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84 8 16 Bindungsgrad und Atomabstande 8 16 Bindungsgrad und Atomabstande 85 Verlangert man die Polyenkette, so wird der Abstandsausgleich vollkommener, wie aus dem Schema des Oktatetraens ersichtlich ist. Bei sehr langkettigen Polyenen streben nach Berechnungen von LENNARD-JONES~ sowie COULSON~ die C-C-Abstande nach einem einheitlichen Wert von 1,39 A, der dem C-C-Abstand des Benzolringes entspricht. Dieser Abstand ist nach der Mitte des Molekuls zu verwirklicht. Experimentell last sich dieser Ausgleich an Hand der leichteren Umwandelbarkeit von cis-trans-Isomeren und durch die Frequenzlage der Ramanlinien mit zunehmender Kettenlange verfolgen. Die Frequenzen rucken nach tieferen Lagen und zeigen damit an, das die Kraftkonstante der C-C-Schwingung Werte an- nimmt, die zwischen den Werten einer einfachen 4 3 5 1 0 ~ und ~ ~ ) Nach einem vorschlag von L. PAULINC gibt man den Prozentgehalt an Doppelbindungscharakter einer einfachen C-C-Bindung durch die Lage ihres Abstandes zwischen dem der einfachen und der Doppelbindung an. Tabelle 8 gibt einige Zahlenwerte dieser Prozente fur eine Reihe von Verbindungen an. I Tabelle 8 Substanz Prozentgehalt Prozentgehalt an Doppel- Substanz an Doppelbindungscharakter I bindungscharakkter Benzol 50 Butadien I Graphit 33 Cyclopentadien Naphthalin Biphenyl 38 12,5 Glyoxal I I Hyperkonjugation. Eine grose Zahl experimenteller Befunde, die mit der Einfuhrung der CH3-Gruppe in ungesattigte Verbindungen zusammenhangt, kann am besten unter dem Gesichtspunkt zusammengefast und gedeutet werden, das man der CH3-Gruppe Elektronendonatoreigenschaften zuschreibt. Es sind vor allem -- 1 J. E. LENNARD-JONES, Pro~. Roy. Soc. London (A) 158,280 (1937). 2 C. A. COULSON, Proc. Roy. Soc. London (A) 169,413 (1939). i kleine zusatzliche Betrage der Resonanzenergie, die auftreten, sobald in unmittelbarer Nachbarschaft einer Doppel- oder Dreifachbindung ein H-Atom durch eine CH,-Gruppe ersetzt wird. Die Resonanzenergie des Toluols z. B. ist um 1,5 kcal groser als die des Benzols und die des trans-Dimethylathylens : CH,\ /H /c=c H 5,2 kcal groser als die des Athylens. Diese Tatsache weist auf einen Konjugationseffekt der CH3-Gruppe mit dem Phenylrest bzw. der Doppelbindung des Athylens hinl. Die Ladungsverschiebung mus von der CH,-Gruppe zum Phenylkern erfolgen, d. h. jene mus positiv in Bezug auf den Ring sein, wie aus den Dipoldaten zu erschliesen ist. Denn das Dipolmoment des Toluols (0,4 D) addiert sich zu dem des Nitrobenzols (4,O D) im p-Nitrotoluol (4,5 D), so das beide in gleicher Richtung zeigen mussen. Und da man weis, das die NO2-Gruppe ein Elektronenacceptor ist, ist die genannte Addition der Teilmomente von CH3- und NO,-Gruppe in p-Stellung nur dann moglich, wenn die CH3-Gruppe ein Donator ist. Da in ihr keine n-Elektronen vorhanden sind, die mit den n-Elektronen der Phenylgruppe uberlappen konnten, trotzdem aber eine Konjugation stattfindet, hat man diesen Effekt Hyperkonjugation2 genannt. Sie mus in der Natur der (1s-sp3)-Bindung der CH3- Gruppe und speziell in den Vektoreigenschaften des sp3-Hybrides welches einen hohen Prozentsatz an p-Charakter besitzt, begrundet sein. Die 2 p-Elektronenverteilung hat aber die gleiche Symmetrie wie die n-Verteilung, so das eine Kombination beider Ladungswolken und damit eine Konjugation wohl stattfinden kann. Die Erscheinung der Hyperkonjugation last sich sowohl nach der v.b.-Methode, an Hand von mehr oder minder wahrscheinlich erscheinenden Grenzstrukturen, als auch nach der MO.-Methode darstellen. C. A. COULSON~ hat gezeigt, das eine der drei mog- lichen Kombinationen der atomic orbitals der drei H-Atome, die 1 y~ -2 [yII + yIII] Kombination zu einer Raumverteilung der mole- cular orbitals fuhrt (Abb. 19), welche grose Ahnlichkeit mit der der 'CH, J. W. BARER U. W. 5. NATHAN, J. chem. Soc. 1844 (1935). R. S. MULLIKEN, J. chem. Physics. 7, 339 (1939). C. A. COULSON, Quart. Rev. 1, 144 (1947).
