Die ungarischen Wurzeln des Nosferatu
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„Er drückte seine Zunge in meinen Mund, seine Finger zwischen meine Beine.<br />
Natürlich hätte es auch umgekehrt passieren können.“ 110<br />
8. 2. 4. Keine Frage der uralischen Internationalität<br />
Szécsi Noémi studierte in Ungarn und Finnland Finno-Ugristik (lebte einige Zeit,<br />
während ihres Studiums auch in Finnland) und gab ihrem Romandebüt einen starken<br />
finno-ugrischen Bezug.<br />
Bereits der Titel ist in diese Richtung kreiert, wobei sich dies auch auf den Inhalt bzw.<br />
auf eine der Hauptpersonen bezieht. Denn Jernes Großmutter bezeichnet sich selbst als<br />
finno-ugrischer Vampir, allerdings um interessanter zu erscheinen. So werden auch die<br />
sog. großen finn-ugrischen Völker (Finnen, Esten) von Budapest aus bereist, auch auf<br />
den Winterurlaub bei den Samojeden sei hingewiesen.<br />
8. 2. 5. Reale Personen und ihr literarisches alter ego<br />
Auch im „finn-ugrischen Vampir“ werden reale Personen in die Handlung<br />
hineingewebt, wenn auch in minimalsten Nebenrollen. Eigentlich werden sie oft nur im<br />
Zuge eines Gespräches erwähnt oder in eine Erzählung, beispielsweise der Großmutter,<br />
einbezogen. Sie bilden dennoch ein literarisches Gerüst, an dem der Roman sich entlang<br />
bewegt, schließlich sind diese realen Personen Berühmtheiten (angefangen bei<br />
Kirkegaard über Goethe bis Liszt), deren Portraitbilder zusammengestellt auch die<br />
Vorder- sowie die Rückseite <strong>des</strong> Bucheinban<strong>des</strong> bilden.<br />
8. 2. 6. Das Bild <strong>des</strong> Vampirs im Vergleich zu den mitteleuropäischen Berichten<br />
und dem Stereotyp <strong>des</strong> Vampirs<br />
Der Vampir bzw. die Vampire, die Szécsi in ihrem Roman darstellt, sind zwar oft nicht<br />
so genau beschrieben, wirken aber weitaus komplexer, haben mehr Tiefgang, Licht- und<br />
Schattenseiten, als die bei Stoker dargestellten Vampire. Während bei diesem es nur<br />
eine schwarz-weiß Sichtweise der Dinge existiert (also alle Vampirjäger sind<br />
bürgerlich, aufrecht in ihrem Tun und ihren Gedanken, keusch und gottesfürchtig; alle<br />
Vampire dagegen unrein, gerissen, egoistisch, gewissenlos im wahrsten Sinne der<br />
Wortes, mörderische –ihren animalischen Trieben ausgelieferte- Bestien. Quasi als<br />
110 vgl. ebendort [S. 68]<br />
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