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Die ungarischen Wurzeln des Nosferatu

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„<strong>Die</strong> Psychoanalyse liest die von ihr als zentrale Szene solcher Texte ausgerufene Angriffsszene<br />

einmal als Penetration, dann als Mutter-Kind- Verhältnis (das Baby saugt an der Mutterbrust,<br />

oder der Fötus entzieht der Mutter lebenswichtige Substanzen).“ 92<br />

Im Übrigen scheint bei Paulowitz eine weitere interessante These auf:<br />

<strong>Die</strong> typische Körperstelle, an der der Vampir seine Zähne ansetzt, ist der schlanke Hals<br />

der noblen Damen. Obwohl hier die Schlagader als beste Stelle zum Abzapfen <strong>des</strong><br />

jungfräulichen Blutes gilt, hat dies auch einen zweiten, nicht sofort erkennbaren, Grund.<br />

In der Zeit der großen Vampirromane ist der Hals einer Frau, die einzige Stelle, an der<br />

deren Fleisch- quasi als Sinnbild für den begehrenswerten Körper und als<br />

Aufstachelung der männlichen Phantasie- sichtbar wird. 93<br />

8. 1. 4. <strong>Die</strong> ungarische Bewandtnis und die Frage der Nationalität:<br />

Bram Stoker hatte laut seinen eigenen nicht veröffentlichten Aufzeichnungen zu seinem<br />

Buch, vorgehabt, die Rolle <strong>des</strong> Vampirs als weiblich anzulegen und außerdem die<br />

gesamte Geschichte in Irland spielen zu lassen. 94 Da er aber ein guter Bekannter <strong>des</strong> aus<br />

Ungarn stammenden Turkologen Vámbéry Ármin 95 war, erfuhr er von diesem über<br />

Báthory Erzsébet und der Schreckensherrschaft Vlad Tepes´ in der mittelalterlichen<br />

Walachei, sowie über die ungarische Landnahme, die Sprache, die Bräuche und die<br />

ethnische Zusammensetzung Transsylvaniens 96 . So wurde also Vlad Draculea zum<br />

Vorbild <strong>des</strong> Grafen Dracula und eine recht große Anzahl von <strong>ungarischen</strong> Elementen in<br />

92 Paulowitz, Brigitte: Nippen darf ich nur an dir. Vampirtexte der deutschsprachigen Literatur <strong>des</strong> 19.<br />

Jahrhunderts. Universität Wien, Diplomarbeit 1997. [S. 17]<br />

(Der zitierte Originaltext ist beim letzten Wort mit einer Fußnote (Nr. 32) versehen, in der auf den Vergleich zu<br />

Phyllis A. Roths „Sexualität der Frau in Bram Stokers DRACULA“ hingewiesen wird.)<br />

93 vgl. dieselbe, ebendort: [S. 17 ff.]<br />

94 Laut Frayling´s „Vampyres. Lord Byron to Count Dracula“, wollte dagegen Stoker laut seinen<br />

Aufzeichnungen den Grafen „Count Wampyr“ taufen (also männlich auslegen) sowie die Handlung in der<br />

Steiermark (nach S. LeFanus Carmilla) beginnen lassen.<br />

vgl. Frayling, Christopher: Vampyres. Lord Byron to Count Dracula. Faber und Faber Verlag. London- Boston,<br />

1991. Kapitel 5: The Genesis of Dracula [S. 303 ff.]<br />

95 Vámbéry Ármin oder Arminius Vámbéry, als Hermann Vamberger 1832 als Sohn einer jüdischen Familie in<br />

Dunaszerdahely geboren, im Jahr 1913 in Budapest verstorben; Orientalist, Sprachwissenschaftler, Turkologe.<br />

aus: www.wikipedia.de [Stand 02.11.2008]<br />

96 Transsylvanien (dt. Siebenbürgen) ist zu dieser Zeit - bis auf Unterbrechungen, als eigenständiger<br />

ungarisches Fürstentum- seit 1000 Jahren Bestandteil <strong>des</strong> <strong>ungarischen</strong> Königreiches bzw. <strong>des</strong> <strong>ungarischen</strong><br />

Sprach- und vor allem Kulturraumes. <strong>Die</strong>ses Land wurde von Bram Stoker- auch im Zuge seiner Recherchennie<br />

aufgesucht.<br />

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