86 •˜ 16 Bindungsgrad und Atomabstande S 16 Bindungsgrad und Atomabstande 87 n-orbitals besitzt. Dies, im Verein mit dem p-Charakter des sp3- Hybrids, erlaubt die 3 H-Atome des Methyls zu einer Gruppe zusammenzufassen, die durch eine dreifache Bindung mit dem C-Atom verbunden ist, H, E C -. Damit sind Delokalisationen der Elektronen der CH3-Gruppe und Cberlappungen mit anderen konjugierten Doppelbindungen moglich. Als Folge dieser Konjugation \@/ sind Abstandsverkurzungen zwischen einer CH3-Gruppe und dem C-Atom einer be- 0 nachbarten Doppel- oder Dreifachbindung zu erwarten. Sie ist im Methylacetylen H, = C-C C-H beobachtet, fur dessen 1,46 i CH3-C-Abstand der Wert 1,46 A gefunden wird Abstand im Athan 1,54 A), obwohl die $,",~;~PUng$$~fG!"pt~; entsprechende Dehnung der dreifachen Bindung, da sie durch die Hyperkonjugation Elektronenladung verliert, nicht festzustellen ist1. Tabelle 9 zeigt die Wirkung der Hyperkonjugation auf die Atomabstande. Tabelle 9 Athan H3C 1- CH3 Athylen H2C CH, Acetylen HC l,u CH Methylacetylen H =C-C=C-H 3- 1,46 1,ZO Dimethylacetylen H 3- = C C - C 1,74 1,zo 1,47 c E 3 ~ Dimethyldiacetylen H =c-c=c-c-c- C-H Acetaldehyd Acetonitril 3- 1,47 1,20 1,38 1,20 1,47 H3=Cw0CHmO H 3- =C 1,49 C C1,16 N Auser der beschriebenen Konjugation zwischen einer Methylgruppe und einem n-Elektronensystem, der Hyperkonjugation erster Ordnung, hat man auch eine Hyperkonjugation zweiter Ordnung angenommen, die zwischen zwei benachbarten CH3-Gruppen erfolgen soll im Sinne der unten angeschriebenen Formel des Athans : niR H, C-C E H, J.W. BAKER, ,,HyperconjugationL', Oxford (1952). F. BECHER, Z. angew. Chem. 66,97 (1953). Es ist nicht moglich, ihren gewis weit geringeren Einflus genauer abzuschatzen, weil diese Art der Hyperkonjugation fast immer auch bei CH,-Gruppen gegenwartig ist, und ein Bezugssystem fur einen Vergleich fehlt. Auch durften andere Effekte, wie die Anderung der Hybridisierung, und damit verbunden die Anderung der Elektronegativitat der Gruppen, weit mehr ins Gewicht fallen und so den Einflus der Hlyperkon- - jugation verdeckenl, so das Tabelle 10. Ionisierungspotentiale hier eine gewisse Zuruckhal- Substanz e.~. tung in der Interpretation der Daten geboten erscheint. So CHz = CHz durfen die Abstufungen der :z8x 9,35 Ionisierungspotentiale der me- trans-CH3~~ = CHCH, 9,27 thylierten &hylene (Tabelle (CH3),C = CIICH, 8,85 10) nicht allein auf einen (CHJ2C = C(CH3), 1 8,30 Hyperkonjugationseffekt zuruckgefuhrt werden. Denn die beobachteten Differenzen beim Ersatz eines H-Atoms durch eine Methylgruppe sind um einen Faktor 3 oder 4 groser, als man allein durch die Hyperkonjugation erwarten sollte. Obwohl die Verhaltnisse sich hier dadurch komplizieren, das das gemessene Ionisierungspotential die Energiedifferenz zwischen dem neutralen Grundzustand und dem ionisierten Molekul darstellt, konnten H. HARTMANN und M. SVENDSON~ zeigen, das durch Induktionswirkung der Doppelbindung auf den Substituenten 90:/, der beobachteten Energiedifferenz gedeckt werden. Aber auch die CH,-Gruppe besitzt, wenn auch in geringerem Ausmase, die Fahigkeit zur Hyperkonjugation, wie die Behandlung des Resonanzproblems des Cyclopentadiens beweist, das zu diesem Zweck wie folgt geschrieben wird: Die C = H,-Gruppe hat nur ein quasi-n-Elektron, da nur eine antisymmetrische n-Funktion aus der Linearkombination der Vgl. W. M. SOHUBERT U. W. A. SWEENEY, J. org. Chem. 21,119 (1956). M. SVENDSON, Dissertation, Frankfurt (1952).
