Die Reichsabtei Werden an der Ruhr

182 4. Verfassung
Der am 13. Juni 1702 abgeschlossene Vertrag hatte Preußen bzw.
Kleve die Vertretung des abteilichen Kontingents der Kavallerie zunächst
für drei Jahre zugestanden, wurde dann aber bis Ende 1714 verlängert.
Werden mußte dafür jährlich an Preußen 2000 Tlr. zahlen. Nachdem
aber der Kreis jedem Stand die Stellung eines eigenen Kontingents aufgetragen
hatte, kündigte der Abt den Vertrag, ohne daß Preußen sich
daran störte und nach wie vor die Abgaben als sogenannte Preußische
Steuergelder, wie Müller in seinem ungedruckten Werk über Werden
(s. darüber oben § 18) berichtet, einzog.
So blieben die Belastungen des Werdener Stiftes und der anderen
nichtarmierten kleinen Kreisstände bestehen. Werden sowohl wie Essen
setzten zwar alle Bemühungen daran, von dieser preußischen Vertretung
loszukommen und ihr eigenes Kontingent zu stellen oder eine andere im
Kreis vertretene Macht damit zu beauftragen, aber ihre Bemühungen
waren in den folgenden Zeiten nur von wechselndem Erfolg gekrönt und
hingen von der jeweiligen Einstellung der preußischen Regierung ab
(Hüsgen, S. 69 f.). Der Kreis bot ihnen in dieser Angelegenheit wegen
seiner offenkundigen und immer stärker werdenden Ohnmacht keinen
Schutz mehr. Das mußte Werden bei allen Zusammenstößen mit Preußen
erfahren. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür war der Zwischenfall
von 1768, als Preußen das Werdener Kreiskontingent in Stärke von
14 Mann einfach verhaften und auf die Festung Wes el führen ließ.
1774 wurden die Irrungen beglichen. Preußen übernahm wieder die
Werdener Vertretung des Kreiskontingents an Kavallerie und Infanterie
für die frühere Summe von 2000 Tlrn. jährlich. Da die Werdener Landstände
sich an der Aufbringung dieser Summe nicht beteiligen wollten
und auch zu der Unterhaltung des dem Abt im Vertrag zugestandenen
Kreismannschaft nicht beitragen wollten, beschloß dieser die gesamte
Kreismannschaft abzumustern, was nicht ohne Schwierigkeiten gelang
(Jacobs, Reichskammergerichtsklagen, S. 131 ff.).
Zu den Aufgaben, für die das Reich die Kreise als eine Art Mittelinstanz
benutzte, gehörte schließlich auch noch die Festsetzung und Abführung
von Reichssteuern bei auswärtigen Verwicklungen, so in den
Türken- und Franzosenkriegen des 16. und 17. Jhs. Infolge der jeweils
veränderten Zeitlage spielte dabei für die Kreisstände eine Ermäßigung
ihres ursprünglich festgesetzten Steueranteils, die sogenannte Moderation,
eine große Rolle. Werden gehörte, wie die meisten seiner Mitstände, zu
den säumigen Zahlern, so daß häufige Mahnungen und Drohungen mit
Exekutionen dem Stift nicht erspart blieben.
Die Mitstände beharrten hartnäckig auch in der Zeit der spanischniederländischen
Kriegswirren auf den Werdener Beiträgen, obwohl das