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44 •˜ 11 Die Anschauungen uber die chemische Bindung •˜ 11 Die Anschauungen uber die chemische Bindung 45 zusammen, die in allen Aggregatzustanden existenzfahig sind. Die Zahl der auf diese Weise abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen, die Valenzelektronen genannt werden, bestimmt die Ladung der entstehenden Ionen und damit auch die Wertigkeit, mit der die betreffenden Atome in die Verbindungen eingehen. Nach diesem Aufbauprinzip konnten alle heteropolaren, meist der anorganischen Chemie zugehorigen Verbindungen, einem rationellenschemaeingeordnet wer- Tabelle Ib. Gitterenergien den. BORN^, MADELUNG~ und der Alkalihalogenide in kcal/MoP andere haben auf solche Ionen mit starr gedachten Elektronenhullen das Coulombsche Anziehungsgesetz angewandt und konnten die Gitterenergien von heteropolaren festen Korpern in guter Ubereinstimmung mit der Erfahrung berechnen (Tabelle lb). Aber das Zustandekommen der homoopolaren bzw. kovalenten Bindung blieb ungeklart. Einen Schritt, die homoopolare Bindung in dieses Schema ein- LiCl NaCl KC1 RbCl CsCl LiBr NaBr KBr RbBr CsBr zubeziehen, machte G. N. LEWIS~ (1916), indem er erkannte, das die Edelgaskonfiguration eines Oktettes nicht durch die vollstandige Abgabe bzw. Aufnahme von Elektronen zustandezukommen braucht, sondern das sie auch durch Teilung von zwei Elektronen unter den zwei Liganden, welche die Bindung konstituieren, entsteht. Auf diese Art wurden sich zwei Edelgaskonfigurationen beruhren, wobei ein Elektronenpaar beiden Oktetten angehort. Im Gegensatz zu der durch elektrostatische Anziehung verursachten elektrovalenten Bindung, die den vollstandigen Ubergang des einen Elektrons von einem Atom zum anderen zur Voraussetzung hat, beruht die kovalente Bindung auf der Gemeinsamkeit M. BORN, Handbuch der Physik XXIV/2. E. MADELUNO, Gott. Nach. 100 (1909), 43 (1910). Physik. 2 11, 898 (1910). J. SEIERMAN, Chem. Rev. 11, 93 (1932). G. N. LEWIS, J. Amer. chem. Soc. 38, 762 (1916). W. KOSSEL, Ann. Physik 49, 229 (1916). eines Elektronenpaares. So treten zwei Fluor-Atome mit je 7 Elektronen nach dem Schema .. .. .. . + -F: .. =:F:F: .. .. :F. zusammen, wodurch unter Bildung zweier sich uberschneidender Oktette das Fluor-Molekul entsteht. In analoger Weise liefern 4 H-Atome dem 4 Elektronen enthaltenden C-Atom je ein Elektron, um das Methan zu bilden, H das mit seinen 8 Elektronen eine edelgasahnliche Konfiguration in den auseren Elektronen darstellt. Die Bedeutung der neuen Schreibweise liegt nicht im Ersetzen des Valenzstriches durch zwei Punkte1, sondern darin, das man diese Punkte, die Bindung, unabhangig handeln kann. Am Ammoniak-Molekul erkennen das die Bindung des Oktettes auf den Elektronen, H H ' ,-. die den drei H-Atomen angehoren, mit drei Atoms beruht. Hierbei verbleibt ein dem Elektronenpaar ohne Bindungspartner. tronenpaare sind imstande, lucke aufweisende Atome (unvollstandiges Oktett) an sich zu binden, wobei eine neue kovalente Bindung entsteht. Die Bildung des Ammoniumions aus NH3 und H+ wird demnach formuliert als die Bildung einer kovalenten Bindung, deren beide Elektronen von dem einen Partner, dem N des NH,-Molekuls, geliefert werden. 1 Spater, als das Paulische Prinzip auf die homoopolare Bindung angewandt wurde, fuhrte man die Forderung ein, das die beiden Elektronen antiparallele Spins haben mussen.

