Leseprobe - Delius Klasing
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Karosseriebau im<br />
Stuttgarter Karosseriewerk Reutter:<br />
Die Jahre 1906–1918<br />
Die Veränderungen technischer, ökologischer und<br />
sozialer Art, die das Ende des 19. und den Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts kennzeichneten, spiegeln<br />
sich auch im Werdegang eines jungen Mannes<br />
wieder, der sich den wagemutigen Traum einer eigenen<br />
Karosseriefabrik erfüllte.<br />
Wilhelm Reutter, 1874 in Mittelschöntal bei Backnang<br />
geboren, hatte den Beruf des Sattlers erlernt<br />
und arbeitete als Meister in der Wagenfabrik<br />
Friedrich Reutter in Stuttgart. Deren Inhaber, Hermann<br />
Reutter, gestattete ihm, im Oktober 1906<br />
innerhalb der Firmenräume die Sattlerei in eigener<br />
Regie zu übernehmen, wo er sich hauptsächlich<br />
mit Motorwagen beschäftigte, wie Wilhelm<br />
Reutter in einem Brief vom 3. September 1907<br />
schreibt. In diesem Brief ist auch zu lesen, dass<br />
er sich entschlossen hat, eine eigene Fabrik unter<br />
dem Namen „Stuttgarter Carosserie und Radfabrik“<br />
zu gründen, die zunächst in 500 qm großen<br />
Geschäftsräumen in der Reuchlinstraße Nr. 9<br />
ihren Sitz hatte.<br />
In der Herstellung von Pferdewagen aller Art, wie<br />
sie in seiner alten Firma produziert wurden, sah<br />
Wilhelm Reutter keine dauerhafte Zukunft, nachdem<br />
Gottlieb Daimler seinen ersten Motorwagen<br />
vorgestellt hatte und die zunehmende Begeisterung<br />
für das Automobil sich in der Zahl neuer<br />
Hersteller zeigte. Er sah für sein Unternehmen<br />
eine gute Chance durch den in nächster Nachbarschaft<br />
angesiedelten Automobilbauer, die<br />
Daimler-Motoren-Gesellschaft in Cannstatt. Hier<br />
erhoffte er sich Aufträge, da dort nur Fahrgestelle<br />
und Motoren der Automobile hergestellt wurden.<br />
Die Kunden konnten dann unter einigen Karosserieherstellern<br />
wählen, um sich nach individuellen<br />
Wünschen eine Karosserie auf das Fahrgestell<br />
bauen zu lassen.<br />
Der Eintrag im Adressbuch:<br />
Reutter, Wilhelm Sattler<br />
Spezialität: Luxus- und Motorwagen,<br />
englische Geschirre<br />
unter welchem die am 1. Oktober 1906 gegründete<br />
Firma „Wilhelm Reutter, Automobil Carosserien<br />
jeder Art, Teilarbeiten und Reparaturen“ zu finden<br />
war, schien in den Anfängen ein wenig hoch<br />
gegriffen. Dennoch war der Betrieb wohl bereits<br />
im ersten Jahr erfolgreich, was ein Inserat in der<br />
„Frankfurter Zeitung“ belegt, in welchem Wilhelm<br />
Reutter einen Wagnermeister suchte. Christian<br />
Klein, damals noch als Kastenmacher bei der Firma<br />
Gebrüder Hoffmann in Offenbach tätig, nahm<br />
nach einigen Gesprächen die Stelle als Leiter<br />
der Wagnerei an. Zum gleichen Zeitpunkt wurde<br />
Herr Hoffmann, Meister bei der Firma Auer, als<br />
Schmiedemeister eingestellt. Die vorläufige Führungsmannschaft<br />
der „Stuttgarter Carosserie und<br />
Familienwappen.