Die ungarischen Wurzeln des Nosferatu
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den Roman hineingearbeitet. Ganz am Anfang erzählt der Graf dem jungen Jonathan<br />
Harker über seine Vorfahren, die ihn als Nachfahre der Szekler 97 , ausweisen;<br />
gleichzeitig wird auch die ungarische Landnahme eingebracht.<br />
„Wir Szekler sind mit Recht stolz, denn in unseren Ader fließt das Blut manchen tapferen<br />
Volkes, das kämpfte, wie es der Löwe tut- … dass schließlich die Völker glaubten, sie seien<br />
keine Menschen, sondern Werwölfe. Als sie dann hierherkamen, stießen sie auf die Hunnen,<br />
deren Kampfeswut wie eine glühende Flamme über die Erde hinweggefegt war.“ 98<br />
Im nächsten Absatz wird auf die jahrhundertealte Funktion der Szekler, die an der<br />
östlichsten Stelle <strong>des</strong> Karpatenbogens, gleichzeitig auch die östlichste Stelle <strong>des</strong><br />
<strong>ungarischen</strong> Königreiches, beheimatet sind, als Grenzwächter angespielt. Gleichzeitig<br />
wird auf die Problematik der –zu jener Zeit als Faktum angesehene- Annahme, dass es<br />
sich bei den Ungarn und den Hunnen um dasselbe Volk bzw. <strong>des</strong>sen Nachfolger<br />
handelt, eingegangen.<br />
„ Und als die Ungarnflut nach Osten weiterrollte und die Szekler von den siegreichen Magyaren<br />
als verwandte Rasse eingestuft wurden, da vertraute man uns jahrhundertelang die Wache an der<br />
Grenze zum Türkenland an.“<br />
Und weiter:<br />
„ ..die Szekeler und besonders die Draculas als deren Herzblut, ihr Hirn und ihr Schwert-<br />
… Aber die kriegerischen Tage sind vorüber. Blut ist jetzt, in diesen Zeiten eines unehrenhaften<br />
97 Ein grober Umriss der „Szekler“: <strong>Die</strong> Szekler (ung. székely) sind eine, einen <strong>ungarischen</strong> Dialekt<br />
sprechende, ehemals kriegerische, ungarische Volksgruppe, die ursprünglich heterogen im östlichsten Teil <strong>des</strong><br />
Karpatenbogens, westlich der ehemaligen Grenze <strong>des</strong> <strong>ungarischen</strong> Königreiches beheimatet war, und seit um<br />
896 n. Chr. (offizielle Landnahme der Ungarn) die Rolle der Grenzwächter Richtung Osten inne hatten. (Einige<br />
Theorien wie „doppelte Landnahme“ etc. führen an, dass die Szekler ev. bei der Landnahme der Ungarn bereits<br />
im Karpatenbogen angesiedelt waren.) Auch heute hat sich an der heterogenen Zusammensetzung in den<br />
schwer zugänglichen Gebieten nicht wesentlich geändert. Im Laufe der Geschichte erfolgten immer wieder<br />
Auswanderungsströme (z.B. an die damalige südlichste Grenze <strong>des</strong> ungar. Königreiches zum Kgr. Serbien an<br />
die Donau (heute Süd-Bánát in Vojvodina/ Serbien; diese Siedler- insgesamt drei Dörfer- bezeichnen sich auch<br />
heute als Szekler) oder auf die östliche Seite der Karpaten, wo sie sich tw. mit den dort bereits angesiedelten<br />
Csángó-Ungarn vermischten. Bis etwa dem 18./ 19. Jhdt. verwendeten die Szekler –zumin<strong>des</strong>t auf Inschriftendie<br />
sog. szekler Kerbschrift („székely rovásírás“), die eine recht starke Ähnlichkeit mit den germanischen<br />
Runen aufweisen, wobei allerdings – im Gegensatz zu den eben erwähnten- jeder Buchstabe einem lateinischen<br />
Buchstaben zugeordnet werden kann.<br />
98 alle drei folgenden Zitate aus: Stoker, Bram: Dracula [S. 36-37]<br />
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