Die Reichsabtei Werden an der Ruhr

§ 8 Entwicklung und Blüte bis zum Ende des 12. Jahrhunderts 95
Gorzer Decanus-Titels nachweisbar. In Helmstedt läßt er sich schon am
25. Juli 1145 nachweisen (Behrends, ebd. Nr.4, S. 456 f.). In der Zwischenzeit
muß daher eine der neuen unter Einfluß Clunys stehenden
Reformrichtungen in Werden zum Zuge gekommen sein.
Welche von ihnen es war, können wir mit Sicherheit nicht sagen. Es
liegt aber nahe, an den Siegburger Reformkreis zu denken. Beziehungen
zwischen bei den Klöstern sind nach der Mitte des 12. Jhs. urkundlich
greifbar. Von einem Gütertausch ist 1166, von einer schiedsrichterlichen
Entscheidung Werdens zugunsten Siegburgs 1221 die Rede (Wisplinghoff,
UB Siegburg, Nr. 63, 71, 91). Im Besonderen dürften aber folgende
Gründe für Einführung der Siegburger Observanz in Werden während
der Zeit vor 1160 sprechen:
Bei den Reformanläufen in Werden in der 1. Hälfte des 13. Jhs. sind
es Siegburg und das zu seiner Consuetudo gehörende Deutz, die dabei
eine Rolle spielen. 1218 gestattete der Papst dem Werdener Abt bei
geplanten Reformen die Abte von Siegburg und Deutz um Hilfe anzugehen
(Finke, Papsturk. Nr.272). 1234 ist der Abt von Deutz einer der
Schiedsrichter in dem Komprorniß, der die Reform-Streitigkeiten zwischen
Abt und Konvent in Werden beendigen sollte. Die Wahrscheinlichkeit
spricht dafür, daß man Abte der gleichen Observanz in dieser Angelegenheit
zu Rate gezogen hat.
Werden ist ferner in den Totenbüchern einiger Siegburger Klöster vertreten.
Die Klöster dieses Reformkreises haben das Totenbuchwesen nicht
in der Intensität gepflegt, wie in den anderen Reformrichtungen (Semm­
Ier, Klosterreform Siegburg, S. 328 f.). Um so auffallender ist das Vorkommen
Werdener Abte in den Nekrologen von Deutz und Mönchengladbach,
das gleichfalls seit dem 12. Jh. der Siegburger Reform angeschlossen
war. In Deutz ist Abt Lambert (1145-1151), in Mönchengladbach
Abt Wolfram (1173-1183) eingetragen. Wir wissen zudem nur von
diesen beiden rheinischen Klöstern des Ordens, daß sie mit Werden in
einer Konfraternität gestanden haben.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit läßt sich Werden auf Grund dieser
Zeugnisse für die Siegburger Observanz in Anspruch nehmen. Damit
würde dann auch die Wahl des Werdener Propstes Heinrich zum Abt von
St. Pantaleon in Köln im Jahre 1200 eine Erklärung finden, da das Kölner
Kloster zum Siegburger Kreis gehörte. Die Wahl würde dann nicht
das Ende des Ordo Sigebergensis in St. Pantaleon bedeuten (so Semmler
a. a. 0., S. 126 in Unkenntnis der Einführung der Prioratsverfassung in
Werden vor 1160), sondern vielmehr ein Zeugnis seines Fortbestehens
abgeben.