Die ungarischen Wurzeln des Nosferatu
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Aber eine weitere (leider nicht minderabscheuliche) Krankheit ist existent, die beinahe<br />
noch genauer auf das Bild <strong>des</strong> Vampirs eins zu eins umgelegt werden kann.<br />
Man stelle sich folgen<strong>des</strong> Szenario vor:<br />
Vor dreihundert Jahren dringt irgendwo in den tief verschneiten Karpaten mitten in der<br />
Nacht, eine Gruppe von furchtlosen Männern, in eine kleine, fensterlose Hütte ein. Im<br />
hintersten Eck bemerken sie eine zusammengekauerte Gestalt; als durch die geöffnete<br />
Tür das schale Mondlicht silbern hereinbricht, gefriert den Vampirjägern bei Anblick<br />
<strong>des</strong> dort hausenden Wesens, das Blut in den Adern. <strong>Die</strong> Haut to<strong>des</strong>blass, von tiefen<br />
Narben und Brandblasen übersät, blickt es seine Jäger an. Seine Mundwinkel sind zu<br />
einem spöttischen Grinsen verzogen, die Lippen geben die für einen Menschen viel zu<br />
langen, rot-gelblich schimmernden, im Mondlicht beinahe fluoreszierenden Zähne frei<br />
und seine Hände umklammern eine Schale, aus der Blut tropft. Als die Vampirjäger<br />
nach ihrem ersten Entsetzen zusammengeflochtenen Knoblauch aus ihren Taschen<br />
ziehen, bricht das lichtscheue Wesen in ein unvorstellbares Geschrei aus und versucht<br />
zu fliehen.<br />
<strong>Die</strong>se an billige Vampirfilme erinnernde Szene, könnte sich so oder so ähnlich durchaus<br />
in den Tälern Transsylvaniens zugetragen haben. <strong>Die</strong> Krankheit, die Menschen zu der<br />
angeführten, bemitleidenswerten Kreatur entstellt, heißt Porphyrie.<br />
Bei ihr handelt es sich um einen Enzymdefekt, der entweder ererbt oder beispielsweise<br />
durch eine Bleivergiftung, erworben wird. Sie kommt zu 80% bei Frauen vor,<br />
(glücklicherweise) in unterschiedlichen Schweregraden.<br />
Hauptauslöser für die Krankheit ist die Störung <strong>des</strong> Körpers, roten Blutfarbstoff, Hämo<br />
(Farbbestandteil <strong>des</strong> Hämoglobins) zu produzieren.<br />
Der Kanadier David Dolphin stellte als erster die Hypothese auf, dass Porphyrie für den<br />
Vampiraberglauben verantwortlich sein könnte:<br />
Der Körper der Patienten stellt eine bestimmte chemische Substanz namens Porphyrin<br />
her, die Sauerstoff zu einer die Haut beschädigen<strong>des</strong> Gift werden lässt; die Haut bricht<br />
auf und vernarbt. Zusätzlich wird sie bei direkter Sonneneinstrahlung zersetzt; dh. der<br />
Patient verbrennt im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes, seine Haut bildet Brandblasen und<br />
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