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16 Bayreuth 2030 Nordbayerischer <strong>Kurier</strong> - Montag, 3. Juni 2013<br />

HANDWERK 2030: Bleibt der Dachdecker reiner Dachdecker oder wird er (auch) z<strong>um</strong> Photovoltaiker? Kümmern sich<br />

die heutigen Elektriker dann <strong>um</strong> E-Mobile oder sind sie Datenspezialisten? Viele Berufe des „guten alten Handwerks“<br />

befinden sich im Wandel, doch das ist schon seit Hunderten von Jahren so –und das wird auch so bleiben.<br />

Der Dachdecker<br />

und der Elektriker<br />

arbeiten Hand in<br />

Hand auf dem<br />

Dach –beide sind<br />

zu Photovoltaikern<br />

geworden. Dass<br />

sie sich nach getaner<br />

Arbeit ein<br />

verdientes Bierchen<br />

genehmigen,<br />

daran wird sich<br />

auch 2030 nichts<br />

geändert haben,<br />

glaubt unser<br />

Zeichner.<br />

Zeichnung:<br />

Daniel Reim<br />

Immer neue Berufe<br />

Oberfrankens Handwerk erneuert sichin16Jahren rechnerischeinmal komplett<br />

BAYREUTH<br />

Von Stefan Schreibelmayer<br />

Wo Oberfrankens Handwerk<br />

im Jahr 2030 steht?<br />

Bei dieser Frage lehnt sich<br />

Thomas Koller, Hauptgeschäftsführer<br />

der Handwerkskammer<br />

(HWK), erst mal zurück, ehe er nach einigem<br />

Überlegen sagt: „Es wird weiter<br />

auf soliden Beinen stehen.“ Und: „Das<br />

klingt jetzt noch nicht so visionär.“<br />

Stimmt, aber Koller ist ja auch noch<br />

lange nicht fertig, denn: „Keine neue<br />

Technologie wird ohne ein Handwerk<br />

funktionieren, das diese installiert und<br />

wartet. Das war so, das ist heute so<br />

und das wird auch 2030 so sein.“<br />

War<strong>um</strong> er sich zunächst dennoch<br />

nicht so leicht tut, Konkretes für die<br />

Zeit in 17 Jahren zu nennen, erklärt<br />

Koller mit einem Zahlenspiel: „In Oberfranken<br />

gibt es gut 16 000 Handwerksbetriebe.<br />

Jedes Jahr verschwinden<br />

1000 davon, ebenso viel kommen<br />

neu dazu. Das heißt, im Grunde haben<br />

wir uns bis 2030 einmal komplett erneuert.“<br />

Eine rein statistische Zahl natürlich,<br />

die aber dennoch auch einiges<br />

über die Wandlungsfähigkeit dieser<br />

Wirtschaftsgruppe aussagt.<br />

Zwar gebe es Berufe wie Bäcker,<br />

Metzger oder Maurer, deren Tätigkeit<br />

sich im Kern über Jahrhunderte erhalten<br />

habe.Aberwer wisseheutenoch,<br />

so Koller weiter, dass nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg die Hälfte aller Handwerksbetriebe<br />

