil die Böden im Marschland<br />
stark ton- und lehmhaltig sind, ist in der Regel eine Entwässerung (Drainage) nötig.<br />
• Grundwassertransport:<br />
Wegen der flachen Topographie sind die Gradienten im Grundwasser und die<br />
Grundwasserbewegung gering.<br />
• Erosion und Sedimentation:<br />
Wegen der flachen Topographie ist die Erosion gering. Bleiben die Überschwemmungen<br />
aus, wird die Sedimentation vernachlässigbar klein.<br />
• Entwicklung von Böden:<br />
Im Allgemeinen ist ein toniger oder lehmiger Boden zu erwarten.<br />
• Flüsse von Wasser und Feststoffen in Oberflächengewässer:<br />
Die Geomorphologie in der Region und stromaufwärts sowie Klima und Vegetation<br />
bestimmen die Größe der Wasser- und Feststoffflüsse in den Oberflächengewässern.<br />
Für die Biosphärenmodellierung ist, solange die Kontamination noch stattfindet, wegen<br />
der Überschwemmungen und dem hohen Grundwasserspiegel höchstens Viehwirtschaft<br />
möglich. Erst nach Entwässerung können Ackerbau und weiter landwirtschaftliche<br />
Aktivitäten erfolgen. Für die Biosphärenmodellierung ist dann von einer bestehenden<br />
Kontamination auszugehen. Durch den Abtransport mit Wasser nehmen die Konzentrationen<br />
mit der Zeit ab.<br />
3.4.2 Abkühlung vom CS-, CW-Klima zum Cfb-Klima<br />
Bei Rückzug des Meeres könnten sich verstärkt neue Naturräume wie z.B. Nehrungen<br />
und Deltas entwickeln, s. Kapitel 3.4.1.1. Eine Rückkehr von einem wärmeren zum<br />
heutigen Klima verursacht vor allem einen Temperaturrückgang. Auch die Niederschlagsmenge<br />
und die Verteilung über das Jahr ändern sich. Im Allgemeinen wird weniger<br />
Bewässerung nötig sein und die landwirtschaftliche Produktion könnte wegen der<br />
50
niedrigeren Temperaturen abnehmen. Mögliche Naturräume wurden bereits erwähnt.<br />
Darüber hinaus gibt es keine speziellen Szenarien.<br />
3.4.3 Abkühlung vom Cfb- über das Dfc-/ET- bis zum EF-Klima<br />
Die Übergänge zeichnen sich aus durch:<br />
• sinkende Temperaturen,<br />
• geringeren Niederschlag,<br />
• geringeres Pflanzenwachstum und dadurch geringere Ernteerträge,<br />
• langsameren Abbau von organischem Material und dadurch verstärkte Entwicklung<br />
von Mooren.<br />
Aufgrund der Meeresnähe wird davon ausgegangen, dass Norddeutschland unter den<br />
kalt-ozeanischen Typ der Klimazone fallen wird. In ihm bleiben die Sommer etwas kühler<br />
und die Winter wesentlich milder. Die Jahresmitteltemperaturen liegen etwa bei 0°C.<br />
Die Übergänge zu den kälteren Klimaten können wie folgt zusammengefasst werden:<br />
• Cfb => Dfc:<br />
heutiges Klima => Übergangsklima ohne Permafrost:<br />
Zu betrachten ist die maximale Konzentration aus den Berechnungen für das heutige<br />
Klima in einem Rentier-Szenario.<br />
• Dfc => ET:<br />
Übergangsklima ohne Permafrost => Kaltzeit mit Permafrost:<br />
Es kann die maximale Konzentration aus den Berechnungen für das heutige Klima<br />
in einem Rentier-Szenario betrachtet werden.<br />
• ET => EF:<br />
Kaltzeit mit Permafrost zu Kaltzeit mit Gletscherüberdeckung:<br />
Weil sich keine Menschen dauerhaft in einem solchen Klima aufhalten, muss dieser<br />
Übergang nicht betrachtet werden.<br />
Die Radionuklid-Konzentration ist in den Pflanzen und den lokal gehaltenen Tieren unter<br />
kälteren Bedingungen größer als in der heutigen intensiven Landwirtschaft. Grund<br />
dafür ist die Tatsache, dass ein natürliches System immer darauf ausgelegt ist, die<br />
51
Nährstoffe optimal auszunutzen und Verluste gering zu halten. Dies bedeutet, dass unter<br />
eher kargen, kälteren Bedingungen, die Nährstoffe effizienter im Boden <strong>zur</strong>ückgehalten<br />
und von der Pflanze genutzt werden und den Nährstoffen chemisch ähnliche<br />
Radionuklidkationen aus diesem Grund in größeren Mengen in die Pflanze gelangen.<br />
Eine geringere Produktivität bedeutet dabei, dass ein entsprechend größeres Gebiet<br />
nötig ist um die gleiche Anzahl von Personen zu ernähren. Weil eine Aufkonzentrierung<br />
der Radionuklide während der Übergänge nicht zu erwarten ist, kann die maximale<br />
Konzentration vom Cfb-Klima für die Berechnungen angenommen werden.<br />
3.4.4 Erwärmung vom EF- über das ET-, Dfc- bis zum Cfb-Klima<br />
In und am Ende einer Kaltzeit mit Gletscherüberdeckung finden große Materialumlagerungen<br />
statt, welche auch eine große Verdünnung einer vorhandenen Kontamination<br />
verursachen. Ein Spezialfall ist die früher erwähnte Tiefenerosion durch Schmelzwasserrinnen.<br />
Hierbei könnten Radionuklide auf relativ kurzem Wege aus dem Wirtsgestein<br />
freigesetzt werden. Die Folge der Bildung einer subglazialen Rinne würde zwar<br />
zu einem großen Feststoffabtrag führen und damit auch zu einem Abtransport eventuell<br />
im Untergrund vorhandener Radionuklide, jedoch hätte dies eine große Verdünnung<br />
der Radionuklid-Konzentration <strong>zur</strong> Folge. Wäre die Rinne auch nach dem Abschmelzen<br />
des Gletschers noch nicht vollständig mit Sedimenten verfüllt, so würde in ihr aufgrund<br />
der unter dem Grundwasserspiegel befindlichen Tiefenlage ein See vorhanden<br />
sein. Auf kurzem Weg freigesetzte Radionuklide würden sich in diesem akkumulieren<br />
und bei der Verfüllung der Rinne, die zumindest zu einem Teil noch während der Kaltzeit<br />
stattfindet, mit Sedimenten verdünnt werden.<br />
Im Zuge einer Biosphärenmodellierung konnte von einer bestehenden Konzentration<br />
ausgegangen und als Beginn eines periglazialen Szenarios betrachtet werden. Mögliche<br />
Szenarios wären:<br />
(1) Ein eiszeitlicher See, der mit der Zeit verlandet,<br />
(2) Eine Flussaue, die periodisch überschwemmt wird<br />
Eine Freisetzung von Radionukliden unter periglazialen Bedingungen mit Permafrost<br />
würde hauptsächlich in Taliki stattfinden. Ohne Permafrost wäre ein Freisetzungsszenario<br />
wie es für das heutige Klima betrachtet wurde möglich. Eine Akkumulation der<br />
Radionuklide wäre vor allem in bindungsstarken Sedimenten wie Flussauen, Mooren<br />
und Löss zu erwarten. Wie oben erwähnt ist unter periglazialen Bedingungen eine Ver-<br />
52
lagerung der Kontamination durch Wasser- und Winderosion sowie Solifluktion möglich.<br />
Die Biosphären-Berechnungen würden mit einer Anfangskonzentration in den Naturräumen<br />
beginnen. Es können sowohl die Rentier-Wirtschaft als auch eine landwirtschaftliche<br />
Nutzung wie in den diskreten Klimazuständen berücksichtigt werden.<br />
3.4.4.1 Löss<br />
Löss entsteht unter periglazialen Bedingungen durch Windverfrachtung. Kontamination<br />
von Lössböden kann wie folgt stattfinden: (1) durch Bewässerung mit kontaminiertem<br />
Wasser (ist unter den „normalen“ Biosphärenszenarien zu betrachten) oder (2) durch<br />
Winderosion von Sedimenten aus einer kontaminierten Flussebene unter periglazialen<br />
Bedingungen. Weil Lössablagerungen im Allgemeinen eine Mächtigkeit von mehreren<br />
Metern haben, ist Kapillaraufstieg als Kontaminationsweg eher unbedeutend.<br />
3.4.5 Fazit zu Klimaübergängen<br />
In diesem Abschnitt wurden die zu erwartenden Ausprägungen und Nutzungen der Naturräume<br />
und die dazugehörigen Prozesse beschrieben, die sich aus den Klimaübergängen<br />
ergeben können. Diese Beschreibungen stellen die Grundlage für die in Kapitel<br />
4.2 entwickelten konzeptuellen Modelle der physikalischen Biosphäre dar. Szenarien,<br />
die eine höhere Verdünnung bzw. eine geringere Dosis erwarten lassen wurden jedoch<br />
nicht weiter betrachtet. Die Naturräume Marsch, Moor und Quelle sowie Löss, die in<br />
verschiedenen diskreten Klimazuständen auftreten können, werden unter den Klimaübergängen<br />
in Kapitel 0 betrachtet. Spezielle landwirtschaftliche Praktiken wie Rentier-<br />
Wirtschaft und Vieh-Wirtschaft werden im Folgenden als gesonderte Szenarien bezeichnet.<br />
Es ist aber generell vorstellbar, dass alle hier ausgewählten Szenarien auch<br />
während eines Klimazustands auftreten können und nicht auf Klimaübergänge beschränkt<br />
sind.<br />
53
4 Konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre<br />
4.1 Kompartimentmodell für die physikalische Biosphäre<br />
In diesem Kapitel werden konzeptuelle Modelle für die physikalische Biosphäre der Referenzregionen<br />
erstellt. Diese werden für die verschiedenen Naturräume und Klimabedingungen<br />
unter Berücksichtigung expositionsrelevanter Prozesse dargestellt. Sie bilden<br />
die Basis für Modellrechnungen, die insbesondere folgende Fragen beantworten<br />
sollen:<br />
−<br />
−<br />
Wie entwickeln sich der Transport, die Freisetzung und die Akkumulation der Radionuklide<br />
in den verschiedenen Naturräumen?<br />
Wie entwickelt sich die Konzentration von Radionukliden, welche bereits in den Naturräumen<br />
akkumuliert wurden?<br />
Dazu müssen die relevanten Transportpfade mitsamt ihrer Massenbewegungen abgebildet<br />
werden. In einem ersten Schritt werden daher für alle Klimazustände eines Naturraums<br />
konzeptuelle Modelle der physikalischen Biosphäre in Form von Blockbildern<br />
erstellt. Hierzu wird die ausführliche Beschreibung eines jeden Klimazustands und<br />
Klimaübergangs aus Kapitel 2 und 3 herangezogen. In einem zweiten Schritt werden<br />
die Massenbewegungen quantifiziert. Dies erfolgt entweder auf der Grundlage von Untersuchungen<br />
und Messungen in den Referenzregionen oder es werden Stoffbilanzen<br />
aus heutigen Naturräumen gleicher Klimate herangezogen.<br />
Zur Illustration der konzeptuellen Modelle werden Kompartimentmodelle wie in Abb. 11<br />
verwendet. Sie bestehen aus jeweils vier Kompartimenten: Dem Biosphärenaquifer,<br />
dem Boden (terrestrisch), den Oberflächengewässern (aquatisch) und der Atmosphäre.<br />
54
Atmosphäre<br />
Abfluss<br />
Solifluktion<br />
Sedimentation<br />
Boden<br />
Unterboden<br />
Oberflächengewässer<br />
Fluss im<br />
Biosphären-Aquifer<br />
Feststoffe<br />
Wasser<br />
Schadstoffe<br />
Biosphärenaquifer<br />
Beitrag aus<br />
Geosphären-Aquifer<br />
Zufluss<br />
Abb. 11:<br />
Kompartimentmodell für die Darstellung der physikalischen Biosphäre, einschließlich<br />
expositionsrelevanter Austauschprozesse<br />
Die Ein- und Austräge sowie die Austauschprozesse innerhalb des Biosphärensystems<br />
werden durch Pfeile zwischen den Kompartimenten dargestellt. Dabei zeigen blaue<br />
Pfeile den Transport von Wasser, schwarze Pfeile den Transport von Feststoff und rote<br />
Pfeile den möglichen Transport von Radionukliden an. Obwohl der Feststofftransport in<br />
der Regel an den Wasserpfad (fluvial/glazifluviatil) geknüpft ist, ist auch eine Verlagerung<br />
durch Winderosion, Erdrutsche/Steinschläge bzw. glazigene Verfrachtung möglich.<br />
Radionuklide können im Wasser gelöst oder an Feststoffe adsorbiert sein. Ihr<br />
Transport ist damit zum größten Teil an den Wasser- und Feststofftransport gebunden.<br />
Der gasförmige Transport von Radionukliden nimmt in der Regel einen nur untergeordneten<br />
Stellenwert ein, wenn er auch für bestimmte Radionuklide wie z.B. C-14<br />
durchaus als relevant eingestuft werden kann. Zusätzlich können Radionuklide auch<br />
als Aerosole transportiert werden. Der Transport von Wasser ist in Form von flüssigem<br />
Wasser, Schnee oder in der Gasphase möglich.<br />
Je nach Klimazustand und Entwicklung verstärken sich die transportrelevanten Prozesse<br />
oder werden abgeschwächt. Die Pfeilspitze gibt die Transportrichtung an. Prozesse,<br />
die eine geringere Relevanz haben, sind durch gestrichelte Pfeile dargestellt.<br />
55
4.1.1 Wasser- und Stoffflüsse in den einzelnen Kompartimenten<br />
Das Kompartiment Oberflächengewässer umfasst die aquatischen Naturräume See,<br />
Fluss, Quelle und Moor. Ein Zustrom von Wasser erfolgt in Form von Niederschlägen,<br />
Flüssen aber auch durch Interflow oder den Geosphärenaquifer, ein Austrag durch<br />
Flüsse und Evaporation.<br />
Ein Feststoffeintrag erfolgt durch Sedimentation von (glazi)fluviatil, glazigen oder äolisch<br />
transportiertem Material. Radionuklide werden im Wesentlichen über die Wasserund<br />
Transportpfade ein- und ausgetragen.<br />
Das Kompartiment Boden ist die wesentliche Komponente der terrestrischen Naturräume<br />
Schotter/Sande, Moränen, Auen und Marschen sowie der Alb. Es berücksichtigt<br />