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Verlangert man die Polyenkette, so wird der Abstandsausgleich<br />
vollkommener, wie aus dem Schema des Oktatetraens ersichtlich ist.<br />
Bei sehr langkettigen Polyenen streben nach Berechnungen von<br />
LENNARD-JONES~ sowie COULSON~ die C-C-Abstande nach einem<br />
einheitlichen Wert von 1,39 A, der dem C-C-Abstand des Benzolringes<br />
entspricht. Dieser Abstand ist nach der Mitte des Molekuls<br />
zu verwirklicht. Experimentell last sich dieser Ausgleich an Hand<br />
der leichteren Umwandelbarkeit von cis-trans-Isomeren und durch<br />
die Frequenzlage der Ramanlinien mit zunehmender Kettenlange<br />
verfolgen. Die Frequenzen rucken nach tieferen Lagen und zeigen<br />
damit an, das die Kraftkonstante der C-C-Schwingung Werte an-<br />
nimmt, die zwischen den Werten einer einfachen 4 3 5 1 0 ~ und ~ ~ )<br />
Nach einem vorschlag von L. PAULINC gibt man den Prozentgehalt<br />
an Doppelbindungscharakter einer einfachen C-C-Bindung<br />
durch die Lage ihres Abstandes zwischen dem der einfachen und<br />
der Doppelbindung an. Tabelle 8 gibt einige Zahlenwerte dieser<br />
Prozente fur eine Reihe von Verbindungen an.<br />
I<br />
Tabelle 8<br />
Substanz<br />
Prozentgehalt<br />
Prozentgehalt<br />
an Doppel- Substanz an Doppelbindungscharakter<br />
I<br />
bindungscharakkter<br />
Benzol<br />
50 Butadien<br />
I<br />
Graphit<br />
33 Cyclopentadien<br />
Naphthalin<br />
Biphenyl<br />
38<br />
12,5<br />
Glyoxal<br />
I<br />
I<br />
Hyperkonjugation. Eine grose Zahl experimenteller Befunde, die<br />
mit der Einfuhrung der CH3-Gruppe in ungesattigte Verbindungen<br />
zusammenhangt, kann am besten unter dem Gesichtspunkt zusammengefast<br />
und gedeutet werden, das man der CH3-Gruppe<br />
Elektronendonatoreigenschaften zuschreibt. Es sind vor allem<br />
--<br />
1 J. E. LENNARD-JONES, Pro~. Roy. Soc. London (A) 158,280 (1937).<br />
2 C. A. COULSON, Proc. Roy. Soc. London (A) 169,413 (1939).<br />
i<br />
kleine zusatzliche Betrage der Resonanzenergie, die auftreten, sobald<br />
in unmittelbarer Nachbarschaft einer Doppel- oder Dreifachbindung<br />
ein H-Atom durch eine CH,-Gruppe ersetzt wird. Die<br />
Resonanzenergie des Toluols z. B. ist um 1,5 kcal groser als die des<br />
Benzols und die des trans-Dimethylathylens :<br />
CH,\ /H<br />
/c=c<br />
H<br />
5,2 kcal groser als die des Athylens. Diese Tatsache weist auf einen<br />
Konjugationseffekt der CH3-Gruppe mit dem Phenylrest bzw.<br />
der Doppelbindung des Athylens hinl. Die Ladungsverschiebung<br />
mus von der CH,-Gruppe zum Phenylkern erfolgen, d. h. jene mus<br />
positiv in Bezug auf den Ring sein, wie aus den Dipoldaten zu erschliesen<br />
ist. Denn das Dipolmoment des Toluols (0,4 D) addiert<br />
sich zu dem des Nitrobenzols (4,O D) im p-Nitrotoluol (4,5 D), so<br />
das beide in gleicher Richtung zeigen mussen. Und da man weis,<br />
das die NO2-Gruppe ein Elektronenacceptor ist, ist die genannte<br />
Addition der Teilmomente von CH3- und NO,-Gruppe in p-Stellung<br />
nur dann moglich, wenn die CH3-Gruppe ein Donator ist.<br />
Da in ihr keine n-Elektronen vorhanden sind, die mit den n-Elektronen<br />
der Phenylgruppe uberlappen konnten, trotzdem aber eine<br />
Konjugation stattfindet, hat man diesen Effekt Hyperkonjugation2<br />
genannt. Sie mus in der Natur der (1s-sp3)-Bindung der CH3-<br />
Gruppe und speziell in den Vektoreigenschaften des sp3-Hybrides<br />
welches einen hohen Prozentsatz an p-Charakter besitzt, begrundet<br />
sein. Die 2 p-Elektronenverteilung hat aber die gleiche Symmetrie<br />
wie die n-Verteilung, so das eine Kombination beider Ladungswolken<br />
und damit eine Konjugation wohl stattfinden kann.<br />
Die Erscheinung der Hyperkonjugation last sich sowohl nach<br />
der v.b.-Methode, an Hand von mehr oder minder wahrscheinlich<br />
erscheinenden Grenzstrukturen, als auch nach der MO.-Methode<br />
darstellen. C. A. COULSON~ hat gezeigt, das eine der drei mog-<br />
lichen Kombinationen der atomic orbitals der drei H-Atome, die<br />
1<br />
y~ -2 [yII + yIII] Kombination zu einer Raumverteilung der mole-<br />
cular orbitals fuhrt (Abb. 19), welche grose Ahnlichkeit mit der der<br />
'CH,<br />
J. W. BARER U. W. 5. NATHAN, J. chem. Soc. 1844 (1935).<br />
R. S. MULLIKEN, J. chem. Physics. 7, 339 (1939).<br />
C. A. COULSON, Quart. Rev. 1, 144 (1947).