in der Region Webereien<br />

waren? Heute spielt dieser Zweig<br />

ka<strong>um</strong> noch eine Rolle.<br />

Letzteres gilt auch für den Schmied<br />

–und trotzdem ist er ein Paradebeispiel<br />

für Wandel und Erneuerung. Als<br />

einer der ältesten und einst wichtigsten<br />

Handwerksberufe ist er im Laufe<br />

der Geschichte zur Startrampe für<br />

zahlreiche neue Metallberufe geworden.<br />

Die HWK listet rund 70 Spezialisierungen<br />

auf. Viele dieser Berufe sind<br />

zwar schon längst wieder selber verschwunden,<br />

wie etwa Plattner, Harnischschmied,<br />

Nagelschmied oder Kettenschmied.<br />

Andere sind ihrerseits zu<br />

Thomas Koller<br />

Grundberufen geworden oder haben<br />

eine Sonderentwicklung genommen,<br />

wie der Schlosser und der Mechaniker.<br />

Aus ihnen wieder<strong>um</strong> haben sich<br />

zahlreiche neue Berufe des Metallhandwerks<br />

entwickelt, ohne die das<br />

moderne Wirtschaftsleben undenkbar<br />

wäre. Beispiele dafür sind der Kraftfahrzeugmechaniker,<br />

der sich in den<br />

letzten Jahren schon wieder z<strong>um</strong> Kfz-<br />

Mechatroniker weiterentwickelt hat,<br />

der Klempner, der Gas- und Wasserinstallateur,<br />

der Zentralheizungs- und<br />

Lüftungsbauer, der Werkzeugmacher,<br />

der Maschinenba<strong>um</strong>echaniker, der<br />

Feinmechaniker oder der Kälteanlagenbauer.<br />

Und der Schmied ist nur ein<br />

Beispiel unter vielen.<br />

In jedem Handwerksberuf gelte es,<br />

die Grundkompetenzen beizubehalten,<br />

sich aber ständig neue Qualifikationen<br />

anzueignen. Mit Sicherheit werde<br />

der Wandel weitergehen, so Koller.<br />

Heutige Dachdeckerbetriebe könnten<br />

2030 Photovoltaiker sein. Das gelte allerdings<br />

ebenso für Elektriker, die sich<br />

aber auch in den Bereich Elektromobilität<br />

hineinentwickeln könnten. Angesichts<br />

der rasenden Entwicklung in<br />

Elektronik und Internet inklusive der<br />

dazugehörigen Netze werde es im<br />

Handwerk Datenspezialisten geben.<br />

Weitere Felder für neue Berufe seien<br />

das energetische Bauen und Sanieren,<br />

die Unterstützung des Lebens im Alter<br />

sowie das Gesundheitshandwerk. Bereiche,<br />

für die die Handwerkskammer<br />

die Wurzeln bereits gelegt habe oder<br />

gerade lege, so Koller. So seien etwa<br />

die Förderanträge für eine Musterwohnung,<br />

in denen alle Zukunftstechniken,<br />

die das selbstbestimmte<br />

Wohnen im Alter unterstützen, schon<br />

weit gediehen (der <strong>Kurier</strong> berichtete).<br />

Doch Koller sieht noch eine weitere<br />

zukunftsweisende Entwicklung. „Ich<br />

bin mir sicher, dass die Meisterqualifizierung<br />

vor allem in technischen Gewerken<br />

immer weiter an Bedeutung<br />

gewinnen wird. 2030 wird der Meister<br />

den gleichen Ruf haben wie der Ingenieur.<br />

Diese Leute werden gesucht sein<br />

und in der Wahrnehmung definitiv über<br />

dem Bachelor stehen.“<br />

Überhaupt werde die Kooperation<br />

des „guten alten Handwerks“ mit der<br />

Forschung an den Hochschulen noch<br />

deutlich zunehmen. „Ich bin selbstbewusst<br />

genug zu sagen, dass wir schon<br />

heute ein Partner auf Augenhöhe sind“,<br />

sagt Koller. Das zeige die Zusammenarbeit<br />

mit der Uni Bayreuth im Bereich<br />

Kfz-Ersatzteile, mit der Hochschule<br />

Coburg beim Design und höre<br />

bei der Ernährungsforschung in Kulmbach<br />

noch lange nicht auf.<br />

Natürlich gebe es auch Handwerksberufe,<br />

die 2030 unter Druck sein dürften,<br />

wahrscheinlich noch stärker als<br />

heute. Das gelte etwa für Bäcker und<br />

Metzger. Doch auch die hätten ihre<br />

Chancen, müssten sich noch besser absetzen<br />

von Supermärkten und Discountern.<br />

Vielleicht auch in den Bereich<br />

Gesundheitsberatung wachsen.<br />

Eins allerdings wird sich für Koller<br />

nicht ändern. „Das Werbemittel<br />

N<strong>um</strong>mer 1für das Handwerk wird auch<br />

2030 die Mundpropaganda sein“, sagt<br />