den Ober- und den Unterboden. Obwohl zwischen einem phasenweise ungesättigten<br />
Oberboden und einem gesättigten Unterboden zu unterscheiden ist, wird angenommen,<br />
dass der Austausch von Feststoff und Wasser weitgehend ungehindert 14 erfolgt<br />
und der Radionuklidtransport in beiden Richtungen stattfinden kann. Beim Austausch<br />
von Feststoffen und Radionukliden zwischen den Bodenschichten spielen natürliche<br />
Prozesse wie die Bioturbation, aber auch anthropogene Prozesse wie das Pflügen eine<br />
wichtige Rolle.<br />
Wasser wird durch Niederschlag, Überschwemmungen, aufsteigendes Grundwasser,<br />
Grundwasserspiegelschwankungen, Interflow oder aktive Bewässerung eingetragen.<br />
Ein Austrag erfolgt durch Interflow, Versickerung, Evaporation, Aufnahme durch die<br />
Pflanzen und Wasserentnahme durch einen Brunnen. Feststoffe werden auf denselben<br />
Transportwegen ein- und ausgetragen. Zusätzlich kann ein Austrag durch fluviatile<br />
Erosion erfolgen. Zu bedenken ist weiterhin, dass Pflanzen zu der Akkumulation von<br />
Äolisch oder (glazio)fluviatil transportierten Feststoffen beitragen können. Zusätzlich<br />
kann der anthropogene Eingriff durch z.B. Abholzung oder Brandrodung, die Bodenbearbeitung<br />
oder die Fruchtfolge bzw. das Brachliegen der Flächen vor allem den Austrag<br />
von Feststoffen verstärken.<br />
Der Ein- und Austrag von Radionukliden ist im Wesentlichen an den zuvor beschriebenen<br />
Wasser- und Feststoffpfad gebunden und findet statt durch:<br />
14 Von möglicherweise gebildeten Konkretionen in Form von z.B. Raseneisenstein oder ausgefälltem Kalk,<br />
die Radionuklide mitfällen und wieder freisetzen könnten, wird an dieser Stelle kein Kredit genommen.<br />
56
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
Überschwemmung 15 mit kontaminiertem Grund- oder Oberflächenwasser,<br />
Bewässerung 16 mit kontaminiertem Grund- oder Oberflächenwasser.<br />
Erdrutsche von kontaminiertem Material<br />
Winderosion und Ablagerung von kontaminiertem Material<br />
Kapillarer Aufstieg von Grundwasser<br />
Grundwasserspiegelschwankungen<br />
Dieser kann jedoch durch Pflanzen modifiziert werden. Durch Aufnahme in ober- und<br />
unterirdische Pflanzenteile und anschließendes Absterben können sie den Eintrag erhöhen<br />
und vor allem durch Humus- oder Torflagen auch zu deren Akkumulation beitragen.<br />
Umgekehrt können sie jedoch auch zu dessen Austrag beitragen, indem sie Radionuklide<br />
aus dem Boden aufnehmen und im Anschluss durch Tierfraß oder Ernte aus<br />
dem System der physikalischen Biosphäre entfernt werden. Üblicherweise wird in der<br />
Modellierung aber als pessimistische Annahme die Entfernung von Radionuklide durch<br />
Pflanzen aus Boden vernachlässigt. Unter landwirtschaftlichen Bedingungen werden<br />
evtl. auch Radionuklide aus Mist und Gülle, bei fehlender Kanalisation und niedrigem<br />
gesellschaftlichen Entwicklungsstand auch durch das Abwasser, in den Boden eingebracht.<br />
Das Kompartiment Atmosphäre stellt hauptsächlich den Austausch von Wasser zwischen<br />
Atmosphäre und Oberflächengewässer sowie dem Boden dar. Die Atmosphäre<br />
kann aber auch für die Exposition des Menschen eine Rolle spielen. Radionuklide können<br />
über Aerosole oder Staub, die aus kontaminierten Gewässern, bzw. Böden stammen,<br />
vom Menschen aufgenommen werden. Wenige Radionuklide, wie C-14 können<br />
auch über den Gaspfad freigesetzt werden und vom Menschen direkt über die Atemluft<br />
aufgenommen werden.<br />
15 Bei Überschwemmungen kann das Wasser neben gelösten Radionukliden auch Feststoffe mit daran<br />
adsorbierten Radionukliden enthalten.<br />
16 Bewässerungswasser kann neben gelösten Radionukliden auch Feststoffe mit daran adsorbierten Radionukliden<br />
enthalten.<br />
57
4.1.2 Kontamination der Nahrungsmittel<br />
Unter Nahrungsmittel sind Pflanzen und Tiere sowie Tierprodukte wie z.B. Eier und<br />
Milch zu verstehen.<br />
Tiere nehmen Radionuklide über das Tränkwasser, die Nahrung, an der Nahrung haftenden<br />
Boden, den Boden an sich und in Form von Aerosolen über die Inhalation auf.<br />
Pflanzen nehmen Radionuklide aus dem Bodenwasser, über das auf die Blätter fallende<br />
kontaminierte Regen- oder Bewässerungswasser und durch Assimilation aus der<br />
Luft (z.B. C-14) auf.<br />
Die Radionuklide werden zum Teil wieder ausgeschieden (Mist, Gülle) oder gehen in<br />
tierische Produkte wie z.B. Milch, Fleisch und Eier über. Mit der Zeit können sich somit<br />
erhebliche Mengen akkumulieren. Am Ende der Nahrungskette stehende fleischfressende<br />
Tiere weisen dadurch meist besonders hohe Radionuklidkonzentrationen auf.<br />
4.1.3 Kontamination des Menschen<br />
Die Aufnahme von Radionukliden durch den Menschen erfolgt in der Regel über die<br />
Aufnahme pflanzlicher und tierischer Produkte, über das Trinkwasser, die Inhalation<br />
von Aerosolen sowie die externe Strahlung (Boden, Wasser) und die Aufnahme von<br />
Erde. Die letztere kann ungewollt über die pflanzliche Nahrung aufgenommen werden<br />
(insbesondere bei Wurzelgemüse), kann aber auch gewollt sein. Insbesondere von<br />
Kindern können auch weitere Feststoffe aufgenommen werden, die Radionuklide enthalten<br />
können wie insbesondere Erde. Ein weiterer, meist vernachlässigter Expositionspfad<br />
stellt die Nutzung kontaminierten Materials für Gebrauchsgegenstände, Gebäudeputz/Mauersteine,<br />
Brennstoff, Salzgewinnung usw. dar (Materialnutzung).<br />
Je nach Klima und damit vorhandenen Nahrungsquellen und bevorzugten Kontaminationspfaden<br />
ändert sich die Konzentration der Radionuklide in den verschiedenen<br />
Kompartimenten, der Übergang in die Nahrungsmittel und damit die Relevanz bestimmter<br />
Kontaminationsquellen und -pfade.<br />
Abb. 12 zeigt die Kontaminationspfade einzelner pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel<br />
des Menschen über die Kompartimente Boden (Naturraum Schotter/Sande, Moräne,<br />
Auen/Marsch), Oberflächenwasser (Naturraum Fluss, See, Quelle, Moor), dem<br />
Biosphärenaquifer (Brunnen, aufsteigendes Grundwasser), der Atmosphäre und der<br />
58
Materialnutzung. Eine genauere Beschreibung der Expositionspfade befindet sich in<br />
/FAH 10/. Die Berechnung der Dosen für die in Abb. 12 dargestellten Expositionspfade<br />
ist nicht Gegenstand dieses Berichtes.<br />
Je nach Definition der „representative exposed person“ wird angenommen, dass der<br />
gesamte Bedarf oder nur ein Teil des Nahrungsbedarfs aus der kontaminierten Referenzregion<br />
bezogen wird und dass diese Person oder die Personen sich immer oder<br />
nur zeitweise dort aufhalten. Die Annahmen können auf der Grundlage der Wachstums-<br />
und Produktionsbedingungen der Pflanzen, der Lebensgewohnheiten der Tiere<br />
(z.B. Aufsuchen verschiedener Weidegründe) und den Verzehrgewohnheiten der Menschen<br />
(z.B. Trinkwasserbedarf) in Abhängigkeit der klimatischen Verhältnisse getroffen<br />
werden. Die Annahmen können jedoch auch von den jeweils pessimistischsten Gegebenheiten<br />
ausgehen.<br />
Exposition von Menschen<br />
Externe Strahlung<br />
Inhalation<br />
Ingestion<br />
Atmosphäre<br />
Nutztiere<br />
Wildtiere<br />
Tierprodukte<br />
Fisch<br />
Material<br />
nutzung<br />
Gras Getreide Gemüse Früchte<br />
Trinkwasser<br />
Moränen<br />
Schotter/Sande<br />
Auen/Marsch<br />
Biosphärenaquifer<br />
Fluss<br />
See<br />
Moor<br />
Abb. 12:<br />
Potentielle Expositionspfade für den Menschen<br />
4.1.4 Die Radionuklidkonzentration beeinflussende Prozesse<br />
Die Menge der entlang der verschiedenen Expositionspfade transportierten Radionuklide<br />
sowie die daraus resultierende Konzentration in den verschiedenen Kompartimenten<br />
(Boden, Wasser, Luft) der unterschiedlichen Naturräume sowie den pflanzlichen<br />
und tierischen Erzeugnissen innerhalb der Referenzregionen hängt von den klimati-<br />
59
schen Bedingungen, dem gesellschaftlichen Entwicklungsstand und den Ernährungsgewohnheiten<br />
des Menschen ab.<br />
Die klimatischen Bedingungen nehmen insbesondere Einfluss auf die Vegetationsperiode<br />
und Produktivität. Dies erfolgt direkt durch den Tages- bzw. Jahresgang der Temperatur<br />
und der Verteilung des jährlichen Niederschlags. Indirekt werden dadurch die<br />
Verdunstung, der Wasserfluss im Biosphären- und Geosphärenaquifer, der Grundwasserstand,<br />
kapillarer Aufstieg, der Wasser- und Sedimenttransport im sowie die Überschwemmungshäufigkeit<br />
des aquatischen System (Fluss, See) sowie die Erosion und<br />
Sedimentation des bzw. die Bioturbation, Verlagerung und Anreicherung im terrestrischen<br />
System und damit die Bodenfruchtbarkeit beeinflusst.<br />
Je nach Klima werden somit in bestimmten Zeitfenstern optimale Wachstumsbedingungen<br />
für eine klimaangepasste Vegetation erreicht. Nach ihr richten sich die Populationsdichte<br />
der klimaangepassten Tierwelt und deren Wanderbewegung auf der Suche<br />
nach Nahrung. Im Ergebnis geben die klimatischen Bedingungen somit vor, in welchen<br />
Kompartimenten der verschiedenen Naturräume sowie pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen<br />
eine An- oder Abreicherung von Radionukliden stattfindet.<br />
Beispiele sind<br />
• eine Kontamination des Bodens durch<br />
−<br />
−<br />
kapillaren Aufstieg des Grundwassers bei günstigen Bodeneigenschaften<br />
(kleine bis mittlere Poren)und einem hohem Grundwasserspiegel wie er beispielsweise<br />
verstärkt in kalten Klimaten (ET/Dfc) auftritt.<br />
Überschwemmung kontaminierten Oberflächenwassers, insbesondere bei<br />
Frühjahrhochwässern (Cfb/Dfc) oder einem Aufstau von Flüssen (CS).<br />
• eine Verdünnung der Radionuklidkonzentration durch Wasser<br />
−<br />
−<br />
bei Freisetzung aus einer Quelle in Abhängigkeit von der Speisung durch Niederschlagswasser.<br />
im Biosphären-Aquifer in Abhängigkeit vom Grundwasserfluss und dem Austausch<br />
mit dem Geosphären-Aquifer.<br />
Eine Verdünnung der Radionuklidkonzentration kann jedoch auch durch Erosion und<br />
Sedimentation hervorgerufen werden, denn die Erosion kann sowohl einen kontaminierten<br />
als auch einen unkontaminierten Boden betreffen. Daher kann der Prozess eine<br />
60
Verdünnung oder auch eine Akkumulation von Radionukliden bewirken. Niedrige Erosions-<br />
und Sedimentationsraten sind daher nicht in jedem Fall pessimistische Annahmen.<br />
Das Ausmaß der Erosion hängt von der Topographie, dem Pflanzenbewuchs und<br />
der Niederschlagsintensität ab.<br />
Die Ernährungsgewohnheiten des Menschen richten sich je nach gesellschaftlichem<br />
Entwicklungsstand mehr oder weniger nach den natürlichen klimatischen Vorgaben.<br />
Bei einer den klimatischen Gegebenheiten angepassten landwirtschaftlichen Praxis<br />
könnte in der Regel der gesamte Bedarf an Nahrungsmitteln und Trinkwasser aus dem<br />
kontaminierten Gebiet bezogen werden. Eine Ausnahme stellt das EF-Klima des permanenten<br />
Eises dar. Dieses Klima wurde jedoch aufgrund der unwirtlichen Bedingungen<br />
für Mensch und Tier bereits ausgeschlossen, da angenommen wird, dass bei einem<br />
solchen Klima alle Lebewesen in wärmere Gegenden abwandern. Während des<br />
ET- und Dfc-Klimas muss gegebenenfalls auf weitere Weidegründe außerhalb des Gebietes<br />
ausgewichen werden. Zu bedenken ist, dass innerhalb der Referenzregion erlegte<br />
Wildtiere von außerhalb zugewandert sein könnten (z.B. Lachse) und damit eine<br />
geringere bis keine Kontamination in sich tragen.<br />
Da vom heutigen Entwicklungsstand des Menschen ausgegangen wird, erfolgt jedoch<br />
eine Überprägung dieses natürlichen Gleichgewichts. Konkret bedeutet dies, dass aktiv<br />
in das System eingegriffen wird, um die Produktivität der pflanzlichen Nahrungsmittel<br />
zu erhöhen 17 . Dies kann z.B. durch den Einsatz von Düngemitteln erfolgen, aber auch<br />
durch eine Verlängerung der Vegetationsperiode mit Hilfe von Bewässerung. Auch ein<br />
Gemüseanbau auf Nährlösung wäre denkbar.<br />
17 Für die tierischen Produkte wird die heute gängige Landwirtschaft angenommen.<br />
61
4.2 Konzeptuelle Biosphärenmodelle<br />
Die Erstellung der konzeptuellen Biosphäremodellen erfolgte auf der Grundlage möglichst<br />
realistischer Annahmen der Wachstumsbedingungen der Pflanzen und Verzehrgewohnheiten<br />
