Die Reichsabtei Werden an der Ruhr

VI
Vorwort
Preußischen Säkularisationskommission im Jahre 1803, den ganzen Werdener
Besitz in einem solchen Lagerbuch zu inventarisieren, mußte wegen
der Zersplitterung des Bestandes und schon damals eingetretenen Verluste
sehr bald aufgegeben werden. Die Abgabe bestimmter Aktengruppen
an einige Renteien und Staats archive, wie Hannover, wo sie bei den
Bombenangriffen des letzten Krieges verbrannten, hat dem Bestand noch
weitere Verluste eingebracht. Eine vollständige Erfassung des gesamten
ehemaligen Werdener Besitzes ist daher trotz der auch heute noch gewaltigen
Masse der Güterakten nicht möglich.
In übereinstimmung mit den neuen Richtlinien der Germania Sacra
wird deshalb davon abgesehen, den ursprünglichen Plan, eine Liste, die
in alphabetischer Reihenfolge etwa 700 Orte mit Angaben über Umfang,
Erwerb und Veränderungen im jeweiligen Grundbesitz verzeichnen
sollte, zu bringen. Die Erfahrung mehrjähriger Vorarbeiten zeigte, daß
sich dieser Plan nicht ausführen ließ. An seine Stelle ist eine Zusammenstellung
der bekannten Werdener Hofesverbände getreten, die alle
wesentlichen Angaben über ihre geschichtliche Entwicklung aufweist. Sie
soll wenigstens in Umrissen ein Bild von den reichen, durch alle Wechsel
der Geschichte dem Kloster verbliebenen materiellen Grundlagen vermitteln.
Wie in anderen rheinischen Benediktinerklöstern ist auch in Werden
die Archivüberlieferung für das innere Leben im Kloster dürftig. Gelegentliche
Erwähnungen in Urkunden reichen nicht aus, um eine klare
Vorstellung davon zu geben. Die in auffällig geringer Zahl erhaltenen
Visitationsprotokolle aus der Zeit der Bursfelder Kongregation nach
1474 helfen in dieser Hinsicht nicht weiter. Einen Ersatz bieten die langen
Reihen der Rechnungen, die seit dem 15. Jahrhundert erhalten sind.
Ihren Wert hatte im 17. Jahrhundert schon Adolf Overham erkannt. Er
hat sich Auszüge aus den ältesten damals noch vorhandenen, später verschwundenen
Rechnungen des 14. Jahrhunderts für die Zeit von 1345 bis
1390 angefertigt (Veröffentlicht von Kötzschke 2 S. 3-53). Da die Rechntingen
in ihrem Ausgabenteil sorgsam alle Aufwendungen verzeichnen,
sind sie nicht nur in wirtschaftsgeschichtlicher, sondern auch in kunst- und
baugeschichtlicher, in personal- und kulturgeschichtlicher Hinsicht eine
wahre Fundgrube. Der Alltag eines spätmittelalterlichen Klosters wird
aus ihnen deutlich sichtbar. Leider fehlen heute die Ausgabenteile der
Rechnungen für die Zeit nach der Mitte des 16. Jahrhunderts. Ihr Verlust
geht wohl auf das Schuldkonto der Archivare der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts. Wie schwer dieser Verlust wiegt, zeigt am besten die
Tatsache, daß wir nichts mehr über die Neubauten des 17. und 18. Jahrhunderts
wissen. Sämtliche Baurechnungen sind vernichtet.