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Die ungarischen Wurzeln des Nosferatu

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Während also das Sujet rund um den Vampir im deutschsprachigen Mitteleuropa als zu<br />

fortschrittlich galt (nur die obersten Dichterfürsten wagten sich an die Verarbeitung), im<br />

englischen Sprachgebiet wiederum die versteckte Erotik als das tragenden Element<br />

verstanden werden kann (vor allem zum Ende <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts), so fiel das Thema<br />

bei den Franzosen, sofort auf fruchtbaren Boden.<br />

Der beliebte Baudelaire dichtete eine Vielzahl an erotischen Vampirgedichten, in denen<br />

sich Liebe und Eros, Tod und Verwesung ein Stelldichein geben:<br />

„Und ihren Busen presste an <strong>des</strong> Mieders Rand:<br />

-„Ich habe feuchte Lippen und ich weiss, wie man<br />

Am Grund <strong>des</strong> Lagers das Gewissen löschen kann.<br />

Auf meinen stolzen Brüsten alle Tränen schwinden,<br />

Ihr Kinderlachen dort die Alten wiederfinden. […]<br />

Als ich sie mit Mark aus meinen Knochen gesäugt<br />

Und mich begehrlich über sie gebeugt,<br />

Um sie zu küssen, sah ich dort nichts weiter<br />

Als einen eitrigen Schlauch, die Flanken voller Eiter … .“ 80<br />

<strong>Die</strong>s war aber vielleicht sogar im vom „laissez- faire“ –Stil geprägten Frankreich, ein<br />

wenig zu erotisch. Als Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit wurde 1857 in einem<br />

Prozess, sechs von den vampirischen-erotischen Gedichten Baudelaires, verboten. 81<br />

Neben so bekannten Namen aus der westlichen Welt- wie Joseph S. LeFanu „Carmilla“<br />

1872, 82 Alexandre Dumas, Edgar A. Poe, John Polidori-, befassten sich auch die Poeten<br />

und Schriftsteller der östlichen Länder (in diesen hauptsächlich slawischen Ländern<br />

vielleicht sogar etwas mehr und intensiver als in den westlichen), mit dem<br />

Unsterblichen. Nikolai Gogol und Aleksej Tolstoj sind nur zwei der berühmten Namen,<br />

die ebenfalls dem verführerischen Charme <strong>des</strong> Vampirs erlegen waren.<br />

80 Baudelaire: Metamorphosen eines Vampirs<br />

81 vgl. Jonasch, Monika: Vampire. Eine Untersuchung der literarischen Figur <strong>des</strong> Vampirs anhand ausgewählter<br />

Texte. [S.32]<br />

82 <strong>Die</strong> Hauptprotagonistin Carmilla (ein hübsches Mädchen, ausgestattet mit einem zweiten, bösen Ich) wird in<br />

der Erzählung um den Topos der weiblichen Homosexualität und Erotik in der Steiermark eingebettet und gilt<br />

als der Prototyp <strong>des</strong> weiblichen Vampirs.<br />

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