der Tiere und des Menschen. So wurde beispielsweise für den Fall eines<br />
hohen Grundwasserspiegels nur Viehwirtschaft oder während des ET-/Dfc-Klimas<br />
eine nahezu ausschließliche Ernährung des Menschen durch Rentiere angenommen.<br />
Im Zweifelsfall erhielten die pessimistischeren Annahmen den Vorzug.<br />
Die in den folgenden Abschnitten aufgeführten Parameterwerte sind als erste Schätzungen<br />
zu verstehen. Für die Langzeitsicherheitsanalyse eines konkreten Endlagers<br />
könnten standortspezifische Untersuchungen durchgeführt und fundiertere Zahlen zusammen<br />
getragen werden. Zu berücksichtigen ist, dass der Zeitraum, den die Modellierung<br />
abdecken muss, sehr groß ist. Deswegen müssen auch für genau ermittelte Parameterwerte<br />
in der Modellierung entsprechende Ungewissheiten in Form von Bandbreiten<br />
berücksichtigt werden. Für eine Abschätzung, welche Parameter die Resultate<br />
am stärksten bestimmen, wird empfohlen, eine Sensitivitätsanalyse anhand von Parametervariationen<br />
durchzuführen.<br />
Im Folgenden werden für jedes ausgewählte Szenario der Modellansatz und die vorgeschlagenen<br />
Parameter beschrieben.<br />
4.2.1 Diskrete Klimazustände<br />
4.2.1.1 Warmgemäßigtes Klima (Cfb, heute)<br />
Dieses Klima und die relevanten Naturräume wurden detailliert in Kapitel 2 beschrieben.<br />
In Abb. 13 sind die wesentlichen Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer<br />
und den aquatischen und terrestrischen Naturräumen für Norddeutschland abgebildet.<br />
Ausführliche Beschreibungen dazu finden sich in /FAH 10/. Die Parameter für die mit<br />
den Pfeilen illustrierten Austauschprozesse werden im Folgenden beschrieben.<br />
In Norddeutschland liegen beim heutigen Klima Niederschlag und potentielle Evapotranspiration<br />
jeweils bei etwa 600 mm/a. Die Verteilung über das Jahr ist aber so,<br />
dass vor allem auf sandigen Böden während der Vegetationsperiode Defizite entstehen<br />
62
können. Daher wird angenommen, dass eine Bewässerung von 200 mm/a für die<br />
Landwirtschaft von Nutzen ist.<br />
In Auen und Marschen ist eine Bewässerung eher unwahrscheinlich. Hier ist ein Eintrag<br />
von Wasser durch Überschwemmung die Regel und es wird angenommen, dass<br />
so 100 mm/a Wasser in den Boden gelangt. Demgegenüber kann mit einem Eintrag<br />
von Grundwasser über Kapillaraufstieg oder durch Grundwasserspiegelschwankungen<br />
von 100 mm/a gerechnet werden. Diese Prozesse werden in den nachfolgenden Tabellen<br />
unter dem Begriff „Grundwasser“ zusammengefasst. Die Erosionsrate ist im Allgemeinen<br />
gering und wird auf weniger als 0,1 kg/(m 2·.a) geschätzt. Sedimentation findet<br />
bei Überschwemmung statt und wird auch auf weniger als 0,1 kg/(m 2·a) geschätzt.<br />
Entsprechende Annahmen werden auch für die Moore gemacht.<br />
Für den Wasserfluss im Biosphärenaquifer wird eine Durchlässigkeit von 3·10 04 m/a<br />
(~10 -03 m/s) angenommen. Mit einem Gradienten von 0,01 m/m und einem Querschnitt<br />
des Aquifers von 5000 m 2 ergibt sich ein Wasserfluss von ca. 2·10 06 m 3 /a. Für den<br />
Wasser- und Sedimenttransport im Fluss werden als Mittelwerte für Elbe und Weser<br />
ein Wasserfluss von 10 10 m 3 /a und ein Sedimenttransport von 3·10 08 kg/a angenommen.<br />
Atmosphäre<br />
(semi)terrestrisch<br />
Moränen<br />
Schotter/Sande<br />
Auen / Marsch<br />
Fluss<br />
See<br />
Moor<br />
Biosphärenaquifer<br />
Aquatisch<br />
Direkt Feststoff<br />
Direkt Wasser<br />
Indirekt Wasser<br />
Abb. 13:<br />
Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und terrestrischen<br />
Naturräumen und der Atmosphäre in Norddeutschland – heutiges<br />
Klima (Cfb)<br />
63
Bei der Nutzung der aquatischen Naturräume als Trink-/Tränkwasser sowie für die Bewässerung<br />
wird jeweils die pessimistischste Annahme getroffen. Dies bedeutet, dass<br />
für das Trink-/Tränkwasser und die Bewässerung nur aus einem Brunnen gefördertes<br />
Grundwasser eingesetzt wird. Die Seen werden nur <strong>zur</strong> Fischzucht verwendet werden.<br />
Für den Fischfang wird vorgeschlagen, aufgrund der gegenüber den hier betrachteten<br />
Flüssen geringeren Verdünnung einen See zu betrachten, in dem Fischzucht stattfindet.<br />
Zufluss von Oberflächenwasser und Verdunstung sind zu berücksichtigen. Dies<br />
stellt einen Teilpfad des Szenarios Landwirtschaft Nord- bzw. Süddeutschland dar.<br />
In Abb. 14 sind die wesentlichen Austauschprozesse zwischen dem Biosphärenaquifer<br />
und den aquatischen und terrestrischen Naturräumen für Süddeutschland dargestellt.<br />
Ausführliche Beschreibungen dazu finden sich in /FAH 10/.<br />
In Süddeutschland sind Niederschlag und potentielle Evapotranspiration höher als in<br />
Norddeutschland. Auf der Alb muss mit 1000 mm/a Niederschlag und 600 mm/a potentieller<br />
Evapotranspiration gerechnet werden. Bewässerung ist dort eher unwahrscheinlich,<br />
aber in kleinen Gebieten muss eventuell mit Überschwemmungen (max. 100<br />
mm/a) gerechnet werden. Der Kapillaraufstieg könnte bis 100 mm/a betragen. In der<br />
Donauebene ist der Niederschlag mit 700 mm/a geringer und die potentielle Evapotranspiration<br />
mit ebenfalls 700 mm/a höher. Wegen der saisonalen Verteilung des<br />
Niederschlags kann die Bewässerung für die Landwirtschaft auf einigen Flächen von<br />
Nutzen sein. Für die Schotter wird deshalb eine Bewässerung von 200 mm/a vorgeschlagen.<br />
In den Auen findet eher keine Bewässerung statt. Es muss aber mit Überschwemmungen<br />
(100 mm/a) gerechnet werden.<br />
Erosion ist vor allem auf der Alb möglich. Hier wird ein Wert von 2 kg/(m 2 .a) vorgeschlagen.<br />
In der Donauebene wird die Erosion geringer sein, so dass ein Wert von<br />
0,2 kg/(m 2 .a) vorgeschlagen wird. Sedimentation findet hauptsächlich in Auen statt: Die<br />
Sedimentation wird auf der Alb auf 2 kg/(m 2·a) und in der Donauebene auf<br />
0,5 kg/(m 2·a) geschätzt.<br />
64
Austauschpfade Gegenwart<br />
Süddeutschland - Alb<br />
Atmosphäre<br />
(semi)terrestrisch<br />
Schotter<br />
Alb<br />
Aue<br />
Fluss<br />
Quelle<br />
Biosphärenaquifer (Karstaquifer)<br />
Moor<br />
Aquatisch<br />
Direkt Feststoff<br />
Direkt Wasser<br />
Indirekt Wasser<br />
Tiefer Karst<br />
Austauschpfade Gegenwart<br />
Süddeutschland - Donautal<br />
Atmosphäre<br />
(semi)terrestrisch<br />
Alb<br />
Schotter<br />
Aue<br />
Fluss<br />
Quelle<br />
Biosphärenaquifer (Talaquifer)<br />
Moor<br />
Aquatisch<br />
Direkt Feststoff<br />
Direkt Wasser<br />
Indirekt Wasser<br />
Tiefer Karst<br />
Abb. 14:<br />
Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquiferen und Naturräumen in der<br />
Referenzregion Süd – gemäßigtes Klima (Cfb)<br />
65
Für die Donauebene wird eine Durchlässigkeit von 3·10 04 m/a (~10 -03 m/s) wie für<br />
Norddeutschland angenommen, der Gradient auf 0,01 m/m und der Querschnitt des<br />
Aquifers auf 1000 m 2 geschätzt. Das ergibt in dem Biosphären-Aquifer einen Wasserfluss<br />
von 3·10 05 m 3 /a. Auf der Alb kann die Durchlässigkeit der Talfüllung je nach Material<br />
sehr große Schwankungen aufweisen. Hier wird pessimistisch eine Durchlässigkeit<br />
von 3·10 03 m/a (entsprechend ca. 10 -04 m/s) angenommen. Bei einem Querschnitt von<br />
50 m 2 und einem Gradienten von 0,1 m/m ergibt das einen Wasserfluss von<br />
2·10 04 m 3 /a.<br />
Für den Wasserfluss in der Donau werden 3·10 09 m 3 /a und für den Sedimentfluss<br />
10 08 kg/a vorgeschlagen. Auf der Alb würde ein Einzugsgebiet von 2 km 2 , wenn 50 %<br />
des Niederschlags in den Fluss gelangt einen Wasserfluss von 10 06 m 3 /a liefern. Bei<br />
gleichem Sedimentgehalt wie in der Donau entspräche das einem von 3·10 04 kg/a.<br />
Es wird angenommen, dass sich die Eigenschaften der Moore nicht von denen in<br />
Norddeutschland unterscheiden. Neben der bereits oben geschilderten Behandlung<br />
der aquatischen Naturräume Fluss und See wird in Süddeutschland zusätzlich eine<br />
Quelle angenommen. Diese wird in Abschnitt 4.2.3.3 beschrieben. Es wird davon ausgegangen,<br />
dass die Quellschüttung auf der Alb und in den Donau-Schottern erfolgen<br />
kann.<br />
Die Böden, die mögliche landwirtschaftliche Nutzung sowie die wesentlichen Prozesse,<br />
die zu Wasserhaushalt, Feststofftransport und Radionuklideintrag beitragen, sind für alle<br />
Naturräume in Tab. 5 und Tab. 6 zusammengefasst.<br />
Die Spalte „Bodenwasserhaushalt“ bezieht sich auf die wesentlichen Faktoren, die den<br />
Wasserhaushalt im Boden beeinflussen. In Klammern sind Faktoren gesetzt, die selten<br />
zum Einsatz kommen und/oder nur geringfügige Wassermengen bewegen, wie z.B.<br />
Überschwemmung im Bereich der Gleysole/Planosole im Naturraum Schotter/Sande<br />
oder nur eine geringe Kontamination enthalten, wie z.B. der niederschlagsgespeiste Interflow.<br />
In der Spalte „Modellierung“ ist das jeweils zu betrachtende physikalische Biosphärenmodell<br />
angegeben. Norddeutschland, Süddeutschland Alb, bzw. Süddeutschland Donau<br />
bezeichnen dabei die Standard-Biosphärenmodelle für die jeweilige Region, bei<br />
der für den gegebenen Naturraum die Parameter jeweils anzupassen sind.<br />
66
Tab. 5: Nord-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des warmgemäßigten Klimas (Cfb)<br />
Naturräume Böden Nutzung Bodenwasserhaushalt<br />
Moräne Cambisol, Luvisol Landwirtschaft,<br />
Viehwirtschaft<br />
Schotter,<br />
Sande<br />
Auen, Marschen<br />
Planosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
(Grundwasser e )<br />
Mit Lössauflage: Cambisol, Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Luvisol, Chernozem (Viehwirtschaft b ) Grundwasser, Bewässerung<br />
Podsol, Cambisol Landwirtschaft, Niederschlag, Verdunstung,<br />
Viehwirtschaft Bewässerung<br />
Gleysol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung, Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Mit Lössauflage:<br />
Cambisol<br />
Anthrosol (Plaggenesch)<br />
Fluvisol, Gleysol<br />
Landwirtschaft<br />
(Viehwirtschaft b )<br />
Landwirtschaft<br />
(Viehwirtschaft)<br />
Viehwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft d )<br />
Feststofftransport<br />
Haupteintrag<br />
Kontamination<br />
Niederschlag, Verdunstung, gering Grundwasser,<br />
Interflow c<br />
Grundwasser e , (Bewässerung),<br />
Bewässerung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung, Grundwasser<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser, Überschwemmung<br />
Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser, (Überschwemmung)<br />
a<br />
b<br />
d<br />
relevant für Sedimentation/Erosion<br />
nur in unzugänglichen Lagen<br />
nur bei genügendem Grundwasserflurabstand<br />
c<br />
e<br />
Modellierung<br />
Norddeutschland<br />
heute, (Vieh)<br />
gering<br />
Grundwasser<br />
(sehr gering)<br />
Vieh<br />
gering<br />
Grundwasser, Norddeutschland<br />
Bewässerung heute, (Vieh)<br />
gering Bewässerung Norddeutschland<br />
heute, Vieh<br />
gering<br />
Grundwasser, Vieh<br />
(Überschwemmung)<br />
gering<br />
Bewässerung, Norddeutschland<br />
Grundwasser heute, Löss, Vieh<br />
gering Bewässerung Norddeutschland<br />
heute, Vieh<br />
Hoch durch Grundwasser, Vieh,<br />
Überschwemmunmung)<br />
(Überschwem-<br />
Marsch,<br />
Norddeutschland<br />
Gering durch<br />
Überschwemmung<br />
seitlich zufließendes Grundwasser<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
heute<br />
Vieh,<br />
Moor<br />
beinhaltet Kapillaraufstieg und Grundwasserschwankungen<br />
67
Tab. 6:<br />
Süd-Deutschland: Charakteristika der Naturräume der Schwäbischer Alb und dem Donautal des warmgemäßigten Klimas Cfb<br />
Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt Feststofftransport<br />
Haupteintrag<br />
Kontamination<br />
Modellierung<br />
Alb<br />
In der Höhe:<br />
Leptosol<br />
Viehwirtschaft<br />
(Landwirtschaft)<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Interflow<br />
Hoch durch Erosion sehr gering Vieh,<br />
(Süddeutschland<br />
Alb heute)<br />
Niederung:<br />
Cambisol, Luvisol<br />
Landwirtschaft,<br />
Viehwirtschaft<br />
Donau-<br />
Schotter<br />
Niederung:<br />
Fluvisol, Gleysol<br />
Viehwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft d )<br />
