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de lëtzebuerger Ziichter 3/2013 - Convis Herdbuch Service Elevage ...

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54 FLEISCHRINDER<br />

„Naturschutz Fleesch“<br />

Neue Vermarktungsformen vom Luxemburger Staat?<br />

Die Natur- und Forstverwaltung hat auf <strong>de</strong>r Foire Agricole ihr Label „Naturschutz Fleesch“<br />

vorgestellt. Was steckt hinter diesem Label?<br />

Gerry Ernst, Pierre Feipel<br />

Es ist begrüßenswert, neue Vermarktungsformen<br />

für Rindfleisch auszuarbeiten<br />

und aufzubauen. Der<br />

Grundgedanke, schützenwerte Flächen<br />

über extensive Rin<strong>de</strong>rhaltung zu nutzen<br />

und <strong>de</strong>m Landwirt <strong>de</strong>n Ertragsausfall in<br />

Form von Subventionen und/o<strong>de</strong>r Mehrerlös<br />

zu geben ist sicher lobenswert. Wei<strong>de</strong>tiere<br />

sind gera<strong>de</strong>zu dazu prä<strong>de</strong>stiniert,<br />

ein Gleichgewicht in <strong>de</strong>r Natur zu erhalten<br />

o<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r herzustellen, wenn sie vernünftig<br />

wei<strong>de</strong>n können. Die Umsetzung<br />

<strong>de</strong>r Habitat Direktive, die einen Flächenanteil<br />

<strong>de</strong>m Naturschutzschutz zur Verfügung<br />

stellt, ist sicher auch für Luxemburg<br />

bin<strong>de</strong>nd. Eigentlich müsste diese Initiative<br />

vom Umweltministerium also sowohl<br />

bei <strong>de</strong>n Umweltverbän<strong>de</strong>n als auch in <strong>de</strong>r<br />