er, aber: „Der Mund wird ein anderer<br />

sein.“ Nämlich Facebook, Twitter und<br />

alle deren Nachfolger, die wir heute<br />

noch gar nicht kennen: „Auch da müssen<br />

wir dran bleiben.“<br />

„Wir könnendas“<br />

Für die Autosattlerei Hirzist der Wandel beständig<br />

BAYREUTH<br />

Von Stefan Schreibelmayer<br />

17 Jahre bis 2030 –für Gerd Hirz ist<br />

das gar keine so lange Zeit. Schließlich<br />

besteht das Unternehmen, das er<br />

in dritter Generation führt, seit 80 Jahren.<br />

Und damit ist Planen/Autosattlerei<br />

Hirz ein gutes Beispiel, wie wandlungsfähig<br />

das Handwerk ist und sein<br />

muss, <strong>um</strong> sich behaupten zu können.<br />

Anton Hirz, der Großvater von Gerd<br />

Hirz, gründete die Firma im Stadtteil<br />

Kreuz als reine Sattlerei, fertigte in einem<br />

Gartenhäuschen auf wenigen<br />

Quadratmetern Sättel und Za<strong>um</strong>zeug<br />

für Pferde –was ein Sattler halt damals<br />

so machte. „Das könnte ich gar<br />

nicht“, sagt Gerd Hirz, „das habe ich<br />

nie gelernt.“ Der Grund: Sein Vater<br />

Max übernahm nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg nicht nur das Unternehmen,<br />

er baute es auch zu einer Autosattlerei<br />

und Planenfabrikation <strong>um</strong>. Und nahm<br />

damit eine Entwicklung vorweg, die<br />

z<strong>um</strong>indest formell erst in den 70er Jahren<br />

endgültig vollzogen wurde –die<br />

Aufspaltung des Sattler-Handwerks in<br />

die Berufe Reitsportsattler, Feintäschner<br />

und Autosattler.<br />

„Wer damals ein Auto hatte, der ließ<br />

es mehrmals wieder herrichten“, erzählt<br />

Gerd Hirz. Vor allem aber standen<br />

Spediteure Schlange bei dem Unternehmen.<br />

Die Lastwagen wurden damals<br />

ohne Planen geliefert, bei Hirz bekamen<br />

sie ihre „Kleider“. Ein Bereich,<br />

der vor allem nach der Grenzöffnung<br />

einen zweiten Boom erlebte. Damals<br />

machte das Planengeschäft plötzlich<br />

fast 90 Prozent aus –und Hirz baute<br />

am Pfaffenfleck eine neues, über 600<br />

Quadratmeter großes Firmengebäude.<br />

Im Kreuz war es einfach zu eng geworden.<br />

„Unser längster Tisch ist heute<br />

24 Meter lang“, sagt Hirz.<br />

Heute halten sich Autosattlerei und<br />

Planengeschäft wieder die Waage –<br />

weil die Standard-Lkw alle geleast und<br />

mit Plane geliefert werden, erklärt Hirz,<br />

für den das aber eher ein Segen ist: „Natürlich,<br />

wir mussten uns erneut <strong>um</strong>stellen.<br />

Aber wenn man nicht nur auf<br />

einem Bein steht, sondern auf vielen,<br />

ist man nicht so anfällig.“ Bei den Planen<br />

betreibt Hirz heute ein Nischengeschäft<br />

mit Sonderaufbauten für Lkw,<br />

Abdeckungen für Brunnen und Figuren<br />

etwa in der Eremitage, für Schloss<br />

Fantaisie oder Schloss Seehof bei Bamberg.<br />

Aber auch Planen für Bierzelte<br />

oder Gärten von Privatkunden laufen<br />

gut. Hinzu kommt die Restauration von<br />

Oldtimern, die Reparatur von Cabrio-<br />

Verdecken oder auch die Anfertigung<br />

von Leder-Sonderausstattungen.<br />

Und was bringt die Zukunft, was ist<br />

2030? Gerd Hirz ist ehrlich: „Ich weiß<br />

es nicht.“ Wieder neue Materialien<br />

wahrscheinlich, die auch neue Verarbeitungstechniken<br />

nach sich ziehen.<br />

Deshalb habe er immer darauf geachtet,<br />

nur Facharbeiter mit breitem Wissen<br />

und Fertigkeiten zu beschäftigen.<br />

„So können wir eigentlich immer sagen:<br />

Wir können das“, sagt Hirz mit<br />

sichtlichem Stolz. Und dass das auch<br />

2030 noch so ist, dafür soll Tochter<br />

Claudia sorgen. Sie hat zwar Betriebswirtschaft<br />

und Romanistik studiert,<br />

bereitet sich jetzt aber auf die<br />

Meisterprüfung als Autosattlerin vor –<br />

freiwillig, wie Hirz betont.<br />

Gerd Hirz beim Nähen. Nur eine von vielen<br />

Tätigkeiten, die er und seine Mitarbeiter<br />

können müssen. Foto: Waha

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