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Kommunikation in der Ausbildung unterstützen - foraus.de

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© BIBB 2005<br />

<strong>Kommunikation</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Ausbildung</strong> <strong>unterstützen</strong><br />

„Der Irrtum, dass Menschen sich verstehen, nur weil sie die gleichen<br />

Worte gebrauchen, ist sehr verbreitet!“<br />

Thomas Mann<br />

<strong>Kommunikation</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Ausbildung</strong> – e<strong>in</strong> Zufallsprodukt?!<br />

Kle<strong>in</strong>e Schritte – große Wirkung<br />

die „Macht“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrnehmungs- und Rückmel<strong>de</strong>prozesse<br />

Vorbemerkung<br />

Ihr <strong>Ausbildung</strong>salltag ist durch unterschiedlichste <strong>Kommunikation</strong>ssituationen<br />

geprägt: „small-talk“, Anleitungen, Konfliktgespräche, Beurteilungsgespräche,<br />

... Die täglichen Gesprächsanlässe s<strong>in</strong>d oftmals komplexer, als<br />

es die oben genannten Begriffe auszudrücken vermögen. Allerd<strong>in</strong>gs haben<br />

alle Gesprächssituationen elementare Geme<strong>in</strong>samkeiten, die über Erfolg<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> über Misserfolg e<strong>in</strong>es Gesprächs entschei<strong>de</strong>n.<br />

Nachfolgend wer<strong>de</strong>n Ihnen kommunikationspsychologische Grundlagen<br />

präsentiert, die die Basis für e<strong>in</strong>e erfolgreiche personenzentrierte <strong>Kommunikation</strong><br />

bil<strong>de</strong>n.<br />

Montagmorgen, 07.30 Uhr: Petra Schmitz (17 Jahre), Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> im<br />

<strong>Ausbildung</strong>sberuf Bürokauffrau bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Firma „Hud<strong>de</strong>l & Brassel“<br />

Dienstleistungs GmbH, ist auf <strong>de</strong>m Weg zu ihrer <strong>Ausbildung</strong>sstätte. Sie<br />

fährt mit ziemlich gemischten Gefühlen zur Arbeit, da um 09.00 Uhr e<strong>in</strong><br />

Gespräch mit ihrem Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> Hermann Brassel ansteht. Es geht mal wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

um das leidige Thema <strong>Ausbildung</strong>snachweis – e<strong>in</strong> nicht en<strong>de</strong>n wollen<strong>de</strong>s<br />

Thema!<br />

Um 09.00 Uhr klopft sie an die Bürotür ihres Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong>s, <strong><strong>de</strong>r</strong> sie bereits<br />

erwartet.<br />

„Guten Morgen, Petra! Komm here<strong>in</strong> und nimm bitte Platz.“<br />

„Guten Morgen, Herr Brassel!“<br />

„Petra, ich möchte sofort zum Thema kommen, da ich gleich noch e<strong>in</strong>en<br />

Term<strong>in</strong> habe, ok?“<br />

„Ja, klar!“<br />

„Also, wir haben ja schon zig mal über dieses Thema gesprochen und irgendwie<br />

ist es immer das Gleiche! Mir kommt es vor, als wür<strong>de</strong> ich gegen<br />

e<strong>in</strong>e Wand re<strong>de</strong>n. Führe <strong>de</strong><strong>in</strong>en <strong>Ausbildung</strong>snachweis or<strong>de</strong>ntlich! Das gehört<br />

schließlich zu <strong>de</strong><strong>in</strong>en Pflichten!“<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 1


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„Herr Brassel, was ist <strong>de</strong>nn jetzt schon wie<strong><strong>de</strong>r</strong>? Ich habe mir so viel Mühe<br />

gegeben, or<strong>de</strong>ntlich zu se<strong>in</strong>! Außer<strong>de</strong>m habe ich auch noch an<strong><strong>de</strong>r</strong>es zu<br />

tun.“<br />

...<br />

Wie wird das Gespräch weiter gehen? Was wür<strong>de</strong>n Sie vermuten? Wird<br />

