Die ungarischen Wurzeln des Nosferatu
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Beschuldigter vor dem Bericht bereits seit beinahe drei Monaten verstorben und<br />
begraben war- vor ihrem Tod ausgesagt, dass der ihnen bekannte und ebenfalls aus der<br />
Ortschaft stammende Plogojowiz in der Nacht, im Schlaf zu ihnen gekommen wäre,<br />
sich auf sie gelegt hätte und sie gewürgt habe. Obwohl seine Witwe ausgesagt hatte,<br />
dass der Tote nach seiner Beerdigung sie besucht, nach seinen Schuhen verlangt und<br />
das Dorf verlassen hätte, so wollten die Bewohner doch das Grab <strong>des</strong> vermeintlichen<br />
Vampirs öffnen, um festzustellen, ob er denn die typischen Merkmale eines Vampirs<br />
(beispielsweise ausgewachsener Bart, Nägel, Haare etc. und vor allem keine<br />
Verwesung 48 , „..der Cörper, außer der Nasen, welche etwas abgefallen. gantz frisch ..“<br />
´49 ) aufweisen würde. Nachdem die orthodoxen Popen ebenfalls beigezogen wurden,<br />
wurde der Leichnam <strong>des</strong> Peter Plogojowiz exhumiert. Natürlich waren alle angeführten<br />
Merkmale -neben reichlich Blut im Mund (dies stammte angeblich von seinen Opfern,<br />
welche er im Schlaf besucht hatte)- vorhanden, sodass die aufgebrachte Bevölkerung<br />
schnell einen Pfahl spitzte und diesen in das Herz <strong>des</strong> Leichnams stieß, welcher als<br />
weiterer Beweis für das Untotsein, heftig blutete. Anher wurde der Leichnam nach der<br />
dortigen Sitte verbrannt.<br />
Der Kameralprovisor schließt seinen Bericht mit der Ersuchen, ob denn seine<br />
Vorgangsweise für in Ordnung befunden werden würde und falls sich dennoch Fehler<br />
ereignet hätten, diese nicht ihm sondern der aufgebrachten Bevölkerung zuzuschreiben<br />
wären.<br />
Dazu muss angeführt werden, dass die habsburgische Gerichtsbarkeit nicht mit dem<br />
Tod einer Person zu Ende war, sondern die posthume Verurteilung und Bestrafung einer<br />
Person in der kaiserlichen Gerichtsbarkeit durchaus möglich war und zwar nicht nur<br />
abstrakt durch Urteilsverkündung sondern auch tatsächlich: dh. in Ausnahmefällen<br />
wurde der Leichnam(!) eines Selbstmörders vor Gericht gezerrt und dort über diesen das<br />
Urteil gesprochen (ob der Leichnam auch befragt wurde, ist nicht bekannt). In diesem<br />
Zusammenhang muss auch das Vorgehen der Bevölkerung gegen den Leichnam <strong>des</strong><br />
Plogojowiz, als ein unbefugter Eingriff in das Rechtssystem und damit in das Vorrecht<br />
48 Das Fehlen der Verwesung galt als sicheres Zeichen <strong>des</strong> Vampirismus.<br />
49 aus: Bericht <strong>des</strong> Kameralprovisors Frombald an den Wiener Hof.<br />
in: Hamberger, Klaus: Mortuus non mordet: Kommentierte Dokumentation zum Vampirismus 1689-1791<br />
[S. 44]<br />
45