Landwirtschaft auf breite Zustimmung<br />

stoßen. Dem ist aber nicht so!<br />

Die heutige Landwirtschaft, egal ob konventionell<br />

o<strong>de</strong>r biologisch, muss gewisse<br />

Kriterien und Lastenhefte respektieren<br />

und einhalten, um Qualität zu produzieren<br />

und finanziell überleben zu können.<br />

Während sich private Initiativen bemühen,<br />

gute Qualitäten zu produzieren und<br />

zu promovieren, die auf keinen Falls subventioniert<br />

wer<strong>de</strong>n dürfen, kommt <strong>de</strong>r<br />

Luxemburger Staat mit einem Label und<br />

unterstützt nur einige Landwirte mit Gel<strong>de</strong>rn,<br />

die für die Allgemeinheit bestimmt<br />

sind. Hier diktiert <strong>de</strong>r Luxemburger Staat<br />

über alles. So ist er zeitgleich Inhaber <strong>de</strong>s<br />

Labels, Zertifizierer, Händler, Verwalter<br />

<strong>de</strong>r Subventionen und stellt die übergroße<br />

Mehrheit in <strong>de</strong>n Kontrollorganen.<br />

Dabei unterstellt das Umweltministerium<br />

<strong>de</strong>r Landwirtschaft, durch ihre Arbeitsweise<br />

die Natur und Kulturlandschaft zu<br />

zerstören. Unsere Kulturlandschaft ist<br />

jedoch erst durch die land- und forstwirtschaftliche<br />

Nutzung entstan<strong>de</strong>n. Es kann<br />

nicht sein, dass auf unseren Breitengra<strong>de</strong>n,<br />

wo Landwirtschaft im Einklang mit<br />

<strong>de</strong>r Natur noch möglich ist, diese durch<br />

solche Verwaltungen zum Sün<strong>de</strong>nbock<br />

gemacht wird. Dabei ist <strong>de</strong>r ökologische<br />

Nutzen <strong>de</strong>r praktischen Umsetzung dieses<br />

Projektes vom führen<strong>de</strong>n Umweltverband<br />

mehr als umstritten. Auch <strong>de</strong>r<br />

landwirtschaftliche Nutzen ist minimal<br />

und weit ab von je<strong>de</strong>r fachlichen nachhaltigen<br />

Praxis. Das „Naturschutz Fleesch“<br />

unterstützt die Verbreitung von Unkräutern<br />

wie Disteln und Brennnessel, was<br />

laut Agrargesetz und Cross Compliance<br />

unerwünscht ist. Ein „normaler“ Betrieb<br />

muss gegen seinen Willen pompöse Gebäu<strong>de</strong><br />

bauen, die schon fast einer Kathedrale<br />

ähneln, und dies nur, weil die<br />

Naturverwaltung dies so verlangt. Beim<br />

Label „Naturschutz Fleesch“ ist das an<strong>de</strong>rs.<br />

Die Naturverwaltung finanziert <strong>de</strong>n<br />

Bau <strong>de</strong>r Umzäunungen und richtet kleine<br />

Stallungen und/o<strong>de</strong>r Unterkünfte für die<br />

Tiere her, ohne sich an die üblichen Normen<br />

zu halten. Hier kann Wasser, Jauche<br />

und Mist unkontrolliert ins „Naturschutzgebiet“<br />

fließen. Es schlägt <strong>de</strong>m Fass <strong>de</strong>n<br />

Bo<strong>de</strong>n aus, dass die Umweltverwaltung<br />

ihr Mo<strong>de</strong>ll dann mit angeblich niedrigen<br />

Investitionen bewirbt (die auch noch zum<br />

Großteil vom Staat übernommen wer<strong>de</strong>n),<br />

und so mehr Geld verdient wer<strong>de</strong>n könne.<br />

Dabei ist die Umweltverwaltung selbst<br />

zum großen Teil für die oft ruinös teuren<br />

Ställe durch oft unverständliche Auflagen<br />

und Wünsche verantwortlich.<br />

Die Tiere, die im Rahmen dieses Labels<br />

geschlachtet wer<strong>de</strong>n, sollen eine hohe<br />

Fleischqualität aufweisen. Diese soll<br />

durch <strong>de</strong>n Verzicht auf Immobilisierung<br />

im Stall und Verzicht auf Endmast erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n. Demnach wird <strong>de</strong>m Konsumenten<br />

suggeriert, dass Tiere in <strong>de</strong>r üblichen<br />

Haltungsweise in Ställen immobilisiert<br />

wer<strong>de</strong>n. Zum einen sind in <strong>de</strong>n konventionellen<br />

und Biobetrieben die Tiere nicht<br />

immobilisiert. In <strong>de</strong>r Mutterkuhhaltung<br />

sind Laufställe auf Stroh Standard, um<br />

das Wohlbefin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Tiere im Winter<br />

zu optimieren. Zum an<strong>de</strong>ren ist hohe<br />

Fleischqualität scheinbar relativ, <strong>de</strong>nn<br />

Tiere, die sich viel bewegen und dies zur<br />

Futtersuche auch im Winter, bauen eher<br />

Fleisch und Fett ab. Je<strong>de</strong>nfalls wer<strong>de</strong>n<br />

sie mit <strong>de</strong>m überständigen Futter (aus<br />

Naturschutzzonen) im Winter nicht fett.<br />

Demzufolge ist eine Schlachtung während<br />

<strong>de</strong>r vegetationsarmen Perio<strong>de</strong> sicher<br />

un<strong>de</strong>nkbar, je<strong>de</strong>nfalls nicht mit einer nur<br />

halbwegs vernünftigen Fleischqualität.<br />

Wie dieses Label also alle Tiere aus diesem<br />

Projekt während nur einiger Monate<br />

absetzen will, an <strong>de</strong>nen die Tiere mit viel<br />

Glück dann schlachtfähig sein könnten,<br />

ist mehr als schleierhaft. O<strong>de</strong>r soll das<br />

Label nur einer kleinen Minorität an Teilnehmern<br />

an <strong>de</strong>n extensiven Beweidungsprojekten<br />

zugänglich gemacht wer<strong>de</strong>n?<br />

Wäre es hier nicht sinnvoller, das System<br />

flexibler zu gestalten: sowohl im Sinne<br />

<strong>de</strong>s Naturschutzes als auch <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung? Der Vegetation angepasste<br />

Besatzdichte und eine zeitlich<br />

begrenzte Nutzung, eventuell auch alternative<br />

Mahd und Beweidung, wie sie auch<br />

im Ausland auf solchen Flächen praktiziert<br />

wird, wären sicher auch hier für <strong>de</strong>n<br />

Naturschutz von großem Nutzen.<br />

Das „Naturschutz Fleesch“ will gegenüber<br />

seinen Kun<strong>de</strong>n auch die Rasse <strong>de</strong>r Tiere<br />

veröffentlichen. Dabei ist das Lastenheft<br />

kontradiktorisch in seiner Vorgehensweise.<br />

Einerseits steht im Lastenheft, dass<br />

<strong>de</strong> <strong>lëtzebuerger</strong> ziichter 3|<strong>2013</strong>

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