09.01.2014 Aufrufe

HBSpez_PC_34_35_PFLEGE_Mundpflege_A ok+.indd - Heilberufe

HBSpez_PC_34_35_PFLEGE_Mundpflege_A ok+.indd - Heilberufe

HBSpez_PC_34_35_PFLEGE_Mundpflege_A ok+.indd - Heilberufe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>34</strong><br />

<strong>PFLEGE</strong> MUND<strong>PFLEGE</strong><br />

Pflegen und erfrischen<br />

<strong>Mundpflege</strong> bei Sterbenden F Sie gehört zu den wichtigsten pflegerischen Handlungen<br />

in der palliativen Pflege. Denn bei der <strong>Mundpflege</strong> lässt sich schon mit wenigen,<br />

einfachen Maßnahmen die Lebensqualität des Patienten deutlich steigern.<br />

Der Mund ist eine der wahrnehmungsstärksten<br />

Zonen des Kör-<br />

D<br />

pers. Zudem ist er ein außerordentlich<br />

persönlicher Bereich. Entsprechend<br />

sorgfältig und bewusst sollte die <strong>Mundpflege</strong><br />

durchgeführt werden.<br />

Die Auswahl des <strong>Mundpflege</strong>präparates<br />

richtet sich nach dem individuellen<br />

Geschmack des Sterbenden und dem<br />

Zustand der Mundschleimhaut. Das Ziel<br />

der <strong>Mundpflege</strong> – Erfrischung, Entfernung<br />

von Belägen, Befeuchtung – sollten<br />

Pflegende sich klar machen, bevor sie<br />

sich für eine <strong>Mundpflege</strong>lösung entscheiden.<br />

Weigern Menschen sich, den Mund zur<br />

Pflege zu öffnen, so ist dies zunächst zu<br />

respektieren, keinesfalls sollte mit Nachdruck<br />

versucht werden, die Maßnahme<br />

durchzuführen. Manchmal ist ein Ster-<br />

bender im einen Moment nicht gewillt,<br />

den Mund zu öffnen, im nächsten aber<br />

ist er dankbar für die Linderung seiner<br />

Beschwerden und öffnet den Mund gerne.<br />

Bei Menschen, die nicht mehr klar<br />

orientiert sind, lohnt sich der Versuch,<br />

ihnen die Zahnbürste in die Hand zu<br />

geben und diese an den Mund zu führen<br />

– oft ist dies eine „Brücke“ zum freiwilligen<br />

Öffnen des Mundes.<br />

Befeuchtung der Mundschleimhaut<br />

Mundtrockenheit, die wohl häufigste<br />

Indikation zur <strong>Mundpflege</strong>, hat unterschiedlichste<br />

Ursachen wie Dehydratation,<br />

Fieber, die Gabe bestimmter Medikamente<br />

oder Mundatmung. Ziel der<br />

<strong>Mundpflege</strong> ist es, die Mundschleimhaut<br />

feucht zu halten durch Anregung<br />

des Speichelflusses und regelmäßige<br />

Mundbefeuchtung. Der Anregung des<br />

Speichelflusses dienen:<br />

z Gefrorene Fruchtstücke, die zum Lutschen<br />

gereicht oder in eine Kompresse<br />

gewickelt so in den Mund gelegt<br />

werden, dass sie mit dem Ende der<br />

Kompresse wieder aus dem Mund<br />

gezogen werden können. Geignet<br />

sind zum Beispiel Ananas, Orangen,<br />

Zitronen<br />

z Gefrorene Getränke, die ebenfalls in<br />

kleinen Stücken in den Mund gegeben<br />

werden – Fruchtsäfte, Cola, Bier,<br />

Sekt etc. nach Belieben<br />

z Rote Tees als <strong>Mundpflege</strong>lösung. Der<br />

hohe Säuregehalt kann jedoch zu<br />

Magenbeschwerden führen.<br />

z Fruchtbonbons (mit Zitrusgeschmack)<br />

oder Kaugummi (Minze)<br />

z Aromalampen mit Zitrusdüften<br />

z Soweit möglich kann der kranke<br />

Mensch mit seiner Zunge den<br />

Mundraum „massieren“ oder kauen.<br />

Eine Massage der Ohr- oder Unterzungenspeicheldrüsen<br />

verbessert<br />