Herr Brassel bei Petra Gehör f<strong>in</strong><strong>de</strong>n? Wird sie ihren <strong>Ausbildung</strong>snachweis<br />

endlich or<strong>de</strong>ntlich führen? Und – was heißt eigentlich or<strong>de</strong>ntlich? Haben<br />

sich die Bei<strong>de</strong>n im S<strong>in</strong>ne von Thomas Mann verstan<strong>de</strong>n?<br />

„Hud<strong>de</strong>l“ heißt <strong>in</strong>s Hoch<strong>de</strong>utsche übersetzt „Pfuscharbeit“, „Brassel“ be<strong>de</strong>utet<br />

aufreiben<strong>de</strong> Tätigkeit, wüstes Durche<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>, ...<br />

<strong>Kommunikation</strong> erleben die Betroffenen mitunter auch als „Hud<strong>de</strong>l und<br />

Brassel“!<br />

Das nachfolgen<strong>de</strong> Modul will versuchen Sie dabei zu <strong>unterstützen</strong>, <strong>de</strong>m<br />

alltäglichen „Hud<strong>de</strong>l und Brassel“ <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kommunikation</strong> mit konkreten<br />

Schritten zu begegnen, um somit zufrie<strong>de</strong>nstellen<strong><strong>de</strong>r</strong>e und konstruktivere<br />

Wege <strong>in</strong> <strong>de</strong>n täglichen Gesprächsituationen beschreiten zu können!<br />

Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Kommunikation</strong><br />

Nach Schulz von Thun schw<strong>in</strong>gen bei je<strong><strong>de</strong>r</strong> Nachricht bzw. Aussage <strong>in</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Regel vier be<strong>de</strong>utsame Aspekte o<strong><strong>de</strong>r</strong> Botschaften mit, die die <strong>Kommunikation</strong><br />

zwischen Menschen bee<strong>in</strong>flussen und sich auf die <strong>Kommunikation</strong><br />

nachhaltig auswirken können.<br />

vier Seiten e<strong>in</strong>er<br />

Nachricht<br />

Betrachten wir die Nachricht bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> im Mo<strong>de</strong>ll dargestellten Aspekte,<br />

lässt sich e<strong>in</strong>e Aussage von Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> Brassel (Sen<strong><strong>de</strong>r</strong>) ausgehend betrachtet<br />

z. B. folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen charakterisieren:<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 2


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© BIBB 2005<br />

Sache<br />

Appell<br />

Sach<strong>in</strong>halt – „Was?“<br />

E<strong>in</strong>e Nachricht enthält immer e<strong>in</strong>e Sachseite bzw. -aussage. Das heißt,<br />

Herr Brassel versucht, Petra etwas mitzuteilen – <strong><strong>de</strong>r</strong> Sach<strong>in</strong>halt <strong>in</strong>formiert.<br />

Appell – „Wozu?“<br />

Dieser Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachricht bezieht sich auf <strong>de</strong>n <strong>Kommunikation</strong>szweck<br />

bzw. das –ziel, das <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> verfolgt. Konkret be<strong>de</strong>utet dies, dass<br />

Herr Brassel se<strong>in</strong>e Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> zu etwas veranlassen und sie somit<br />

bee<strong>in</strong>flussen möchte. Oftmals wer<strong>de</strong>n Appelle nur <strong>in</strong>direkt ausgedrückt.<br />

Daher kommen Appelle oftmals falsch o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar nicht beim Empfänger<br />

(Petra) an.<br />

Beziehung<br />

Selbstoffenbarung<br />

Beziehung – „Wie?“<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Art und Weise, wie Herr Brassel mit Petra kommuniziert, f<strong>in</strong><strong>de</strong>n se<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>stellungen, Gefühle, Erwartungen, … ihr gegenüber ihren Ausdruck.<br />

