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Die ungarischen Wurzeln des Nosferatu

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geschafft? Nachdem Kaiserin Maria Theresia das Verbot <strong>des</strong> Ausgrabens von Leichen<br />

zwecks Magie und Vampirbekämpfung erlassen hatte, wurde die Flut an<br />

Vampirberichten tatsächlich eingedämmt.<br />

Aber Poeten, Schriftsteller und Maler in anderen Ländern Europas hatten sich bereits<br />

mit dem Vampir als Muse der schönen Künste vertraut gemacht. Byron, Baudelaire,<br />

Goethe, später Munch und Stoker wurden vom ewigen Untoten fasziniert. Sie verliehen<br />

in ihren Werken dem <strong>Nosferatu</strong> eine starke erotische Komponente, wobei dies vor allem<br />

bei Baudelaire und Stoker ausschlaggebend war. Beim letztgenannten wurde der<br />

Vampirbiss (auch als Vampirkuss bezeichnet) mit der Penetration im Rahmen <strong>des</strong><br />

Geschlechtsaktes nicht nur gleichgesetzt, sondern bewegte auch Millionen von<br />

Menschen, den Briefroman zu kaufen und es zu einem Bestseller werden zu lassen.<br />

Aber Stoker verdankt der Vampir (er wurde an die Erzählungen über die Blutgräfin<br />

Báthory und Vlad Tepes angelehnt) auch seinen Aufstieg in den Adel; war er doch bei<br />

den Ereignissen rund um Peter Plogojowiz nicht mehr als ein tölpelhafter Bauer. Seit<br />

Bram Stokers Dracula hingegen ist der <strong>Nosferatu</strong> als untoter Graf in Erinnerung, der<br />

sich in den Hals von- hautsächlich jungen und schönen- Frauen verbeißt.<br />

„Dracula“ kann getrost zu der Weltliteratur oder zu den Klassikern gezählt werden- in<br />

der heutigen modernen Literatur ist der Umgang auch mit dem Vampir unverkrampfter.<br />

Als Beispiel möchte ich das Erstlingswerk der jungen <strong>ungarischen</strong> Schriftstellerin<br />

Szécsi Noémis „Der finno-ugrische Vampir“ heranziehen, <strong>des</strong>sen Komik durch<br />

gewandten Wortwitz besticht und trotzdem eine echte Vampirgeschichte (als<br />

Hauptelemente Tod und Erotik) darstellt; weiters ist Szécsis Buch durchaus auch im<br />

Aspekt der neuen modernen <strong>ungarischen</strong> femininen Literatur zu sehen.<br />

In unseren Tagen ist der Vampir auch aus der Filmwelt nicht mehr wegzudenken;<br />

beflügelte er vor einigen hundert Jahren die Fantasie der Schriftsteller, so scheint er<br />

heute einen gewissen Einfluss auf die Filmemacher zu haben. Neue Kreaturen wurden<br />

kreiert und von Massen von jungen Kinogehern in jeder Fortsetzung fanatisch umjubelt.<br />

Bewusst wird mit der Coolness der Figur gespielt; dieser Aspekt war den verängstigten<br />

Dorfbewohnern, welche in den alten Zeitungsberichten erwähnt wurden, gänzlich<br />

unbekannt.<br />

<strong>Die</strong>se Menschen starben tatsächlich an grausamen Krankheiten irgendeiner Art- auch<br />

wenn Vampire für ihren Tod verantwortlich gemacht wurden. <strong>Die</strong> Ärzte der damaligen<br />

Zeit konnten diesen Epidemien nichts entgegensetzen; ja nicht einmal die Diagnose der<br />

Krankheit gelang (wiewohl Blutvergiftung etc. angenommen wurde).<br />

<strong>Die</strong> wahren Begebenheiten dieser Vorfälle bleiben im Dunkel der Geschichte begraben;<br />

doch genau dies macht den Reiz der wissenschaftlichen Bearbeitung aus.<br />

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