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172 9 21 Die chemische Reaktivitat vom Standpunkt der Elektronentheorie •˜ 21 Die chemische Reaktivitat vom Standpunkt der Elektronentheorie 173<br />
Dagegen ist die Anlagerung von Ammoniak an einen Aldehyd<br />
eine nucleophile Additionsreaktion (Bezeichnung A ~N), da sie nach<br />
dem Schema erfolgt :<br />
Additionsreaktionen an einer doppelten oder dreifachen Bindung<br />
konnen sowohl nucleophil als auch elektrophil sein. Letztere<br />
Reaktionsart ist die ublichere und erfolgt in Anwesenheit von polaren<br />
Reagenzien. Hingegen sind die Additionen von Halogenen an<br />
eine doppelte Bindung in der Gasphase, oder die Lichtreaktion, eine<br />
Reaktion mit freiem Radikalen.<br />
Es gibt Grunde, anzunehmen1, das die polare Addition von<br />
Halogenen an die Doppelbindung, uber das Halogenkation, als<br />
eine geschwindigkeitsbestimmende Stufe fuhrt :<br />
+ -<br />
CH,=CH, + Br-Br -t CH,-CH, + Br.<br />
Br +<br />
Nimmt man namlich die Addition des Halogens in Gegenwart von<br />
Cl-- bzw. NO3--Ionen vor, so entsteht neben dem Dibromid auch<br />
BrCH,-CH&l bzw. BrCH,-CH2-ONO,. Beide Nebenprodukte<br />
lassen sich nur unter der Annahme einer intermediaren Bildung von<br />
Carboniumionen C + erklaren, indem die Addition der Halogenatome<br />
auf jeden Fall nicht gleichzeitig erfolgt. Man wurde obigen<br />
Reaktionsmechanismus als eine elektrophile Addition bezeichnen,<br />
weil die primare Anlagerung des elektrophilen Br+ die gesamte Reaktiongeschwindigkeit<br />
bestimmt. In analoger Weise mussen die<br />
Anlagerungen von H,O, HC1, NOCl usw. an eine Doppelbindung<br />
als elektrophile Additionsreaktionen formuliert werden,<br />
fur welche man die Bezeichnung A ~ eingefuhrt E hat. Die Carboniumionen<br />
wurden zuerst von H. MEERWEIN, bei Umlagerungsreaktionen<br />
in der Campherreihe postuliert und bald darauf durch<br />
den Begriff der kryptoionischen Reaktionen verallgemeinert. Ihr<br />
intermediares Auftreten ist durch neue Untersuchungen in zahlreichen<br />
Fallen erwiesen3.<br />
1 Vgl. die zusammenfassenden Darstellungen: HUGHES and INCOLD,<br />
Trans. Faraday Soc. 37,603 (1941). V. FRANZENU. H. KRAUCH, Chem. Ztg. 79,<br />
243 (1955). E. DORING U. T. C. ASCHNER, J. Amer. chem. Soc. 75, 393<br />
(1953).<br />
H. MEERWEIN, B 55, 2500 (1922).- Lieb. Ann. 465, 227 (1927).<br />
H. MEERWEIN U. Mitarbeiter, Z. angew. Chem. 67, 374 (1955).<br />
H<br />
Wegen der Elektronegativitat des Sauerstoffes, findet eine Ladungsverschiebung<br />
vom C zum Sauerstoff statt, so das ersteres positiv<br />
geladen erscheint. Das nucleophile Ammoniak lagert sich mit<br />
seinen einsamen Elektronen an den positiven Kohlenstoff an, wahrend<br />
das Proton an die negativen Stellen des Sauerstoffatoms<br />
wandert.<br />
Nucleophile Additionsreaktionen finden vorzugsweise dann statt,<br />
wenn intermediar ein negatives Kohlenstoffion, d. i. ein Carbanion,<br />
gebildet wird, analog zu den elektrophilen Additionen, fur deren<br />
Eintreten die intermediare Bildung eines positiven Carboniumions<br />
verantwortlich gemacht wird. Die Anlagerung von Alkoholen an<br />
a, P-ungesattigte Carbonylverbindungen ist ein Beispiel einer<br />
nucleophilen Addition unter intermediarer Bildung eines Carbanions<br />
nach dem Schema:<br />
Diese Formulierung erklart die Addition des elektronegativen<br />
Restes CH30- an der s-Stellung, wie sie tatsachlich beobachtet<br />
wird. In dieselbe Kategorie mussen wir die Polymerisationsreaktion<br />
von Olefinen unter der Einwirkung von NaNH, einordnen.<br />
Das in der ersten Stufe gebildete Carbanion<br />
ist befahigt, weitere Olefine nach dem Schema<br />
-<br />
NH,-CH,-CH,-C6H5 + C6H5 CH=CH,