Niederschlag , Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Leptosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Überschwemmung<br />
Mit Lössauflage:<br />
Cambisol, Luvisol<br />
Landwirtschaft,<br />
Viehwirtschaft<br />
Donau-Auen Fluvisol, Gleysol Viehwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft d )<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung, (Grundwasser)<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
Donau-Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B. Erdrutsche,<br />
(Überschwemmung)<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B. Erdrutsche,<br />
(Überschwemmung)<br />
Hoch durch Erosion, Sedimentation<br />
durch Erdrutsche<br />
usw.<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B. Erdrutsche,<br />
Überschwemmung<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B. Erdrutsche,<br />
(Überschwemmung)<br />
Gering durch Überschwemmung<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Bewässerung,<br />
(Grundwasser)<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung),<br />
Quelle<br />
Süddeutschland<br />
Alb heute,<br />
Vieh,<br />
Quelle<br />
Vieh,<br />
(Süddeutschland<br />
Alb heute)<br />
Vieh,<br />
Quelle<br />
Überschwemmung,<br />
Quelle<br />
Süddeutschland<br />
Donau<br />
heute, Vieh<br />
Vieh,<br />
(Süddeutschland<br />
Donau<br />
heute)<br />
Vieh,<br />
Moor<br />
68
4.2.1.2 Winter- und Sommertrockenen Mittelbreiten (CW / CS)<br />
Die Modellierung basiert im Wesentlichen auf der für das heutige Klima. Deshalb sind<br />
die in Abb. 13 und Abb. 14 dargestellten Schemata auch hier gültig. Allerdings sind<br />
einzelne Parameter zu verändern, beispielsweise muss die Bewässerungsrate erhöht<br />
werden. Andere Parameter, Andere Parameter können gleich bleiben, wie die landwirtschaftliche<br />
Produktion. Diese könnte mit genügend Bewässerung allerdings höher sein,<br />
was in einer Parametervariation berücksichtigt werden kann. Einen Überblick über die<br />
relevanten Charakteristika der Naturräume für diesen Klimazustand geben Tab. 7und<br />
Tab. 8..<br />
Der Niederschlag insgesamt wird etwa wie bei dem heutigen Klima bei 600 mm/a bleiben,<br />
aber die Verteilung würde sich über das Jahr verschieben. Die Verdunstung wäre<br />
wegen der höheren Temperaturen höher und damit je nach saisonaler Verteilung des<br />
Niederschlags auch die Bewässerung. Für Norddeutschland und Süddeutschland Donau<br />
werden 1000 mm/a, für Süddeutschland Alb 800 mm/a angenommen. Entsprechend<br />
wird für die Bewässerung für die Naturräume in Norddeutschland 600 mm/a, für<br />
Süddeutschland-Alb 300 mm/a und für Süddeutschland-Donau 400 mm/a vorgeschlagen.<br />
Auen werden dagegen nicht bewässert. In der Nähe von Flüssen (Auen und Mooren)<br />
ist mit einem Eintrag durch Überschwemmung zu rechnen. Auch für die Alb kann<br />
eine Überschwemmung nicht ausgeschlossen werden. Für eine obere Bodenschicht<br />
von 30 cm Mächtigkeit mit einem Porenvolumen von 40 % könnte, unter der Annahme<br />
dass sich 50 % dieses Volumens bei einer Überschwemmung mit Wasser füllt, ungefähr<br />
60 mm Überschwemmungswasser in den Boden eindringen. Bei zweimaliger<br />
Überschwemmung pro Jahr ergäbe dies 120 mm/a. Es wird ein Wert von 100 mm/a<br />
vorgeschlagen. Für diese tiefliegenden Gebiete ist auch mit einem hohen Grundwasserspiegel<br />
zu rechnen. Ein Kapillaraufstieg könnte 100 mm/a betragen. Die Erosionsraten<br />
könnten bei einem wärmeren Klima mit mehr Starkniederschlägen höher sein als<br />
heute. Die Unterschiede zwischen den Naturräumen blieben aber groß. Gemäß Gündra<br />
et al. /GÜN 95/ und Stumpf et al. /STU 06/, können Werte von 1 t/(ha·a) (entsprechend<br />
0,1 kg/(m 2·a)) als niedrig betrachtet werden, Werte von 50 t/(ha·a) sind eher<br />
hoch. Für Norddeutschland werden Erosionsraten von 0,2 kg/(m 2·a), für Süddeutschland<br />
Donau von 2 kg/(m 2·a) und für Süddeutschland Alb 5 kg/(m 2·a) angenommen. Eine<br />
vergleichbare Abstufung wird für die Sedimentationsrate vorgeschlagen: für Nord-<br />
69
deutschland 0,2 kg/(m 2·a), für Süddeutschland Donau von 1 kg/(m 2·a) und für Süddeutschland<br />
Alb 2 kg/(m 2·a). Es wird erwartet, dass sich die Bedingungen für den<br />
Wasserfluss im Biosphären-Aquifer bei einem wärmeren Klima nicht signifikant ändern.<br />
Der Grundwasserspiegel könnte sich geringfügig absenken und damit den Querschnitt<br />
des Aquifers verringern. Die Flüsse würden weniger Wasser führen aber die Sedimentfracht<br />
könnte durch höhere Erosion ansteigen (vor allem durch Starkniederschläge). Es<br />
wird deshalb vorgeschlagen, einen um den Faktor 10 reduzierten Wasserfluss, aber<br />
den gleichen Sedimentfluss wie beim heutigen Klima zu verwenden. Für die Alb wären<br />
höhere Erosions- und Sedimentationsraten möglich, diese würden eine höhere Verdünnung<br />
der Kontamination verursachen, deswegen werden pessimistisch die gleichen<br />
Bedingungen wie heute angesetzt.<br />
Es ist anzunehmen, dass im Wesentlichen die gleichen Bodenarten wie während des<br />
Cfb-Klimas vorhanden sind. Jedoch ist davon auszugehen, dass sich ihr Flächenanteil<br />
verändern wird. Lediglich der Anthrosol (die Plaggenesch) wird für das CS-Klima und<br />
auch für die kälteren Klimate nicht mehr betrachtet. Grund dafür ist die Tatsache, dass<br />
er im Wesentlichen während des Mittelalters durch das Auftragen von Oberboden<br />
(vermischt mit Gülle und Mist) entstand und seitdem eine Degradierung einsetzte. Von<br />
dieser wird erwartet, dass sie in der sich an das Cfb-Klima anschließenden Klimabedingung<br />
wieder zu der Bildung eines Podsols führt.<br />
70
Tab. 7:<br />
Nord-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des Klimas winter- und sommertrockene Mittelbreiten (CW, CS)<br />
Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt<br />
Moräne Cambisol, Luvisol Landwirtschaft,<br />
Viehwirtschaft<br />
Schotter,<br />
Sande<br />
Auen, Marschen<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung,<br />
Grundwasser<br />
Planosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung<br />
Mit Lössauflage: Cambisol, Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Luvisol, Chernozem (Viehwirtschaft) Bewässerung,<br />
Podsol, Cambisol<br />
Leptosol<br />
Landwirtschaft,<br />
Viehwirtschaft<br />
Viehwirtschaft,<br />
Landwirtschaft<br />
Grundwasser<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung,<br />
(Überschwemmung)<br />
Gleysol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser<br />
Mit Lössauflage:<br />
Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Cambisol<br />
(Viehwirtschaft) Grundwasser,<br />
Fluvisol, Gleysol<br />
Viehwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft<br />
d )<br />
Bewässerung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung,<br />
(Bewässerung)<br />
Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
Feststofftransport<br />
mäßig - hoch<br />
mäßig - hoch<br />
gering<br />
Haupteintrag<br />
Kontamination<br />
Bewässerung,<br />
Grundwasser<br />
Bewässerung<br />
Grundwasser<br />
Modellierung<br />
Norddeutschland wärmer,<br />
Vieh<br />
Vieh<br />
Norddeutschland wärmer,<br />
Vieh<br />
gering Bewässerung Norddeutschland wärmer,<br />
Vieh<br />
gering Bewässerung, Vieh,<br />
(Überschwemmung) Norddeutschland wärmer<br />
gering Grundwasser Vieh<br />
gering<br />
Hoch durch<br />
Überschwemmung<br />
Gering durch<br />
Überschwemmung<br />
Bewässerung,<br />
Grundwasser<br />
Grundwasser,<br />
(Bewässerung,<br />
Überschwemmung)<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Norddeutschland wärmer,<br />
Löss , Vieh<br />
Vieh, Marsch,<br />
Norddeutschland wärmer,<br />
Vieh,<br />
Moor<br />
71
Tab. 8:<br />
Süd-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des Klimas winter- und sommertrockene Mittelbreiten (CW, CS)<br />
Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt<br />
Alb<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Donau-<br />
Schotter<br />
In der Höhe:<br />
Leptosol<br />
Niederung:<br />
Cambisol<br />
Niederung:<br />
Fluvisol, Gleysol<br />
Viehwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft)<br />
Landwirtschaft,<br />
Viehwirtschaft<br />
Viehwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft)<br />
Niederschlag, Verdunstung<br />
Bewässerung<br />
Niederschlag , Verdunstung,<br />
Bewässerung, Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Leptosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Überschwemmung<br />
Mit Lössauflage:<br />
Cambisol<br />
Landwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Bewässerung,<br />
(Überschwemmung)<br />
Donau-Auen Fluvisol, Gleysol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser, Überschwemmung<br />
Donau-Moor Histosol Viehwirtschaft Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser, Überschwemmung<br />
Feststoff-<br />
Haupteintrag<br />
transport<br />
Kontamination<br />
Modellierung<br />
Hoch durch Erosion Bewässerung Süddeutschland-Alb<br />
wärmer,<br />
Vieh<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
Bewässerung, Süddeutschland-Alb<br />
durch z.B. Grundwasser, wärmer,<br />
Erdrutsche, (Überschwemmungmung)<br />
(Überschwem-<br />
Vieh,<br />
Quelle<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B.<br />
Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B.<br />
Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B.<br />
Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />
Hoch durch Sedimentation<br />
durch z.B.<br />
Erdrutsche, (Überschwemmung)<br />
Gering durch Überschwemmung<br />
Quelle,<br />
Überschwemmung<br />
Bewässerung,<br />
(Überschwemmung)<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
Grundwasser,<br />
(Überschwemmung)<br />
Vieh,<br />
Süddeutschland Donau<br />
wärmer<br />
Vieh,<br />
Quelle<br />
Süddeutschland Donau<br />
wärmer<br />
Löss<br />
Vieh,<br />
(Süddeutschland Donau<br />
wärmer)<br />
Vieh,<br />
Moor<br />
72
4.2.1.3 Kaltgemäßigtes und Subpolares Klima (Dfc / ET)<br />
Die Blockschemata für die Übergänge zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und<br />
terrestrischen Naturräumen bei Auftreten von Permafrost sind in Abb. 15 für Norddeutschland<br />
und in Abb. 16 für Süddeutschland dargestellt. Ausführliche Beschreibungen<br />
dazu finden sich in /FAH 10/.<br />
Atmosphäre<br />
(semi)terrestrisch<br />
Moränen<br />
Schotter/Sande<br />
Auen / Marsch<br />
Fluss<br />
See<br />
Biosphärenaquifer<br />
Direkt Feststoff<br />
Direkt Wasser<br />
Indirekt Wasser<br />
Moor<br />
Aquatisch<br />
Abb. 15:<br />
Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und terrestrischen<br />
Naturräumen in Norddeutschland – Abkühlung mit Permafrost<br />
73
Austauschpfade Kaltzeit mit Permafrost<br />
Süddeutschland - Alb<br />
Atmosphäre<br />
(semi)terrestrisch<br />
Schotter<br />
Alb<br />
Aue<br />
Fluss<br />
Quelle<br />
Moor<br />
Biosphärenaquifer (Karstaquifer)<br />
Aquatisch<br />
Direkt Feststoff<br />
Direkt Wasser<br />
Indirekt Wasser<br />
Tiefer Karst<br />
Austauschpfade Kaltzeit mit Permafrost<br />
Süddeutschland - Donautal<br />
Atmosphäre<br />
(semi)terrestrisch<br />
Alb<br />
Schotter<br />
Aue<br />
Fluss<br />
Quelle<br />
Moor<br />
Biosphärenaquifer (Talaquifer)<br />
Aquatisch<br />
Direkt Feststoff<br />
Direkt Wasser<br />
Indirekt Wasser<br />
Tiefer Karst<br />
Abb. 16:<br />
Austauschprozesse zwischen Biosphärenaquifer, aquatischen und terrestrischen<br />
Naturräumen in der Referenzregion Süd – Abkühlung mit<br />
Permafrost<br />
74
Die Böden, die mögliche landwirtschaftliche Nutzung sowie die wesentlichen Prozesse,<br />
die zu Wasserhaushalt, Feststofftransport und Eintrag der Kontamination beitragen,<br />
sind für alle Naturräume für Norddeutschland in Tab. 9 und für Süddeutschland in<br />
Tab. 10 zusammengefasst.<br />
Der terrestrische Naturraum Alb ist noch vorhanden, wird aber nicht kontaminiert, da<br />
keine Bewässerung stattfindet und auch kein anderer Kontaminationspfad aktiv ist. Er<br />
verliert daher an Bedeutung. Eine neue Kontamination wird nur tiefliegende Bereiche<br />
durch Grundwasser über Taliki (Nord- und Süddeutschland) und oberirdisch durch<br />
Schichtquellen, welche auch unter Permafrost-Bedingungen nicht versiegen erreichen.<br />
Es wird daher vorgeschlagen sowohl für Nord- als auch für Süddeutschland ein<br />
