Die Reichsabtei Werden an der Ruhr

234 5. Religiöses und geistiges Leben
Rechnet man zu all diesen Arbeiten noch die im Scriptorium besorgten
Abschriften der damaligen gängigen theologischen Literatur, die uns
zumeist in Fragmenten erhalten sind, so hat man in Umrissen ein Bild
von den Leistungen des Klosters im 9. Jh., wozu man noch die großen
Bauten rechnen muß.
Was das literarische Leben angeht, so hat man sich im Kloster bemüht,
die große Tradition des 9. Jhs. auch im folgenden Jahrhundert
fortzusetzen. Falls die Zu schreibung an Abt Hoger von Werden gesichert
ist (vgl. § 5 Nr. 40), dürfte schon an der Wende des 9./10. Jhs. im Kloster
ein Werk über die Musik entstanden sein; von ihm ist ein Fragment
Werdener Provenienz erhalten.
Für die Fortdauer des literarischen Betriebes in Werden sind die
Arbeiten seines Mönches Uffing Zeugnis. Von ihm sind zwei Heiligenleben,
Ida und Lucius, sowie einige Gedichte bekannt. Während die
Luciusvita nicht oder nur in Resten erhalten zu sein scheint (Jostes, Ober
die Vita s. Lucii, S. 181 f.), ist die Vita der hl. Ida aus dem Herzfelder
Codex überliefert (vgl. § 5 Nr. 56). Die Abfassung erfolgte um 980 als
die Kanonisation durch Bischof Dodo von Münster am 26. November
erfolgte und Reliquien (das Haupt) der Heiligen am 1. Dezember feierlich
in Werden eingeholt wurden. Hömberg (Comitate, S. 130 ff.; ferner
dessen Arbeit Westfalen und das sächsische Herzogtum. 1963, S. 15) und
ihm folgend Leidinger (Die Grafen von Werl, 1963, S.75, 78 f.), sehen
in der Vita eine deutliche Tendenz gegen das Liudolfingische Herzoghaus.
Sieht man von der Fassung Ades Werdenschen Privilegs ab, die Diekamp
(Vitae, Einl. S. 112) aus äußeren Gründen in das 11. Jh. setzt, so
ist kein weiteres selbständiges literarisches Werk aus dieser Zeit bekannt.
Wohl hat man noch am Ausgang dieses Jahrhunderts eine Vita des Klosterheiligen
mit Bildern geschmückt und dafür die Vita secunda gewählt.
Das Werk ist uns in der Berliner Handschrift Theol. fo1. 323 erhalten
(s. § 5 Nr. 46). Das Jahrhundert hat freilich auch sonst durch Kirchenbau,
Mal- und Bildhauertätigkeit Beträchtliches geleistet, so daß die kunstgeschichtliche
Forschung von einer Werdener Schule sprechen zu können
glaubt (vg1. § 3 Nr. 6). Aber außer ei,nigen nekrologischen Eintragungen
in Kalendarien sowie urbarialen Aufzeichnungen scheint sich im 11. Jh.
die literarische Tätigkeit nur noch in Abschriften patristischer und hagiographischer
Literatur, sowie in der Zusammenstellung von liturgischen
Büchern erschöpft zu haben. Erst im Ausgang der salischen Zeit, im ersten
Viertel des 12. Jhs., taucht mit Abt Berengoz wieder eine eigenständige
literarische Persönlichkeit auf. Von ihm sind einige theologische Arbeiten
erhalten (vgl. § 42). Größere Bedeutung haben sie nicht gehabt.