ebenfalls den Speichelfluss.<br />

Zur häufigen Mundbefeuchtung eignen<br />

sich:<br />

z Wasser, Tee, Kaffee, Sekt etc. Fruchtsäfte<br />

und Milch sind eher ungeeignet<br />

z Butterflocken, Sahne, Olivenöl<br />

z Therapeutische Kräuteröle (z.B.<br />

Helagoöl auf Kamille-Salbei-Basis)<br />

z <strong>Mundpflege</strong>lösungen (z.B. Panthenollösung)<br />

F Die <strong>Mundpflege</strong> bei Schwerstkranken<br />

erfordert mitunter viel Geduld. Weigert sich<br />

der Patient den Mund zu öffnen, ist dies zunächst<br />

zu respektieren.<br />

Foto: Panthermedia<br />

Palliative Care . <strong>Heilberufe</strong> Spezial 2009


MUND<strong>PFLEGE</strong> <strong>PFLEGE</strong><br />

<strong>35</strong><br />

Zudem können wässrige Lösungen in<br />

einen Zerstäuber gefüllt und in den<br />

Mund gesprüht werden. Lemonsticks<br />

sind für die Behandlung von Mundtrockenheit<br />

kontraindiziert. Das enthaltene<br />

Glycerin wirkt wasserbindend und trocknet<br />

die Mundschleimhaut zusätzlich aus.<br />

<strong>Mundpflege</strong>spray („künstlicher Speichel“)<br />

wird aufgrund des Geschmacks<br />

meist nicht toleriert, die Wirkung hält<br />

nur kurze Zeit vor.<br />

Die Lippenpflege sollte mit Panthenolsalbe<br />

erfolgen, Lippenpflegestifte und<br />

Vaseline sind auf Dauer nicht geeignet<br />

und nicht ausreichend. Die Erhöhung der<br />

Luftfeuchtigkeit im Krankenzimmer<br />

kann die Befeuchtung der Mundschleimhaut<br />

ebenfalls fördern.<br />

Borken und Beläge<br />

Borken und Beläge bilden sich vor allem<br />

bei Mundatmung, Flüssigkeitsmangel,<br />

trockener Raumluft und bei Entzündungen<br />

der Mundschleimhaut. Zur Ablösung<br />

der Beläge können je nach Vorliebe<br />

des Patienten verwendet werden:<br />

z Butter, Sahne, Olivenöl<br />

z Helagoöl<br />

z Vitaminbrausetabletten. Ein kleines<br />

Stück auf die Zunge legen und mit<br />

Wasser benetzen – durch die<br />

Schaumbildung werden Borken und<br />

Beläge abgelöst<br />

z Rosenhonig aus der Apotheke<br />

z Eine weiche Zahnbürste, mit der<br />

Zunge und Mundraum unter Verwendung<br />

von Wasser, Zahnpasta<br />

oder <strong>Mundpflege</strong>lösung sanft gebürstet<br />

werden<br />

Weitere Möglichkeiten sind das Kauen<br />

von harter Brotrinde, fetter Wurst (z.B.<br />

Salami) oder von Ananasstücken – auch<br />

hier der Vorliebe des Patienten folgend.<br />

Entzündungen im Mundraum<br />

Entzündungen entstehen meist durch<br />

die Immunschwäche des kranken Menschen,<br />

als Folge von Chemo- oder Radiotherapie,<br />

bei Tumorerkrankungen im<br />

Mund- und Rachenraum und wenn die<br />

Nahrungsaufnahme eingestellt wird, der<br />

Mund also die natürliche Flora verliert.<br />

Hier haben sich bewährt:<br />

z Spülungen oder Auswischen des<br />

Mundes mit Salbeitee<br />

z Helagoöl, Rhatania-Tinktur, Sanddornfruchtfleischöl<br />

(1 Tr. mehrmals<br />

täglich im Mund zergehen lassen)<br />

z Bombastus-Mundwasser, ein antiseptisch<br />

und erfrischend wirkendes<br />

Mundwasser auf Kräuterbasis, das<br />

stark verdünnt angewendet wird und<br />

auch bei Rhagaden im Mund nicht<br />

schmerzt (30 Tr./100 ml Wasser)<br />

z Andere <strong>Mundpflege</strong>lösungen mit<br />

Panthenol, Salviathymol, Kamillenextrakten<br />

z Bei Soor hilft neben Salbeitee ebenfalls<br />