Feuchtgebiet, z.B. Moor oder Auen/Marschen, zu betrachten, die mit kontaminiertem<br />
Wasser in Kontakt stehen. Von dort gelangen die Radionuklide in die Pflanzen und<br />
über das Sammeln und Essen von Beeren und Pilzen in die Nahrungskette. Auch in<br />
der Region weidende Rentiere nehmen über die Pflanzen Radionuklide auf. Zu berücksichtigen<br />
ist jedoch, dass Wildtiere (z.B. Rentiere) und Fische (z.B. Lachse) in das<br />
Gebiet migrieren und eine geringere bis gar keine Kontamination aufweisen können.<br />
Landwirtschaft ist nur in sehr geringem Umfang möglich, eingeschränkt wäre z.B. der<br />
Anbau von Kartoffeln denkbar. Dieser würde jedoch in trockeneren Lagen und nicht in<br />
den tiefgelegenen, kontaminierten Gebieten stattfinden.<br />
Aufgrund der genannten Aspekte wird vorgeschlagen für die kälteren Klimate sowohl<br />
für Norddeutschland als auch für Süddeutschland das Szenario Rentierwirtschaft anzuwenden.<br />
Alle Parameter sind in Kapitel 4.2.3.2 beschrieben.<br />
75
Tab. 9:<br />
Nord-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des kaltgemäßigten (Dfc) und subpolaren Klimas (ET)<br />
Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt<br />
Moräne<br />
Schotter,<br />
Sande<br />
Auen, Marschen<br />
Planosol,<br />
Staunasse Böden durch<br />
Permafrost<br />
Cambisol, Luvisol<br />
Mit Lössauflage:<br />
Cambisol, Luvisol<br />
Podsol, Cambisol<br />
Regosol<br />
Gleysol<br />
Mit Lössauflage:<br />
Cambisol<br />
Fluvisol, Gleysol<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft)<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft)<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft)<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft *<br />
Moor Histosol Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Überschwemmung,<br />
(Grundwasser)<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Überschwemmung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Überschwemmung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser , Überschwemmung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Grundwasser, Überschwemmung<br />
Niederschlag, Verdunstung,<br />
Überschwemmung, Grundwasser<br />
Feststofftransport<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Haupteintrag<br />
Kontamination<br />
Grundwasser<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung)<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung)<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung)<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
wird nicht kontaminiert<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Modellierung<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
(Norddeutschland<br />
heute)<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier,<br />
Marsch<br />
Vieh,<br />
Rentier,<br />
Moor<br />
76
Tab. 10:<br />
Süd-Deutschland: Charakteristika der Naturräume des kaltgemäßigten Klimas (Dfc) und subpolaren Klimas (ET)<br />
Naturräume Böden Nutzung Wasserhaushalt Feststofftransport<br />
Haupteintrag<br />
Kontamination<br />
Modellierung<br />
Alb<br />
In der Höhe:<br />
Leptosol<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft,<br />
(Landwirtschaft)<br />
Niederschlag, Verdunstung Hoch durch Erosion sehr gering Vieh,<br />
Rentier,<br />
(Süddeutschland<br />
Alb)<br />
Niederung:<br />
Cambisol, Luvisol<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Niederschlag, Verdunstung<br />
Überschwemmung<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Donau-<br />
Schotter<br />
Niederung:<br />
Fluvisol, Gleysol<br />
Leptosol<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Mit Lössauflage, Landwirtschaft<br />
als Kolluvium: Luvisol,<br />
Cambisol<br />
Donau-Auen Fluvisol, Gleysol Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Donau-Moor Histosol Viehwirtschaft,<br />
Rentierwirtschaft<br />
Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung,<br />
Grundwasser<br />
Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung<br />
Niederschlag, Verdunstung, Grundwasser<br />
Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung,<br />
Grundwasser<br />
Niederschlag, Verdunstung , Überschwemmung,<br />
Grundwasser<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion ,<br />
Sedimentation durch<br />
Erdrutsche usw.<br />
Hoch durch Erosion ,<br />
Sedimentation durch<br />
Erdrutsche usw.<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Hoch durch Erosion,<br />
Sedimentation<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Grundwasser<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Grundwasser,<br />
Überschwemmung<br />
(sehr gering durch<br />
große Verdünnung<br />
Vieh,<br />
Rentier,<br />
Quelle<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier,<br />
Quelle<br />
Rentier, Löss,<br />
Quelle<br />
Vieh,<br />
Rentier<br />
Vieh,<br />
Rentier,<br />
Moor<br />
77
4.2.2 Klima-Übergänge<br />
Es soll überprüft werden, ob Klimaübergänge zu neuen Eigenschaften der Naturräume<br />
und Prozessen führen können, die in den diskreten Klimazuständen nicht berücksichtigt<br />
wurden und die evtl. zu höheren Akkumulationen bzw. Freisetzungen und dadurch<br />
bedingt höheren Strahlenexpositionen führen können. Wichtige Beiträge <strong>zur</strong> Akkumulation<br />
von Radionukliden können dabei die folgenden Prozesse liefern:<br />
• Festlegung von Radionukliden durch Sorption:<br />
Radionuklide können an Bodenbestandteilen, See-, Fluss- und Meeres-<br />
Sedimenten sorbiert werden. Vor allem organisches Material hat für viele Radionuklide<br />
ein hohes Sorptionspotential.<br />
• Aus- / Mitfällung und Freisetzung von Radionukliden:<br />
Durch Variationen der Zusammensetzung der Bodenlösung kann es <strong>zur</strong> Aus- oder<br />
Mitfällung von Radionukliden aber auch zu deren Wiederauflösung kommen,<br />
• Veränderung der geochemischen Bedingungen:<br />
Die Veränderung der geochemischen Bedingungen, z.B. des pH-Werts, des Redoxpotentials<br />
oder der Ionenstärke der Lösung können die Mobilität der Radionuklide<br />
erheblich verändern, da sie sowohl die Sorption als auch die Ausfällung / Wiederauflösung<br />
von Radionukliden bestimmen.<br />
• Aufkonzentrierung von Radionukliden im Boden durch Verdunstung:<br />
Dies kann das Oberflächenwasser betreffen und somit bei der Verlandung von<br />
Seen und Flüssen zum Tragen kommen oder das Bodenwasser in wasserbeeinflussten<br />
Böden (Gleysole, Planosole und Histosole) bzw. durch kapillaren Aufstieg<br />
in die obere Bodenschicht befördertes Bodenwasser betreffen.<br />
Prozesse wie die Sorption treten in allen Klimaten auf und sind genauso bei den diskreten<br />
Klimazuständen zu berücksichtigen. Eine durch veränderte geochemische Bedingungen<br />
bedingte Erhöhung der Mobilität von Radionukliden kann bei einer Veränderung<br />
von Naturräumen auftreten. Eine Erhöhung des Redoxpotentials beispielsweise,<br />
die bei Trockenlegung eines Moores oder Verlandung eines Sees auftreten kann und<br />
bei nachfolgender landwirtschaftlicher Nutzung relevant ist, wird bei einer vorangegangenen<br />
Kontamination von Moor bzw. Seesediment zu einer erheblich erhöhten Mobilität<br />
redoxsensitiver Radionuklide führen (s.u.). Die Prozesse der Aufkonzentrierung<br />
durch erhöhte Verdunstung und der übermäßigen Bewässerung sind eher bei wärme-<br />
79
en Klimaten von Bedeutung und sollten auch für das CS/CW-Klima betrachtet werden.<br />
Die Prozesse Ausfällung / Wiederauflösung von Radionukliden und Veränderung der<br />
geochemischen Bedingungen wurden in bisherigen <strong>Sicherheit</strong>sanalysen nicht berücksichtigt.<br />
In Kapitel 3.4 wurden bereits entsprechende Szenarien für Marschen, Löss und Moore<br />
identifiziert. Bei den diskreten Klimazuständen werden diese Naturräume und die relevanten<br />
Kontaminationsprozesse, dort, wo sie auftreten, berücksichtigt. Möglich ist aber,<br />
dass bei Klimaübergängen solche Naturräume neu aus schon vorher kontaminiertem<br />
Material gebildet werden oder umgewandelt werden. Marsche und Moore sind in ihrem<br />
Ursprungszustand für die Landwirtschaft nur eingeschränkt nutzbar und bestimmen unter<br />
den modellierten diskreten Klimazuständen die berechneten Dosen nicht. Lössablagerungen<br />
werden in den diskreten Szenarien unter Parabraunerden / Luvisolen in<br />
gewissem Umfang berücksichtigt (Eintrag der Kontamination durch Bewässerung). In<br />
den folgenden Abschnitten werden Marsche, Lössgebiete und Moore berücksichtigt,<br />
welche während eines vorherigen Klimas kontaminiert wurden. Prozesse, welche die<br />
Auswaschung oder Verdünnung erhöhen werden dabei vernachlässigt. Bei deutlichen<br />
Veränderungen der geochemischen Bedingungen (z.B. Erhöhung des Redoxpotentials)<br />
kann eine Vorkontamination für manche Radionuklide zu einer erhöhten Freisetzung<br />
im Bodenwasser und als Folge davon zu einer erhöhten Aufnahme von Radionukliden<br />
in die Pflanze führen, da viele redoxsensitive Elemente, wie z.B. Se, Tc, U<br />
und Np im oxidierten Zustand mobiler sind. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass dabei<br />
das Redoxsysteme von Mn und Fe beeinflusst wird und es <strong>zur</strong> Ausfällung von<br />
Fe(III)-Hydroxiden kommen kann, die viele Kationen stark sorbieren. Dieser Prozess<br />
wirkt der erhöhten Mobilität der Radionuklide entgegen. Entsprechende Vorgänge sind<br />
bei Trockenlegung eines Moores oder Sedimenten in landwirtschaftlich nutzbar gemachtem<br />
Marschland denkbar.<br />
4.2.2.1 Marsch<br />
Bei den betrachteten Flächen handelt es sich zunächst um den tidebeeinflussten Bereich<br />
zwischen Festland und Watt (Seemarsch) bzw. angrenzende Uferflächen im Unterlauf<br />
von Weser und Elbe (Flussmarsch). Aufgebaut wird die Marsch vor allem durch<br />
schluffreiches Material. Auf ähnliche Weise können in Flussarmen und Seen Sedimente<br />
abgelagert werden. Hier wäre kein Salz- oder Brackwasser aber Süßwasser im<br />
Spiel. Dieses Marschland kann auf folgenden Wegen kontaminiert werden:<br />
80
(1) durch Überschwemmung, wodurch kontaminiertes Material transportiert und als<br />
Sediment abgelagert wird,<br />
(2) durch Kapillaraufstieg/Grundwasserspiegelschwankungen, wodurch Radionuklide<br />
in den Boden eingetragen werden<br />
Durch den hohen Grundwasserstand und in Meeresnähe durch den hohen Salzgehalt<br />
im Boden ist die Marsch zunächst nur für die Viehwirtschaft, aber nicht für die Landwirtschaft<br />
geeignet. Eine landwirtschaftliche Nutzung tritt erst ein, nachdem ein ausreichender<br />
Grundwasserflurabstand erreicht wurde. Dies erfolgt anthropogen durch Drainage<br />
oder unter natürlichen Bedingungen durch Herauswachsen aus dem grundwasserbeeinflussten<br />
Bereich. Bewässerung wäre zu einem späteren Zeitpunkt möglich,<br />
wird bei der Modellierung aber vernachlässigt, da es die Auswaschung von Radionukliden<br />
aus dem Boden erhöhen würde.<br />
Für dieses Szenario wird ein auf 1 km 2 normiertes Gebiet im Tiefland angenommen.<br />
Die Kontamination hat während einer früheren Phase stattgefunden. Es wird angenommen,<br />
dass der Niederschlag 600 mm/a und die Evapotranspiration 600 mm/a betragen.<br />
Für den Kapillaraufstieg werden 100 mm/a vorgeschlagen. Bewässerung wäre<br />
zu einem späteren Zeitpunkt möglich, wird bei der Modellierung aber vernachlässigt,<br />
da es die Auswaschung von Radionukliden aus dem Boden erhöhen würde. Alle Werte<br />
sind den heutigen Klimabedingungen angepasst.<br />
Die Situation in einem Delta oder bei der Verlandung eines Sees, die dann landwirtschaftlich<br />
genutzt werden, ist vergleichbar.<br />
4.2.2.2 Löss<br />
Löss entsteht unter periglazialen Bedingungen. Infolge von Winderosion werden vor allem<br />
Schluffe aus den frisch abgelagerten Schottern ausgeblasen und anderswo abgelagert.<br />
Eine Kontamination von Lössböden kann wie folgt stattfinden:<br />
(1) durch Winderosion von kontaminierten Sedimenten unter periglazialen Bedingungen,<br />
(2) durch Kapillaraufstieg<br />
81
Bewässerung wird hier bei der Modellierung ebenfalls vernachlässigt, da es die Auswaschung<br />
von Radionukliden erhöhen würde. Sowohl für Nord- und Süd-Deutschland<br />
wird ein auf 1 km 2 normiertes Gebiet, das topographisch relativ tief gelegen ist, angenommen.<br />