Der größte Teil dieser mitschw<strong>in</strong>gen<strong>de</strong>n Botschaft läuft allerd<strong>in</strong>gs ver<strong>de</strong>ckt,<br />

unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberfläche ab. Die bestehen<strong>de</strong> Beziehung äußert sich<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>in</strong> <strong>de</strong>n gewählten Formulierungen, im Tonfall o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

nonverbalen Signalen wie Gestik, Mimik, Körperhaltung.<br />

Selbstoffenbarung – „Das gebe ich von mir kund!“<br />

Auf dieser Ebene gibt <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> Informationen über sich selbst im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>er Selbstenthüllung/Selbstdarstellung; dies gilt sowohl für <strong>de</strong>n verbalen<br />

als auch für <strong>de</strong>n nonverbalen Bereich. Äußert sich e<strong>in</strong> Vorgesetzter<br />

beispielsweise über schlechte Leistungen se<strong>in</strong>er Mitarbeiter, wird er auch<br />

e<strong>in</strong>e Menge über sich und se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stellungen zu Menschen mitteilen und<br />

dies mit e<strong>in</strong>er entsprechen<strong>de</strong>n Gestik und Mimik unterstreichen.<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 3


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© BIBB 2005<br />

Berücksichtigen wir nun, dass Petra als Empfänger<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachricht ebenfalls<br />

vier Möglichkeiten (vier-Ohren-Mo<strong>de</strong>ll) hat, diese Nachricht zu verstehen<br />

bzw. für sich zu filtern (Was sagt er zu mir? – Wozu will er mich<br />

br<strong>in</strong>gen? – Wie steht er zu mir? – Was gibt er von sich preis?), wird ansatzweise<br />

<strong>de</strong>utlich, wie komplex und wie störanfällig die Verständigung<br />

zwischen Menschen se<strong>in</strong> kann.<br />

Selbstoffenbarungsohr<br />

Sachohr<br />

Beziehungsohr<br />

Appellohr<br />

Über das S<strong>in</strong>ken <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Titanic und das<br />

Scheitern <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Kommunikation</strong><br />

Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sach- und<br />

Beziehungsebene<br />

Das Passagierschiff „Titanic“ sank, weil sich die Verantwortlichen nur auf<br />

die Spitze <strong>de</strong>s Eisbergs konzentrierten (ca. 10 bis 20 % <strong>de</strong>s Gesamtvolumens).<br />

Der größte Teil <strong>de</strong>s Eisbergs befand sich allerd<strong>in</strong>gs unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Wasseroberfläche<br />

(etwa 80 bis 90 %). Die Titanic rammte <strong>de</strong>n Eisberg unterhalb<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wasseroberfläche und sank.<br />

E<strong>in</strong> ähnliches Pr<strong>in</strong>zip f<strong>in</strong><strong>de</strong>t sich <strong>in</strong> <strong>Kommunikation</strong>sprozessen wie<strong><strong>de</strong>r</strong>: die<br />

Beteiligten konzentrieren sich auf die verme<strong>in</strong>tliche Sachebene, laufen<br />

aber auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Beziehungsebene auf Grund.<br />

Genau an diesem Punkt wird <strong>de</strong>utlich, wie sehr Sach- und Beziehungsebene<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wechselseitigen Beziehung zue<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> stehen:<br />

Können wir uns <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel auf <strong><strong>de</strong>r</strong> sachlogischen Ebene allgeme<strong>in</strong> verständlich<br />

ausdrücken und mite<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> kommunizieren, wird dies auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

psycho-sozialen (Beziehungs-) Ebene erfahrungsgemäß schwieriger. Hier<br />

geht es konkret um Gefühle wie Freu<strong>de</strong> – Ärger, Sympathie – Antipathie,<br />

<strong>de</strong>m Wunsch nach Anerkennung, ... Sprich, <strong><strong>de</strong>r</strong> ganzen Bandbreite <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Ängste und Wünsche, die uns mal mehr mal weniger bewusst<br />

s<strong>in</strong>d! Es ist wichtig, sich diese Umstän<strong>de</strong> bewusst zu machen, da sich<br />

Kontakt zwischen Menschen immer auf mehreren Ebenen offenbart. Sorgen<br />

wir nicht für die unterschiedlichen Ebenen, laufen wir Gefahr, dass<br />

sich Beziehungsschwierigkeiten <strong>in</strong> Sachaussagen geklei<strong>de</strong>t ihren Weg suchen<br />

und somit das Mite<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> bee<strong>in</strong>trächtigen.<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 4