46 5 11 Die Anschauungen uber die chemische Bindung 5 11 Die Anschauungen uber die chemische Bindung 47 Man bezeichnet die auf diese Art zustande gekommene Vereinigung als Koordination (SIDGWICK). Man erkennt als einen weiteren Vorteil fur das Ersetzen des Valenzstriches durch ein Elektronenpaar die Vereinheitlichung der Schreibweise bei der Bildung von Komplexsalzen. Bekanntlich hat A. WERNER (1905) den Begriff der Nebenvalenzen einfuhren mussen, um die Existenz von Komplexsalzen zu erklaren. Die Bildung des Kaliumtetrafluorborates wurde nach der Gleichung KF + BF, + KF -. - BF, formuliert, wobei angenommen wurde, das nach der Absattigung des dreiwertigen Bors durch die drei Fluor-Atome noch Restvalenzen ubrigbleiben, die den Zusammenschlus des BF, mit KF bewirken. Formuliert man jedoch den Vorgang der Komplexbildung in der Elektronenschreibweise, so erreicht man, das das unvollstandige Oktett beim Bor (Elektronenlucke) durch ein einsames Elektronenpaar des Fluor-Ions ausgefullt wird. Unter Bildung zweier sich beruhrender vollstandiger Oktette entsteht das Komplexanion BF4-. Der Unterschied zwischen Haupt- und Nebenvalenz erscheint demnach nicht notwendig, um so mehr als durch den Zusammenschlus zum Komplex alle F-Atome, sowohl die drei ursprunglich durch ,,Hauptvalenzen" gebundenen als auch das vierte auf Grund der hinzugetretene, im fertigen Komplexion gleich stark gebunden und damit gleichwertig geworden sind. Die doppelte Bindung wurde durch Anteiligkeit von zwei Atomen an zwei Elektronenpaare und die dreifache Bindung an drei Elektronenpaare wiedergegeben. Aber auch diese Schreibweise ist nicht imstande, die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen Elektronen in der doppeltenunddreifachen Bindung wiederzugeben, so das hier die Elektronenformeln keinen Fortschritt gegenuber den Valenzstrichen bedeuten. Dagegen konnte die neue Schreibweise in gewissen Korperklassen, wie den Sulfonen und Sulfoxyden, nicht nur in formaler, sondern auch in physikalischer Hinsicht besseres leisten. Man formulierte die Sulfoxyde und Sulfone nach der Methode der Valenzstriche R R ' S = 0 bzw. l s / O R / R/ '0 mit vier- bzw. sechswertigem Schwefel, wobei im Molekul eine bzw. zwei Doppelbindungen vorkommen. Nach der Lewisschen Formulierung jedoch erfolgt die Verteilung der Elektronen derart, das sich Oktette mit je einem gemeinsamen Elektronenpaar bilden, so das der Schwefel in den Sulfoxyden (I) als einfach positiv geladen und der Sauerstoff als einfach negativ geladen auftreten mussen. Denn im neutralen Zustand enthalten sie je sechs Ausenelektronen und bei der Abzahlung in den vereinten Oktetten, mus ein gemeinsames Elektronenpaar, als zur Halfte dem jeweiligen Atom gehorig, gerechnet werden. Im Sulfoxyd ist demnach zwischen S und 0 eine kovalente und eine ionogene Bindung verwirklicht. Eine solche zusammengesetzte Bindungsart wird semipolare Bindung genannt. Sie gibt sich durch den hohen Wert des Dipolmomentes (z. B. 4,44 D fur Diathylsulfon) zu erkennen. Die Ladungsverschiebungen betreffen hier ganze Einheiten der Elementarladung und sind nicht mit der Polaritat zu vergleichen, die etwa bei den Alkylhalogeniden dadurch auftritt, das das gemeinsame Elektronenpaar wegen der groseren Elektronegativitat des Halogens mehr nach seiner Seite hin verschoben ist. Analog tragt der Schwefel in den Sulfonen (11) eine doppelte positive Ladung, da ihm 4 Elektronen zugehoren, wahrend er im neutralen Zustand 6 besitzt. Entsprechend tragt je ein Sauerstoffatom eine negative Ladung und die Bindung am Schwefel ist kovalent und bipolar zugleich. Der wesentliche Unterschied zwischen der alten und der neuen Schreibweise liegt demnach in der Abwesenheit von doppelten Bindungen in den Elektronenformeln der Sulfone und Sulfoxyde. Eine Entscheidung zwischen diesen beiden Schreibweisen ist durch Messung des Parachors zu Gunsten der Elektronenformel moglich gewesen.

