Thromboembolie Pflege Dossier - Heilberufe
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<strong>Pflege</strong><strong>Dossier</strong><br />
<strong>Thromboembolie</strong><br />
Juristische Aspekte<br />
Haftungsrisiko begleitet<br />
den <strong>Pflege</strong>alltag<br />
Fragen der zivil und strafrechtlichen Haftung gewinnen für <strong>Pflege</strong>kräfte<br />
zunehmend an Bedeutung. Im Schadensfall kann der Nachweis einer anteiligen<br />
Schuld auch für die <strong>Pflege</strong>nden schwerwiegende Konsequenzen haben.<br />
Wenn eine Behandlung nicht<br />
wie gewünscht oder erwartet<br />
verläuft, fragen sich Patienten<br />
heutzutage nicht selten, ob die<br />
Therapie wirklich optimal war und ob<br />
möglicherweise Behandlungsfehler gemacht<br />
wurden. In den letzten 20 Jahren<br />
ist die Zahl der gerichtlichen Prozesse<br />
im Bereich des Haftungsrechts daher<br />
stark gestiegen. Verfahren, die wegen<br />
einer im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts<br />
entstandenen tiefen Venenthrombose<br />
angestrengt werden, bilden<br />
hier keine Ausnahme.<br />
Wiedergutmachung eines<br />
Schadens<br />
In der Vergangenheit haben die Gerichte<br />
die Verantwortung für die Thromboseprophylaxe<br />
primär nicht den <strong>Pflege</strong>nden,<br />
sondern dem Arzt zugesprochen.<br />
Wie ein rechtskräftiges Urteil aus<br />
dem vergangenen Jahr zeigt [10], ist jedoch<br />
anzunehmen, dass in der Haftungsfrage<br />
in Zukunft auch das <strong>Pflege</strong>personal<br />
immer häufiger zur Verantwortung<br />
gezogen werden dürfte. Der Nachweis<br />
einer anteiligen Schuld kann für die<br />
Betroffenen gravierende, die berufliche<br />
Existenz gefährdende Konsequenzen<br />
nach sich ziehen.<br />
Haftung bezeichnet die Übernahme<br />
eines Schadens durch einen anderen als<br />
den unmittelbar Betroffenen. Es geht<br />
also um die Frage der Wiedergutmachung<br />
eines verursachten Schadens in<br />
Form von Schadensersatz oder Schmerzensgeld.<br />
Das Haftungsrecht regelt ganz<br />
allgemein die Verbindlichkeiten, um das<br />
Verschulden für einen angezeigten Scha-<br />
EIN FALL AUS DER PRAXIS:<br />
ANSPRUCH AUF SCHMERZENSGELD<br />
Eine Frau (ausgeprägte Varikosis) erlitt<br />
infolge eines Sturzes vom Fahrrad eine<br />
Fraktur der unteren Extremität [10].<br />
Die Patientin wurde in ein Krankenhaus<br />
aufgenommen und mit einem<br />
Oberschenkelgips versorgt. Sie erhielt<br />
eine Thromboseprophylaxe und wurde<br />
am Tag nach dem Unfall in eine andere<br />
Klinik verlegt. Drei Tage später<br />
wurde ihr dort ein Fixateur externe<br />
angelegt. Eine Woche nach der Operation<br />
erlitt die Patientin eine Lungenembolie<br />
und entwickelte ein ausgedehntes<br />
bilaterales Hirnödem. Einen<br />
Tag später verstarb die Frau an<br />
den Folgen der Hirnschädigung. Der<br />
Ehemann der Frau machte den auf ihn<br />
im Wege des Erbfalls übergegangenen<br />
Schmerzensgeldanspruch geltend<br />
und verlangte darüber hinaus die Verpflichtung<br />
zur Feststellung weiterer<br />
Schäden.<br />
In seinem Urteil (AZ: 11 O 187/08)<br />
stellte das Landgericht Potsdam fest:<br />
Der Kläger hat gemäß den §§ 1922<br />
Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB [12, 13] und wegen<br />
positiver Verletzung des Behandlungsvertrags<br />
einen Anspruch auf<br />
Zahlung eines Schmerzensgelds in<br />
Höhe von 15.000 Euro sowie auf Feststellung<br />
der Verpflichtung, Schäden<br />
wegen des Behandlungsfehlers (Unterhalts<br />
und Haushaltsführungsschäden)<br />
zu ersetzen. Diese Entscheidung<br />
ist rechtskräftig.<br />
Zur Begründung führte das Gericht<br />
an, dass es unterlassen wurde, die<br />
Ehefrau des Klägers durchgängig mit<br />
einer Thromboseprophylaxe zu versorgen.<br />
Da in den Behandlungsunterlagen<br />
der Patientin die Verabreichung<br />
der ärztlich angeordneten Thromboseprophylaxe<br />
inklusive von MTPS<br />
am Tag vor dem Auftreten der Lungenembolie<br />
nicht abgehakt war, waren<br />
die Richter davon überzeugt,<br />
dass die Thromboseprophylaxe an<br />
diesem Tag auch nicht durchgeführt<br />
wurde. Das Unterlassen der Thromboseprophylaxe<br />
wurde vom Gericht<br />
zudem als behandlungsfehlerhaft<br />
bewertet, weil die Patientin aufgrund<br />
ihres hohen Thromboserisikos eine<br />
lückenlose Thromboseprophylaxe<br />
hätte erhalten müssen.<br />
Das Krankenhaus haftet gemäß §<br />
278 BGB [14] bzw. gemäß § 831 BGB<br />
[15] für das Verschulden des <strong>Pflege</strong>personals,<br />
welches die ärztliche Anordnung<br />
zur Durchführung der<br />
Thromboseprophylaxe nicht erledigt<br />
hat. Diese Pflichtverletzung ist dem<br />
Urteil zufolge auch als grober Behandlungsfehler<br />
zu bewerten, da sie<br />
aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich<br />
erscheint, weil ein solcher<br />
Fehler schlechterdings nicht unterlaufen<br />
darf. Aus der Bewertung der<br />
Pflichtverletzung als grober Behandlungsfehler<br />
tritt eine Beweislastumkehr<br />
ein: Daraus folgt, dass das Unterlassen<br />
der Thromboseprophylaxe<br />
kausal für die eingetretene Lungenembolie<br />
und die daraus resultierende<br />
Gesundheitsbeschädigung<br />
war, die dann zum Tod der Patienten<br />
geführt hat.<br />
© japolia/Fotolia<br />
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<strong>Heilberufe</strong> / Das <strong>Pflege</strong>magazin<br />
2012; <strong>Dossier</strong>