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© BIBB 2005<br />

Das nachfolgen<strong>de</strong> Bild soll die unterschiedlichen, mit e<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

stehen<strong>de</strong>n Anteile <strong><strong>de</strong>r</strong> Sach- und Beziehungsebene veranschaulichen:<br />

Im täglichen <strong>Kommunikation</strong>sprozess ist Herr Brassel als Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Zum e<strong>in</strong>en hat er die Verantwortung, die <strong>Ausbildung</strong><br />

sach- und zielorientiert durchzuführen, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en hat er dafür Sorge zu<br />

tragen, dass mögliche Störungen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Beziehungsebene transparent<br />

sowie thematisiert und sie mit Hilfe e<strong>in</strong>es lösungsorientierten Ansatzes<br />

bearbeitet wer<strong>de</strong>n. Um das zu erreichen, bedarf es e<strong>in</strong>es Führungsstils<br />

(z.B. Misumi), <strong><strong>de</strong>r</strong> sowohl e<strong>in</strong>e Aufgaben- als auch e<strong>in</strong>e Beziehungsorientierung<br />

berücksichtigt und somit <strong><strong>de</strong>r</strong> gegenseitigen Abhängigkeit zwischen<br />

Sach- und Beziehungsebene gerecht wird.<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 5


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„Richtig verstehen<br />

heißt nicht nur verstan<strong>de</strong>n<br />

haben,<br />

was <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e gesagt<br />

hat, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auch was er geme<strong>in</strong>t<br />

hat.“<br />

Wie kann Petras Reaktion kann auf die Aussage („Führe <strong>de</strong><strong>in</strong>en <strong>Ausbildung</strong>snachweis<br />

or<strong>de</strong>ntlich.“) von Herrn Brassel zu Stan<strong>de</strong> gekommen<br />

se<strong>in</strong>? Unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Berücksichtigung, dass Petra vier Möglichkeiten (vier Ohren)<br />

hat, diese Aussage zu verstehen, wird <strong>de</strong>utlich, dass die empfangene<br />

Nachricht auch e<strong>in</strong> Machwerk von Petra ist. Herr Brassel wird nicht im Vorfeld<br />

wissen, wie se<strong>in</strong>e Nachricht bei Petra ankommt bzw. was sie bei Petra<br />

anrichten wird. Gab es bestimmte Schlüsselreize <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Aussage von<br />

Herrn Brassel, dass Petra so reagierte wie sie reagierte?<br />

Empfangsvorgänge<br />

und<br />

Rückmeldung<br />

Empfangsvorgänge (Wahrnehmungsprozesse) verlaufen nach e<strong>in</strong>em<br />

„klassischen“ Dreierschritt:<br />

Oftmals verschmelzen aber gera<strong>de</strong> diese drei Punkte zu e<strong>in</strong>em Produkt,<br />

zu e<strong>in</strong>em Reiz-Reaktionsschema:<br />

− Petra hört die Aussage und nimmt das Stirnrunzeln ihres Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

wahr (Schritt 1), Petra <strong>in</strong>terpretiert das Stirnrunzeln als Unmut ihres<br />

Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong>s (Schritt 2) und reagiert mit ihrer Aussage: „Herr Brassel,<br />

was ist <strong>de</strong>nn jetzt schon wie<strong><strong>de</strong>r</strong>?“ (Schritt 3)<br />

− Herr Brassels wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um hört das von Petra Gesagte, sieht ihre<br />

leicht zusammen gezogenen Augenbrauen und sagt recht <strong>de</strong>utlich:<br />

„Ich will dass du <strong>de</strong><strong>in</strong>en Pflichten nachkommst!“<br />

− Petra erwi<strong><strong>de</strong>r</strong>t daraufh<strong>in</strong>: „Ich mache ja wohl me<strong>in</strong>e Arbeit, fehle so<br />

gut wie nie, ...!“<br />

An dieser Stelle sollten wir aus <strong>de</strong>m möglichen Gesprächsverlauf aussteigen.<br />