Die Kontamination hat während einer früheren Phase durch Deposition nach<br />
Winderosion stattgefunden. Es wird angenommen, dass der Niederschlag 600 mm/a<br />
und die Evapotranspiration 600 mm/a betragen. Der Kapillaraufstieg könnte 100 mm/a<br />
betragen. Bewässerung wäre zu einem späteren Zeitpunkt möglich, wird bei der Modellierung<br />
aber vernachlässigt, da es die Auswaschung von Radionukliden aus dem<br />
Boden erhöhen würde. Alle Werte sind den heutigen Klimabedingungen angepasst.<br />
4.2.2.3 Moor<br />
Moore können unter sehr vielen Klimabedingungen entstehen, wenn in einer aquatischen<br />
Umgebung der Abbau von pflanzlichem und anderem organischen Material eingeschränkt<br />
ist, z. B. aufgrund von niedrigen Temperaturen oder einem Mangel an Sauerstoff.<br />
Dies kann im Bereich von Seen, Nehrungen, abgeschnittenen Flussarmen oder<br />
allgemein bei sehr hohem Grundwasserspiegel der Fall sein. Das organische Material<br />
in einem Moor kann Radionuklide durch Sorption gut akkumulieren. Ohne Entwässerung<br />
ist ein Moor nur sehr beschränkt landwirtschaftlich nutzbar. Nach Entwässerung<br />
ist es aber sehr gut geeignet für viele landwirtschaftliche Kulturen, insbesondere Gemüseanbau.<br />
Auch wird organisches Material aus Mooren für die Bodenverbesserung<br />
oder als Substrat für Zier- und andere Pflanzen verwendet. Gerade beim Übergang<br />
vom Moor in ein landwirtschaftliche genutztes Land ist vorstellbar, das Radionuklide,<br />
die unter wassergesättigten, stark reduzierenden Bedingungen wenig mobil sind, durch<br />
Pflügen und Belüftung des Bodens und einer damit einhergehenden Erhöhung des<br />
Redoxpotentials in eine mobilere Form überführt werden. Wie oben beschrieben, können<br />
aber gleichzeitig auftretende Prozesse, wie die Ausfällung von Fe(III)-Hydroxiden<br />
trotzdem zu einer starken Sorption einiger Radionuklide führen. Beide Prozesse, Erhöhung<br />
und Erniedrigung der Mobilität, müssen bei der Radionuklidaufnahme durch<br />
Pflanzen und bei dem Austrag im Boden- und Grundwasser berücksichtigt werden.<br />
Sowohl für Nord- und Süd-Deutschland wird ein auf 1 km 2 normiertes Gebiet im Tiefland<br />
angenommen. Die Kontamination hat während einer früheren Phase stattgefunden.<br />
Es wird angenommen, dass der Niederschlag 600 mm/a und die Evapotranspiration<br />
600 mm/a betragen. Der Kapillaraufstieg könnte 200 mm/a betragen. Bei den Szenarien<br />
für die diskreten Klimazustände wird bewässert. Weil hier von einer bestehen-<br />
82
den Kontamination ausgegangen wird, wird Bewässerung vernachlässigt, da es zu einer<br />
höheren Verdünnung führen würde. Alle Werte sind den heutigen Klimabedingungen<br />
angepasst.<br />
4.2.3 Gesondert betrachtete Biosphäre-Szenarien<br />
Bei einigen Klimaten und Klimaübergänge können Situationen auftreten die nicht mit<br />
den bisherigen Naturräumen und Biosphären-Szenarien behandelt werden können.<br />
Bei kälteren Klimaten z.B. unter periglazialen Bedingungen ist keine Landwirtschaft,<br />
wie sie heute in Deutschland üblich ist, möglich. Möglich wäre eine Bevölkerung, die<br />
eine Rentierzucht betreibt, wilde Beeren und Pilze sammelt und Wildtiere jagt. Dies<br />
wird im Kapitel Rentierwirtschaft beschrieben.<br />
Wenn sich nach einer Meerestransgression das Meer wieder <strong>zur</strong>ückzieht, sind neue<br />
Naturräume zu betrachten. Oben wurden<br />
(1) Marsch,<br />
(2) Sedimente in einer Nehrung oder einem Delta und<br />
(3) Moorbildung in einer Nehrung oder einem Delta beschrieben.<br />
Als solche sind diese für die Landwirtschaft nur beschränkt nutzbar und werden daher<br />
im Wesentlichen für Viehwirtschaft eingesetzt. Nach Rückzug des Meeres können sie<br />
allerdings für die Landwirtschaft kultiviert werden. Ebenso wird auf Marschen und Böden<br />
in Gebieten mit hohem Grundwasserspiegel eher Viehwirtschaft betrieben, da diese<br />
für Ackerbau ungeeignet sind. Auch Moore sind ohne Entwässerung nicht ohne weiteres<br />
für Ackerbau geeignet; Viehwirtschaft mit Weiden oder vielleicht nur Heuland wären<br />
dort eher möglich.<br />
4.2.3.1 Viehwirtschaft<br />
Unter bestimmten Bedingungen ist keine Landwirtschaft mit Ackerbau möglich sondern<br />
nur Viehwirtschaft. Auch kann es vorkommen, dass das Vieh nicht auf das Feld kann<br />
und dass nur Heu oder ähnliches für die Fütterung verwendet werden kann. Dies ist<br />
der Fall wenn<br />
• der Boden zu nass ist (bei hohem Grundwasserspiegel oder regelmäßiger Überschwemmung),<br />
83
• Der Boden durch die ungünstige Korngrößenverteilung (bei hohem Schluffgehalt)<br />
nicht trittfest ist,<br />
• der Boden zu salzhaltig (in Meeresnähe),<br />
• das Klima ungeeignet ist (zu kalt, oder zu trocken während der Vegetationsperiode)<br />
oder<br />
• die Hänge zu steil sind<br />
Diese Situationen können unter allen der oben beschriebenen Klimate vorkommen.<br />
Wenn die Kontamination ausschließlich auf den Gebieten, die nur für Viehwirtschaft<br />
geeignet sind, auftritt, wird nur ein Teil der Nahrungsmittel der Menschen kontaminiert.<br />
Ein spezielles Viehwirtschafts-Szenario ist das in Abschnitt 4.2.3.2 beschriebene Rentier-Szenario.<br />
Ein Viehwirtschafts Szenario könnte wie folgt aussehen: Die Kontamination hat in einer<br />
früherer Phase stattgefunden. Es wird ein normiertes Gebiet von 1 km 2 betrachtet. Sowohl<br />
Niederschlag als auch Evapotranspiration betragen 600 mm/a (entsprechend den<br />
heutigen Bedingungen von Nord-Deutschland). Die jährliche Bewässerung beträgt<br />
100 mm/a, der Kapillaraufstieg ebenfalls 100 mm/a.<br />
4.2.3.2 Rentierwirtschaft<br />
Ein Rentier-Szenario kann wie folgt beschrieben werden:<br />
• Die Radionuklide werden von der (spärlichen) Vegetation aufgenommen.<br />
• Rentiere fressen kontaminierte aber auch nicht kontaminierte Vegetation.<br />
• Rentierprodukte werden vom Menschen als Nahrung genutzt.<br />
• Menschen und Rentiere trinken kontaminiertes Wasser<br />
• Menschen konsumieren auch kontaminierte Pilze, Früchte und Wildtiere.<br />
• Die Produktivität ist gering im Vergleich zu der heutigen Landwirtschaft.<br />
Für die Rentier-Wirtschaft werden folgende Parameter vorgeschlagen, die sich für<br />
Nord- und Süddeutschland nicht unterscheiden: Der Niederschlag beträgt 400 mm/a<br />
und die Verdunstung 300 mm/a. Es wird angenommen, dass in einem auf 1 km 2 nor-<br />
84
mierten Gebiet im Tiefland 10 000 m 3 kontaminiertes Wasser pro Jahr aus einem Geosphären-Aquifer<br />
austritt und über den Boden fließt. Dies entspricht 10 mm/a Wasser.<br />
Die Vegetation wird kontaminiert und von Rentieren gefressen. Es wird angenommen,<br />
dass der Niederschlag 400 mm/a und die Evapotranspiration 300 mm/a betragen. Für<br />
den Kapillaraufstieg wird 50 mm/a vorgeschlagen. Es wird angenommen, dass keine<br />
Erosion stattfindet und die Sedimentationsrate mit 0,1 kg/(m 2·a) gering ist. Höhere Sedimentations-<br />
und Erosionsraten können nicht ausgeschlossen werden, würden aber<br />
zu höherer Verdünnung führen.<br />
4.2.3.3 Quelle<br />
Ausgangspunkt ist eine Schichtquelle, die im Wesentlichen aus dem Grundwasser gespeist<br />
wird und eine Schüttung von 10 000 m 3 /a aufweist. Dieses Quellwasser wird als<br />
Trinkwasser von Mensch und Tier sowie für die Bewässerung eines Einzelbauernhofs<br />
auf der Alb oder am Rande der Donauebene genutzt. Die Gebietsgröße wird auf<br />
10 000 m 2 (1 ha) normiert. Niederschlag und Evapotranspiration betragen 600 mm/a.<br />
Es wird reichlich bewässert mit 400 mm/a aus der kontaminierten Quelle.<br />
85
5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen<br />
5.1 Zusammenfassung der Vorschläge für die Modellierung<br />
Die in diesem Bericht beschriebenen Studien betreffen die Entwicklung von konzeptuellen<br />
Modellen für die physikalische Biosphäre. Diese physikalische Biosphäre beschreibt<br />
den Transport von Feststoffen und Wasser als Basis für die Berechnung des<br />
Radionuklidtransports. In der Reihe von Teilmodellen für das Endlagersystem, die in<br />
einer <strong>Sicherheit</strong>sanalyse berücksichtigt werden, folgen diese Arbeiten auf die Beschreibung<br />
der Nahfeldfreisetzung und den Geosphärentransport der Radionuklide aus<br />
einem Endlager. Die Resultate dieser Studien stellen die Grundlage dar, um Radionuklid-Konzentrationen<br />
als Funktion der Zeit in Böden, Wasser (Flüsse, Seen, Grundwasser)<br />
und gegebenenfalls in der Luft zu berechnen, die dann als Quelle für die Pflanzenaufnahme,<br />
bzw. das Trinkwasser für Mensch und Tier und Bewässerung dienen.<br />
Die Resultate der in diesem Bericht beschriebenen Studien werden im Rahmen eines<br />
anderen Vorhabens für die Berechnung von Strahlendosen über ausgewählte Expositionspfade<br />
verwendet.<br />
In Kap. 2 und 3 wurden das heutige Klima und die möglichen Klimaentwicklungen für<br />
die Referenzregionen in Nord- und Süd-Deutschland beschrieben. Es wurde aufgezeigt,<br />
wie sich für die physikalische Biosphäre wesentliche Eigenschaften unter den<br />
verschiedenen Klimaten entwickeln. Aus diesen Beschreibungen wurden in Kap. 4 Ansätze<br />
für die Modellierung erstellt. Dabei konnten einige der betrachteten Klimazustände<br />
in einem gemeinsamen Ansatz für die Modellierung zusammengefasst werden.<br />
Der Zustand der Biosphäre, wie sie unter dem heutigen Klima existiert, ist der Ausgangspunkt<br />
der Betrachtungen. Eine ausführliche Beschreibung dafür und eine Konzeptualisierung<br />
der Naturräume und der Austauschprozesse zwischen den Naturräumen<br />
mit dem Biosphärenaquifer wurden bereits im Bericht /FAH 10/ beschrieben. In<br />
dem hier vorgelegten Bericht wurden nun entsprechende Parameterwerte für die Referenzregionen<br />
in Nord- und Süd-Deutschland vorgeschlagen. Davon ausgehend wurden<br />
dann Parametersätze für die physikalische Biosphärenmodelle unter den anderen<br />
Klimabedingungen und auch für speziell zu betrachtende Szenarien abgeleitet. Die Parameter<br />
für die jeweiligen Klimate und speziellen Szenarien sind in Tab. 11 aufgeführt.<br />
86
Tab. 11:<br />
Vorgeschlagene Parameter für die Modellansätze zu den jeweiligen Szenarien (n.a. = nicht anwendbar)<br />
Parameter Norddeutschland Süddeutschland Alb Süddeutschland Donau Übergang mit Vor-Kontamination Gesondert<br />
Einheit heute wärmer heute wärmer heute wärmer Löss Marsch Moor Vieh Rentier Quelle<br />
Niederschlag mm/a 600 600 1000 600 700 600 600 600 600 600 400 600<br />
Verdunstung (pot. Evapotranspiration) mm/a 600 1000 600 800 700 1000 600 600 600 600 300 600<br />
Bewässerung<br />
Alb mm/a n.a. n.a. 0 300 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 0 n.a.<br />
Auen/Marsche mm/a 0 0 n.a. n.a. 0 0 n.a. 0 n.a. n.a. 0 n.a.<br />
Moräne mm/a 200 600 n.a. n.a. n.a n.a. 0 n.a. n.a. n.a. 0 n.a.<br />
Schotter/Sande mm/a 200 600 n.a. n.a. 200 400 0 n.a. n.a. n.a. 0 n.a.<br />
Moor mm/a 0 0 n.a. n.a. 0 0 n.a. n.a. 0 n.a. 0 n.a.<br />
Eintrag durch Überschwemmung 1<br />
Alb mm/a n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />
Auen/Marsche mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />
Schotter/Sande mm/a 0 0 n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />
Moor mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. 10 n.a.<br />
Grundwasser 1<br />
Alb mm/a n.a. n.a. 100 100 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 50 n.a.<br />
Auen/Marsche mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 100 100 n.a. 100 50 0<br />
Moor mm/a 100 100 n.a. n.a. 100 100 100 n.a. 200 100 50 0<br />
Erosionsrate (nach Topographie) 1<br />
Alb kg/(m 2 .a) n.a. n.a. 2 5 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 0 0 0<br />
Moräne kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. n.a. n.a. 0 0 0 0 0 0<br />
Schotter/Sande kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. 0,2 2 0 n.a. 0 0 0 0<br />
Sedimentationsrate 1<br />
Alb kg/(m 2 .a) n.a. n.a. 2 2 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 0,1 0<br />
Auen/Marsche kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. 0,5 1 0 0 0 0 0,1 0<br />
Moor kg/(m 2 .a) 0,1 0,2 n.a. n.a. 0,5 1 0 0 0 0 0,1 0<br />
Durchflussrate = D*i*A m 3 /a 2·10 06 2·10 06 2·10 04 2·10 04 3·10 05 3·10 05 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />
