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128 4 19 Einflus der Elektronenverschiebungen auf chemische Gleichgewichte<br />

Man erklart diesen Anstieg durch den induktiven Abtransport<br />

negativer Ladung vom mesomeren Carboxylion zum elektronegativen<br />

Halogen. Die Carboxylgruppe wird positiver, wodurch<br />

die Abdissoziation des Protons gefordert wird. Die induktive Verschiebung<br />

pflanzt sich durch die Kette fort, ihre Wirkung niinmt<br />

erwartungsgemas mit dem Abstand des Halogens von der Carboxylgruppe<br />

ab.<br />

In der homologen Reihe der aliphatischen Carbonsaure findet<br />

ein sprunghafter Abfall der Saurestarke vom ersten Glied der<br />

Ameisensaure (K = 17,72. 10-5), zur nachst hoheren Saure der<br />

Essigsaure, auf den zehnten Teil (K =- 1,7 10-5) statt. Mit weiter<br />

zunehmender Kettenlange vermindert sich dieser Wert nur noch<br />

wenig und erreicht bald einen konstanten Grenzwert. Nach den<br />

bisher auseinandergesetzten Prinzipien der Elektronenverschiebungen<br />

mus man zur Erklarung dieses Abfalles der Saurestarke<br />

der CH3- Gruppe eine geringere Elektronegativitat als dem H-Atom<br />

zuschreiben. Die Methylgruppe besitzt Elektronen-Donator-Eigenschaften,<br />

welche wir auf Seite 84 besprochen:haben. Der Ersatz des<br />

H-Atomes in der Ameisensaure durch eine Methylgruppe bedeutet<br />

eine Umwandlung der 1s-sp2-Bindung zu einer sp3-sp2-Bindung.<br />

Die trigonale sp2-Struktur des C-Atomes der Carboxylgruppe ruhrt<br />

von der CO-Bindung her. Die kugelformige 1 s-Wolkenverteilung<br />

des Elektrons im H-Atom wird durch das raumlich gerichtete<br />

sp3-Hybrid der CH3-Gruppe ersetzt, das wegen seiner Vektoreigenschaften<br />

an das nachbarliche, mesomer ausgeglichene Carboxylion<br />

negative Ladungsanteile ubertragt. Die erhohte negative<br />

Ladung der Carboxylgruppe verursacht einen Abfall der Saurestarke,<br />

da die Abdissoziierung des H+-Ions nun elektrostatisch erschwert<br />

ist. Als einen zweiten Effekt, der hinzukommend in gleicher<br />

Richtung wirkt, mussen wir die Hyperkonjugation der CH3-<br />

Gruppe ansehen<br />

Die Einfuhrung einer Doppelbindung in die Nachbarschaft der<br />

Carboxylgruppe wirkt im gleichen Sinne wie ein elektronegatives<br />

Halogen durch einen positiven Induktionseffekt +J erhohend auf<br />

die Starke der Saure. Die Propionsaure CH, CH, COOH hat eine<br />

4 19 Einflus der Elektronenverschiebungen auf chemische Gleichgewichte 129<br />

Dissoziationskonstante von 1,4 - 10-5, wahrend die Acrylsaure<br />

CH, = CH - COOH eine 4mal starkere Saure (K = 5,56 . 10-5)<br />

ist. Der Grund fur die scheinbar grosere Elektronegativitat der<br />

Doppelbindung liegt im Ersatz der (sp3-sp2) Bindung zwischen der<br />

COOH-Gruppe und der CH2-Gruppe durch eine (sp2-sp2)-Bindung.<br />

Letztere hat einen prozentual hoheren s-Charakter, der wegen der<br />

Kugelsymmetrie der Ladungsverteilung eine grosere Tendenz hat,<br />

die Elektronen festzuhalten. Die benachbarte Carboxylgruppe<br />

wird positiver, was eine Erleichterung der Dissoziation des H+<br />

und damit eine Erhohung der Dissoziationskonstante zur Folge<br />

hat. Fur einen induktiven Einflus der Doppelbindung spricht auch<br />

die abnehmende Wirkung der Doppelbindung auf die Dissoziation<br />

der Saure, mit zunehmendem Abstand von der Carboxylgruppe.<br />

In dieselbe Kategorie von Erscheinungen gehoren auch die Abstufungen<br />

der Saurestarke mit einem Phenylrest in der Kette.<br />

Die Phenylgruppe ubt einen positiven induktiven Effekt auf die<br />

COOH-Gruppe aus, wie der Vergleich der Dissoziationskonstante<br />

der Benzoesaure C,H,-COOH (6,27 10-5) mit der vollstandig<br />

hydrierten Cyclohexanbarbonsaure<br />

(1,3410-5) zeigt.<br />

Durch die Hydrierung ist ebenfalls eine (sp2-sp2)- ZU einer (sp3-sp2)-<br />

Bindung verwandelt worden, was aus den oben auseinandergesetzten<br />

Grunden einen Abfall der Saurestarke mit sich bringt. Durch<br />

Einschalten von CH2-Gruppen zwischen dem Phenylrest und der<br />

Carboxylgruppe nimmt die Saurestarke graduell ab, was ebenfalls<br />

fur den induktiven Charakter des Effektes spricht.<br />

Der Vergleich der Dissoziationskonstanten der drei Sauren But-<br />

tersaure CH3-CH2-CH2COOH (1,50 10-5), Krotonsaure CH3-<br />

CH = CH - COOH (2,03 10-5) und Methylpropiolsaure CH3-C-C<br />

-COOH (222,810-5) zeigt, das durch den Ersatz einer (sp2-sp2)-<br />

durch eine (sp-sp2)-Bindung ein starker Anstieg der Saurestarke<br />

um das IOOfache erfolgt. Auch hier findet, durch die Einfuhrung<br />

der Dreifachbindung, eine prozentuale Zunahme des s-Charakters<br />

der genannten Bindung statt. Der Abtransport von negativer Ladung<br />

von der COOH-Gruppe erfolgt rein induktiv, wie die graduelle<br />

Abnahme des Effektes durch das sukzessive Einschalten mehrerer<br />

CH,- Gruppen beweist.<br />

Neben diesem induktiven Effekt existiert jedoch ein mesomerer<br />

Effekt, welcher bei unmittelbarer Nachbarschaft der Doppel- bzw.<br />

Dreifachbindung mit der COOH- Gruppe auf der Ausbreitung und<br />

Karagounis, Elektronentheorie 9

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