Worum geht es mittlerweile eigentlich: um <strong>de</strong>n <strong>Ausbildung</strong>snachweis,<br />

um Petras Ton gegenüber ihrem Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong>, um Herrn Brassels allgeme<strong>in</strong>en<br />

Appell an Petras Pflichten als Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, ...?<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 6


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© BIBB 2005<br />

Damit e<strong>in</strong> Gespräch erfolgreich verlaufen kann, ist es von grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Be<strong>de</strong>utung, die drei oben beschriebenen Schritte nicht zu e<strong>in</strong>em Reiz-<br />

Reaktionsschema verschmelzen zu lassen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie zu sortieren. Zwischen<br />

Reiz und Reaktion ist e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er, sche<strong>in</strong>bar kaum wahrnehmbarer<br />

Raum. Und dieser Raum – vorausgesetzt er ist uns bzw. Petra bewusst –<br />

gibt uns die Möglichkeit und Macht, uns für e<strong>in</strong>e Reaktion zu entschei<strong>de</strong>n!<br />

Bezogen auf unser Beispiel be<strong>de</strong>utet das, dass sich Petra zunächst auf<br />

die ersten bei<strong>de</strong>n Schritte konzentriert:<br />

1. Petra nimmt etwas bei ihrem Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> wahr und beschreibt ihre<br />

Wahrnehmung mit ihren Worten „Sie runzeln die Stirn, ...“<br />

2. und <strong>in</strong>terpretiert ihre Wahrnehmung (Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> Brassel ist sauer!).<br />

Bevor sie sich nun Schritt drei h<strong>in</strong>gibt (Reaktion), ist es wichtig,<br />

dass sich Petra darüber im Klaren ist, dass ihre Wahrnehmung richtig<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> falsch se<strong>in</strong> kann und <strong>de</strong>mzufolge von ihr zu überprüfen ist<br />

(Petra hat <strong>de</strong>n oben beschriebenen Raum zwischen Reiz und Reaktion<br />

wahrgenommen und genutzt!) „... ,s<strong>in</strong>d Sie sauer auf mich<br />

wegen me<strong>in</strong>er Berichtsheftführung?“<br />

Diese Rückmeldung (Feed-back) von Petra an ihren Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> ermöglicht<br />

neue Optionen für <strong>de</strong>n Dialog: Herr Brassel kann <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>druck bestätigen<br />

(„Ja, mir gefällt nicht, dass du...“), ihn korrigieren o<strong><strong>de</strong>r</strong> ihn weiter<br />

konkretisieren („Ne<strong>in</strong>, sauer nicht. Aber ich überlege, wie wir die Berichtsheftführung<br />

besser <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Griff bekommen können.“).An die Rückmeldung<br />

von Herr Brassel schließt sich jetzt erst <strong><strong>de</strong>r</strong> dritte Schritt – die Reaktion<br />

von Petra – an.<br />

Ist sich Petra über diese <strong>in</strong>neren Vorgänge und ihre damit verbun<strong>de</strong>ne<br />

Verantwortung für <strong>de</strong>n weiteren Gesprächsverlauf im Klaren, kann das<br />

Gespräch e<strong>in</strong>en konstruktiveren Verlauf nehmen als er weiter oben angenommen<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong><strong>de</strong>r</strong> kle<strong>in</strong>en<br />

Schritte:<br />

Sensibilisieren Sie<br />

sich für Wahrnehmungs-<br />

und Rückmel<strong>de</strong>prozesse!<br />

Probieren Sie es aus, diesen „Dreierschritt“ zur <strong>in</strong>neren Klärung bewusst<br />

mit Ihrem Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n durchzuspielen. E<strong>in</strong>e beidseitige Sensibilisierung<br />

<strong>in</strong> diesem Punkt kann die Basis für e<strong>in</strong>en offeneren und zufrie<strong>de</strong>n<br />

stellen<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gesprächsverlauf zwischen Ihnen und Ihrem Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

bil<strong>de</strong>n und e<strong>in</strong>en wesentlichen Beitrag zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung wesentlicher<br />

Schlüsselqualifikationen leisten.<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 7


