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46 5 11 Die Anschauungen uber die chemische Bindung 5 11 Die Anschauungen uber die chemische Bindung 47<br />
Man bezeichnet die auf diese Art zustande gekommene Vereinigung<br />
als Koordination (SIDGWICK).<br />
Man erkennt als einen weiteren Vorteil fur das Ersetzen des Valenzstriches<br />
durch ein Elektronenpaar die Vereinheitlichung der<br />
Schreibweise bei der Bildung von Komplexsalzen. Bekanntlich<br />
hat A. WERNER (1905) den Begriff der Nebenvalenzen einfuhren<br />
mussen, um die Existenz von Komplexsalzen zu erklaren. Die<br />
Bildung des Kaliumtetrafluorborates wurde nach der Gleichung<br />
KF + BF, + KF -. - BF,<br />
formuliert, wobei angenommen wurde, das nach der Absattigung<br />
des dreiwertigen Bors durch die drei Fluor-Atome noch Restvalenzen<br />
ubrigbleiben, die den Zusammenschlus des BF, mit KF<br />
bewirken. Formuliert man jedoch den Vorgang der Komplexbildung<br />
in der Elektronenschreibweise,<br />
so erreicht man, das das unvollstandige Oktett beim Bor (Elektronenlucke)<br />
durch ein einsames Elektronenpaar des Fluor-Ions ausge<strong>full</strong>t<br />
wird. Unter Bildung zweier sich beruhrender vollstandiger<br />
Oktette entsteht das Komplexanion BF4-. Der Unterschied zwischen<br />
Haupt- und Nebenvalenz erscheint demnach nicht notwendig,<br />
um so mehr als durch den Zusammenschlus zum Komplex<br />
alle F-Atome, sowohl die drei ursprunglich durch ,,Hauptvalenzen"<br />
gebundenen als auch das vierte auf Grund der<br />
hinzugetretene, im fertigen Komplexion gleich stark gebunden und<br />
damit gleichwertig geworden sind.<br />
Die doppelte Bindung wurde durch Anteiligkeit von zwei<br />
Atomen an zwei Elektronenpaare und die dreifache Bindung an<br />
drei Elektronenpaare wiedergegeben. Aber auch diese Schreibweise<br />
ist nicht imstande, die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen<br />
Elektronen in der doppeltenunddreifachen Bindung wiederzugeben,<br />
so das hier die Elektronenformeln keinen Fortschritt gegenuber<br />
den Valenzstrichen bedeuten. Dagegen konnte die neue Schreibweise<br />
in gewissen Korperklassen, wie den Sulfonen und Sulfoxyden,<br />
nicht nur in formaler, sondern auch in physikalischer Hinsicht<br />
besseres leisten. Man formulierte die Sulfoxyde und Sulfone nach<br />
der Methode der Valenzstriche<br />
R<br />
R<br />
' S = 0 bzw.<br />
l s / O<br />
R / R/ '0<br />
mit vier- bzw. sechswertigem Schwefel, wobei im Molekul eine<br />
bzw. zwei Doppelbindungen vorkommen. Nach der Lewisschen<br />
Formulierung jedoch erfolgt die Verteilung der Elektronen derart,<br />
das sich Oktette mit je einem gemeinsamen Elektronenpaar bilden,<br />
so das der Schwefel in den Sulfoxyden (I) als einfach positiv geladen<br />
und der Sauerstoff als einfach negativ geladen auftreten<br />
mussen.<br />
Denn im neutralen Zustand enthalten sie je sechs Ausenelektronen<br />
und bei der Abzahlung in den vereinten Oktetten, mus ein gemeinsames<br />
Elektronenpaar, als zur Halfte dem jeweiligen Atom gehorig,<br />
gerechnet werden. Im Sulfoxyd ist demnach zwischen S und 0 eine<br />
kovalente und eine ionogene Bindung verwirklicht. Eine solche zusammengesetzte<br />
Bindungsart wird semipolare Bindung genannt.<br />
Sie gibt sich durch den hohen Wert des Dipolmomentes (z. B. 4,44 D<br />
fur Diathylsulfon) zu erkennen. Die Ladungsverschiebungen betreffen<br />
hier ganze Einheiten der Elementarladung und sind nicht<br />
mit der Polaritat zu vergleichen, die etwa bei den Alkylhalogeniden<br />
dadurch auftritt, das das gemeinsame Elektronenpaar wegen der<br />
groseren Elektronegativitat des Halogens mehr nach seiner Seite<br />
hin verschoben ist.<br />
Analog tragt der Schwefel in den Sulfonen (11) eine doppelte<br />
positive Ladung, da ihm 4 Elektronen zugehoren, wahrend er im<br />
neutralen Zustand 6 besitzt. Entsprechend tragt je ein Sauerstoffatom<br />
eine negative Ladung und die Bindung am Schwefel ist kovalent<br />
und bipolar zugleich. Der wesentliche Unterschied zwischen<br />
der alten und der neuen Schreibweise liegt demnach in der Abwesenheit<br />
von doppelten Bindungen in den Elektronenformeln der<br />
Sulfone und Sulfoxyde. Eine Entscheidung zwischen diesen beiden<br />
Schreibweisen ist durch Messung des Parachors zu Gunsten der<br />
Elektronenformel moglich gewesen.