Lotte in Weimar nach dem Roman von Thomas Mann Fassung von Anika Bárdos und Slobodan Unkovski Inszenierung Slobodan Unkovski Bühne und Kostüme Angelina Atlagic Bühne und Kostüme Angelina Atlagic Dramaturgie Irena Popović Mit: Monika Kroll (Lotte) Michael Günther Bard (Goethe) Benjamin Krämer-Jenster (Dr. Riemer) Rainer Kühn (Mager, Kellner im „Hotel Elephant“) Jörg Zirnstein (August) Franziska Beyer (Adele / Miss Cuzzle) Viola Pobitschka (Lottes Tochter / Ottilie) Benjamin Kiesewetter (Ferdinand / Werther) Magdalena Höfner (Lotte, jung) Zygmunt Apostol (Carl, Goethes Diener) Premiere: Sonntag, 3. Juni 19.30 Uhr, Kleines Haus Weitere Vorstellungen: 6., 10., 28. und 29. Juni, jeweils 19.30 Uhr Hessisches Staatsthea ter Wiesbaden / Theaterblatt • Juni 2012 5
Europa liegt am Rhein 6 ... zumindest vom 14. bis 24. Juni! In Wiesbaden und Mainz nimmt die Theaterbiennale NEUE STÜCKE AUS EUROPA die Bühnen in Beschlag. 26 Gastspiele aus 25 Ländern laden Sie ein zu Geschichten über Leben und Tod, Träume und Traumata, visionäre Pläne und Fallstricke des Alltags. Doch damit nicht genug. Was darüber hinaus das Rahmenprogramm bereit hält, lesen Sie auf den nächsten Seiten. Wir freuen uns auf Sie! Eine Auswahl: Foto: Nesrin Kadioglu Foto: Armin Smailovic Foto: Vera Rodman Türkei SÛRNAME 2010. EIN FEST FÜR SÜHENDAN von Yiğit Sertdemir Mo 18.6., 19.30 Uhr Großes Haus Wiesbaden Über der Lektüre antiquarischer Bücher ihres verstorbenen Mannes taucht eine alte Dame blätternd und träumend in vergangene Tage und große Feste Istanbuls ein. Realität und Traum, Vergangenheit und Gegenwart verwirren sich zu einem mitreißenden Theaterfest: 20 Schauspieler und zahlreiche überlebensgroße Puppen laden ein zu einer turbulenten, politischen Revue, zum virtuosen „Clash of Culture and Time“ zwischen historischem Volksfest und aktuellem Großstadtgewühl. Autor Yiğit Sertdemir, aufgewachsen im beschaulichen Izmir, war der lauten, hektischen Metropole Istanbul zunächst kritisch begegnet. Sûrname 2010 ist sein Versöhnungsangebot, seine Liebeserklärung an diese traditionsreiche und vor Lebendigkeit pulsierende, angesagte Stadt. „Plötzlich war ich groß. Ich musste nach Istanbul umziehen. Ich fühlte mich, als ob ich mich verloren hätte. Ich war alleine. Ich konnte nichts begreifen, nichts verstehen. Alles war überfüllt. Niemand nahm den anderen wahr. Die İstiklal Caddesi war wie eine Geisterparade. Ich mochte die Stadt nicht. Ich dachte, Istanbul müsste sich schämen… Dieses Stück ist eine Entschuldigung. Eine Erinnerung. Eine Gelegenheit, sich zu versöhnen. Mit einem Istanbul, das wir nicht gesehen haben, auf das wir nicht acht gegeben haben… (…) Es ist unser Traum, deine Wirklichkeit. / Beginne dein Fest!“ Yiğit Sertdemir Österreich IMMER NOCH STURM von Peter Handke Mi 20.6., 19.30 Uhr Großes Haus Wiesbaden In der Geschichte einer versprengten Familie spiegelt Handke die kollektive Historie eines zerrissenen Volkes wider, die der Slowenen in Österreich. Erinnernd ruft der Erzähler seine Vorfahren herbei und beschreibt dieses Szenario wie ein altes schwarz-weiß Foto, in das er sich selbst hinein retuschiert und das nach und nach zum Leben erwacht. Erlebtes, Erinnertes und Fiktives vermischen sich. (...) Das Ich, die träumende und erzählende Hauptfigur, sieht sich als Kind heranwachsen. Er trifft auf unterschiedliche Generationen, aus deren Erlebnissen sich die Familiengeschichte zusammensetzt, die aber eben auch für die kollektiven Erfahrungen, Werte, Mentalitäten und Vorurteile verschiedener Epochen stehen. Beate Heine, Originalbeitrag für das Programmheft des Thalia Theater Hamburg „Schicht für Schicht tragen die Schauspieler verfälschte, schöngeredete, verdrehte Erinnerungen ab, arrangieren sich mit dem, was darunter zum Vorschein kommt, nur um festzustellen: Auch das ist nur ein Teil der Wahrheit, ja: Wahrheit ist immer nur das, was eine konkrete Person aus dem macht, was sie erlebt. (…) Wo also ist die Wahrheit? Vielleicht darin, dass man sich im Verlauf eines Stückes wie diesem genau dessen bewusst wird: Wie brüchig Erinnerungen, Ansichten, am Ende sogar Geschichtsbücher sind. Wie sehr das, was passiert, nur deswegen passiert, weil sich Menschen für oder gegen etwas entscheiden. Und wie selten das, was passiert, sich in den einfachen Kategorien von Gut und Böse fassen lässt.“ Hans-Juergen Fink, Hamburger Abendblatt Russland CIRCO AMBULANTE von Andrej Mogutschij und Maxim Isajew Mo 18.6., 19 Uhr Großes Haus Mainz Der Oberkonduktor, ein tyrannischer Herrscher, regiert über eine kleine, verregnete Vulkaninsel. Der Alltag wird dominiert von einer Fleischverarbeitungsfabrik, deren Hauptziel die Gewinnung eines Elixiers aus Stierhoden ist, das ewige Jugend verspricht. Wer das nötige Geld aufbringen konnte, hat die Insel längst verlassen. Die beiden alten Leute Maria und Anton jedoch müssen den bedrohlichen Alltag durchleben, und es ist vor allem ihre Liebe zueinander, die ihnen dazu die nötige Kraft verleiht. Ihre Geschichte ist außergewöhnlich und voller Umwege und Abenteuer. Um Arbeitsplätze zu schaffen und Touristen anzuziehen, beschließt der Oberkonduktor, einen Zirkus zu gründen. Die Insel soll zum Weltzentrum der Clownerie werden. Andrej Mogutschij und Maxim Isajew haben auf der Bühne eine moderne „Don Qujote“-Welt erschaffen, in der surreale Fantasien und reale Fakten verschwimmen. „Mit Quijotismus habe ich mich schon häufiger beschäftigt, für mich ist dieses Thema unerschöpflich. Was ist es? Eine Krankheit? Eine Form von Irrsinn? Oder ein essentielles Bedürfnis der Seele? Was treibt einen Menschen, Dinge zu tun, die von einem vernünftigen Standpunkt aus betrachtet verrückt sind? Für mich ist es ein Beispiel für das Aufeinanderprallen von Individuum und Gesellschaft. Ein Einzelner ist imstande, die Massen zu entflammen und sie dazu zu bringen, ihm zu folgen. Ist das gut oder schlecht? Ich weiß es nicht …“ Andrej Mogutschij Hessisches Staatsthea ter Wiesbaden / Theaterblatt • Juni 2012