Filtergeschwindigkeit (D) m/a 3·10 04 3·10 04 3·10 03 3·10 03 3·10 04 3·10 04 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />
Hydraulischer Gradient (i) m/m 10 -02 10 -02 10 -01 10 -01 10 -02 10 -02 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />
Querschnitt (A) m 2 5·10 03 5·10 03 5·10 01 5·10 01 10 03 10 03 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />
Input Geosphärenaquifer m 3 /a n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 10 04 10 04<br />
Volumenstrom im Fluss m 3 /a 10 10 10 09 10 06 10 06 3·10 09 3·10 08 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />
Sedimentfracht im Fluss kg/a 3·10 08 3·10 08 3·10 04 3·10 04 10 08 10 08 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a.<br />
1 für nicht aufgeführte Naturräume sind die Parameterwerte = 0.<br />
87
Es wird vorgeschlagen die kälteren Klimate Dfc und ET hinsichtlich des Modellansatzes<br />
für die physikalische Biosphäre zusammenzufassen und eine Rentierwirtschaft anzunehmen.<br />
Das Tiefland wird oder wurde kontaminiert. Die Bevölkerung lebt von der<br />
Rentierwirtschaft und sammelt z.B. Beeren, Pilze und jagt Wildtiere.<br />
Die Biosphäre unter wärmeren Klimaten wird ähnlich wie die für das heutige Klima behandelt.<br />
Auch hier wird vorgeschlagen, die Klimate CS und CW hinsichtlich der Modellierung<br />
zusammenzufassen. Die Schemata (Kompartimente und Austauschprozesse)<br />
sind die gleichen wie für Nord- und Süd-Deutschland unter dem heutigen Klima, aber<br />
folgende Parameterwerte sind anzupassen:<br />
• Niederschlag und Evapotranspiration<br />
• Bewässerung<br />
• Eintrag von Kontamination<br />
• Landwirtschaftliche Produkte<br />
Unter wärmeren Klimaten könnte der Meeresspiegel steigen und in den Referenzregionen<br />
könnte eine Situation wie an der heutigen Nordseeküste auftreten. Wasser- und<br />
Sedimentflüsse wären größer als in den heutigen Referenzregionen und würden zu einer<br />
höheren Verdünnung der Radionuklide führen. Wenn das modellierte Gebiet versalzen<br />
ist oder einen hohen Grundwasserspiegel aufweist, ist es nicht für eine vollwertige<br />
Landwirtschaft sondern nur für die Viehwirtschaft geeignet. Dies gilt z.B. für die<br />
Marsch (mit Salz- und Süßwasser) und für das Moor (nur Süßwasser).<br />
Als weitere spezielle Szenarien werden vorgeschlagen:<br />
• Marsch:<br />
Für die Landwirtschaft nutzbar gemachtes Marschland oder Land im Bereich ehemaliger<br />
Flussläufe und Seen. Eine Vorkontamination ist vorhanden. Landwirtschaft<br />
wird wie in unserem heutigen Klima betrieben.<br />
• Moor:<br />
Auch für die Landwirtschaft nutzbar gemachtes Moor kann in Flussläufen und Seen<br />
entstanden sein. Eine Vorkontamination ist vorhanden. Landwirtschaft wird wie in<br />
unserem heutigen Klima betrieben. Ein Spezialfall könnte hier der Gemüseanbau<br />
sein.<br />
88
• Löss:<br />
Löss wurde an anderer Stelle abgetragen, mit dem Wind transportiert und in der<br />
Referenzregion flächig abgelagert. Eine Vorkontamination ist vorhanden. Landwirtschaft<br />
wird wie in unserem heutigen Klima betrieben.<br />
• Quelle:<br />
Eine Schichtquelle mit kontaminiertem Grundwasser wird als Trinkwasser für<br />
Mensch und Tier für einen einzelnen Bauernhof sowie für die Bewässerung genutzt.<br />
Die Parameterwerte, die für die Modellierung vorgeschlagen werden, sind erste Schätzungen,<br />
die durch weitere Studien verbessert werden sollten. Die für spezielle Szenarien<br />
abgeleiteten Parameterwerte beruhen auf dem heutigen Klima. Eine Anpassung<br />
an andere Klimate stellt wenig Aufwand dar. In Abschnitt 4.1 wurde beschrieben, welche<br />
Parameter insbesondere aufgrund von Erfahrungen in den bisherigen <strong>Sicherheit</strong>sanalysen<br />
relevant sind. Durch Parametervariationen und Sensitivitätsanalysen können<br />
diese Aussagen für die verschiedenen, in diesem Bericht beschriebenen Szenarien<br />
verfeinert werden.<br />
5.2 Ungewissheiten<br />
Ungewissheiten ergeben sich aus einer eingeschränkten Kenntnis<br />
• der Entwicklung des langfristigen Klimas,<br />
• der klimatischen Auswirkung auf die Referenzregionen,<br />
• der klimagesteuerten Prozesse in der physikalischen Biosphäre,<br />
• der zukünftigen menschlichen Gewohnheiten.<br />
Die Ungewissheiten sind dabei von unterschiedlicher Relevanz. Solche die durch hohe<br />
Verdünnungen, z.B. große Wasser- oder Sedimentationsumlagerungen gekennzeichnet<br />
sind, bedürfen in der Regel keiner weiteren Untersuchung, da sie zu geringeren<br />
Expositionen führen. Diejenigen jedoch, die möglicherweise eine Akkumulation / Aufkonzentrierung<br />
der Radionuklide hervorrufen, sollten detailliert untersucht werden. Prozesse,<br />
die zu einer Akkumulation führen könnten, werden in den folgenden Kapiteln<br />
kurz skizziert. Unter diesen Prozessen gibt es einige, wie z.B. eine erhöhte Radionuklidfreisetzung<br />
hervorgerufen durch veränderte geochemische Bedingungen, die die bis<br />
jetzt in <strong>Sicherheit</strong>sanalysen nur z.T. betrachtet werden.<br />
89
Eine Möglichkeit, mit den Unsicherheiten umzugehen, ist eine möglichst umfassende<br />
Beschreibung von Veränderungen der Referenzregionen sowie eine Auflistung des<br />
möglichen Einflusses auf die physikalische Biosphäre. Dies wurde zu einem gewissen<br />
Teil in dieser Arbeit durchgeführt und in Kapitel 3 beschrieben. In einigen Fällen, insbesondere<br />
bei aus Klimaveränderungen resultierenden Vorgängen in der physikalischen<br />
Biosphäre, wäre eine vertiefte Bearbeitung dieser Prozesse sowie ihre Auswirkungen<br />
auf die Kontaminationspfade wünschenswert. Hinsichtlich der Abhängigkeit<br />
des Radionuklidverhaltens von den geochemischen Bedingungen könnten auch Parametervariationen<br />
zum Verständnis beitragen. Ebenso sollte eine genauere Betrachtung<br />
erfolgen, inwieweit die menschlichen Gewohnheiten Einfluss auf die klimagesteuerten<br />
Prozesse im Boden, insbesondere die chemischen Randbedingungen haben können.<br />
Ein weiteres Thema, das einer vertieften Betrachtung bedarf, ist die Ermittlung von effektiven<br />
Durchschnittswerten aus Daten von spontanen, kurzfristigen, aber sehr intensiv<br />
ablaufenden Prozessen. Konkret betrifft dies Prozesse der Erosion und Sedimentation,<br />
Überschwemmungen etc. Eine Abschätzung sollte ebenso für die durchschnittliche<br />
Radionuklidakkumulation im Boden durch die Bewässerung erfolgen, da nicht alle<br />
Pflanzen die gleiche Wassermenge benötigen und nicht alle Böden gleich bewässert<br />
werden.<br />
5.2.1 Zukünftige Entwicklung des Klimas und Auswirkung auf die Referenzregionen<br />
Ungewissheiten sind insbesondere der nicht im Detail bekannten Kenntnis der Klimaentwicklung<br />
geschuldet. Die Vergangenheit zeigt, dass die Ausprägung und Länge der<br />
diskreten Klimazustände und die Geschwindigkeit der Klimaübergänge wichtige Randbedingungen<br />
für die Ausprägung und Entwicklung der physikalischen Biosphäre in den<br />
Referenzregionen sind. Ebenso sollte die Richtung der Klimaentwicklung, also die Tatsache<br />
ob es sich um eine Abkühlung oder eine Erwärmung handelt, einen wichtigen<br />
Faktor darstellen. Selbst wenn die Klimaentwicklung genau bekannt wäre, blieben jedoch<br />
ihre Auswirkungen auf die Referenzregionen nicht in allen Details vorhersehbar<br />
und ihr Einfluss auf die physikalische Biosphäre vielfältig. Beispiele hierfür sind Fragen<br />
nach der:<br />
• Niederschlagsmenge und –verteilung,<br />
• der Bodenentwicklung,<br />
• dem Einfluss salzhaltigen Wassers (Küsten- und Flussnähe)<br />
90
• der Überschwemmungshäufigkeit und –dauer<br />
• dem Wasseraustausch zwischen dem Geosphären- und dem Biosphärenaquifer<br />
• der Wassermenge, die bei Grundwasserspiegelschwankungen bewegt wird.<br />
• Reliefbildung<br />
• Ablagerung neuer Sedimente (Moränen, Schotter, Sande)<br />
• Entwicklung der vorhandenen Naturräume<br />
• Pflanzensukzession<br />
5.2.2 Klimagesteuerte Prozesse in der physikalischen Biosphäre<br />
In der physikalischen Biosphäre laufen in Abhängigkeit des Klimas vielfältige Prozesse<br />
ab. Diese können den Transportpfad der in die physikalische Biosphäre freigesetzten<br />
Radionuklide, deren Transportgeschwindigkeit und auftretende Konzentrationen verändern.<br />
Beispiele hierfür sind z.B.<br />
• Festlegung/Freisetzung von Radionukliden durch Adsorption/Desorption bzw. Erosion/Sedimentation<br />
(u.a. abhängig vom chemischen Milieu und Substrat )<br />
• Aus-/Mitfällung und Freisetzung von Radionukliden<br />
(Veränderung der geochemischen Bedingungen wie pH-Wert, Redoxpotential, Ionenstärke)<br />
• Aufkonzentrierung von Radionukliden im Boden durch Verdunstung (in Gewässern<br />
und Böden) und Bewässerung (in Böden)<br />
Diese Prozesse treten verstärkt während einer Klimaänderung und damit Veränderung<br />
von Naturräumen auf, werden aber zusätzlich durch menschliche Eingriffe (z.B. Pflügen,<br />
Düngung) beeinflusst. Eine Erhöhung des Redoxpotentials bewirkt für redoxsensitive<br />
Radionuklide wie z.B. Se, Tc, U und Np je nach Substrat eine erhöhte Mobilität im<br />
Bodenwasser und als Folge z.T. eine erhöhte Aufnahme in die Pflanze. Gleichzeitig<br />
sind aber auch die Redoxsysteme von Fe oder Mn beeinflusst und es kann <strong>zur</strong> Ausfällung<br />
von Fe(III)-Hydroxiden kommen. Dabei könnten Kationen mitgefällt, bzw. stark<br />
sorbiert werden. Dieser Prozess würde damit der erhöhten Mobilität der Radionuklide<br />
entgegen wirken. Eine Erhöhung des Redoxpotentials könnte insbesondere bei signifikanten<br />
Veränderungen der geochemischen Bedingungen, die z.B. bei Trockenlegung<br />
eines Moores oder Verlandung eines Sees zu erwarten sind und besonders bei nachfolgender<br />
landwirtschaftlicher Nutzung relevant sind, können bei einer vorangegangenen<br />
Kontamination von Moor bzw. Seesediment zu einer erhöhten Freisetzung von<br />
91
Radionukliden führen. Derartige Prozesse spielen auch in bevorzugten Bodenhorizonten<br />
(Go/Gr, Raseneisenstein, ton bzw. schluffreichen bzw. stark organischen Horizonten)<br />
aber auch beim Eindringen von sauerstoffreiche Gletscherwasser eine Rolle.<br />
Die Prozesse der Aufkonzentrierung durch erhöhte Verdunstung und/oder übermäßige<br />
Bewässerung sind für das CS/CW-Klima bedeutsam. Aber nur dann, wenn nicht auch<br />
gleichzeitig eine Versalzung eintritt, die das Land unfruchtbar werden lässt.<br />
Wie sich die Entwicklung von Permafrost auf die Freisetzung von Radionukliden ins<br />
Grundwasser auswirkt, ist unsicher. Generell gibt es sehr wenige natürliche Situationen,<br />
die als Analoga herangezogen werden können. Nur für Se und As wurden und<br />
werden entsprechend Studien durchgeführt (siehe auch Diskussionen in den internationalen<br />
Projekten BIOMOVS, BIOMASS und BIOPROTA, s. z.B. /BIO 91/, /SMI 09/).<br />
5.2.3 Zukünftige Entwicklung der menschlichen Gewohnheiten<br />
Die Ungewissheit bezüglich der menschlichen Gewohnheiten umfasst die landwirtschaftliche<br />
Praxis (Trockenlegung von Mooren, Marschen, Pflügen, Düngen) und die<br />
Ernährungsgewohnheiten. Im Hinblick auf die physikalische Biosphäre hat das<br />
menschliche Handeln vor allem Einfluss auf den Oberboden und den in diesem stattfindenden<br />
Prozessen, wie z.B. Bodenentwicklung, chemische/physikalische Eigenschaften<br />
von Bodensubstrat und Bodenlösung.<br />
Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Aspekt ist die Änderung der Transferfaktoren<br />
durch Veränderung der landwirtschaftlichen Bearbeitung. Verschiedene Untersuchungen<br />
weisen darauf hin, dass natürliche Systeme höhere Transferfaktoren für Radionuklide<br />
vom Boden in die Pflanze aufweisen, als eine technologische Landwirtschaft (mit<br />
Kunstdünger und hohen Erträgen). Eine Erklärung dafür ist, dass in natürlichen Systemen<br />
ein Mangel an wichtigen Nährstoffen wie Kalium, Phosphor und Stickstoff herrscht<br />
und das System darauf ausgelegt ist, Verluste von diesen zu minimieren. Dabei werden<br />
z.B. die chemisch ähnlichen Isotope von Cäsium und Strontium effizienter im<br />
Nährstoffkreislauf erhalten bleiben. Ob diese Prozesse auch für andere Radionuklide<br />
auftreten ist unsicher. Vertiefte Untersuchungen fehlen hier jedoch noch.<br />
92
6 Literatur<br />