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© BIBB 2005<br />

Das Modul sei mit e<strong>in</strong>em Zitat beschlossen:<br />

„Dürfte ich das Unwort <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten zehn Jahre bestimmen, so kommt<br />

für mich nur e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> Frage: kommunizieren. E<strong>in</strong> Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong> kommuniziert<br />

nicht mit se<strong>in</strong>em Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n! Er versucht ihn zu bee<strong>in</strong>drucken,<br />

zu beleben, zu motivieren, zu provozieren und auch zu amüsieren.<br />

Die vielfältigen Missverständnisse, die sie gegenseitig <strong>in</strong>szenieren,<br />

fän<strong>de</strong>n ihre nichts sagendste Lösung, sobald dieser nichtige Begriff<br />

zwischen sie tritt. All unsere mühsamen und vergeblichen Versuche,<br />

uns mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt zu verständigen, uns zu berühren und zu bee<strong>in</strong>flussen,<br />

die ganze Bandbreite unserer Gefühle und Absichten fallen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nüchternheit und <strong><strong>de</strong>r</strong> Monotonie dieses soziotechnischen Kurzbegriffs<br />

zum Opfer.“<br />

(Botho Strauss)<br />

Literaturliste<br />

BIBB (Hg.)<br />

Gute Führung <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Ausbildung</strong><br />

Die Balance zwischen Leistung und Be<br />

ziehung;<br />

W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG,<br />

Bielefeld 2004<br />

Birkenbihl, V.F.:<br />

<strong>Kommunikation</strong>stra<strong>in</strong><strong>in</strong>g; mvg verlag,<br />

München 1994<br />

Crisand, E.:<br />

Psychologie <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesprächsführung;<br />

Sauer Verlag, Hei<strong>de</strong>lberg 1994<br />

Harris, T.A.:<br />

Ich b<strong>in</strong> o.k - Du bist o.k.; Rowohlt Taschenbuch<br />

Verlag, Re<strong>in</strong>bek, 1994<br />

Langmaack, B.:<br />

Themenzentrierte Interaktion; PVU,<br />

We<strong>in</strong>heim 1991<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 8


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© BIBB 2005<br />

Schulz von Thun, F.: Mite<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> Re<strong>de</strong>n, Band 1, 2 und 3;<br />

Rowohlt Taschenbuch Verlag, Re<strong>in</strong>bek<br />

1994<br />

Thomann, C.,<br />

Klärungshilfe; Rowohlt Taschenbuch<br />

Schulz von Thun, F.: Verlag, Re<strong>in</strong>bek 2000<br />

Weisbach, C.-R.:<br />

Professionelle Gesprächsführung; Beck<br />

Wirtschaftsberater im dtv; München 2000<br />

Ergänzen<strong>de</strong> Leseh<strong>in</strong>weise zum Lernzentrum bei <strong>foraus</strong>.<strong>de</strong><br />

Im Lernzentrum von <strong>foraus</strong>.<strong>de</strong> f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie vier verschie<strong>de</strong>ne Handlungsfel<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mit ihren jeweiligen Lernmodulen.<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n wird kurz auf die Handlungsfel<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Lernmodulen h<strong>in</strong>gewiesen, die mit <strong>de</strong>m Thema „<strong>Kommunikation</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Ausbildung</strong> <strong>unterstützen</strong>“ <strong>in</strong> enger Wechselwirkung stehen bzw. für die e<strong>in</strong>e<br />

gewisse kommunikative Kompetenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong><strong>in</strong>/<strong>de</strong>s Ausbil<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>in</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> spezifischen Situation unerlässlich ist.<br />

Handlungsfeld „Gruppen anleiten“<br />

− die Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ationsmetho<strong>de</strong><br />

Handlungsfeld „Am Arbeitsplatz ausbil<strong>de</strong>n“<br />

− Ausbil<strong>de</strong>n mit Lernaufträgen<br />

− Ausbil<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Leittextmetho<strong>de</strong><br />

Lernen för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

− Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten<br />

− Lernerfolge sicherstellen<br />

Handlungs- und prozessorientiert ausbil<strong>de</strong>n<br />

Autor: Ralf Hoffmann www.mediation-hoffmann.<strong>de</strong> 9

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