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zusammen, die in allen Aggregatzustanden existenzfahig sind. Die<br />

Zahl der auf diese Weise abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen,<br />

die Valenzelektronen genannt werden, bestimmt die Ladung<br />

der entstehenden Ionen und damit auch die Wertigkeit, mit der<br />

die betreffenden Atome in die Verbindungen eingehen.<br />

Nach diesem Aufbauprinzip konnten alle heteropolaren, meist<br />

der anorganischen Chemie zugehorigen Verbindungen, einem rationellenschemaeingeordnet<br />

wer-<br />

Tabelle Ib. Gitterenergien den. BORN^, MADELUNG~ und<br />

der Alkalihalogenide in kcal/MoP andere haben auf solche Ionen<br />

mit starr gedachten Elektronenhullen<br />

das Coulombsche<br />

Anziehungsgesetz angewandt<br />

und konnten die Gitterenergien<br />

von heteropolaren festen<br />

Korpern in guter Ubereinstimmung<br />

mit der Erfahrung<br />

berechnen (Tabelle lb). Aber<br />

das Zustandekommen der homoopolaren<br />

bzw. kovalenten<br />

Bindung blieb ungeklart.<br />

Einen Schritt, die homoopolare Bindung in dieses Schema ein-<br />

LiCl<br />

NaCl<br />

KC1<br />

RbCl<br />

CsCl<br />

LiBr<br />

NaBr<br />

KBr<br />

RbBr<br />

CsBr<br />

zubeziehen, machte G. N. LEWIS~ (1916), indem er erkannte, das<br />

die Edelgaskonfiguration eines Oktettes nicht durch die vollstandige<br />

Abgabe bzw. Aufnahme von Elektronen zustandezukommen<br />

braucht, sondern das sie auch durch Teilung von zwei<br />

Elektronen unter den zwei Liganden, welche die Bindung konstituieren,<br />

entsteht. Auf diese Art wurden sich zwei Edelgaskonfigurationen<br />

beruhren, wobei ein Elektronenpaar beiden Oktetten angehort.<br />

Im Gegensatz zu der durch elektrostatische Anziehung verursachten<br />

elektrovalenten Bindung, die den vollstandigen Ubergang<br />

des einen Elektrons von einem Atom zum anderen zur Voraussetzung<br />

hat, beruht die kovalente Bindung auf der Gemeinsamkeit<br />

M. BORN, Handbuch der Physik XXIV/2.<br />

E. MADELUNO, Gott. Nach. 100 (1909), 43 (1910). Physik. 2 11, 898<br />

(1910).<br />

J. SEIERMAN, Chem. Rev. 11, 93 (1932).<br />

G. N. LEWIS, J. Amer. chem. Soc. 38, 762 (1916). W. KOSSEL, Ann.<br />

Physik 49, 229 (1916).<br />

eines Elektronenpaares. So treten zwei Fluor-Atome mit je 7 Elektronen<br />

nach dem Schema<br />

.. .. ..<br />

. + -F: .. =:F:F: .. ..<br />

:F.<br />

zusammen, wodurch unter Bildung zweier sich uberschneidender<br />

Oktette das Fluor-Molekul entsteht. In analoger Weise liefern<br />

4 H-Atome dem 4 Elektronen enthaltenden C-Atom je ein Elektron,<br />

um das Methan zu bilden,<br />

H<br />

das mit seinen 8 Elektronen eine edelgasahnliche Konfiguration in<br />

den auseren Elektronen darstellt.<br />

Die Bedeutung der neuen Schreibweise liegt nicht im Ersetzen<br />

des Valenzstriches durch zwei Punkte1, sondern darin, das man<br />

diese Punkte, die Bindung, unabhangig<br />

handeln kann. Am Ammoniak-Molekul erkennen<br />

das die Bindung des Oktettes auf den<br />

Elektronen,<br />

H<br />

H<br />

' ,-.<br />

die den drei H-Atomen angehoren, mit drei<br />

Atoms beruht. Hierbei verbleibt ein dem<br />

Elektronenpaar ohne Bindungspartner.<br />

tronenpaare sind imstande,<br />

lucke aufweisende Atome (unvollstandiges Oktett) an sich zu<br />

binden, wobei eine neue kovalente Bindung entsteht. Die Bildung<br />

des Ammoniumions aus NH3 und H+ wird demnach formuliert<br />

als die Bildung einer kovalenten Bindung, deren beide Elektronen<br />

von dem einen Partner, dem N des NH,-Molekuls, geliefert werden.<br />

1 Spater, als das Paulische Prinzip auf die homoopolare Bindung angewandt<br />

wurde, fuhrte man die Forderung ein, das die beiden Elektronen antiparallele<br />

Spins haben mussen.

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