Bombastus-Mundwasser<br />

(50 Tr./100 ml Wasser) oder Mulgatol-Junior-Gel.<br />

Häufig ist aber neben<br />

der lokalen fungiziden Therapie mit<br />

Nystatinpräparaten auch eine systemische<br />

Therapie zum Beispiel mit<br />

Diflucan angezeigt<br />

z Bei Entzündungen des Zahnfleischs<br />

haben sich bewährt: Sanddornfruchtfleischöl<br />

(1 Tr. mehrmals täglich im<br />

Mund zergehen lassen), Zahnfleischbalsam<br />

von Weleda, Einreiben oder<br />

Spülung mit Salbeitee<br />

Entzündliche Prozesse und Soorinfektionen<br />

im Mundraum sind meist sehr<br />

schmerzhaft. Neben einer möglichen<br />

Gabe von Analgetika wirken anästhesierende<br />

Gels oder Lutschtabletten lindernd,<br />

auch das Lutschen von Eisstückcken wird<br />

als angenehm erlebt. Saure Lösungen wie<br />

Malventee oder Zitronenwasser verursachen<br />

zusätzliche Schmerzen.<br />

Mundgeruch<br />

Tumore im Mund- und Rachenbereich,<br />

entzündliche oder maligne Prozesse im<br />

Gastrointestinaltrakt oder septische Veränderungen<br />

in den Luftwegen können<br />

starken Mundgeruch verursachen, der<br />

für alle Beteiligten Begegnungen außerordentlich<br />

erschweren kann. Behandlungsmöglichkeiten<br />

sind:<br />

z Spülungen mit antiseptischen<br />

Lösungen wie Betaisodona-Mundspüllösung<br />

oder mit Bombastus-<br />

Mundwasser (50 Tr./100 ml Wasser)<br />

4 Tee als therapeutisches<br />

<strong>Mundpflege</strong>mittel<br />

z Kamillentee: Entzündungshemmend,<br />

desinfizierend, beruhigend und schmerzlindernd<br />

bei Entzündungen des Mund- und<br />

Rachenraums und des Zahnfleischs<br />

z Salbeitee: Desinfizierend und gerbend<br />

bei Entzündungen des Mund- und Rachenraums,<br />

Stomatitis, bei Tumorwachstum und<br />

-zerfall im Mund- und Rachenraum, bei<br />

Soorinfektionen, Mundgeruch<br />

z Thymiantee: Durchblutungsfördernd, desinfizierend,<br />

desodorierend bei Entzündungen<br />

des Mund- und Rachenraums,<br />

Soorinfektionen und Mundgeruch<br />

z Ringelblumentee: Desinfizierend, adstringierend,<br />

abwehrsteigernd bei Entzündungen,<br />

Soorinfektionen und Blutungsneigung<br />

im Mund- und Rachenraum<br />

Lose Tees enthalten in der Regel mehr Wirkstoffe<br />

als Beutel-Tees.<br />

z Systemische antibiotische Behandlung<br />

zum Beispiel mit Clindamycin<br />

z Gabe von Chlorophyll-Dragees, die<br />

lokal und systemisch wirken<br />

z Salbeitee<br />

Als einfache und preiswerte Maßnahme<br />

lassen sich bei bestimmten Indikationen<br />

unterschiedliche Teesorten als <strong>Mundpflege</strong>mittel<br />

verwenden (siehe Kasten).<br />

Individuelle <strong>Mundpflege</strong> setzt Fantasie,<br />

Kreativität, das Kennen der Vorlieben<br />

des Patienten und Lust am Ausprobieren<br />

voraus. Doch das Erfolgserlebnis lässt<br />

meist nicht lange auf sich warten. Gerne<br />

übernehmen auch pflegende Angehörige<br />

nach entsprechender Anleitung diese<br />

Aufgabe. Sie haben dabei das positive<br />

Gefühl, noch etwas Wichtiges für den<br />

Sterbenden tun zu können. z<br />

E Susanne Kränzle<br />

E Sitzwache Evangelische Kirche<br />

in Stuttgart<br />

Römerstr. 71, 70180 Stuttgart<br />

2009 <strong>Heilberufe</strong> Spezial . Palliative Care

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!