/ARC 05a/ Archer, D.; Ganopolski, A.: A movable trigger: Fossil fuel CO 2 and the onset<br />
of the next glaciation. Geochem. Geophys. Geosys. 6, Q05003,<br />
doi:10.1029/2004GC000891, 2005.<br />
/ARC 05b/ Archer, D.: Fate of fossil fuel CO2 in geologic time. J. Geophys Res.<br />
doi:10.1029/2004JC002625, 2005.<br />
/AVI 06/<br />
Avila, R.; Kautsky; U.; Ekström, P.A.: Modeling the long-term transport and<br />
accumulation of radionuclides in the landscape for derivation of dose conversion<br />
factors. Ambio, 35, 513-523, 2006.<br />
/BAY 12/<br />
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft. /www.lfl.bayern.de/ 15. Februar<br />
2012.<br />
/BEC 03/<br />
Becker, A.: Beitrag <strong>zur</strong> Erstellung einer Referenzbiosphäre <strong>zur</strong> Berechnung<br />
der in der Nachbetriebsphase eines Endlagers für radioaktive Stoffe hervorgerufenen<br />
potentiellen Strahlenexposition unter Berücksichtigung des<br />
Einflusses des Klimas. BMU (Ed.), Schriftenreihe Reaktorsicherheit und<br />
Strahlenschutz, BMU-2003-623, 2003.<br />
/BER 04/<br />
Berner, U.; Streif, H.J. (Eds.): Klimafakten, Der Rückblick – Ein Schlüssel<br />
für die Zukunft. BGR, GGA, NLfB, 4. Auflage,. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung,<br />
Stuttgart 2004.<br />
/BIO 01a/ BIOCLIM: Modelling sequential biosphere systems under climate change<br />
for radioactive waste disposal. Environmental change analysis. Deliverable<br />
D1, 2001.<br />
/BIO 01b/ BIOCLIM: Global climatic features over the next million years and recommendation<br />
for specific situations to be considered. Deliverable D3, 2001.<br />
/BIO 04/<br />
BIOCLIM: Development and Application of a Methodology for Taking<br />
Climate-Driven Environmental Change into Account in Performance<br />
Assessments. Deliverable D10-12. 2004.<br />
94
BIO 91/<br />
BIOMOVS - Biospheric Model Validation Study (1991): Multiple Model<br />
Testing using Chernobyl Fallout Data of I-131 in Forage and Milk and Cs-<br />
137 in Forage, Milk, Beef and Grain. (H. Köhler, S.-R. Peterson, and F.O.<br />
Hoffman, eds.). Swedish Radiation Protection Institute, Stockholm,<br />
BIOMOVS Technical Report 13, Vol. I-II.<br />
/BMU 10/ Bundesministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit: <strong>Sicherheit</strong>sanforderungen<br />
an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver<br />
Abfälle. Stand 30. September 2010.<br />
/BOD 05/<br />
Bodenkundliche Kartieranleitung KA5, BGR, S. 324, Schweizerbart’sche<br />
Verlagsbuchhandlung, 2005.<br />
/BRE 08/ Brennwald, M.S.; van Dorp, F.: Biosphärenmodellierung in den<br />
sicherheitstechnischen Betrachtungen für die Vororientierung zum<br />
Sachplan geologische Tiefenlager. NAGRA Arbeitsbericht NAB 08-01,<br />
Wettingen, Mai 2008.<br />
/BUH 08/<br />
Buhmann, Keller, S.; Krone, J.; Lommerzheim, A.; D.; Mönig, J.; Mrugalla,<br />
S.; Weber, J.; Wolf, J.: FEP catalogue for a repository site for HLW in the<br />
host rock salt. Version 01. Joint report by DBE TECHNOLOGY GmbH,<br />
BGR, and GRS. Peine, Hannover, Braunschweig, April 2008.<br />
/CED 04/<br />
Cedecreutz, J.: Future climate scenarios for Olkiluoto with emphasis on<br />
permafrost. Posiva 2004-06, December 2004.<br />
/DEL 98/<br />
Delisle, G.: Numerical simulation of permafrost growth and decay. Journal<br />
of Quarternary Science 13 (4), 325-333, 1998.<br />
/DUP 83/<br />
Duphorn, K.; Schneider, U.: Zur Geologie und Geomorphologie des<br />
Naturparks Elbufer-Drawehn. erschienen in Abh. Naturwiss. Ver. (NF) 25:<br />
Mittelelbe und Drawehn-Lebensräume, Flora und Fauna im Hannoverschen<br />
Wendland (Kreis Lüchow-Dannenberg). S. 9-40, Verlag Paul Parey,<br />
Hamburg 1983.<br />
/EHL 11/<br />
Ehlers, J.: Das Eiszeitalter, ISBN 978-3-8274-2326-9, S. 195, Spektrum-<br />
Verlag, 2011.<br />
95
FAH 10/<br />
Fahrenholz, Ch.; Förster B.; Noseck, U. Müller-Lyda, I.; van Dorp, F.:<br />
Fachliche Unterstützung des BfS bei der Erstellung von Referenzbiosphärenmodellen<br />
für den radiologischen Langzeitsicherheitsnachweis<br />
von Endlagern – Biosphären-Szenarioanalyse für potentielle Endlagerstandorte.<br />
AP 1: Analyse der physikalischen Biosphäre in den Referenzregionen<br />
in Nord- und Süddeutschland. Gesellschaft für Anlagen und<br />
Reaktorsicherheit (GRS) mbH, GRS - A – 3538, Braunschweig, 2010.<br />
/FOE 09/<br />
Förster, B.; Noseck, U.; Mönig J.: Fachliche Unterstützung des Bundesamtes<br />
für Strahlenschutz bei der Erstellung von Referenzbiosphärenmodellen<br />
für den radiologischen Langzeitsicherheitsnachweis von Endlagern<br />
– Biosphären-Szenarioanalyse für potentielle Endlagerstandorte: AP<br />
1: Auswahl geeigneter Referenzregionen. Gesellschaft für Anlagen- und<br />
Reaktorsicherheit (GRS) mbH. GRS-A-3504: Braunschweig 2009.<br />
/GÜN 95/ Gündra, H., Jäger, S., Schroeder, M., Dikau, R.: Bodenerosionsatlas<br />
Baden-Württemberg, Agrarfroschung in Baden-Württemberg, Band 24,<br />
Verlag Eugen Ulmer Stuttgard, 1995, ISBN 3-8001-8684-5.<br />
/HAA 04/<br />
Haakh, F.; Lang, U.; Keim, B.; Eisele, W.; Schneck, A.; Emment, M.; Kopp,<br />
A.; Sanzenbacher, J.; Maier, A.: Optimierung des Gebietswasserhaushalts<br />
in Wassergewinnungsgebieten. Zweckverband Landesversorgung;<br />
Ingenieurgesellschaft Kobus und Partner, Stuttgart 2004.<br />
/HEN 98/ Hennigsen, D.; Katzung, G.: Einführung in die Geologie Deutschlands. 3.<br />
neu bearbeitete Auflage. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1998.<br />
/KAP 07/<br />
Kappenberg, I., Fanger, H.-U.: Sedimenttransportgeschehen in der<br />
tidebeeinflussten Elbe, der Deutschen Bucht und in der Nordsee. Helmholtz<br />
Gemeinschaft, GKSS_Forschungszentrum Geesthacht GmbH, Geesthacht,<br />
GKSS 2007/20 , ISSN 0344-9629, 2007.<br />
/KEL 04/<br />
Keller, S.: F+E Endlagerung, Ermittlung und Analyse von Szenarien für<br />
Endlagerstandorte mit unterschiedlichen Wirtsgesteinen (Deutschland)-<br />
Zeitliche Aspekte bei der Analyse von Szenarien (Beispiel Morphologie), 4.<br />
Zwischenbericht, Hannover 2004.<br />
96
KEL 02/<br />
Keller, S.: Ermittlung und Analyse von Szenarien für Endlagerstandorte mit<br />
unterschiedlichen Wirtsgesteinen (Deutschland) – Zusammenstellung von<br />
geologischen, klimatischen und hydrogeologischen ZEP. 1.<br />
Zwischenbericht, BGR, Hannover 2002.<br />
/KLI 07/<br />
Klinge, H., Boehme, J., Grissemann, C., Houben, G., Ludwig, R.-R., Rübel,<br />
A., Schelkes, K., Schildknecht, F. / Suckow, A.: Standortbeschreibung<br />
Gorleben, Teil 1: Die Hydrogeologie des Deckgebirges des Salzstocks<br />
Gorleben. Geologisches Jahrbuch: Reihe C, Hydrogeologie,<br />
Ingenieurgeologie, 71, 147 p., 2007.<br />
/KIR 09/<br />
Kirchner, G.: Use of reference biospheres for proving the long-term safety<br />
of radioactive waste repositories, Journal of Environmental Radioactivity,<br />
100, S. 435-437, 2009.<br />
/LAN 06/<br />
Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein. Die<br />
Böden Schleswig Holsteins – Entstehung, Verbreitung, Nutzung,<br />
Eigenschaften und Gefährdung. Pirwitz Druck & Design, Kiel, April 2006,<br />
ISBN: 3-937937-03-X.<br />
/LIE 02/ Liedtke, H.; Marcinek, J. (Eds.): Physische Geographie Deutschlands. 3.<br />
Überarbeitete Auflage, Klett Perthes Gotha Stuttgart, 2002.<br />
/NAG 02/ Project Opalinus Clay: The long-term safety of a repository for spent fuel,<br />
vitrified high-level waste and long-lived intermediate-level waste sited in the<br />
Opalinus Clay of the Züricher Weinland. Nagra, NTB 02-05, Wettingen,<br />
2002.<br />
/NOS 08/ Noseck, U.; Fahrenholz, Ch.; Flügge, J.; Pröhl, G.; Fein, E.: Impact of<br />
climate change on far-field and biosphere processes for HLW repositories<br />
in rock salt. GRS-241, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />
(GRS) mbH, Braunschweig, August 2008.<br />
97
PRO 05/ Pröhl, G.; Olyslaegers, G.; Kanyar, B.; Pinedo, P.; Bergström, U.; Mobbs,<br />
S.; Eged, K.; Katona, T.; Simon, I.; Hallberg, U.B.; Chen, Q.; Kowe, R. and<br />
Zeevaert T.: Development and comparison of five site-specific biosphere<br />
models for safety assessment of radioactive waste disposal. J. Radiol. Prot.<br />
25, 343-373, 2005.<br />
/SCH 04/ Schwartz, R., Krüger, F., Kozerski, H.-P.:Bilanzierung des<br />
Schwebstoffrückhalts der unteren Mittelelbe in Fluss und Aue. Deuitsche<br />
Gesellschaft für Limnologie (DGL) _ Tagungsbericht (Köln), Berlin, 2004,<br />
239-244.<br />
/SCH 03/<br />
Schwartz, R., Krüger, F., Kozerski, H.P., Gröngröft, A.,Miehlich,G.:<br />
Schwebstoffrückhalt der unteren Mittelelbe in Fluss und Aue. Mitteilungen<br />
der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, 2003, Oldenburg, 101-1, 25-<br />
26.<br />
/SMI 09/<br />
Smith, K.; Sheppard, S.; Albrecht, A.; Coppin, F. Fevrier, L.; Lahdenpera,<br />
A.M.; Keskinen, R.; Marang, L.; Perez, D.; Smith, G.; Thiry, Y.; Thorne M.;<br />
Jackson, D.: Modelling the Abundance of Se-79 in Soils and Plantsfor<br />
Safety Assessments of theUnderground Disposal of Radioactive Waste.<br />
BIOPROTA Report. Version 2.0, 30. November 2009.<br />
/STU 06/<br />
Stumpf, F., Auerswald, K.; Hochaufgelöste Erosionsprognosekarten von<br />
Bayern. WasserWirtschaft 7-8, 2006, 70-74.<br />
/VAN 94/ Van Husen, D.: Die Ostalpen in den Eiszeiten, 24 S, 1994. ISBN 3-900312-<br />
58-3.<br />
/VOS 11/<br />
Vos, P.C., Bazelmans, J., Weerts, H.J.T. & van der Meulen, M.J. (Eds.): Atlas<br />
van Nederland in het Holoceen. Prometheus/ Beret Bakker NL (Niederländisch),<br />
2011.<br />
ZEP 08 Zepp, H.: Geomorphologie, 3. Auflage, UTB Schöningh-Verlag, 2008.<br />
98
Anhang A<br />
Bodenprofile und Beschreibungen für relevante häufig vorkommende<br />
Böden aus /LAN 06/ und /BAY 12//<br />
99
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Vega (Brauner Auenboden)<br />
Pleinfeld, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen<br />
Bodenschätzung: lS II a 2 53/50<br />
Ah (0-20 cm):<br />
dunkelgraubrauner, humoser,<br />
stark lehmiger Sand;<br />
Krümelgefüge, porös; sehr gute<br />
Durchwurzelung<br />
3.11 Vega (Brauner Auenboden)<br />
Entstehung<br />
Typisches Ausgangsmaterial<br />
und Verbreitung<br />
Das Ausgangsmaterial bilden Flusssedimente in<br />
der regelmäßig überschwemmten Aue. Dabei<br />
handelt es sich überwiegend um andernorts abgetragenes<br />
Braunerdematerial, daher die tiefreichende<br />
braune Farbe und der für einen<br />
Sandboden relativ hohe Humusgehalt im Unterboden.<br />
In den Flusstälern mit sandigen bis lehmigen<br />
Sedimenten, vorherrschend im ufernahen Bereich<br />
aM (20-80 cm):<br />
brauner, graugelb gefleckter,<br />
schwach toniger Sand;<br />
Einzelkorngefüge, schwach kohärent,<br />
stark porös;<br />
im oberen Teil noch gut durchwurzelt<br />
Nutzung, Standorteigenschaften<br />
Gefährdung<br />
Standorteigenschaften des abgebildeten Bodenprofils<br />
LK<br />
[%]<br />
nFK<br />
[%]<br />
nFK<br />
[mm]<br />
Im Überflutungsbereich natürlicher Grünlandstandort,<br />
außerhalb des Überflutungsbereichs<br />
guter Ackerstandort<br />
Gefahr der Verdichtung , Auswaschung<br />
TRG<br />
[g/cm 3 ]<br />
Ton<br />
[%]<br />
Schluff<br />
[%]<br />
Sand<br />
[%]<br />
Ah 16 24 48 1,33 16 18 66<br />
aM 28 14 70 1,37 10 10 80<br />
aM-Go (80-100 cm+):<br />
braungelb gefleckter Sand; Einzelkorngefüge;<br />
stark luft- und wasserdurchlässig;<br />
vereinzelt Konkretionen<br />
aM-Go 39 7 - 1,40 5 3 92<br />
LK Luftkapazität: kennzeichnend für die Durchlüftung des Bodens;<br />
Werte < 5 % im A-Horizont und < 8 % im Unterboden behindern das Wurzelwachstum.<br />
nFK Nutzbare Feldkapazität: kennzeichnend für das pflanzenverfügbar gebundene Bodenwasser;<br />
1 % nFK entspricht 1 mm nFK je 10 cm Bodentiefe im Hauptwurzelraum.<br />
TRG Trockenraumgewicht: Trockengewicht des Bodens in seiner natürlichen Lagerung.<br />
Gebräuchliche Synomyme sind: Trockenraumdichte, Lagerungsdichte, Rohdichte trocken.<br />
TW Totwasser: kennzeichnend für das nicht mehr pflanzenverfügbare Bodenwasser<br />
116
117
118
Verantwortung für Mensch und Umwelt<br />
Kontakt:<br />
Bundesamt für Strahlenschutz<br />
Postfach 10 01 49<br />
38201 Salzgitter<br />
Telefon: + 49 30 18333 - 0<br />
Telefax: + 49 30 18333 - 1885<br />
Internet: www.bfs.de<br />
E-Mail: ePost@bfs.de<br />
Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier.