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82 3 16 Bindungsgrad und Atomabstande 3 16 Bindungsgrad tind Atomabstande 83<br />
festgestellt, das nicht, wie eine Kekulesche Formel erwarten lassen<br />
wurde, abwechselnd der Abstand der einfachen (1,54 A) und der<br />
doppelten Bindung (1,35 A) vorkommen, sondern das sich ein<br />
einheitlicher C-C-Abstand von 1,39 A zwischen allen Ringgliedern<br />
eingestellt hat. Daraus last sich an Hand der Kurve 18 fur alle<br />
C-C-Bindungen im Benzol der einheitliche Bindungsgrad von 1,53<br />
ableiten. Damit stimmt die rontgenographisch ermittelte sechszahlige<br />
Symmetrie (Punktgruppe DSh) uberein, und die sonstigen<br />
bei der Besprechung der Resonanzerscheinungen ausgefuhrten<br />
Eigenschaften des Benzols. Um diesen Tatsachen gerecht zu werden,<br />
mus man die Formel des Benzols folgendermasen schreiben:<br />
Beim Butadien CH, = CH - CH = CH, ist der Abstand der<br />
zwei mittleren C-Atome, wegen der Nachbarschaft der zwei Doppelbindungen<br />
und der dadurch verursachten Ausbreitung der n-Elektronen,<br />
auf den Wert von 1,46 A zuruckgegangen, und beim Di-<br />
acetylen HC = C-C<br />
= CH ist die Abstandsverkurzung bis auf<br />
1,36 A fortgeschritten. Demgegenuber findet man beim Hexamethylbenzol<br />
den CH3-C-Abstand gleich dem normalen Wert<br />
(1,54 A) einer einfachen Bindung. Dieser Befund spricht indirekt<br />
fur die Abwesenheit einer Doppelbindung im Benzolkern, die sonst<br />
auf den Abstand der Nachbarbindung verkurzend wirken wurde.<br />
Die Abhangigkeit des Abstandes zweier Atome von der Zahl<br />
der Elektronen, die die Bindung bewerkstelligen, d. h. vom Bindungsgrad,<br />
beschrankt sich nicht allein auf das Kohlenstoffatom,<br />
sondern kann auch bei den Atomen anderer Elemente verfolgt<br />
werden. In Tabelle 7 sind die Atomabstande einiger Elemente zusammengestellt,<br />
wenn sie durch einfache, doppelte oder dreifache<br />
Bindungen miteinander verbunden sind.<br />
Tabelle 7<br />
a a a<br />
C-N 1,47 N-N 1,40 CC1 1,76<br />
C=N 1,28 N=N 1,20<br />
C=N 1,15 N-N 1,10<br />
Man findet im Methylcyanid CH3CN den CN-Abstand gleich 1,47 A,<br />
dagegen im Diazomethan CH,N2 1,34 A, d. h. er ist durch die<br />
Nachbarschaft der mehrfachen N-N-Bindung wesentlich verkurzt.<br />
Im Harnstoff betragt der C-N-Abstand 1,37 A. Die Bindung ist<br />
durch den Elektronenausgleichvorgang der benachbarten CO-Doppelbindung<br />
als eine Zwischenstufe zwischen einer einfachen und<br />
einer doppelten Bindung aufzufassen. Beim Methylisocyanat<br />
CH3N = C = 0 ist die Wirkung der zwei Doppelbindungen auf<br />
den C-N-Abstand noch groser. Er betragt nur noch 1,18 A.<br />
Als Beispiel fur die Abstandsverkurzungen durch anliegende<br />
Doppel- und Dreifachbindungen auch bei anderen Elementkombinationen<br />
seien die Abstufungen des C-Cl-Abstandes bei den Verbindungen<br />
Chlorbenzol C6H,C1 (1,69 A), Vinylchlorid CH, = CHCl<br />
(1,69 A) Phosgen COC1, (1,67 A) gegenuber dem C-Cl-Abstand aliphatischer<br />
Verbindungen (1,75 A) angefuhrt.<br />
Im Butadienmolekul liegen folgende Abstandsverhaltnisse vor :<br />
H H<br />
CH,=C-C=CH,<br />
1,35 1,46 1,35<br />
Mit der erwahnten Verkurzung des Abstandes zwischen beiden<br />
mittleren C-Atomen geht eine Dehnung der C = C-Bindung<br />
einher. Diesem Abstandsausgleich lauft ein Ausgleich der Elektronendichte<br />
zwischen den C-Atomen und ihres Bindungsgrades<br />
parallel. Die einfache Bindung erlangt einen gewissen Doppelbindungscharakter,<br />
wahrend die beiden Doppelbindungen eine Einbuse<br />
der Doppelbindungseigenschaften erleiden. Der Abtransport<br />
eines Bruchteiles der Elektronenladung von Orten einer Doppelbindung<br />
Iast sich an Verbindungen wie P, P'-Aminonitrostilben<br />
oder Indigo<br />
verfolgen. Es ist eine Isolierung der an sich moglichen cis-trans-<br />
Isomeren wegen der raschen Umwandlung der beiden Isomeren ineinander<br />
nicht gegluckt1. Die Doppelbindung gleicht sich bezuglich<br />
der freien Drehbarkeit der einfachen Bindung an, wobei jedoch im<br />
Falle des Indigos eine Trans-Stellung im zeitlichen Mittel, wegen<br />
einer intramolekularen H-Bruckenbildung zwischen der NH- und<br />
der CO-Gruppe, wahrscheinlicher erscheint2.<br />
M. CALVIN U. R. E. BUCKLES, J. Amer. chem. Soc. 62,3324 (1940). G.<br />
HELLER, B. 72, 1858 (1939).<br />
W.R. BRODE, E. G. PEARSON und G. M.WYMAN, J. Amer. chem. Soc. 76,<br />
1036 (1954).<br />
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